Quelle: Riesengebirgsheimat Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe 30 Jahrgang Nr. 8
von Erhard Krause, Berlin
Gleich den beiden Quellflüssen der
Elbe, dem Elbseifen und Weißwasser, die Hochgebirgstäler von erhabener, geradezu
alpiner Schönheit durchfließen, schieben sich auch die Täler der Kleinen Elbe,
die sich kurz oberhalb Arnau mit ihrer großen Schwester vereinigt, tief in das
böhmische Riesengebirge hinein. Gebildet wird die Kleine Elbe, die ihren Talweg
vom Heuschober und Plattenberg nimmt, vom Keil- und Kesselbache. Der erste Quellbach
hat seinen Ursprung in rund 1300 m Höhe am Südhang des Heuschobers und Plattenberges
am "Keil" mit den Keilbauden, wogegen die Quelle des Kesselbaches
in der Mulde zwischen dem Beeren- und Fuchsberge liegt.
An der Vereinigung der beiden Quellbäche und dem Heidelsbache liegt 551
1271 m hoch in wildromantischer Umgebung das früher als Sommerfrische und Winteraufenthalt
gern besuchte Gebirgsdorf Niederhof mit den Ortsteilen Luisental und Rudolfstal.
Das industriereiche Dorf liegt 7 km Fahrstraße von Hohenelbe entfernt und zählte
vor der Vertreibung etwa 1100 deutsche Einwohner. Es besaß Baumwollweberei,
Pappenfabrik, Mühlen und Holzschleifereien. In früherer Zeit befand sich hier
auch ein Eisenhammer. Beliebte Gasthöfe in Niederhof waren die Gasthäuser Held
und Möhwald im Heidelsbachtal am Weg zur Töpferbaude, im Ortsteil Rudolfstal
die Hotels Ettel und Gall.
Am sogenannten Erzplatze vor der Kirche des Dorfes teilt sich das immer enger
werdende Tal der Kleinen Elbe in zwei Täler. Das Haupttal, "Oberhof oder
Luisental", in welchem auch Pommerndorf liegt, zieht sich von der Talgabelung
links am Keilbach aufwärts weiter nach Westen, während das "Rudolfstal"
genannte waldreiche Seitental, welches der Kesselbach durchrauscht, sich nach
Norden zu erstreckt. Durch das Tal des dritten Zuflusses, das Heidelsbachtal,
zweigt im südlichen Teile des Dorfes von der Straße nordöstlich ein Weg ab,
der dem Heidelsbache entgegen in mäßiger Steigung zu den Töpferbauden (1059
m) führt, die ein Mittelpunkt für eine Anzahl schöner Touren in das Hochgebirge
sind.
Folgen wir bei der Talgabelung an der Kirche in Niederhof links der schönen
Straße am Keilbach zwischen waldigen Berghängen aufwärts, so zweigt bald rechts
bei der Einmündung des Gansbaches ein Weg ab, der geradeaus zu den Füllenbauden
oder, später rechts ab, zu den Gansbauden führt. Auf der Straße im Tale weiter
kommen wir zu der schon im 17. Jahrhundert nachweisbaren "Hammerle-Mühle"
(Gasthaus) in der Sommerfrische Pommerndorf. Die Straße verengt sich nun zum
Fahrweg und das Tal nimmt romantischen Charakter an. Wir wandern hier am rechten
Ufer des Keilbachs unter den Teichhäusern hin, weiterhin kommen wir zu dem ehemaligen
Hermelhaus und dem sagenhaften Hermelstein. Von hier geht es auf Reitsteig weiter.
Von links kommt der Lambgraben herab, an dem ein Weg aufwärts zieht, der sich
später gabelt und rechts über den Pantenberg (Bauden-Gruppe) zu den Keilbauden,
links nach der Planur (1190 m) führt. Wir bleiben jedoch im Keilbachtal, wo
der Weg immer schmäler und steiler, das Tal aber immer malerischer wird. Endlich
hört der Weg auf und wir sind unter den Keilbauden (1200 1326 m) mit
dem früher vielbesuchten Gasthaus der Gebrüder Bönsch angelangt, die sich einsam
an den Südhang des Heuschobers und Plattenberges lehnen. Hier oben bei dem wohl
höchstgelegenen Baudendorf des Riesengebirges mit ehemals eigener Schule hat
der Hauptquellbach der Kleinen Elbe, der Keilbach, seinen Ursprung. Sein tiefeingeschnittenes
Tal, der Keilgrund, bietet des Schönen viel.
Prächtig ist die Aussicht, die man von hier oben nach Böhmen und gegen die Kesselkoppe
genießt. Unterhalb der Bauden auf dem Weg weiter über den Keilbach gelangt man
an der ehemaligen Friesbaude vorbei südöstlich zur Hofbaude (1300 m). Sehr lohnend
ist es, von den Keilbauden einen Abstecher auf die mit Knieholz bedeckte Kuppe
des nahen Heuschobers (1317 m) zu machen, der eine wundervolle Aussicht auf
den Ziegenrücken, Langen Grund und den westlichen Teil der Sieben Gründe bietet.
Am Nordabhang des Heuschobers wurden im 16. Jahrhundert die ersten Stollen von
St. Peter auf Silber getrieben. Auf dem Bergrücken östlich weiterwandernd, kommen
wir über den aussichtsreichen Plattenberg (1426 m) mit Schutzhütte und steinernem
Schutzwall, dessen Gipfel aus mächtigen Glimmerschieferplatten besteht. 100
Schritte östlich unter der Kuppe des Berges läuft der Weg zur Geiergucke und
Wiesenbaude.
Ebenso reich an Naturschönheiten wie das Keilbachtal ist das Tal des Kesselbaches.
In dieses führt bei der Kirche rechts in Niederhof die Fahrstraße am Kesselbach
aufwärts nach dem als Sommerfrische besonders beliebten Ortsteil "Rudolfstal".
Am Forsthause vereinigt sich dort der Kesselbach mit dem Goldbach. Diese Talgabelung
(dreiviertel Stunden ab der Kirche) heißt der "Kesselboden". Die Bezirksstraße
endet bei der Kesselbrücke, wo sich verschiedene Fußwege abzweigen. Von der
Brücke rechts am Weißbach entlang führt ein bezeichneter Weg zunächst als Fahrweg
bis zur früheren Goldmühle (Gasthaus), dann als steiler Pfad ("Fuchssteig")
über die Goldhöhe (mehrere Bauden) mit prachtvoller Aussicht auf den Haupttouristenweg
nach den Fuchsbergbauden.
Ein anderer ziemlich steiler Weg steigt vor der oberhalb des Forsthauses gelegenen
Plattenbaude links hinauf zu der Baudengruppe Hanapetershau (884 m). Diese liegt
auf der Südabdachung des Friesberges, welcher wiederum das Südende des Beerenberges
(1306 m) ist. Der Beerenberg-Rücken zweigt bei den Keilbauden ab, zieht sich
nach Süden und ist oben breit und flach gewölbt. In seinem Gebiet wurde in früherer
Zeit starker Bergbau betrieben, wovon noch eine Menge eingesunkener Gruben Zeugnis
gaben. Beim letzten Hause von Hanapetershau führte der markierte Weg rechts
hinein in den Wald, zunächst durch Hochwald, später durch junges Holz an den
Fuß des Gallhübels, wo er auf den von Hohenelbe durch den Lahrbusch heraufkommenden
Touristenweg nach den Hinter-Rennerbauden (1280 m) traf, die bereits oberhalb
der Baumgrenze in der Knieholzregion liegen.
In gerader Richtung geht es hinter dem Forsthaus in Rudolfstal über den Kesselboden
auf dem Reitsteig am rechten Ufer des Kesselbaches aufsteigend in sehr romantischer
Partie weiter nach Norden, an der Kesselbauden-Brandstelle vorbei in den malerischen
Fuchsbergkessel mit üppiger Vegetation, in dessen Tiefe das Kesselwasser rauscht
und die herrlichsten Kaskaden bildet. Die waldige Bergschlucht, durch welche
sich der Reitsteig in Serpentinen emporwindet, ist einer der romantischsten
Teile des Riesengebirges. Noch innerhalb des Kessels erfolgt Wegteilung. Während
der bisherige Weg (Reitsteig) oben auf dem Kesselrand nach Südosten weiter zieht,
steigt der andere Weg in Windungen hinauf zur Baumgrenze und zum kahlen Scheitel
des Fuchsberges (1363 m), der prachtvolle Ausblicke ins Aupatal, auf Schneekoppe
und Brunnberg sowie auf die Umrahmung des Elbkessels bietet.
An den unteren Lauf der Kleinen Elbe drängen sich die Häuser von Ober-, Mittel-
und Nieder-Langenau und die von Proschwitz, darunter auch zwei Papierfabriken.
Dorf und Kirche Langenau sind sehr alt, sie stammen aus der Zeit um 1250 und
auch Niederhof war einst ein Teil von Langenau. Die jetzige katholische Pfarrkirche
in Nieder-Langenau stammt aus dem 16. Jahrhundert. Bemerkenswert ist, dass der
Hochaltar der Kirche 1799 aus Füllebaudener Marmor errichtet wurde. Bei dieser
Baudengruppe am Wege zu den Rennerbauden befinden sich Marmorbrüche und in Niederhof
befand sich früher eine Marmormühle.