von J. Böhm Trautenau
Unbekannt ist der Meister, welcher es schuf. Daß dieser aber tüchtig
in seinem Fache war, seinen Geist an den Vorbildern der italienischen, französischen
und deutschen Renaissance wohl gebildet haben mußte, das zeigt sein Werk,
von dem wir eine Abbildung (des Kostenpunktes halber leider nur in Autographie)
diesen Zeilen beischließen.
Trotz seiner Schönheit und Stilgemäßheit
war das Kunstdenkmal aus der deutschen Renaissance in großer Gefahr vernichtet
zu werden. Unter dem Vorgänger des jetzigen Herrn Pfarrers in Altstadt
lagen die Trümmer von ihm in der Kirche und Sakristei umher, bis bei Renovierung
des Gotteshauses (Ende der sechziger Jahre) der Hohenelber Staffierer Franz
auf den hohen Kunstwert des Monumentes aufmerksam machte. Der gegenwärtige
Herr Pfarrer bewog daraufhin eine Anzahl Ortsinsassen behufs Erneuerung des
Denkmals 200 fl. zu spenden, wofür der erwähnte Franz das Mögliche
that, um es mit möglichster Beibehaltung der ursprünglichen Polychromierung
wieder jedem zugänglich zu machen, der den heiteren Gebilden der Kunst
ein empfängliches Gemüt entgegenzubringen vermag.
Aufstrebend im Verhältnisse wie 1 zu 3 hat das Monument eine Höhe
von fast 4 m / und eine geringste Breite von 1,25 m /. Seine Bekrönung
bildet ein schöner erdachter, wohl angeordneter, durchbrochener, mit einem
geflügelten Engelskopfe, dann mit Rosetten, Löwenköpfchen und
Fruchtfestons geschmückter Aufsatz, welcher in seiner Mitte das in Hochrelief
gearbeitete Wappen des Caspar Nuß von Raigersdorf enthält. Dieses
zeigt zwei gegen einander gekehrte Reiherhälse mit den etwas nach abwärts
geneigten Köpfen. Über dem Schilde zeigt sich ein bekrönter,
offener Turnierhelm mit zwei Flügeln und einem zwischen sie gestellten
Reiherhals mit etwas geneigtem Kopfe.
Die Bekrönung ruht auf einem ziemlich weit ausladenden Kranzgesimse mit
zwei kurzen Wiederkehrungen. Der Architrav ist in Bezug auf den Fries sehr breit
gehalten; es blieb daher, da weder Zahnschnitt noch Triglyphe angewandt wurden,
ein Raum behufs Anbringung einer Tafel übrig. Diese findet sich zwischen
zwei consolenartig gehaltenen, ein wechselvolles Relief darbietenden, mit Löwenköpfchen,
Rosetten und Quästchen verzierten Verbindungsgliedern.
Die erwähnte Tafel trägt als Umrahmung einen Rundstab und folgende
lateinische Inschrift in Antiquabuchstabenformen:
Nobilic his
vili Casparus Nussins urna |
P.
M. Carris Prent. P. P. Haeredes |
Deutsch:
Hier ruht in einer
unansehnlichen Grabstätte der edle Caspar Nuß und die ehelich
angetraute Frau Katharina.
Er war unter drei Kaisern mit der Würde eines Präfecten (das
Wort steht hier für Forstmeister) bekleidet gewesen;
sie war wie man weiß, seine zweite Frau.
Indem die gegenseitige Liebe der Erben nach dem ewigen Naturrechte die
Leiber der Erde übergeben,
vertrauen sie Dir, o Christus! Die Seelen an.
Die rechtsstehende Bemerkung lautet vollständig:
Piae memoriae carissimorum
parentum praemissis praenattendis Haeredes.
Deutsch:
Dem frommen Andenken
der theuersten Eltern die gebührend, betitelten Erben.
Das Mittelstück des Denkmal´s
zeigt die in Hochreliefs manier ausgeführte Verklärung Christi auf
Tabor in quadratischer, ornamentierter Umrahmung; vor der unteren Einfassung
menschliche Figuren in knieender Stellung, mit gefalteten Händen und in
der charakterischen Kleidung des 16. und 17. Jahrhunderts dargestellt. Neun
davon haben nahezu die gleiche Höhe von 25 c/m, eine , etwas weiter nach
vorn kniend, ist beiläufig halb so hoch. Von der linken gegen die rechte
Seite des Beschauers zu betrachtet bedeuten diese Gestalten: Hans, Wilhelm,
Thimotheus, Andreas, Wenzel, seine Tochter Anna und seine Frau Katharina.[14]
Die Säulen des Mitteltheiles zeigen korinthische Capitäler, einen
platten, im unteren Drittel mit einem gegliederten Wulste, dann mit Löwenköpfchen
und kleinen Rosetten verzierten Schaft und einen, dem attischen nachgebildeten
Fuß.
Hinter den Säulchen finden sich oben mit einem muschelförmigen Ornamente
geschlossene Nischen, welche von zwei mit kleinen Halbkugeln und Rundstäbchen
verzierten Leisten begrenzt werden.
Die Verengerung von dem friesartigen Gesimse zum Mitteltheile geschieht seitlich
durch zwei einfach verzierte, consolenartige Träger, unter welchen zwei
minder gelungene, fast nur in Hochrelief ausgeführte weibliche Gestalten
angebracht sind. Die rechts vom Beschauer befindliche trägt in ihrer Linken
einen Palmenzweig (Symbol des Friedens), die zur Linken in ihrer rechten Hand
eine Rose (Sinnbild der Vergänglichkeit).
Die nun nach unten zu folgenden Theile sind dem Kranze (Deckel), Würfel
und Sockel der Säulenordnungen nachgebildet; nur ist den Verhältnissen
und der Bestimmung entsprechend der Würfel sehr schmal und der Sockel umgekehrt
gehalten.
Die Verschmälerung des letztgenannten Gliedes zum Untertheile geschieht
wieder durch konsolenartige einfach verzierte Träger, während als
Stütze des Kranzes und der Säulchen entsprechend breit gehaltene,
reich profilierte eigentliche Consolen benützt wurden. Zwischen denselben
ist eine, stellenweise mit Einrollungen versehene Tafel angebracht, welche nachstehende,
meist mit schönen Fracturbuchstaben dargestellte Grabschrift enthält.
"Anno domini 1606 den 24. Septembris zu Nacht zwischen 11 und 2 Uhr Starb in Gott Seliglich der Edle Ehrenvest Herr Caspar Nuß der Elter von Raigasdorff Röm. Kay. May. Haubtman und Forstmeister der hiegen Trautenauischen Dörfer und Gebürge, Als er in seiner Jüngerheit Kaiser Ferdinando dem I. Hochlöblichen und Seligster Gedächtnus zu Wien Bei der Nieder-Österreichischen Regelung erlich Und Hernach Kaiser Maximiliano dem II. Auch Christmildester Gedächtnuss, Sodann dem Jetztregierenden Römischen Kaiser Rudolpho dem Andern in die 36 Jahr continuel gedienet undt also in gedachten Diensten das 69. Jahr seines Alters erreicht. Als auch hierort Anno 1605 den 26. May die Edle Ehrentugentreiche Fraw Katharina Nußin Geborene von blawen Seine Eheliche Haufsfrav in Gott Selig Entschlaffen deren Leiber Allhier begraben, die Selen aber bei Gott Ruhen."
Unter der Grabschrifttafel ist der
durchbrochene, mit Festons, Rosetten und Einrollungen geschmückte Abschluß
befindlich, der in der Hauptare das in Hochrelief gearbeitete Wappen Catharinas
von Plauen enthält. Dieses zeigt einen nach rechts gerichteten Löwen
und eine bekrönte Säule, darüber einen gekrönten Tournierhelm
mit zwei Flügeln.
Die klaren Ideen, welche in dem Denkmale verkörpert wurden, die harmonischen
Formen, unter welchem es auf das empfängliche Gemüt des Beschauers
wirft, machen es zur schönsten Zierde der Altstädter Kirche, der es
noch recht lange erhalten bleiben möge.
Der gleiche Wunsch gilt auch von den drei Epitaphien, welche dasselbe Gotteshaus
aufweist.
Eines davon, nach Größe (45 c/m lang, 42 c/m breit) und Ausführung
ganz unbedeutend, enthält die Grabinschrift der Anna M. Nuß, verehlichte
Mentner, oben ihr in Oel gemaltes Porträt, unten das Nuß´sche
Wappen.
Die Inschrift lautet: "A. M. M. G. N. V. R. Ist alt geworden 17 Jahre.
Im Ehestande hat sie gelebt 1 Jahr weniger 6 Tagen. Anno Christi: 1625 den 10.
Octobris Früe umb 7 Uhr Starb in Gott Selig die Edle viel Ehrentugentreiche
Fraw Anna Maria Mentnerin Geborn Nußin von Raigersdorff (siehe die obigen
Buchstaben!). Deß Ehrnvesten Vornehmen Herrn Christoff Mentner von Pilnikaw
Eheliche Haußfrav, deren Seelen Gott Gnädig sein; dem Leibe Selige
Ruhe und fröhliche urstend zum ewigen Leben aus Gnaden verleihen wollt."
Die beiden anderen Renaissanceschilder dagegen sind wohl wert, daß sie
neben dem publicierten Grabmonumentte Nuß´ einen Platz finden. Sie
finden sich rechts und links von dem Denkmale ebenfalls an der nördlichen
Wand der Altstädter Kirche angebracht.
Das auf dem oberen Theile der Papierfläche dargestellte hat eine wirliche
Länge von 86 c/m und eine Breite von 74 c/m, und enthält in einem
mit fünf Einrollungen, Feston, geflügeltem Engelskopfe, acht unter
rechten Winkeln aneinandergesetzten, dreiseitigen Stäbchen und anderen
zum Theile zierlichen Ornamenten geschmückte Rahmen links die in Oel gemalte
Abbildung des Söhnchens Caspar Nuß jun., rechts die folgende kabbalitische
Grabinschrift:
Epicedium Cabalisticum Nobiliss. Vin. D. Caspari
Nus junioris d Regersdorf etc. filiolj vitae placide
et beate defuncti, Natalis et obitus Annos, Menses, Dies
Nomenq. Arithmeticis Literis ostendens.
Nona erat aprilis Lux vitae janva Apriles
Tres ego non tetigi s Corpius an vetvit.
Altera prae Venit febr Vi lox festa, beata
Propter nos Soboles qva sVa Lata patri est.
Cara Abii Soboles es Patris AC Reqvies co Nota Vt SVnt
Abbae REs GERo Sic Donag Ve Recta Fero.
Das andere Epitaphium entbehrt in
seiner Umrahmung des figuralen und pflanzlichen Schmuckes, weist aber dagegen
zahlreiche und längere und kürzere Einrollungen auf, die ein wechselvolles
Relief darbieten. Die in Wirklichkeit 1 m/ lange und eben so breite Tafel enthält
links unter anderen acht in Oel gemalte Miniaturporträts der Kinder des
Caspar Nuß, rechts unter der Aufschrift Chrono kai (Zeit- und Ortsbeschreibung)
in griechischen Lettern, über deren Alter, Sterbeort u.s.w. Ihr Inhalt
ist in der Zeichnung ersichtlich.
Was schließlich die Altstädter Kirche bei Trautenau selber anbetrifft,
so gehört dieselbe mit zu den ältesten der Gegend; denn bereits 1313
verlieh der damalige Burggraf von Trautenau, Johann von Wartenberg dem Hospitale
der Kreuzherrn daselbst das Patronatsrecht über dieselbe. Ursprünglich
dem heiligen Veit, später dem heiligen Wenzel geweiht, hatte sie wie alle
Kirchen der Umgebung, in der 2. Hälfte des 16. und im Anfange des 17. Jahrhunderts
protestantische Geistliche, unter denen im Jahre 1565 Melcher Thilesius genannt
wird.
Das uralte, schmucklose Gebäude bietet äußerlich nichts Bemerkenswertes
dar als 3 an der Außenseite des Thurmes eingesetzte roh bearbeitete Steinfiguren,
wie solche alten romanischen und gotischen Bauten eigenthümlich sind. Die
zwei menschlichen Köpfe deutet der geschäftige Mund der Volkssage
als die Darstellungen Luthers und seiner Frau Catharina von Bora. Das 3. Steinmetzerzeugnis
stellt einen Thierkopf dar.
Die innere Einrichtung der Altstädter Kirche entstammt mit Ausnahme der
hölzernen, einfach gefügten und wenig ornamentierten und polychromierten
Decke, der hölzernen Emporenbrüstungen, des uralten Taufsteines und
der eisernen Sacristeithüre einer verhältnismäßig neuen
Zeit. Hoch- und Seitenaltar, dann die Kanzel zeigen den Barock- und Rococcostil.
Der Klang der größten Thurmglocke ist voll und majestätisch
und hat in der Umgebung nicht seinesgleichen.
[14] Wegen dieser männlichen Gestalten und der freilich sehr dunklen Überlieferung von dem einstigen Wirken der beiden Caspar Nuß als Forstmeister, ist das Grabdenkmal den gewöhnlichen Bewohnern Altstadts unter dem Rahmen "Forstmannla" (Forstmännchen) bekannt