Entnommen: "Aus Rübezahls Heimat", Jahrgang 1950

Hochzeitsbräuche um 1860

Aus den Druschma-Aufzeichnungen meines Großvaters

von Franz Tschernitschek vormals Trautenau

Anrede des Brautwerbers (Druschma) beim Eintritt zum Bräutigam: "Gelobt sei Jesus Christus! Herr Vater wie auch Frau Mutter und Herr Bräutigam! Ich nehme mir die Gewogenheit, ein Haus zu betreten, welchem Heil widerfahren wird! Darum komme ich am heutigen Tage, Euch allen Glück und Seigen zu wünschen, damit Eure vorgenommene Sache einen guten Erfolg habe. Diese wolle verleihen die allerheiligste Dreifaltigkeit, der Vater wohne auch dabei, wie zu Kanaa in Galiläa Jesus Christus, der Sohn und der hl. Geist!"

(Dieses geschieht bei dem Bräutigam wie auch bei der Braut.)
"Nun, mein lieber Herr Bräutigam! Da Euch der gütige Gott erschaffen hat und Euch Eure vielgeliebten Eltern in den Ehestand übergeben haben, so erinnert Euch der Wohltaten, die Ihr von ihnen erhalten habet: denn die lieben Eltern haben auch Euretwegen vieles gelitten und empfunden, sie trugen Euch auf ihren Armen, drückten Euch vielmals an ihr kinderliebes Herz und erwarben auch das Brot im Schweiße ihres Angesichtes und noch unzählige Wohltaten, welche ich wegen der Kürze der Zeit nicht anführen kann. So will ich ihnen anstatt Eurer danken!"

(Jetzt bedankt sich der Bräutigam).
(Zu den Eltern gewendet:)
"Ja, ja, geliebte Eltern! Er Wird es auch tuen, er, der den lieben Eltern alles Gute zu verdanken hat, er wird nebst seiner Gemahlin, was die Umstände erlauben werden, alles mit kindlichem Danke zu erstatten suchen, und wenn er Euch überleben sollte, am Rande Eures Grabes eine Dankesträne weinen und Eure Asche zu beleben suchen, und für Euch herzlich beten für die unzähligen Wohltaten, die Ihr ihm erzeuget habet. Gott vergelte Euch alles hier zeitlich und dort ewig! Amen."

(Jetzt kniet der Bräutigam nieder und bittet um den väterlichen und mütterlichem Segen, denn der Segen des Vaters bauet den Kindern Häuser, sagt Salomon in. seiner Weisheit.)

Wenn Bräutigam oder Braut ihre Eltern um den hl. Segen bitten, dann wird dieser mit folgenden Worten erteilt:

"So wie einst im Alten Testament Vater Tobias seinen Sohn segnete, so steige auch der Segen auf diesen meinen Sohn (oder Tochter oder diese meine Kinder) von des Himmels Höhe herab! Der Tau des Himmels befruchte und das Fett der Erde ernähre Euch und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes komme über Euch und bleibe bei Euch allezeit! Amen!"

Darauf wird ins Haus der Braut gegangen und der Braut­werber geht zuerst allein hinein und spricht:

"Der Herr Bräutigam lässt allen und jeden einen glückseligen guten Morgen wünschen und auch zugleich bitten, ob ihm ein Eintritt auf Zucht und Ehrbarkeit möcht vergönnet sein, und wenn ich das Jawort bringen würde, das würde ihm eine herzliche Freude sein."

(Nach dem erhaltenen Jawort geht der Druschma hinaus, klopft an die Türe und kommt mit Bräutigam und Anhang herein und sagt:)
"Gelobt sei Jesus Christus, Herr Vater wie auch Frau Mutter, auch ehr- und tugendsame Jungfer Braut und alle lieben Ehrengäste! Ich nehme mir die Gewogenheit, ein Haus zu betreten ... (etc. wie am Anfang beim Bräutigam.)

Dann gegen die Braut und Anwesenden gewendet:
"Der Herr Bräutigam betrachte in seinem Dasein die Schöpfung der Welt (jetzt folgt ein kurzer Abriss der Schöpfungsgeschichte, der Erschaffung des ersten Menschenpaares bis zur Vertreibung aus dem Paradiese) . . . und aus dieser Ursache müssen! wir alle sterben. Nun aber hält sich gegenwärtiger Herr Bräutigam nach obigen Worten Gottes. Es ist nämlich nicht gut, dass der Mensch allen sei, findet der Herr Bräutigam auch an vielen Stellen der hl. Schrift, denn Salomon sagte ja selbst, es ist besser Zwei als Eins, denn wenn eins fällt, so hilft ihm das andere wieder auf, und an einer anderen Stelle heißt es, dass der alleinstehende Mensch ein mühseliges und verdrießliches Leben habe. Um aber diesem zu entgehen, so hat sich der Herr Bräutigam die gegenwärtige ehr- und tugendsame Jungfer Braut, unter den vielen Töchtern der Erde erkoren und erwählt, weil sie ihm ihre Liebe von etlichen Jahren (Monaten) (längere Zeit) in seine Arme warf. Daher wird er sie auch versehen mit Wohnung, Kleidung und Nahrung und allem, was sie bedarf, und wird sie auch niemals verlassen in Kreuz und Leiden, sondern sie immer treu und beständig bis in den fernen Tod zu lieben suchen, haben Sie nun, meine teuerste in Gottes Namen versammelte, Gemeinde meine einfältigen paar Worte als kurz verfasste Werbung vernommen und verstanden, so bitte ich um Verzeihung, wenn etwa ein Fehler geschehen wäre, ich werde, bis wir wieder zusammen kommen, alles nach möglichstem Fleiße zu verbessern suchen und wünsche dem gegenwärtigen Brautpaare Glück und Segen von Gott, dem anwesenden Ehrengästen aber eine gute Unterhaltung."

(Jetzt geht man zum Brauttische und sagt zur Braut:)
"Weil nun jeder Herr Bräutigam mit einer Rosmari gezieret wird und er der Jungfer Braut in der Werbung alles Gute versprochen hat, so werden Sie ihm doch eine Schmücke schenken?"

(Jetzt neigt man sich gegen den Bräutigam)
"Nun, mein lieber Herr Bräutigam! Hier übergebe ich Euch im Namen der ehr- und tugendhaften Jungfer Braut eine dreifache Morgengabe. Zum ersten ein Tüchlein zum Abtrocknen des Schweißes des Angesichtes, zum zweiten eine Schmücke von Rosmari, welche dergleichen Sommers- und Winterszeit grünet, so wird auch ihre Liebe zu Euch stets grün und frisch sein. Zum dritten einen Kranz der Ehre, welcher rund und gewunden ist, so wird auch sie bis im Tod mit Euch verbunden sein."

(Jetzt übergibt er die Braut dem Bräutigam und stellt sie zusammen)
"Mein liebes Brautpaar! Ihr werdet nun heute bald Eurem so sehnlichsten Wunsch, Euch miteinander durch des Priesters Segenshand verbunden zu sein, erreichen; in dieser Absicht wollen die lieben Eltern vom ihrem Kinde, der Braut, Abschied nehmen und sie an die Hand des Herrn Bräutigams übergeben. Da sie aber dieses als gefühlvolle Eltern ohne vergießen der Tränen nicht tun können, so haben sie mich ersucht, solches in ihrem Namen zu tun. Nun, mein vielgeliebtes Brautpaar! Ihr verlasset nun heute beide Eure innigstgeliebten Eltern, von denen Ihr durch ein ganzes Leben so viele Wohltaten erhalten habet, die um Euer zeitliches und ewiges Glück innigst besorgt waren und es auch noch sind, die all ihr Gut und Blut aufopferten, um Euch hiernieden zu glücklichen Menschen zu machen. Ihr tretet nun von heute an in den Stand der hl. Ehe, welchen Ihr Euch selber zum Stande der Zufriedenheit oder auch zum Stande der Leiden machen könnet. Die Liebe hat Euch zusammengeführt, trachtet daher nur immer, Euch für einander Eure Liebe zu erhalten, denn so lange Ihr in der Liebe verharren werdet, so lange wird Gott mit Euch sein! Der hl. Apostel Paulus sagt: Die Liebe ist groß, sie blaset sich nicht auf und denket nichts Arges, sondern sie leidet alles, duldet alles und hofft alles: Lasst Euch nicht unter die Zahl jener Eheleute zählen, welche die ersten Tage ihrer Ehe einander für Liebe brennen, in kurzer Zeit aber einander kränken und verachten, sich die Tage der Freuden zu Jahren von Leiden und den Stand der Ehe zu einem wahren Wehestand machen.

Haltet Euch in Ehren und haltet einander kleine Fehler und Vergehungen zu Gute und bedecket sie mit dem Mantel der Liebe, dann wird Euch Gottes Segen stets begleiten und alle Euch heute dargebrachten Wünsche werden in Erfüllung gehen. Ihr werdet ebenso freudig vor den Richterstuhl Gottes, wie heute zum Altare treten und sagen können: Herr! Wir haben den Bund heilig gehalten, mit dem du uns vereinigt hast. Amen!"

(Jetzt geben Bräutigam und Braut einander die Hände.)
"Weil mir soviel Ehre zugelassen worden ist, so übergebe ich Euch, Herr Bräutigam, die ehr- und tugendsame Jungfer Braut im Namen ihrer Eltern an Euer Herz und Hand bis auf priesterliche Kopulation; dazu, gebe Gott seinen hl. Segen, Friede und Einigkeit, ein langes Leben hiernieden und nach diesem zeitlichen das ewige Leben, welches wir uns alle wünschen! Amen!

Sehnsuchtsvoll habt Ihr, geliebtes Brautpaar, den Tag erreicht, welchen Ihr Euch schon längst gewünscht. Sehet also, Gottes weise Vorsehung ging in Erfüllung, denn Gott, der liebevolle Vater, sandte seinen eingeborenen Sohn vom Himmel auf die Erde, um, ums glücklich und zu Erben des Himmels zu machen; er hat viel gelitten, ja er blutete sogar am Holze des hl. Kreuzes, damit wir einst glücklich werden können, und seihet, wie viel Eure geliebten Eltern um Euretwegen auch zu dulden hatten; die Mutter trug Euch neun Monate unter ihrem Herzen und gebar Euch unter großen Schmerzen und dennoch liebte sie Euch so zärtlich; der Vater war täglich besorgt, Eure Blöße zu bedecken und Euren Hunger zu stillen und Euch das Nötigste zu erwerben, damit Ihr als frohe und zu­friedene Menschen leben könnet. Dieses taten sie alles Euretwegen bis auf den heutigen Tag; ja, wenn ich Euch geliebtes Brautpaar, an alle Wohltaten, welche Ihr ihnen schuldig seid, erinnern sollte, wie würdet Ihr imstande sein, ihnen dafür kindlichen Dank abzustatten? Da Ihr sie vielleicht auch manchmal möget betrübet haben, so werden sie doch, weil ihr zartes Vater- und Mutterherz vieles übersieht, Euch verzeihen und dessen nicht mehr gedenken, wenn Ihr sie kindlich liebem und dankbar sein werdet."

(Jetzt kommt der Dank an die Eltern)
"Ja, geliebte Eltern, sie werden es auch tun, denn alles Gute haben sie ja Euch zu verdanken, und wenn Euch eine Not treffen sollte, so werden sie auch keine Träne auf Euren Wangen zittern lassen, sondern Euer Leben durch Liebe und Wohltun zu verlängern suchen; solltet Ihr aber durch die Hand des Todes überrascht werden, da werden sie Euren kalten Angstschweiß von Euren blassen Wangen trocknen. Euren Leichnam werden sie mit Tränen begleiten und am Rande des Grabes mit wehmütigen Herzen sagen: Nun sind jene entrissen, denen ich alles Gute und Liebe zu verdanken habe; sie ruhen hier im Schöße der Erde. Ach, könnte ich sie durch Beten und Weinen wieder zum Leben erwecken, dann möchte ich wieder froh bei ihnen leben und mich ihres Daseins erfreuen. Da sie aber dieses nicht imstande sind, so werden sie unaufhörlich für Euch beten, dass sie Euch jenseits im Hause der Ewigkeit wiedersehen; dort werden sie Euch umarmen, Eure Hände küssen und für alles danken."

(Jetzt bedankt sich die Braut bei ihren Eltern, wenn sie vom Brauttische geht.)
"Weil nun Euch, geliebte Eltern, ein so innig gerührter Dank von Eurem geliebten Kinde, der Braut, gebührt und sie wegen Vergießung der Tränen ihn Euch abzustatten nicht vermag, wenn es mir erlaubt ist, so will ich es anstatt ihrer tun. Ach, teuerste Eltern, weil nun die Stunde nahe ist, in welcher ich von Euch, geliebte Eltern und Geschwister, Abschied nehme und eine zweite Lebensweise durch den Willen Gottes und seinen Beistand antreten werde, wodurch ich nicht mehr Euch, sondern meinem getreuen Gatten anhangen soll, so empfindet mein Herz, was mein Mund nicht imstande ist, weil ich nicht weiß, ob ich in Freud oder Leid von heute an eintreten werde, da ist es meine Pflicht, mich bei Euch zu bedanken, und ich will es heute hier öffentlich tun.

Ich danke Euch für die guten Lehren und Ermahnungen der Religion, geistliche und sittliche, für alle Schritte und Tritte, Kummer und Sorgen, ja auch für alle schlaflosen Nächte. Ich will Gott besonders an meinem Verkündungstage bitten, dass er Euch noch zeitlich segne und nach diesem Leben mit dem Himmel belohnen wolle. Amen!"

(Jetzt bittet die Braut die Schwiegereltern um eine gute Aufnahme.)
"Und Euch, geliebte Schwiegereltern, bitte ich, mich als Euer Kind anzunehmen und zu lieben, da ich Euch auch herzlichst lieben und ehren werde. Der Allerhöchste gebe hierzu seinen Beistand."

(Jetzt kniet die Braut vor ihren Eltern nieder.)
"Nun falle ich Euch, geliebte Eltern, zu Füßen und bitte nochmals um Verzeihung meiner Verschulden. Bin ich imstande, Euch Gutes zu tun, so werde ich es als Euer gutes Kind nie unterlassen, für alles das, was Ihr mir von der Wiege an bis auf den heutigen Tag zu Liebe getan habt. Ich will Gott, den Herrn, an meinem Verkündungstage bitten, dass er Euch noch zeitlich segne und ewig mit dem Himmel belohnen wolle, welchen Jesus Christus durch seinen bitteren Tod erworben hat, welchen ich mir und Euch allen vom ganzem Herzen wünsche, durch Jesus . Christum, unserem Herrn! Amen!"

(Jetzt machen sie das hl. Kreuz, dann stehen sie alle auf und gehen in die Kirche.)


Der Hochzeit ging immer das feierliche Versprechnis voraus, bei welchem sich die Schwiegereltern über die Mitgift des Brautpaares einigten, worauf der Hochzeitstag festgesetzt wurde. Der Tag wurde nach den Kalenderzeichen gewählt, und der Vollmond dabei besonders berücksichtigt, damit es in der Ehe "vorwärts" ging.

Die Hochzeitsgeschenke des Bräutigams an die Braut bestanden aus einem Gebetbuche, ein Paar Brautschuhen und ein Paar Brautstrümpfen, die der Braut an den Bräutigam aus einem Hemd, einem Hals- und einem Taschentuch. Beide besorgten auch die Einladungen der Verwandtschaft zum Hochzeitsfeste.

Am Vorabend zum Hochzeitstag finden sich die Freundinnen der Braut bei dieser zum "Kranzelbinden" ein. In manchen Dörfern und Gemeinden wurde dem Braut­paar zu dieser Stunde ein Ständchen gebracht.

Der Hochzeitstag selbst wurde am Morgen mit Schüssen zu Ehren des Brautpaares eingeleitet, worauf sich der "Druschma" (Hochzeitsbitter = Possenreißer) mit dem Bräutigam zur Wohnung der Braut begibt. Dabei soll um des künftigen Hausfriedens willen zuerst die Braut den Bräutigam sehen.

Es folgt dann die Brautwerbung, wie sie oben geschildert ist. Bei der Trauung sucht die Braut dem Bräutigam auf den Rock zu knien, um die Herrschaft im Hause zu bekommen. Eine friedliche oder stürmische Ehe wurde aus dem Brennen der Kerzen gedeutet. Löschte während der Trauung eine Kerze aus, so soll das den baldigen Tod der auf ihrer Seite knienden Person bedeutet haben. Ein weiteres böses Zeichen war, wenn die Braut an ihrem Hochzeitstag stolperte. Ein heiterer Himmel verkündete Glück, Regen, Unglück. Die Tränen der Braut verhießen spätere Fröhlichkeit.

Beim Hochzeitsschmaus saß das Brautpaar im "Brautwinkel" und dürfte in manchen Orten weder Essen, noch die Speisen reichen, da ihnen dies in ihrer Ehe Unfrieden gebracht hätte. Nach beendetem Mahle begab man sich gewöhnlich unter Musikbegleitung ins Gasthaus, wo der Druschma, der während des ganzen Festes für Stimmung zu sorgen hatte, mit der Braut den Reigen eröffnete und sie sodann dem Bräutigam zuführte.

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