Entnommen: Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe –

Als in der Aupa noch Flößerei betrieben wurde

Seit Menschengedenken rauscht mit monotoner und beruhigender Stimme ins Leben und in die Träume der Bevölkerung des Riesengebirgsstädtchens Trautenau die Aupa, die in den Mooren der "Weißen  Wiese" in der Höhe von 1423 Metern entspringt. Durch viele Jahrhunderte beeinflusste das Gewässer das wirtschaftliche Leben in der Gegend. Entlang ihres Tales führen seit langer Zeit Handelswege, und aus ihrem Flussbette – der Untergrund besteht im Riesengebirgsvorland aus rotem Sandstein – entnahmen die Vorfahren die glattgeschliffenen rundlichen Aupasteine, die sogenannten "Katzenköpfe", die aus Granit, Gneis oder Glimmerschiefer bestehen. Das Hochwasser hat sie hierher geschoben und gerollt. Sie dienten zur Pflasterung des Ringplatzes und der Gassen der Stadt. Die Wasser der Aupa trieben die städtischen Mühlen, die Papiermühle, die Walke,  den Eisenhammer in Altstadt, und später auch die neuerbauten Textilfabriken. Der Fischreichtum, vor allem der Überfluss, die Fülle von Forellen, trug zur Vielfalt und zur Abwechslung der Speisekarte der Trautenauer Haushalte bei. Nach den Privilegien des Königs Johann von Luxemburg (1310 – 1346) aus dem Jahre 1340 durfte jeder Bewohner der Stadt, arm oder reich, jeden Mittwoch‑ und Freitagvormittag fischen. Die Fische gediehen in dem klaren Gebirgswasser prächtig, und viele Bürger wussten das hoch zu schätzen. Die Trautenauer lieferten die Köstlichkeiten sogar auf des Königs Tisch. Im Jahre 1732 schrieben die Chlumetzer nach Trautenau, dass sie kaiserlichen Besuch bekommen würden, und baten gegen Vergütung um eine Expresssendung von Krebsen.

Viele Jahre – eingeschränkt sogar noch im 17. Jahrhundert – flößte man in der Aupa und von Jermer aus dann in der Elbe nach Alt‑Kolin Holz aus dem Riesengebirge in überreichlichen Mengen für den Bedarf der Silberbergwerke in Kuttenberg. Jährlich wurden etwa 20.000 Klafter Holz gebraucht, Stämme, die in der Regel auf zwei oder vier Meter lange Klötze zersägt waren. Das Fällen und das Flößen gab Einheimischen und zugezogenen Holzknechten Arbeit und Verdienst. Weil die ansässigen Arbeitskräfte nicht ausreichten, wanderten fremde Holzknechte allein, manche sogar mit der Familie, hier ein und setzten sich fest. Sie wohnten anfangs in einfachen hölzernen, selbstgezimmerten Buden. Aus dem Lande Tirol kamen im Jahr nicht weniger als 300 Holzarbeiten Auf Veranlassung Bergwerkbeamter aus Kuttenberg wurden in und um Trautenau das Flussbett, die Rückhaltebecken, der Schwemmkanal, die Durchlässe und Wehre gründlich instandgesetzt, weil viele der Einrichtungen, die dem Flößen dienten, durch die dahinjagenden Holzstämme im Laufe der Zeit stark beschädigt oder weggerissen worden waren. Hochwasser hatten auch manchmal ihr Zerstörungswerk getan. Noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Herrschaft Marschendorf verpflichtet, der Herrschaft Nachod 300 Klafter Holz zu liefern, als Entschädigung für die durch das Holzflößen beschädigten Ufer der Aupa. Flussaufwärts von Trautenau gab es große Sperren, wehrartige Einrichtungen, die dem Zählen des festgehaltenen Holzes dienten. Solche Staudämme, Klausen genannt, hielten zeitweise das Wasser im Oberlaufe auf und sorgten dafür, dass für die Holzdrift reichlich Vorrat an Flüssigkeit vorhanden war. In hölzernen Gleitrinnen, sogenannten Riesen, schossen die Baumstämme die Berghänge bis an die Aupa hinunter. In gewissen Zeitalbständen öffneten die "Schwazer", so nannte man die Waldarbeiter aus Schwaz in Tirol, den Schwemmkanal der Klause, und die nun frei gewordenen Wassermassen beförderten die Klötze zu Tale, mindestens bis zur nächsten Klause. Das karge Brot der Holzarbeiter war sauer verdient. Zuweilen kam es vor, dass der knapp bemessene Lohn verspätet oder nicht voll ausbezahlt wurde, so dass die paar Groschen nicht einmal für trockenes Hafermehlbrot langten. Dann konnte es geschehen, dass sich die Darbenden aufbrausend beschwerten und aus Ratlosigkeit, Enttäuschung und Wut sogar die Schwemmeinrichtungen demolierten. Gar mancher Rädelsführer hat die Verzweiflungstat am Galgen mit dem Tode gebüßt. Manche gaben auf und verfielen der Trunksucht. Im Jahre 1574 betrank sich einer so stark, dass er an Alkoholvergiftung starb. Manches Stück Schwemmholz verschwand unterwegs auf Nimmerwiedersehen. Drum langte im Jahre 1589 auf dem Schlosse in Trautenau ein Mandat des Kaisers ein, das in aller Deutlichkeit und Schärfe besagte, dass Holzdiebstahl mit dem Tode bestraft wird. Der Pfarrer Scharffenberg drohte den Trautenauern von der Kanzel im Jahre 1591 für Entwendung von Flößholz strenge Bestrafung an. Trautenaus königlicher Forstmeister Caspar Nuß von Raigersdorf, der die Oberaufsicht über die Riesengebirgswälder besaß, ließ im Mai 1593 vor den Toren der Stadt die Warnung laut und vernehmlich publik machen, dass Holzdiebe Kopf und Kragen und sämtlichen Besitz verlieren. Weil am Oberlaufe der Aupa durch viele Jahre rücksichtslos viel Holz geschlagen wurde, zeigte sich am Anfang des 17. Jahrhunderts, dass der begehrte Rohstoff knapp und rar wurde. Aus Kuttenberg erschien 1609 in Trautenau eine Kommission, die den Waldbestand prüfte und den weiteren Einschlag zu beurteilen hatte. Das festgestellte Ergebnis war niederschmetternd. An den Abhängen des Flusses und auch an den zugänglichen Berglehnen gab es keinen Baumbestand mehr, und die Schwemmeinrichtungen waren beschädigt und in miserablem Zustande. Die Riesengebirgswälder erholten sich nach den unüberlegten Raubbau im Laufe vieler Jahrzehnte nur zögernd und sehr langsam. Durch das unbedachte und planlose Tun war die Lebensgrundlage der Holzer und ihrer Familien von heut auf morgen zerstört. Sie mussten sich nach einem neuen Lebensunterhalt umsehen. Neben der Viehzucht und dem Bebauen kleiner Felder an Südhängen betrieben manche der Gebirgler die Handweberei, um sich einigermaßen über Wasser zu halten. Andere suchten sich anderswo eine Arbeit im nahen Adlergebirge. Ganz wurde das Flößen des Holzes in der Aupa nicht eingestellt. Bis ins 19. Jahrhundert flößte man von Zeit zu Zeit, nachweisbar im Jahre 1856 zum allerletzten Male.

Freie Übersetzung: Trutnov‑známy neznámy

Alfred Förster, früher Oberaltstadt Nr. 97

< Inhalt >   < Holzflößerei auf der Aupa >   < Caspar Nuß von Raigersdorf >

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