Entnommen: Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe – Jahrgang 1965, Nr. 2

Eduard Petrak

von Alois Tippelt

Zum Gedenken des Schöpfers des Riesengebirgsvereines und Pioniers der Riesengebirgsheimatkunde.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde im alten Österreich die Erforschung der Heimat nach Ländern und Bezirken von den höchsten staatlichen Stellen angeregt und gefördert. Nebst verschiedenen Vereinigungen für Heimatpflege waren es "Historische Vereine" bzw. Gesellschaften, die das Land bzw. die Bezirke und Landschaften planmäßig nach Natur, Geschichte, Volkstum, Wirtschaft, Kunst, Wissenschaft, Literatur und Geistesleben publizistisch bearbeiteten. Diese Bestrebungen fanden ihren Niederschlag in zahllosen heimatkundlichen Schriften, Publikationen; Zeitschriften und Büchern, die heute noch großen Wert haben. Erinnert sei nur an das im Jahre 1896 erschienene 24bändige Monumentalwerk "Die österreichische – ungarische Monarchie in Wort und Bild", das großartigste heimatkundliche Werk, das jemals erschienen ist und das kein geringerer als der sz. Kronprinz Erzherzog Rudolf von Habsburg persönlich auf das tatkräftigste gefördert hat. Neben den Landeskunden erschienen noch für alle Bezirke von Arbeitsgemeinschaften erstellte Bezirkskunden, vortreffliche Bücher, von einmaligem Werte. Leider gingen die deutschböhmischen Bezirkskunden durch die Vertreibung fast zur Gänze verloren bzw. konnten nur in ganz wenigen Exemplaren gerettet werden.

Auch in den Riesengebirgsbezirken ging man daran, das Gebirge in "Wort und Bild" festzuhalten und es war der sehr rührige, aus dem Bezirk Starkenbach stammende Privat-Jugenderzieher Eduard Petrak, der in der Heimaterforschung und -pflege wertvollste Pionierdienste geleistet hat. Geboren am 22. 11. 1855 zu Branna im Bezirk Starkenbach, wollte er zuerst Kaufmann werden und ging nach Wien in die Lehre. Auf Grund seiner Begabung und seines Fleißes bildete er sich als Autodidakt weiter und vermochte seine Privatstudien sogar mit dem Abitur (Matura) abschließen. Zurückgekehrt ins Riesengebirge nahm er nach vorübergehender Tätigkeit in Oberhohenelbe und Krausebauden die Stelle eines Privaterziehers beim Fabrikanten P. Piette in Freiheit / Marschendorf I. an. Als begeisterter Naturfreund liebte er die Schönheiten der Riesengebirgslandschaft über alles und sein Sinnen und Trachten ging dahin, einen großen Riesengebirgsverein zu gründen. Schon anfangs April 1880 erließ er in allen Tagesblättern von Reichenberg bis Braunau einen diesbezüglichen Aufruf, dessen Ausführungen und Bitten darin gipfelten, dass:


der Reiseverkehr im Riesengebirge zu erschließen und zu fördern sei, insbesondere durch die Herstellung und Instandhaltung von Wegen, Anlagen, Baulichkeiten, Wegweisern, Rastplätzen etc., daß weiter

neue Wanderziele zu erkunden seien, Betreuungs- und Auskunftsstellen für die Touristen zu schaffen wären, Büchereien anzulegen sind, Vorträge in allen Gemeinden gehalten, Museen und Archive gegründet und schließlich heimatkundliche Zeitschriften herausgegeben werden.


Hohenelbe als die schönste und die am tiefsten im Riesengebirge gelegene Stadt sollte, der Sitz des neu zu gründenden Vereines sein, zumal in dieser Stadt bereits eine Sektion des sz. "Gebirgsvereines für Böhmen" bestand. Dank der materiellen Unterstützung durch Herrn P. Piette, den Herr Petrak zu einem eifrigen Förderer seiner Bestrebungen gewinnen konnte, liefen die erforderlichen Vorarbeiten rasch an und so konnte in kürzester Zeit der "Hohenelber – Gebirgsverein" vereinsrechtlich in "Österreichischer Riesengebirgsverein" (ÖRGV.) umbenannt werden.

Herr Eduard Petrak ist aber nicht nur der Gründer und der erste Geschäftsführer des Riesengebirgsvereines, sondern auch der Schöpfer und erste Redakteur der heute noch sehr gesuchten Zeitschrift "Das Riesengebirge in Wort und Bild", die er 1880, also in seinem 25. Lebensjahr, erstmalig herausgab. Diese Zeitschrift, die i. d. H. streng wissenschaftliche Studien und Aufsätze zum Inhalt hat, genießt heute noch die gleiche Wertschätzung wie in den Jahren ihres Erscheinens 1881 – 1897. Zum Beweis dafür kann ich anführen, daß sie aus dem Archiv des "Heimatkreises Trautenau" von vielen volkskundlichen Instituten, ja selbst von Universitäten, laufend angefordert wird, nachdem ihre Beiträge, was Gründlichkeit, Aktualität und Niveau anbelangt, von keiner späteren Publikation über das Riesengebirge übertroffen wurden.

Herr Petrak hat insbesondere das Bergbauwesen an der oberen Elbe, also um Spindelmühle und St. Peter gründlichst erforscht, zumal ihm das gesamte Quellenmaterial der Bergbauämter in Hohenelbe zur Verfügung stand, wie überhaupt dem Elbgebiet seine besondere Liebe galt.

Darüber hinaus erarbeitete er auch die ersten grundlegenden Wegekarten des Riesengebirges nach seiner vorher durchgeführten farbigen Wegemarkierungen, und er war es auch, der im Jahre 1888 den ersten wirklich vollwertigen "Führer durch das Riesengebirge" redigierte und dessen Herausgabe veranlaßte. Sein Reiseführer ist keine bloße Beschreibung der Riesengebirgslandschaft, der Dörfer und Städte, sondern eine meisterhafte kleine Heimatkunde im wahrsten Sinne des Wortes.

Herr Petrak hat sich für die Erschließung und Erforschung des Riesengebirges größte Verdienste erworben, nicht zuletzt war er auch einer der ersten Förderer der Touristik und des Wintersports.

Wir wissen nicht, warum er im Jahre 1896, also mit 41 Jahren, das Riesengebirge verließ und nach. Prag, Königliche Weinberge, übersiedelte, wo er bis zum Jahre 1924 als Direktor für die Bildung der Jugend tätig war. Bestimmt hätte er noch unendlich viel für die Riesengebirgsheimat tun können, wenn ihm vielleicht hier die ihm zusagende berufliche Lebensstellung geboten worden wäre.

 

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