Das nächste Ziel ist das Schlesierhaus auf dem Koppenplan. Die erste kurze Wegstrecke führt hinter der Teichbaude auf schlechten Geläuf bis zur Hampelbaude, der ältesten und bedeutendsten Baude im schlesischen Riesengebirge. Wie bereits erwähnt, spielt sie in der Artikelserie leider keine Rolle. Daher verzichten wir, wenn auch nur ungern, auf eine Einkehr und wandern nun wieder auf der befestigten Straße unserem Ziel entgegen, welches wir nach ca. 45 Min. erreichen.
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Auch hier lassen wir wieder Hans Schulz
unter der Überschrift, "Wo sich im Riesengebirge die meisten Wanderer
treffen", in der üblichen Art zu Wort kommen:
Auf dem Kamm steht das Schlesierhaus (Dom Slaski).
Wahrscheinlich stand hier schon im 17. Jahrhundert eine Baude, die den zur Schneekoppe
Wandernden Schutz gewährte. Das heute bestehende Bauwerk stammt aus den Jahren
1921/22. Beachtenswert ist der in Rundholzblock-Bauweise errichtete Wandersaal
mit Veranda. 1947 begann das Schlesierhaus als eines der ersten nach dem Krieg
mit der Beherbergung und Verpflegung der Touristen. Wegen der hier meist starken
Winde wurde 1924 ein Windkraftwerk gebaut. Leider überlebte es den ersten Winter
nicht. Der sich an den Konstruktionsteilen festsetzende Rauhreif zerstörte es.
Hier oben befindet sich übrigens die "verkehrsreichste" Stelle des
Kammweges, ist es doch nur noch eine halbe Stunde bis zum Gipfel der Schneekoppe
(Sniezka).
Dabei kann man wählen zwischen dem rot markierten steilen, steinigen, durch
eine Steineinfassung und Kette gesicherten Zickzackweg oder dem längeren, dafür
bequemem Jubiläumsweg, der zum 25-jährigen Bestehen des Riesengebirgsvereins
1905 eröffnet wurde. Letzterer empfiehlt sich eher für den Abstieg.
Das Schlesierhaus befindet sich damit an der zentralen Stelle des Riesengebirgskammes
und wird als letzte Einkehrmöglichkeit vor dem Aufstieg zur Schneekoppe von
allen Touristen, gleich aus welcher Richtung sie kommen, geschätzt. Dies bestätigen
auch Henry und Anna Czarsey, die diese Gebirgsbaude seit über 20 Jahre leiten:
"Im Sommer ist es ein einziges Kommen und Gehen. Im Winter kehren die Skitouristen
ein". Allerdings kann man im Schlesierhaus nicht übernachten. Dafür sind
die Spezialitäten gefragt: Gulasch, Klöße und Salat für 17,50 Zloty (4,50 Euro)
oder Bigos mit Bratwurst für 10 Zloty (2,50 Euro).
Soweit die Wirtsleute und Hans Schulz.
Wie üblich auch hier wieder meine Anmerkungen:
Hugo Teichmann, Spross einer alten Laborantenfamilie aus Krummhübel, die später
die Schnurrbartbaude und das weit über die Grenzen von Schlesien hinaus bekannte
Berghotel "Teichmannbaude" besaßen, war der Erbauer dieses Berghotels.
Im Rieseführer Grieben von 1922 und Storm 1925 wird besonders hervorgehoben:
Massiv erbaut, behaglicher Speise- und Tanzsaal, Gesellschaftszimmer und Wandersaal
für 200 Personen. Eigene Konditorei und Eismaschine. 40 Ein- und Zweibettzimmer
für 80 Gäste standen zur Verfügung. Es gab Zentralheizung und als Besonderheit
und Neuheit eine Heißluft-Kleidertrockenanlage. Nasse Kleidung wurde beim Betreten
der Baude abgegeben und beim Verlassen erhielt man die getrockneten Kleider
zurück. Eine eigene Rodelbahn über 8 km führte bis nach Krummhübel.
Heute ist das Haus auf Selbstbedienung eingestellt und das Bier erhält man im
Plastebecher. Bei der von Hans Schulz erwähnten Baude an dieser Stelle,
handelte es sich um eine Schutzhütte, die Graf Schaffgotsch, während
der Bauarbeiten zur Laurentius-Kapelle, zum Schutz der Koppenreisenden gegen
das Wetter hatte errichten lassen. Wegen Kälte und heftiger Stürme
wurde die Baude abgerissen und an geschützter Stelle, in der Nähe
der Hampelbaude, als Geistliche Baude, neu errichtet. Während der Gottesdienste
in der Kapelle, diente sie den Klostergeistlichen als Unterkunft.
Wir verlassen die Baude und könnten nun den Gipfelsturm auf die Koppe in Angriff
nehmen, aber es gilt noch der Geiergucke einen Besuch abzustatten. Also wenige
Meter auf dem Kammweg zurück und nach Überschreiten der Grenze dann links in
Richtung Wiesenbaude. Auf dem gut ausgebauten in instandgehaltenem Weg, früher
hieß er Rotterweg, kommen wir nach 30 Min. zur Wiesenbaude, der ältesten im
Riesengebirge. Seit einiger Zeit wieder gut bewirtschaftet lohnt es sich einzukehren.
Ein gutes Speisenangebot, dazu ein frisch gezapftes Budweiser im Wappenglas
erfreuen den Wanderer.
Wie schon erwähnt wird sie nicht vorgestellt. Daher geht es nach kurzer Rast
weiter über die Weiße Wiese zum Sattel des Brunnberges. Links am Weg die Kapelle
zum Gedenken der Bergopfer. Dann geht es abwärts zum Aussichtspunkt Geiergucke.
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Ganz in der Nähe das Hotel "Vyrovka",
welches uns Eva Jeschkova unter dem Titel, "Wo Gäste nur schwer hinauf
zu locken sind", vorstellt.
Das Riesengebirgshotel Vyrovka, was übersetzt eigentlich Uhu-Nest heißt, das
im Deutschen aber unter dem Namen Geiergucke-Baude bekannt ist, ist ein moderner
Holzbau. Um dort hinauf zu kommen, ist aber ein fast sechs Kilometer langer
Anmarsch aus Pec pod Snezkou (Petzer) notwendig. Im Sommer ist das möglich,
im Winter gelingt es nur erfahrenen Skiläufern.
In der Umgebung ist auch keine Abfahrtsgelegenheit. "Das ist leider ein
Elend, die komfortablen Unterkunftsmöglichkeiten sind im Jahr nur zu 15 Prozent
ausgelastet. Gerade jetzt beginnen die Ferien, und unsere Betten bleiben fast
leer", ärgert sich Hotelchef Jaroslav Makovicka.
Die Vyrovka ist eines der wenigen Hotels im Riesengebirge, das nicht in Privatbesitz
ist. Sie gehört dem Klub tschechischer Touristen. Während sich andere Gebirgsbauden
bemühen Gäste anzulocken, sehen hier die Betreiber die Zukunft schwarz. "Vielleicht
wenn der Riesengebirgs-Naturschutzpark an die Auflösung ginge ...", überlegt
der Wirt, "dann wäre es besser". Immer neue Verbote, sagt er, würden
die Baude nur immer schlechter zugänglich machen. Voriges Jahr zum Beispiel
hätten die Naturschützer sogar das Spuren der Langlaufstrecken in der Umgebung
verboten. "Und wir bleiben dann ohne jedes Geschäft", sagt Makovicka
verzweifelt. "Im Winter ist es manchmal ganze zwei Wochen lang kein Mensch
zu sehen".
Die Vyrovka liegt in nordwestlicher Richtung oberhalb von Pec pod Snezkou. Sie
entstand schon im 18. Jahrhundert. Aus dieser Zeit muss sie auch ihren Namen
bekommen haben:
Die Zöllner, so erzählt man, hätten sich hier oben, "wie die Geier"
auf die Schmuggler gestürzt. Während des Zweiten Weltkrieges hatten die Deutschen
in der Baude Ausbildungszentrum eingerichtet. Das Objekt wurde später Opfer
eines Brandes. An seiner Stelle wuchs ein provisorischer hölzerner Bau, der
Ende der 80er Jahre durch das heutige moderne Holzgebäude ersetz wurde.
Um die Beförderung der Gäste kümmert sich das Hotel mit eigenem Wagen, ebenso
bemühen sich 6 Angestellte um ihre Zufriedenheit, denn die Vyrovka ist eine
Luxusbaude. Die Zwei- und Vierbettzimmer sind mit Dusche, Toilette und Rundfunk
ausgestattet. Die Besucher finden einen Klub- und Sportraum, Sauna und Sommerterrasse
mit Schnellbedienung.
Einige Anmerkungen:
Das von Eva Jeschkova erwähnte Gebäude aus dem 18. Jahrhundert ist das, aufmerksamen
Lesern der Bergwacht hinreichend bekannte, da schon oft gedruckt, sogenannte
"Hotel Geiergucke", wo ähnlich wie bei der "Blassen" Milch.
Käse, Branntwein und Erfrischungen verkauft wurden. 1926 kam es dann zum Bau
einer größeren Baude, in der später das tschechische Militär stationiert war,
welches für den Bau der Befestigungsanlagen im östlichen Riesengebirge verantwortlich
war. 1938, nach der Okkupation der Tschechischen Republik durch Nazi-Deutschland,
wurde die Baude den Gebrüdern Bönsch, als Ausgleich für die vom tschechischen
Militär abgebrannte Wiesen- und Rennerbaude, übereignet. 1947 und 1948 kam es
dann zu zwei Bränden und zur endgültigen Vernichtung der Baude.
Unser Weg führt weiter talwärts bis zu den Richterbauden / Richtrovy Boudy.
Dort, am Beginn des Waldes, biegen wir links ab und wandern auf schattigem Weg
in den Blaugrund / Modry dul und gleich weiter bis zum Riesengrund / Obri dul.
Die Riesengrundbaude lassen wir rechts liegen und wandern leicht ansteigend
bis zum "Gasthaus im Riesengrund" / Pod Snezkou, früher auch Grossmannbaude
geheißen. Wenige Meter dahinter die kleine Bergkapelle, wo der Opfer der Steinlawine
von 1897 gedacht wird. Nun geht es auf gewundenen Weg nach oben. An der Stelle,
wo früher die fast legendäre Bergschmiede / Kovarna gestanden hat legen wir
eine Rast ein. Seit einiger Zeit ist hier wieder ein Stollen zu Besichtigung
freigegeben. Nun geht es steil nach oben bis zur Waldgrenze. Am ehemaligen Pumpwerk
der Schneekoppenbauden machen wir eine erneute Rast und genießen den Blick zum
Aupafall, Rübezahls Lustgarten und Brunnberg. Am Dix-Kreuz vorbei erreichen
wir kurze Zeit später wieder den Koppenplan. Reichlich 3,5 Stunden haben wir
für unsere Rundwanderung gebraucht.
Aus den Steinen der ehemaligen Riesenbaude / Obri bouda, abgebrannt 1982, wurde
ein Aussichtspunkt geschaffen, der herrliche Blicke in den Riesengrund gestattet.
Die Schneekoppe erklimmen wir über den recht steilen "Zickzackweg"
am Westhang des Berges. Die Schneekoppe, Höhepunkt jeder Kammwanderung, mit
1602 Metern höchster Berg des Riesengebirges, einst höchster Berg Preußens,
heute Tschechiens höchste Erhebung, ist erreicht.
Nach dem Abriss der Böhmischen Baude ist die Laurentius-Kapelle nun das einzige
Gebäudes des uns einst so vertrauten Anblicks des Koppengipfels.
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Unter der Überschrift, "Wo
das Riesengebirge am höchsten ist", übermittelt uns Hans Schulz u.a.
folgendes Wissenswertes:
Zunächst war die Schneekoppe Ziel religiöser Pilgerfahrten, an denen große Menschenmengen
teilnahmen. Nachdem 1850 (auf schlesischer Seite) die erste Herberge erbaut
worden war, wählten viele Touristen die Koppe zum Ziel ihrer Wanderungen, zumal
ab 1868 auch auf böhmischer Seite eine Baude zur Einkehr und Übernachtung einlud.
Beide Bauden hatten zu damaliger Zeit eine Übernachtungskapazität für 120 Nachtgäste.
Der steigende Touristenstrom machte es erforderlich, nach neuen Möglichkeiten
zu suchen. 1974 entstand im Zusammenhang mit dem Neubau des Meteorologischen
Hochgebirgs-Observatoriums das "Restauracja na Sniezce" (Gasthaus
auf der Schneekoppe). Der alte hohe Bau von 1900 wurde abgetragen. Das jetzige
Gebäude erinnert in seiner Form an übereinander angeordnete Untertassen (im
Volksmund Ufo). Das Büfett wird seit über 10 Jahren von Teresa Czarnecka geleitet,
die das ganze Jahr über hier wohnt. Touristen aus aller Welt geben sich die
Klinke in die Hand. Zu den Spezialitäten gehören Bigos (8 Zloty) und Gulasch
(10 Zloty). In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich die Laurentius-Kapelle,
ein Kiosk auf tschechischer Seite sowie die Bergstation des Sesselliftes aus
Pec (Petzer) über den Ryzova hora (Rosenberg). Besucher können auch einen Blick
in die Wetterstation werfen oder von der Aussichtsplattform das einmalige Panorama
genießen. Auch das gilt es zu bedenken: Der Gipfel ist im Durchschnitt an 296
Tagen im Jahr teilweise in Wolken und Nebel eingehüllt. An rund 122 Tagen im
Jahr schneit es. Die Baudenwirtin Teresa Czarnecka zeigt sich optimistisch:
Obwohl der Gipfel zu den windexponiertesten Europas gehört, die mittlere Temperatur
nur bei 0,1 Grad liegt, gehört der höchste Berg des Riesengebirges zu den beliebtesten
Wanderzielen. (Schluss)
Das Büfett ist 9 bis 17 Uhr geöffnet. Übernachtung: Zwei Zwei-, ein Fünf- Bettzimmer
für 50 bzw. 40 Zloty p.P. ohne Frühstück.
So weit die Ausführungen von Hans Schulz.
Berge haben Menschen von jeher angezogen, so war es nicht verwunderlich, das
Koppenwanderungen schon seit dem 16. Jahrhundert zu den touristischen Höhepunkten,
insbesondere zur Beobachtung des Sonneaufganges stattfanden. Die von Graf Schaffgotsch
gestiftete und 1665 oder 1668, es gibt unterschiedliche Angaben in den verschiedenen
Quellen, erbaute Laurentius-Kapelle wurde am 10. August 1681, dem Tag des Heiligen
geweiht und war eine Folge dieser Koppenwanderungen. Goethe bestieg die Koppe
am 15. September 1790. 1810 wurden dann die Gottesdienste eingestellt und die
Kapelle diente ab sofort als erste "Restauration" auf der Koppe. 1850,
vielleicht schon 1840, auch hier gibt es unterschiedliche Angaben, kam es dann
zu der, von Hans Schulz erwähnten Baude.
Zwei Bauden, die "Preußische", später auch "Deutsche" genannt,
von 1862 und die "Böhmische" von 1868 waren dann, mit nur einer kurzen
Unterbrechung, im Besitz der Familie Pohl. Neben den 120 Betten (keine Massenlager)
bot allein der Saal der Preußischen Baude 300 Gästen Platz. Ganztägig geöffnet.
Zitherspiel und Tanz sorgten für Stimmung. Die Bauden im Riesengebirge wurden
immer an ihrer Gastlichkeit gemessen. Gastlichkeit und Baudenzauber auf der
Schneekoppe waren weit über die Grenzen Schlesiens hinaus bekannt und beliebt.
Ein überdimensioniertes Bauwerk mit einem Selbstbedienungsrestaurant, welches
um 17 Uhr schließt, wird an diese Traditionen von vor 1945 leider nicht anknüpfen
können.