Bergbauden des Riesen- und Isergebirges

von Karl-Heinz Drescher, Leipzig


– Fortsetzung –

Wir kehren um und erreichen wieder den Kammweg. Leicht ansteigend gehen wir in Richtung Veilchenspitze weiter, biegen aber zuvor links, in Richtung Alte Schlesische Baude / Schronisko "Pod Labskim Szczytem", ab.

Alte Schlesische Baude / Schronisko "Pod Labskim Szczytem
früher
heute (Foto: Hans Schulz)

Hans Schulz stellt die Baude unter der Überschrift: "Wo sich die Wanderpfade kreuzen" vor und lässt uns u.a. folgendes wissen:
Bereits 1632 wurde hier am Böhmersteig (Czeska Sziezka), der Schlesien mit Böhmen verband, eine Grenzwarte errichtet, die Jägern als Schutzhütte diente. Mit der Zeit übernahmen sie Schäfer, die Reisenden eine Zuflucht gewährten. Nachdem auf der Kranichwiese eine neue Berghütte entstand, erhielt das ältere Bauwerk den Namen "Alte Schlesische Baude" (Stara Sklaska Buda)
1909 erfolgte ein Umbau, am Weihnachtsabend 1914 wurde sie durch ein Feuer zerstört, kurz danach wieder aufgebaut. 1838 kam ein für Übernachtungszwecke bestimmter Zweitbau hinzu. Die Bauten bestehen nach vielen Renovierungen bis heute.

Da sich hier mehrere markierte Wanderwege kreuzen, ist die Baude bei Touristen als beliebte Einkehrstätte bekannt. "Wir legen hier gern eine Rast ein, denn uns gefällt der gebirgstypische Charakter der Baude", meint zum Beispiel das Ehepaar Bressel aus Pfaffendorf.
Die Baude gehört dem Polnischer Tourismus-Verband. Die Leiterin sorgt bereits seit 25 Jahren für das leibliche Wohl der Gäste. Mit Freude stellt die Wirtin fest, dass die Zahl der Wandertouristen aus Deutschland ständig zunimmt.

Dazu wieder einige Ergänzungen:
Die Grenzwarte wurde nicht wegen der Jäger errichtet, sondern weil in Europa die Pest herrschte und daher der Bau, wie an vielen anderen Grenzen. Später hieß sie eine Zeitlang, ableitend von den Besitzern, Hallmannbaude. Nicht zu verwechseln mit den Namen Hollmann, das waren spätere Besitzer. Bekannt wurde Veronika Hollmann, die hübsche Tochter der Wirtsleute, durch den Aufenthalt von Theodor Körner vom 17. zum 18.08 1809 in der Baude. Theodor Körner verliebte sich damals unsterblich in die Wirtstochter. Aus diesen Anlass wurde am 17. August 1934 eine Gedenktafel enthüllt, die nach 1945 entfernt wurde.


Auf kürzesten Weg geht es nun ansteigend in Richtung Schneegrubenbaude / p. Schronisko nad Snieznymi Kotlami.

Schneegrubenbaude / Schronisko nad Snieznymi Kotlami
früher
heute (Foto: Hans Schulz)

Unter dem Titel, "Wo die Eiszeit alpine Landschaften geformt hat", können wir bei Hans Schulz u.a. folgendes lesen:
Graf Schaffgotsch ließ die Hochgebirgsbaude 1835 aus Holz errichten und 1861 durch einen größeren Steinbau ersetzen. Nach Blitzeinschlägen 1890 und 1892 machte sich ein Neubau erforderlich. Der 1895/96 errichtete Berggasthof mit dem trutzigen siebenstöckigen Aussichtsturm galt als einer der ersten, der auf dem Kamm des westlichen Riesengebirges erbaut wurde. Außerdem erhielt das Gebäude eine verglaste Terrasse, die wegen der wunderschönen Ausblicke bei den Gästen sehr beliebt war.
Heute ist eine Einkehr nicht mehr möglich, denn seit man 1961 in den Räumen eine Fernseh-Relaisstation installierte, ist der Kamm des Riesengebirges um eine gastronomische Perle ärmer geworden. Trotzdem ist das Interesse an der heutigen Schronisko ungebrochen. Bergtouristen beziehen dieses Wanderziel oft in ihre Pläne ein. Einerseits wegen des Ausgangspunktes für weitere Touren, anderseits wegen der einmaligen Faszination der Sniezne Kotly (Schneegruben).

Auch hier wieder einige Ergänzungen:
Es war ein weiter Weg seit 1825 , wo die legendäre "Blasse" an den Schneegruben mit Erfrischungen, sowie Käse und Milch handelte, bis zu dem 1897 vom Gräflich-Schaffgotschen Baumeister Daubach geschaffenen markanten Bau, der nun schon fast 110 Jahre den westlichen Gebirgskamm weithin sichtbar, prägt. Zuvor, 1837, verdiente sich hier, der spätere, sehr bekannte, Schneekoppenwirt Sommer aus Bad Warmbrunn, seine ersten gastronomischen Sporen. Zu den Attraktionen der Baude gehörte ein Schiffsscheinwerfer, der den Wanderern signalisierte, ob noch freie Betten zu haben waren.


Das Gros der Wanderer würde nun zügig in Richtung Hohes Rad und Große Sturmhaube, mindestens bis zum Spindlerpass weiter wandern.
Wir aber machen eine Baudenwanderung und kommen in südlicher Richtung auf direkten Weg nach ca. 30 Min. zur Elbfallbaude/Labska bouda.

Elbfallbaude / Labska bouda
früher
heute (Foto: Petra Laurinova)

Nun ist Eva Jeschkova wieder gefragt und stellt uns die Baude unter dem Titel, "Wo es immer noch die Riesengebirgs-Sauersuppe gibt", vor. Wir erfahren von ihr sinngemäß:
Die Geschichte der Elbfallbaude, einer der bekanntesten Riesengebirgsbauden auf tschechischer Seite, beginnt im Jahre 1830, als eine unternehmungslustige Frau eine kleine Hütte aus Stein, Rinde und Reisholz baute, in der sie Ziegenkäse, Milch und Schnaps verkaufte.
Erst spätere Besitzer erweiterten das ursprüngliche primitive Gebäude so, dass es den Gästen auch Unterkunft bot. In den Jahren 1878/79 baute der Graf Jan Harrach die Baude um, und 1904 errichtete er hier das erste Naturreservat im Riesengebirge. Die Elbfallbaude war bei den Deutschen seit jeher sehr beliebt. Wohl der einmaligen Lage und Aussicht wegen. Die Gäste konnten hier Riesengebirgs-Sauersuppe, Thüringer Klöße mit Grieben und Kraut und frisch gebackenes Brot verschmausen.
1965 brannte die Baude aus, vier Jahre später wurde der Grundstein für das neue Gebäude gelegt. Nach der Wende kam die Bergbaude in Privatbesitz. Sie wurde umfangreich rekonstruiert und voriges Jahr wiedereröffnet.
Mit dem Auto kann man nur bis zur Gemeinde Horni Misecky / Schüsselbaude kommen. Von hier geht es weiter mit dem Linienbus auf "Zlate navrsi" / Goldhöhe, die 2,5 Kilometer vom Hotel entfernt ist.
Im Jahre 2000 wurde im tschechischen Teil des Riesengebirges das Projekt "Riesengebirge-Langlaufskiparadies" eröffnet. Geschaffen wurde ein Netz von mehr als 350 Kilometer Ski-, Wander- und Rennstrecken, auch an der Elbfallbaude vorbei.
Tiere und Kleinkinder sind heute im Hotel nicht erwünscht. Die Hotelleitung meint, dass das Haus für einen Aufenthalt von Kindern unter drei Jahren nicht geeignet ist.
"Die meisten Gäste nutzen die Baude vor allem als Einkehrstätte während ihrer Wanderungen", sagte der Betriebsleiter Zbynek Ryba. Bei gutem Wetter herrscht hier reger Betrieb. Die Riesengebirgs-Sauersuppe übrigens ist bei den Gästen noch genauso beliebt wie vor 100 Jahren. Heute kostet die Suppe übrigens 68 Kronen (ca. 2,00 Euro).

Zu den Ausführungen wieder einige Ergänzungen:
Die "unternehmungslustige Frau", von der Eva Jeschkova spricht, ist die uns schon bekannte "Blasse" von den Schneegruben. Neidische Konkurrenz hatte sie von dort vertrieben. Erwähnenswert das nach der Übernahme der Baude durch Adolf Schier aus Oberrochlitz die Stauanlagen für den Pantschen- und Elbfall geschaffen wurden. Am 16. Juli 1854 fand dann die Eröffnung des Pantschenfall statt. Der monströse Neubau von 1965 war schon kurz nach seiner Fertigstellung umstritten, mit einer Bergbaude hat er sicher nichts gemein. Solche "Bettenburgen", auch das Hotel "Horizont" in Pec pod Snezkou / Petzer gehört dazu, sollten einmal die neue  sozialistische Architektur verkünden. Auch in der DDR gehörten solche Bauten zum Alltag.


< Inhalt >    < Teil 1 >    < Teil 3 >    < Teil 4 >    < Teil 5 >

© Copyright 2006, www.riesengebirgler.de