von J. Böhm Trautenau
Mächtige, fast undurchdringliche
Waldungen schützen ehedem die Grenze unseres engeren Vaterlandes. In der
Breite von vielen Stunden, ja ganzen Tagreisen zogen sich dieselben nicht bloß
über die Höhen und Vorberge des Böhmerwald-, Fichtel-, Erz-,
Lausitzer-, Iser-, Riesen-, Raben-, Falken-, und Adlergebirges, sondern schlossen
auch Böhmen von Mähren und Niederösterreich ab.
Nicht genug können alte Schriftsteller von der Großartigkeit dieser
natürlichen Grenzwehr, von der Schwierigkeit, sie zu durchbrechen, erzählen,
und Jahrhunderte lang wurde darauf gesehen, daß dem Lande diese eigentümliche
Befestigung erhalten blieb.
Die Waldungen im Nordosten Böhmens waren es ganz besonders, welche bei
den Nachbarn berüchtigt waren. Von ungeheuerer Ausdehnung, mit Sümpfen
und Moorästen zwischen sich und meist gelagert über Gegenden, welche
schon ohne sie die schwierigsten Terrainverhältnisse darboten, konnten
sie ihre ursprüngliche Bestimmung auf das Beste erfüllen.
Ein polnischer Geschichtsschreiber, der sogenannte Martinus Gallus, vergleicht
deshalb den zweiten Kriegszug Boleslaus III. gegen Böhmen (1110) durch
sie mit dem Alpenübergang Hannibals. Der Weg wird von ihm als ein schreckenerregender
bezeichnet, und von der Gegend sagt er, daß dieselbe niemals zuvor von
eines Menschen Fuß betreten worden wäre.[1]
Weit hinein nach Böhmen erstrecken sich diese Waldwildnisse und mußten
vielfach mit dem Königreich- Wald zusammenhängen. So mag z.B. erst
in der Gegend des heutigen Arnau, in welcher der Herzog Sobeslau (1139) von
seinem Hofe Ehwogno (Königinhof) aus die Burg Hostin hradecz (Neuschloß
? Arnau ?) als Bollwerk gegen die Eindringlinge der Polen erneuerte, ein Eingang
in dieselben gewesen sein. [2]
Seit dem 13. Jahrhundert wurde es in den umgebenden Grenzwäldern nach und
nach lichter. Einsichtsvolle böhmische Herrscher und thätige Mönche
riefen fleißige, deutsche Ackerbauern herbei, welche mit ihrer Hände
Arbeit den Boden urbar machten, denselben auf die friedlichste Weise zurück
erarbeiten und so das vollste Bürgerrecht errangen.
Einige Beispiele mit besonderer Berücksichtigung unserer Gegend, werden
hinreichen, das Gesagte zu belegen.
So errichtete Premysl Ottokar I. im Jahre 1213 in einer Gegend, "welche
durch ihre weite Einöde erschreckte," eine des Kloster Brewnow untergeordnete
Probstei, um welche sich später die Stadt Politz ausbreitete. Im benachbarten
Bezirk Braunau wieder, der seiner Natur nach dem vorhin genannten mindestens
gleichstand, war es König Johann, der dem damaligen Brewnower Abte, Paul
von Bavor, 1322 die Gründung des Braunauer Klosters erlaubte. Bei Trautenau
mögen sich die um 1260 von Aegydius von Schwabeun herbeigerufenen Kreuzherren
um die Colonisation verdient gemacht haben, und im benachbarten Schlesien stiftete
Herzog Heinrich II. (1238) in dem Grenzwalde Gressobor eine Probstei des Stiftes
Opatowitz, welches auch um 1290 eine Präpositur im heutigen Hohenelbe gründete.
Trotz aller dieser und anderer Colonisationsbestrebungen blieben aber noch große,
weite Waldstrecken unangetastet in den Händen der böhmischen Herrscher.
Bei Verpfändungen von Kronlehen behielten sich dieselben ausdrücklich
das weitere Verfügungsrecht über frühere Grenzwälder vor.
Im östlichen und nordöstlichen Böhmen galt dieses unter anderen
von den Wamberger und Reichenauer Forsten, dem Königreich - Wald und den
Trautenauer Obergebirgswaldungen.
Die erstgenannten lagen, wie schon ihr Name besagt, bei Wamberg und bei Reichenau
im Gebiete der wilden Adler und Glatzer Neiße. Sie blieben bis zum Jahre
1703 Referatwaldungen und gingen dann in den Besitz Norberts Grafen v. Kollowrat
über.
Unter dem Königreich-Wald verstand und versteht man heute noch die Forste
und Gegenden zwischen der Elbe bei kaiserlich Döberney ostwärts und
der Aupa, genauer: zwischen Mastig ostwärts und Nimmersatt am Schwarzenbach,
der bei Hermanetz in die Elbe mündet.
Die in diesem Gebiete liegenden Waldungen gehörten der Hauptsache nach
zum k. k. Montangute Döberney, welches 1784 dem ehemaligen k. k. Oberstmünz-
und Bergmeisteramte bis 1813 unmittelbar dem k.k. Landesgubernium und von dieser
Zeit an dem k. k. Bergoberamte zu Pribram, unter Oberaufsicht der höchsten
Landesstelle, untergeordnet war. Beim k. ständischen Recitificatorium wurde
es unter der Benennung Kuttenberger Bergwerks- oder Waldamt aufgeführt.
Während des Baues der Festung Josefstadt (1781 87) dem damaligen
Fortification-Directorium zur unbeschränkten Benützung überlassen,
wurden diese Wälder in jener Zeit um 300 000 Klafter Holz gebracht. Ihre
öffentliche Versteigerung fand im Jahre 1833 statt.[3]
Die Trautenauer Adlergebirgswaldungen, zum Unterschiede von den anderen
Trautenauer Wäldern, wie der Königreich-Wald auch genannt wurde, lagen
in den nördlichen Theilen des heutigen Trautenauer und Hohenelber Bezirkes,
und blieben bis zum Jahre 1731 im Besitze der böhmischen Regenten. Von
da ab gingen dieselben in das Eigentum des Ernst Anton Grafen von Schaffgotsch
über.
Aus allen diesen Wäldern wurden
Jahrhunderte hindurch (bis beiläufig 1729) die Bedürfnisse Kuttenbergs
an Bau- und Kohlholz bezogen und gedeckt, am längsten (bis zum Jahre 1762
etwa) aus dem Königreich-Wald. Der Grund ist in Lage dieser Forste zu suchen.
Ihr Holz konnte eben durch Flößen auf den in ihnen entspringen, ein
starkes Gefälle aufweisenden Flüssen und Bächen am bequemsten
bis in die Nähe der genannten Bergstadt gebracht werden, was bei dem früheren
Zustande der Communicationsmittel von der größten Wichtigkeit gewesen
sein mußte. Besonders dann, als der Holzreichthum um Kuttenberg erschöpft
war.
Aus dem Wamberger und Reichenauer Forsten wurde das Holz auf dem Klausenbach,
welcher unterhalb Popelow in einer tiefen und engen Felsschlucht in den Stiebritzbach
und mit diesem in die wilde Adler fließt, dann auf dem Albabache in die
Elbe und auf dieser weiter geflößt.
Aus dem Königreich-Wald wieder geschah das Fortschaffen der Holzmassen
größtenteils auf der Elbe und in den Trautenauer Obergebirgswaldungen
waren in der genannten Hinsicht die Kleine Aupa, der Kolbenbach und die Aupa
besonders wichtig, im minderen Grade vielleicht der Klausengraben (Seifenbach)
bei Johannisbad, das Klausenwasser (St. Peterseifen am südlichen Abhange
des Brunnberges entspringend und bei Friedrichstal in die Elbe mündend
und der Klausenbach, welcher vom Planur kommt und bei den Klausebauden (Klauselberg)
in die Elbe fließt.
Immer also vereinigten sich die Holzmassen in der Elbe und gingen auf ihr bis
zur Baschta von Altkolin, von wo aus sie nach Kuttenberg gebracht wurden.[4]
Laut Edictes K. Georgs vom Jahre 1459 schon mußten alle, welche Holz auf
der Elbe herabflößten, vier Tage lang bei Altkolin warten und den
Kuttenbergern das Benötigte verkaufen.
Die Thätigkeit der Flößer und Holzknechte hing natürlich
mit der Blüte des Kuttenberger Silberbergbaues zusammen, und da derselbe
unter Maximillian II. und Rudolf II. seine letzten glücklichsten Zeiten
erlebt hatte, so wurden auch unter diesen Kaisern die genannten Wälder
am meisten mitgenommen.
Ferdinand I. schon scheint sie für den Dienst Kuttenbergs ins Auge gefaßt
zu haben, wohl auf Anrathen seines Berghauptmannes Christoph von Gendorf, der
1533 das Gut Hohenelbe, 1541 Schatzlar gekauft hatte, mit Trautenau belehnt
und wahrscheinlich auch mit der Aufsicht über die kaiserlichen Wälder
betraut war.
Gendorf starb am 05. August 1563, und schon am 09. November desselben Jahres
erging an Georg von Waldstein auf Arnau, Christof Silber von Pilnitau auf Wildschütz
und die Brüder Zdenko und Georg Chwalkowsty zu Chwalkowitz das Verbot,
das Fällen und Abhauen der Stämme, sowie den Verkauf des Holzes aus
dem Walde Königreich (králowstwi) zu unterlassen, da sie dazu weder
befugt noch berechtigt seien, und auch fernerhin in demselben Jagd zu halten
sich nicht unterstehen sollten. Der Eustachia, Tochter Christophs von Gendorf,
wurde der Auftrag zur besseren Aufsicht gegeben, so lange die kaiserliche Commission
zur Ausmittlung einer besseren Pflege und Aufsicht dieser Gebirgswaldungen nicht
erscheinen wird.[5]
Diese kam am 05. Juli 1564 in Trautenau an und begab sich am anderen Morgen
in Begleitung von 15 Trautenauer Bürgern in den Königreich-Wald, beging
denselben und ließ sich von dem Trautenauer Maler Simon Hüttel die
Grenzen "abreiszen und entwerfen." "Also hab ich", sagt
dieser in seiner Chronik[6]
"alles vleisig abgemalet und angefangen bei dem Marschov und folgens bisz
obig die Behmische Purwitz (Borowitz) sambt allen gereutzen und Dörfern
zu beiden seiten dem Königreich gelegenheiten und sind von dem 6. tage
julius bis auf den 15. tag heumrn, das ist in 10 tagen allererst herumbkomen."
Im Jahre 1555 wurde dann Nikolaus Wachtel von Partenau, Burggraf zu Brandeis,
zum Oberstforstmeister über die Trautenauer Waldungen ernannt, u. zw. mit
dem Bedenken, er habe die gehörige Aufsicht zu führen, niemanden zu
gestatten, Holz zu fällen und wegzuführen oder Jagd zu halten, sondern
aus diesem Forste das Holz nach Kuttenberg auf der Elbe hinunter zu befördern
und für den künstlichen Nachwuchs der Waldungen Sorge zu tragen. Den
kaiserlichen Commissären Zdenko Zaruba und Martin Sudkowsky wurde der Auftrag
zum Ankauf des nächst Königinhof gelegenen Hofes Borletko wegen Errichtung
eines Forsthauses gegeben und die Gemeinde Königinhof diesbezüglich
angegangen, in den Verkauf ohne Schwierigkeit einzugehen. Da jedoch dieser Hof
nicht der Gemeinde, sondern dem Hans von Vorluf gehörte und er mit seinem
Weibe und seinen Kindern weinend bat, man möchte ihn in diesem Besitze
lassen, so wurde der Gemeinde Königinhof aufgetragen, sie solle eine Wohnung
für den Forstmeister kaufen helfen. Da sich aber niemand hierzu geneigt
zeigte, so wurde angeordnet, man könne keinen Untertan dazu zwingen.[7]
Bezogen sich diese Bestimmungen hauptsächlich auf den Königreich-Wald,
so begann man auch in dieser Zeit die Trautenauer Obergebirgswaldungen gehörig
dazu auszubeuten. Der bereits genannte Hüttel, dem wir die näheren
Mitteilungen über die Holzflößerei im Riesengebirge verdanken,
erwähnt hier der Schwatzer und Holzknechte zum Jahre 1665 das erstenmal,
indem er sagt, daß ein großes Wasser aus dem Gebirge denselben "Lehrgeld
gegeben habe".
Im Jahr 1566 kamen Kuttenberger Amtsverwalter nach Trautenau und ließen
daselbst ein neues Haus (zur Unterbringung des Forstmeisters und Zahlmeisters
wahrscheinlich), einen großen Holzrechen, Archen[8]
und Wehre in der Aupa errichten.
Ein Jahr später wurde dann die große Wasserklause[9]
in die Aupa gebaut. Ihr Damm war 120 Ellen lang und 16 Ellen breit "an
die joch und Flügel zum wasserthoren," ihre Tiefe betrug 15 Ellen
"oder 5 man hoch." Die Herstellungskosten betrugen 2 500 fl.; da sie
später "wandelbar" wurde, waren noch 700 fl. notwendig, sie in
brauchbaren Stand zu setzen.
Hüttel bemerkte weiter: "Die Holzriesen[10]
am Schwarzenberg sind 500 fach lang, lenger dan 1 500 waltlochtern, sie gestehen
800 fl. zu bawen. Das neuw wassergerinne ist 1 600 waltlochtern lang und 2 elen
brait. es gestehet 1 300 fl. zu machen vom neuen Seuffen herab bisz in die Aupa
unterhalb Marschendorf."
Im Jahre 1567 wurde auch eine Klause in die Kleine Aupa (Hüttel sagt einmal
in das Kolbenthal) gebaut, welche 1575 von dem Klausenmeister Hans Oter von
Aussig erneuert wurde, wobei Erdreich auf eine Tiefe von 900 "Stichen"
ausgehoben werden mußte. Die Herstellungskosten dieser Schleuse betrugen
7 000 fl.
Nach zwei Jahren (1569) schickte der Kuttenberger Münzamtsverwalter den
"pan Girzig z Razne", einen Goldschmied und Markscheider, gegen Marschendorf,
um die besten Orte ausfindig zu machen, behufs Anlage neuer Klausen. Er brachte
4 Wochen im Riesengebirge zu und verzehrte während dieser Zeit mit seinen
Gesellen 82 fl. Wie er dies bei den damaligen Zuständen im Riesengebirge
möglich machte, ist freilich ein Rätsel.
Ob auf das Referat dieses Markscheiders hin neue Klausen hergerichtet wurden,
ist nicht bekannt. Erst im Jahre 1584 wurde wieder eine solche "geschlagen"
(gebaut), behufs Stauung des Wassers der Kleinen Aupa. Sie war "aus dem
Grunde bis zu öberst 36 ringe hoch" und kostete 4 000 Thaler.
Manche Dammüberreste dieser und anderer Klause werden heute noch von alten
Leuten im Riesengebirge gezeigt. Am bekanntesten sind jene hiehergehörenden
Überbleibsel, welche in der Nähe der Kapelle im Riesengrunde deutlich
unterschieden werden können. Sie führen den Namen Klausenhübel.
Daß dann, wenn das Klausenwasser zu hoch gestaut wurde, oder wenn Hochwasser
die Schleusendämme zerriß große Verheerungen der Aupaufer angerichtet
wurden, ist natürlich. Hüttel erwähnt solche Fälle wiederholt.
So wurde 1576 die Spitalbrücke in Trautenau vom Klausenwasser zertrümmert
und 1 großer Kasten von 3 Klafter Länge, der voller Steine war, überstürzt
und 13 Klafter weit mit fortgeführt. Die Schwatzer und Holzknechte sagten
"Rübezagel hab die klausen gezogen und ihren Klausenmeister auch mit
ertrenkt."
Im Jahre 1579 nahm das Klausenwasser die Holzriese im Dunkelthale mit sich fort
und überstürzte das Häuschen der Matz Lange in Marschendorf,
wobei dessen Weib nebst seinen 4 Kindern ertrank.
Im Jahre 1581 wieder führte das Floßwasser den Simon Just zu Altstadt
sein Haus fort, wofür ihm die kaiserlichen Amtsleute 30 Thaler auszahlen
mußten.
Im Jahre 1591 wurde aus einer gleichen Veranlassung das Häuschen des alten
Wyck Simons in Trautenau zerstört, die Arche fortgeführt und auch
andere Häuser arg beschädigt.
Großen Nachtheil brachte das Holzflößen auch dem Fischreichthume
der Aupa[11]
, so daß Hüttel einmal (unter fremden Namen) klagt: "Es wird
viel frembde volck seltsamer rede und arrt in´s Riesengebirge kommen,
die welde vertreiben lang zeiten viel jahr. Das Holz wird tewer werden. Das
wasser die Aupa wird dem dreier kaiser zeiten unsichtbar sein, und kein fische
drinen wachsen werden."
Unter dem fremden Volke seltsamer Rede und Art sind offenbar die wiederholt
erwähnten Schwatzer und Holzknechte zu verstehen. Dieselben arbeiten in
großer Zahl in den Riesengebirgswaldungen. Im Jahre 1575 zählte man
ihrer 371, und zum Jahre 1591 bemerkt Hüttel: "Am pfingstdienstag
sind 300 schwatzer holzknechte gen Trautnaw auf den schloßhof kommen,
da hat ihn ein e. rath 2 fas bier geschenkt und umb 2 thaler brot". Einer
ihrer Kameraden hatte sich, nebenbei bemerkt, 1574 "bei Justlin im brannten
wein zu tode gesoffen", einen andern, Lang Matzen mit Namen, ließ
(1583) Georg von Waldstein hängen!
Woher der Name Schwatzer stamme, ist nicht sicher bekannt. Kamen die Leute,
welche ihn führten, aus einer der Alpengegenden (Schwaz in Tirol ?), wo
noch heute die Holzknechte eine wichtige Rolle spielen und wurden von Gendorf,
der aus Kärnten stammte, ins Riesengebirge gerufen?
Oder hängt der Name mit dem Zeitworte schwatteln (vgl. Schmeller, II. 651),
überschwanken (von Flüssigkeiten), ...hern (in solchen) zusammen?
Im letzteren Falle wäre das Wort gleichbedeutend mit Flößer,
welche Meinung auch Hruschka in seinem Glossar zu Hüttels Chronik ausspricht.
"Das Holz wird theuer werden," klagt der Chronist in den obigen Zitate
weiter.
Dies, sowie der Umstand, daß es für die Anwohner der Aupa gar so
verlockend gewesen sein mußte, das Holz, welches in der Nähe der
Wohnungen dahinschwamm, ohne viele Mühe in ihren Besitz zu bringen, machte
wiederholte strenge Verbote gegen das Holzstehlen nothwendig.
So wurde im Jahre 1588 auf dem Trautenauer Schlosse der Befehl erlassen, Klausenholz
nicht zu entwenden bei Leibesstrafe. 1589 wieder erließ der Kaiser
ein diesbezügliches Mandat, welches aber wenig gefruchtet zu haben scheint,
denn 1591 mußte der Trautenauer Pfarrer "ein scharf holzmandat"
auf der Kanzel verlesen, ebenso 1600. Im Jahre 1593 ließ der Forstmeister
Caspar Nuß vor den Thoren Trautenaus den Holzdiebstahl laut verbieten,
und im Jahre 1596 endlich mußten die Trautenauer Thorhüter Eide schwören,
die Holzstehler anzuzeigen.
Auch anderweitig wurde am Flößholze gesündigt. Hüttel sagt
zum Jahre 1580 "und ist dieselbige Nacht (18. Juni) obig Marschendorf in
Dunkelthal hinter der klausen in Posers haw und bis Borreyters haw ein heimlich
angelegtes feur angegangen, das da ir Rom. kais. maj. ist großer schad
geschehen. und sind in die 100 000 wer holz verbrandt. ein dreiling holz heist
ein wer, 50 ist an zal, 50 zal ist ein tausend und von jeden tausend 19 gulden
zu lohn, das macht in die 2 000 gulden. es hat ein nacht und ganzen tag gebrent,
dan das holz ist so hoch gewest, als irgend ein haus hoch."
Die Unkosten, welche die verschiedenen Vorrichtungen, das Fällen und Flößen
des Holzes verursachten, waren bedeutende. Sie repräsentierten die Summe
von 2 900 Schock Groschen, "das jerlich in die 20.00 fl. auf das Kuttenbergische
Bergwerk und holzriesen aufgehet auf archen, rechen, klausen im Hrisengebirge.
es wird auch darkegen übers jar 5000 wöchentlich auf Kuttenberg gemüntzet,.
Item 1800.000 auch oft 1900.000 wehr holz wird in einem jar auf Kuttenberg geflüst
und ist die Besoldung von 1000 wehr aufs wenigste 12 fl. so es aber böse
ist, zun den hrisen zu bringen, so gibt man gern 18 und 19 fl. vor 1000 wehr
holz abzuhaken, und die holzknecht haben ihr sonderliche besoldung, ein tag
einem 10, 12 kreizer, darnach einer arbeit."
Einer Auszahlung der Schwatzer und Holzknechte im Vortrage vom 1266 fl. wird
übrigens zum Jahre 1567 das erstemal Erwähnung gethan. Es erschienen
aus diesem Grunde der Buchhalter Christian Dietrich und der Münzschreiber
Georg Schattney von Olivett von Kuttenberg in Trautenau.
Von dem Thun des oben genannten Oberstforstmeisters Nikolaus Wachtel von Partenau
konnte bisher nichts in Erfahrung gebracht werden; besser sind wir von dem Wirken
des Forstmeisters Caspar Nuß in Raigersdorf[12]
unterrichtet.
Derselbe wird von Hüttel im Jahre 1573 das erstemal erwähnt, bei Gelegenheit
einer Grenzbegehung der Trautenauer Wälder um den Helfenstein.[13]
Woher der Genannte stammte, ob aus Mähren, wo zwei Orte den Namen Reigersdorf
führen, oder aus Kärnten woselbst sich bei Klagenfurt ein Reigersdorf
findet, konnte bisher nicht ermittelt werden.
Geboren im Jahre 1537, diente er den Kaisern Ferdinand I., Maximilian II. und
Rudolf II. Sein Wirken als Forstmeister muß nach den vorhandenen, leider
nur fragmentarischen Überlieferungen, ein recht ersprießliches gewesen
sein. Er beging fleißig die Grenzen der kaiserlichen Waldungen und sah
darauf, daß die Nachbarn ihre Gelüste nach dem Holze seines hohen
Herrn zähmten, half auch mit seinen Leuten den Trautenauern, wenn diese
ihren edlen Angrenzern die Begriffe und Unterschiede von Mein und Dein beibrachten
oder wenigstens beizubringen suchten, befehligte das Heer der Schwatzer und
Holzknechte, die Holz und Zahlmeister und erließ an die Anwohner der Aupa
wiederholt strenge Verbote, das Stehlen des Floßholzes zu unterlassen.
Als guter Katholik brachte er es dahin, daß der Trautenauer Pfarrer Johannes
Tymus (1575) zweimal vor dem Prager Erzbischof erscheinen mußte "von
wegen der predigt. so er zum öfternmal wider den Forstmeister gethan, darin
er in solt verunglimpft an seinen ehren haben". Das Gleiche mußte
(1594) der Pfarrer Tobias Scharfenberger thun, der dem Nuß wieder nicht
rechtgläubig genug gewesen zu sein schien.
Wiederholt wurde dem energischen Forstmeister der Auftrag gegeben, in Gemeinschaft
mit dem Primas von Trautenau, oder auch ohne diesen "die pauren helfen
zu regieren."
Gewohnt scheint er mit seiner Familie zu haben theils in Trautenau, theils in
Altstadt. In der Kirche des erstgenannten Ortes ließ er 1580 ein kleines
Epitaphium anbringen, wohl aus Anlaß des Todes seines Sohnes Wilhelm,
der 1579 starb und in Trautenau begraben wurde.
Länger scheint Nuß in Altstadt seine Wohnung aufgeschlagen zu haben.
In dieser kam 1590 Feuer aus, das aber glücklicherweise gedämpft wurde.
In Marschendorf wieder fing er 1599 an zu bräuen "gut bir, das Fasz
umtb 4 taler."
Von seinem reichen Kindersegen folgte ihm sein im Jahre 1630 gestorbener Sohn
Caspar im Forstmeisteramte, während drei seiner Kinder: Erasmus, Hans und
Wenzl in Kriegen gegen die Türken den Tod fanden. Seine einzige Tochter,
über die Hüttel, nebenbei gesagt, eine eigenthümliche Bemerkung
macht, heirathete den Christoph Menmer von Pilnitan und starb schon 1625, sein
Sohn Wilhelm im Alter von zwei Jahren, und auch die übrigen Kinder Nuß´:
Thimotheus und Andreas, scheinen kein hohes Alter erreicht zu haben.
Caspar Nuß von Raigersdorf starb im Jahre 1606 und liegt in der Kirche
in Altstadt begraben. Dort ist ihm und seine Frau Katharina, geborene von Plauen
(gestorben 1605), ein schönes Grabdenkmal errichtet worden, das ein Meisterwerk
der Kunsttischlerei und Holzschnitzerei weit herum in der Umgebung Trautenaus
nicht seines gleichen hat.
Unbekannt ist der Meister, welcher es schuf. Daß dieser aber tüchtig
in seinem Fache war, seinen Geist an den Vorbildern der italienischen, französischen
und deutschen Renaissance wohl gebildet haben mußte, das zeigt sein Werk,
von dem wir eine Abbildung (des Kostenpunktes halber leider nur in Autographie)
diesen Zeilen beischließen.
[1] Beleg bei Loferth, der Grenzwald
Böhmens in den Mittheilungen des Vereins zur Geschichte der Deutschen
in Böhmen. XXI., 185.
[2] Darauf scheint auch der
Ortsname Kottwitz (von choditi - gehen, wegen der Thätigkeit der
Grenzwächter ?), wie Stritez von strici = bewachen ?) Burgersdorf,
südlich von Trautenau, hinzudeuten. Überhaupt drängte sich
dort, wo Saumwege durch die Pässe (Landesthore) der mit dem Grenzwalde
bestandenen Gebirge Böhmens führten, die slavische Bevölkerung
des Landes am weitesten an die Grenzen der Nachbarländer vor und
ließ sich keineswegs, wie so oft behauptet wird, von dort verdrängen.
Ein Blick auf eine Sprachenkarte Böhmens bestätigt dies vollkommen.
Man fasse nur die Gegend von Taus (Tauser Paß), Böhmisch Aicha
(Verbindungsweg über Gabel nach Zittau, Rochlitz (Paß von Neuwald),
Trautenau. (Paß von Königshan), Nachod (Reinerzer Paß),
Landskron u. a. in´s Auge.
[3] Sommer, das Königreich
Böhmen, IV., 92.
[4] Die Leute, welche solches
bewerkstelligten, selbst die Köhler, welche den Kuttenberger Schmelzöfen
die Kohlen zuführten, genossen von den Seiten Wenzels II. her besondere
Privilegien. Sie bildeten eine eigene Zunft, hatten ihre gewöhnlichen Versammlungen
zu Pribram, waren wie andere "Bergwerksverwandte, dem Oberstmünzmeister
untergeben, von Krieg, Steuern, sogar dem Zolle, befreit und blieben von der
Theilnahme an Kriegszügen so viel als möglich verschont." (Peithner,
mährischen Bergwerke, 112).
[5] Illustrierte Chronik von
Böhmen I. 24 u. f..
[6] Simon Hüttels Chronik
der Staat Trautenau Beschreibung von Dr. Ludwig Schlesinger im Auftrage
des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 176.
[7] Illustrierte Chronik von
Böhmen I. 72 u. l.
[8] Befestigung des Ufers gegen
das Reißen des Flusses. (Vgl. Schmeller, bairisches Wörterbuch,
I., 138.)
[9] Unter Klause (Holzklause,
Wasserklause) verstand man eine Art Schleuse, welche zur Aufstauung und
Anschwellung eines sonst nicht hinlänglich starken Gebirgswasser,
in einer dazu tauglichen Felsenschlucht aus Baumstämmen aufgeführt
wurde, und bei deren Öffnung der durch die Verschließung nach
oben zu angeschwellte Bach in solcher Stärke hervorstürzte,
um das von den Riesen herabgeschossene und in seinem Rinnsal liegende
Trittholz forttragen zu können. (Vergleiche Schmeller, I., 1339).
[10] Die
Riesen sind entweder natürliche, von aller Vegetation entblößte
Rinnen an einem Berge, von welchen Wasser, Gestein, Sand u.s.w. nieder
"reiset"
auch gleichlanges Holz herabgeschossen (herabgelassen) wird oder, wie
in unserem Falle, künstliche, aus glatten Baumstämmen zu diesem Zwecke
erbaute Rinnen. Die Riesbäume sind aa, das Joch oder Polsterholz, b der
Biel (jener Baumstamm, an den sich die übrigen anlegen), der mittlere Biel,
cc der Wehrer oder die zwei äußeren Biel, dd die zwei Sättel
und ee die zwei Übersättel. Besteht eine künstliche Riesen aus
den bloß neben einander liegenden Bäumen (Trägern) so heißt
sie ungesattelt, hat sie links und rechts einen Baum als Geländer (Wehrer),
so ist sie gesattelt. Ist sie wasserhaltig, um das Herabgleiten des Holzes durch
Wasser oder dies zu befördern, so wird sie eine Wasser oder Eis-Riesen
genannt. Oft ist eine solche Riesen auf Stützen (Böcken) hoch über
die Ungleichheiten des Bodens und über Abgründe hingeführt. (Vgl.
Schmeller, II., 117).
[11] Derselbe mußte früher
sehr bedeutend gewesen sein. Schon die ältesten Sagen über die Entstehung
Trautenaus erwähnen die Forellen der Aupa. In der wichtigsten Urkunde König
Wenzels II. vom Jahre 1301 wird den Bewohnern Trautenaus und den Hospitalbrüdern
das Fischen im Aupaflusse zugestanden, was später 1340 vom König Johann
näher bestimmt wurde. Im Jahre 1505 fing der alte Aust Fabian in der Hirschentiefe
oberhalb der Papiermühle eine Lachsforelle "lenger, dan ein Klafter"
(?) und verehrte dieselbe den Gebrüdern von Schumburg, seinen Brotherren.
Aust starb 1537 und bekannte auf den Todtenbette, daß er 19 Personen im
Riesengebirge ermordet habe, welche ihm in der Kleinen Aupa die Fische gestohlen.
Er sagte das er noch gerne einen Menschen erschlagen hätte, "daz er
die Zaspel hab zugefitzt bis auf zwanzig." O tempora, o mores!
[12] Reichersdorf nach dem heutigen
Sprachgebrauche; denn mittelhochdeutsch raiger = Reiher.
[13] Der sagenreiche Helfenstein
bei Marschendorf nach der Beschreibung Hüttels identisch mit dem heutigen
Harfenstein.