von Franz Schöbel
Am 20. Dezember 1954 werden es hundert
Jahre, dass der weit über sein Heimatdorf Kottwitz hinaus bekannte Druschma
Heinrich Langner geboren wurde. Früh Waise geworden, kam er zu Verwandten nach
Neustadtl und erlernte dann das Tapeziererhandwerk. In seinen Wanderjahren kam
er weit in der Welt herum. Am 07. November 1882 heiratete er die Katharina Rumler
vulgo Milscher-Katter aus Kottwitz 76 und erbte von seinen beiden ledigen Muhmen
(Tanten) das Holzhäuschen am Fuße des Lämmerhubels. Hier übte er durch nahezu
70 Jahre bis zu seinem 1941 erfolgten Tode den Beruf als Tapezierermeister aus.
Daneben war er Mitglied vieler Vereine und seit 1924 auch der erste Schreiber
des Gemeindegedenkbuches. Seine angeborene Wanderlust führte ihn als Fünfzigjährigen
noch einmal in die Fremde, wo er längere Zeit im Hause einer deutschen Gräfin
in Botosani (Rumänien) beruflich tätig war. Im Nebenberuf war er, wie eingangs
erwähnt, Druschma.
Da mich mit Langner eine aufrichtige Freundschaft verband, hat er mir oft Leiden
und Freuden eines Druschmas anvertraut. Er führte darüber genau Buch. Am besten
lassen wir ihn darüber selbst sprechen.
In der Heimatbeilage zum "Volksboten" hat er den nachstehenden Aufsatz
veröffentlicht, der hier ungekürzt folgen soll:
Ein eifriger Leser des "Volksboten" und der Heimatbeilage, Herr Heinrich
Langner aus Kottwitz 15, hat in den letzten zwei Jahren vier goldene Jubiläen
aufzuweisen, und zwar:
Am 02. Jänner 1931 als Feuerwehrmann, am 01. Jänner 1932 als Tapezierermeister,
am 07. November 1932 die goldene Hochzeit, und feiert nunmehr am 28. Mai 1933
das goldene Jubiläum als "Druschma".
Hören wir, was der Jubilar er ist 79 Jahre alt selbst hier erzählt:
Der Druschma, Plampatsch, Hochzeitsbitter, war vor 50 Jahren eine vielgesuchte
Persönlichkeit bei einer Hochzeit. Im Zeitalter der vielen Ziviltrauungen und
Ehescheidungen ist allerdings der Druschma, wie so viele Bräuche, "unmodern"
geworden. Wie rührend war es, wenn der Druschma, bevor der Weg zum Traualtar
angetreten wurde, das Brautpaar den Eltern gegenüberstellte, eine Dankrede an
die Eltern und eine belehrende Ansprache über den Ehestand an das Brautpaar
hielt. Es waren manchmal 40 bis 50 Personen anwesend und es blieb kein Auge
trocken, wenn auf meine Aufforderung das Brautpaar niederkniete und von den
Eltern und Großeltern oder dem Vormund den Segen empfingen. Tief gerührt dankten
dann Braut und Bräutigam den Eltern, dem Vormund oder Angehörigen für die empfangenen
Wohltaten seit ihrer Geburt und der Weg zur Kirche wurde im Namen Gottes angetreten.
Interessant dürfte vielleicht die Statistik sein, wo und in wieviel Kirchen
ich die Brautpaare zum Traualtar geführt habe: Kottwitz 206, Tschermna 45, Ketzelsdorf
39, Ketzelsdorf-Brünnl 1, Niederöls 32, Pilnikau 22, Mönchsdorf (Kalna) 12,
Oberprausnitz 10, Arnau 9, Arnau-Kloster 1, Wildschütz 8, Altenbuch 6, Trautenau
4, Trschemeschna 3, Jungbuch 2, Mohren 2, Langenau 2, Forst 2, Schwadowitz 1,
Przichowitz 1, Altrognitz 1, Oberaltstadt 1, Hermannseifen 1, Hohenelbe 1, Proschwitz
3 Brautpaare, das sind 25 Kirchen und 417 Trauungen, vielmehr 415 Hochzeiten,
da ich zweimal zwei Schwestern zur gleichen Zeit zum Traualtar geführt habe.
Soviel mir bekannt ist, sind schon 212 ehem. Brautleute gestorben, welche ich
in meinem Buch mit einem verzeichnet habe. Wie beliebt der Taufname Marie
früher war, beweist, dass ich Marie 114mal, Anna 82mal eingeschrieben habe.
Besonders denkwürdige Hochzeiten habe ich mitgemacht, und zwar wo ein Fürstenpaar
bei der Hochzeit in der Kirche und im Gasthaus anwesend war und bei einer zweiten
Hochzeit der Franz Graf Deym als Vormund den Kirchgang mitmachte und
sich auch beim Hochzeitsschmaus gut amüsierte. Auch angesehene Fabrikanten waren
oft anwesend und waren ganz überrascht und voll des Lobes über die ländlichen
Sitten und Gebräuche bei einer schlichten Dorfhochzeit.
Ein Rekordjahr war 1886, wo ich bei 21 Hochzeiten war. Vielleicht wird so manche
Braut und mancher Bräutigam, jetzt schon Urgroßeltern, diese Zeilen lesen und
sich noch gerne erinnern an ihren Ehrentag, wu Longner Heinrich vo Kotwitz bei
d´r Huchzot ols Druschma wor.