Das Dorf Deutsch-Prausnitz zählte mit 228 Anwesen zu den großen des Trautenauer Bezirkes. Es erstreckt sich fast gradlinig west-östlich in einem über 500 m hoch gelegenen flachen Tale. Die früher selbständige Gemeinde Kaile mit 167 Anwesen und mit Nimmersatt schließt sich ohne Unterbrechung des Siedlungsgebietes an und verbreitert sich in dem hier flacher werdenden Tale. Es entsteht ein Ortsbild von schier unübersehbarer Länge. Die gerade Ausrichtung, die kaum bemerkbare Gliederung der links und rechts abschließenden Höhen südlich der Kammberg und der Fuchsberg, nördlich der Soorer Höhenzug geben der Landschaft eine gediegene Geschlossenheit und eine recht friedliche Ruhe. Ein kleines, im Orte selbst entspringendes (ein Bäcka-Posche) Bächlein durchfließt das Tal. Mit diesem nicht besonders stärker werdenden Wässerchen durchzieht fast gleichlaufend die Verbindungsstraße Königshof-Eipel den Ort. Es formt die Umgebung die Pflanze, das Tier wie auch den Menschen. So hat die Landschaft von Prausnitz mit ihrer Ausgeglichenheit und Ruhe auch seine Bewohner zu ruhigen, bescheidenen, fleißigen und strebsamen Menschen gemacht.
Links und rechts der Straße
stehen einzeln die Bauernhöfe, Häuser, Handwerksbetriebe, Kaufläden und zwei
mechanische Webereien nur bei der Kirche gruppieren sich die verschiedenartigen
Anwesen um einen Ortsplatz, und das Bächlein meint, es gehöre doch zur Gemeinschaft
und müsse sich auch bemerkbar machen; so fließt es quer durch den Ortsplatz.
Ab hier weitet sich das Siedlungsgebiet. Der Ackerboden ernährte schlecht, aber
recht den Bauer. Die Wetterverhältnisse waren hier nicht gut, sie wurden durch
die südlich vorgelagerten letzten Ausläufer des Riesengebirges ungünstig beeinflusst
und das östlich sich erweiternde Tal bot den rauen Ostwinden freien Zutritt.
Der Häusler half dem Bauer zur Heu- und zur Erntezeit oder er war als Maurer
oder als Zimmermann in der Stadt beschäftigt. Seine Frau mit den Kindern besorgte
das Hauswesen mit etwas Garten und Feld, einer Ziege und, was öfters vorkam,
auch mit einer Kuh im Stall. Im Winter saß der Häusler hinter dem Webstuhl
und seine Familie musste die zum Weben nötigen Vorarbeiten, wie das Garnspulen,
das Garnpfeifen und Scheren besorgen. Die fertige Webe wurde in einer Faktorei
abgeliefert und neues Garn entgegengenommen. Nicht immer war im Orte selbst
eine Faktorei, es musste oft ein stundenweiter Weg gegangen werden. In Deutsch-Prausnitz
hatte eine solche Garnabgabe Leopold Kraus, Brüder Popper und Sommernitz, Ernst
Aufrecht, Franz Niepel und Alois Fiedler.
Auch der Gewerbetreibende hatte in den meisten Fällen Acker, Wiese und Vieh
mit zu betreuen; denn sein Gewerbe allein ernährte ihn nicht immer.
Der nach Süden und Westen vorgelagerte Wald verlangte zu seiner Pflege und Verwertung
Menschen als Waldarbeiter. Diese wurden teils im Walde so Haindorf
(Ausgespon) oder am Waldesrand angesiedelt Ameisenhäuser (Hetze) und
Weiberkränke. Mit dem Bau der Straße "Trautenau-Königinhof a. d.
E." setzte reger Fuhrwerksverkehr ein und in den zwei an der Straße
gelegenen Gasthäusern wurde es lebhaft. Die Bauern und Fuhrleute betrieben oft
tage- und nächtelang Kartenspiel und verspielten und vertranken ihr Geld. Darüber
kränkten sich deren Weiber. Also wurde diese Siedlung "Weiberkränke"
genannt.
An der erwähnten Straße an der Oberstraße standen
die Thaddäushäuser mit einem Gast- und Einkehrhaus und zwei Windmühlen, noch
zum Deutsch-Prausnitzer Ortsgebiet gehörend. Diese Mühlen gaben der Landschaft
ein besonderes Gepräge. Leider stürzten sie an Altersschwäche um die Jahrhundertwende
in sich zusammen, die dritte auf der Soorerhöhe stehende, mit etwas geschichtlicher
Bedeutung, hielt sich einige Jahre länger; doch auch sie ist nicht mehr
nur das Wohnhaus ist noch erhalten.
Das Wahrzeichen des Dorfes war und ist die vor etwa 200 Jahren von Piccolomini
erbaute Kirche, dem Besitzer der Herrschaft Nachod, der somit auch Patronatsherr
war. Diese im Barockstil mit 12 schönen Säulen erstellte Kirche ist außer
dem Trautenauer Gotteshause die schönste weit und breit. Vordem war in Deutsch-Prausnitz
eine hölzerne Kirche, die an einen bis heute noch stehenden Turm, aus dem 30jährigen
Kriege als Wachturm stammend, angelehnt war. Auf der Plattform des etwa 40 m
hohen Turmes wurden bei Annäherung des Feindes Warnfeuer angezündet.
Die neue Pfarrkirche, eine sogenannte Apostelkirche, war noch lange nicht fertiggestellt,
als die Herrschaft an den Herzog von Kurland verkauft wurde. Der Herzog zeigte
sich als Gönner, förderte den Kirchenbau, schon deswegen, weil Deutsch-Prausnitz
die einzige große deutsche Gemeinde im Patronate war. Leider verstarb
er wenige Jahre nach dem Erwerb der Herrschaft. Seine Leiche wurde zufolge seines
ausdrücklichen Wunsches über eine Nacht in dem noch unvollendeten Bau aufgebahrt
und erst dann in die Gruft seiner Väter übergeführt.
Nun übernahm Fürst Schaumburg-Lippe, eine protestantische Familie, die Herrschaft
Nachod. Begreiflicherweise hatte diese an der Fertigstellung einer katholischen
Kirche kein besonderes Interesse; dennoch ließ sie den Bau vollenden.
Die am Kirchen-Haupteingang vorgesehenen zwei Türme kamen aber nicht mehr zur
Ausführung. Der alte alleinstehende Schwedenturm erhielt nun einen hölzernen
Glocken- und Dachstuhl. Das Pfarrhaus mit Hof, in gleicher Höhenlage stehend,
fügte sich bescheiden etwas rückwärts gestellt, fast hinter Baum und Strauch
versteckt, recht friedlich ein.
Dagegen fällt die in den Jahren 1875 1876 neuerbaute, ein Stockwerk hohe,
etwas tiefer stehende vierklassige Volksschule auf. Der dem Bau vorgelagerte
steinerne Stiegenaufgang fordert gebieterisch zum Eintreten in das Haus und
in die wohlbekannten Klassenzimmer auf. Nicht immer war der Lehrer oder die
Lehrerin mit den Jungen zufrieden. Damals gab es freilich noch ein Rohrstaberl.
Die Klassenräume waren hell, und in den hohen Fenstern wurden Pelargonien und
Fuchsien von Bub und Mädel gepflegt. Die Straßenrichtung lief senkrecht
zur Schule und bog unter rechtem Winkel erst von ihr in Richtung alte Schule
ab. Diese war ein ebenerdiger steinerner Bau, bereits im Unterdorf gelegen
beim Baudischbäcka. Die in der alten Schule amtierenden Lehrer waren Tschechen,
ehemalige längerdienende Soldaten mit Namen Kramarsek und Jirasek. In der neuen
Schule waren nur deutsche Oberlehrer tätig. Der erste war Emanuel Neumann, ein
äußerst tüchtiger Lehrer und Regenschori. Er verstarb im Jahre 1904 und
nach ihm folgte sein Sohn Emanuel, dem aber wurde bald die Leitung der Schule
in Soor übertragen. Oberlehrer Baudisch Emil wurde sein Nachfolger in Deutsch-Prausnitz
und nach dessen Ableben bekam der im Orte geborene Johann Baudisch den Oberlehrerposten.
Er war bis 1945 im Amt und verstarb bald nach der Austreibung durch die Tschechen.
Von den Pfarrherren sei ein deutscher erwähnt namens Ettrich, Vyhnalek, Sychrowsky,
Banelt, Slavik waren Tschechen. Der letzte Pfarrer war wieder ein Deutscher
namens Schreier Franz. Wer als Pfarrer in die deutsche Gemeinde Prausnitz kam,
blieb bis zu seinem Tode; denn dieser Kirchsprengel war die beste Pfründe mit
dem ruhigsten Volke. Zum Kirchsprengel gehörten die Gemeinden Kaile, mit Nimmersatt
und Komarof, Burkersdorf, Staudenz und die Weiberkränke.
Der Ortsplatz entstand durch Erweiterung und durch Abzweigung der Straße
zur Schule, einer zweiten Abzweigung zur Kirche und durch Anschluss an den alten
Fahrweg Breslau-Prag in Richtung Schölzerei - der Ausgesponne. Um den Ortsplatz
reihten sich in loser Folge die Kolonialwarengeschäfte Berta Niepel, Rudolf
Bittner, Johann Huder; die Fleischer Franz Ott und Anton Ott; die Bäckerei Vinzenz
Purr; die Post im Hause des Johann Huder und das Wohnhaus mit Kanzlei des Albin
Seidel. Zu erwähnen wäre noch das Haus von Jarausch und Hanusch. Ein Postamt
bekam der Ort im Jahre 1870, welches vom Kaufmann Johann Petzak verwaltet wurde.
Nach dessen Ableben führte dessen Tochter die Postgeschäfte weiter. Im Jahre
1916 übernahm die Postagenda der Postmeister Josef Luschnitz aus Burkersdorf.
Der Gendarmerieposten war anfangs nur von einem Wachtmeister besetzt, später
zur Zeit der CSR. reichten angeblich drei nicht aus.
Nebst der am Ortsplatz gelegenen Schölzerei gab es noch fünf Gasthäuser: die
Waldschänke Seidel, Julius Steffan, Wenzel Fiedler, Johann Petzak und Teichmann
Josef (Pächter: Hetfleisch und Hanusch).
In Kaile war neueren Datums das Gasthaus zur Quelle von Wilhelm Petzak und die
beiden älteren, das Neumannsche und das Fiedlerische Gasthaus. In Nimmersatt
bewirtete das Einkehrhaus Robert Jirka und in Haindorf Adolf Niepel, das zweite
Hoffmann Adolf. Das in den Thaddäushäusern vorhandene Wirtshaus wurde von Julius
Steffan nach Deutsch-Prausnitz verlegt. Zwei weitere Gasthäuser bestanden in
der Weiberkränke.
Bäcker waren: Seidel (Waldschänke), Vinzenz Seidel, Vinzenz Purr, Baudisch Johann
und Rudi Steiler dazu kamen noch die in Kaile der Bäcker Tschilpe, der
wie alle Bäcker Kolonialwaren verkaufte.
An Fleischern wären noch zu nennen Franz Ott am Niederdorfe Platz und Karl Weitertratsche
in Kaile.
Das Schuhmachergewerbe hatten inne: Vinzenz Gebauer, Franz Kopper, Vinzenz Gittler,
Reeh, Link, Treschnak, Baier, Hoder.
Das Sattlergewerbe betrieben Vater und Sohn Johann Pawel. Schneider waren Kopper
Wendelin, Kutschner Josef, Seidel Franz. Zu den Klempnern zählten Josef Berger,
Koch und Wolf. Eine Schlosserwerkstatt besaß: Josef Baier, Vinzenz Baier
und Josef Baudisch. Der Tischlerei oblagen: Josef Seidel, Johann Schremmer,
Adolf Treschnak, sein Vater Albin und Horder Heinrich. Den Schmiedehammer schwang
Franz Höllige in Prausnitz und Johann Petzak in Kaile. Wagen bauten Braun und
Hanusch. Friseur war auch Josef Berger und seine Frau. Nur Kolonialwaren verkauften
noch Wenzel Huder, nach ihm Josef Kulang und Julie Walzel. Alois Fiedler sen.
handelte neben Kolonial waren auch mit Webwaren. Den Sparkassengeschäften oblag
der Kassier Josef Baier. Die Raiffeisenkasse führte Julius Steffan, nach diesem
der Ökonom Josef Teichmann. Die Försterei im Haindorf im Walde der Stadt Trautenau
wurde betreut von Krovsky und Birke. Holzhandel betrieben in Prausnitz Florian
Patzak und zwei Seidel aus Kränke. Der Zeug- und Kammmacher Anton Hajek verlor
mit Abnahme der Handweberei seine erlernte Betätigung. Die Inbetriebnahme der
von den Brüdern Franz und Alois Fiedler im Jahre 1905 erbauten mechanischen
Leineweberei steigerte den Umsatz in allen Geschäften und in den gewerblichen
Betrieben. Die etwas später erbaute mechanische Weberei von Albin Seidel trug
zur allgemeinen Belebung und zur Steigerung des Umsatzes im Orte und in der
Umgebung mit bei. Das Vereinswesen verstärkte und erweiterte sich. Ein Feuerwehr-
und Veteranen- sowie ein landwirtschaftlicher Spar- und Vorschussverein bestanden
bereits. Ein Verschönerungsverein, ein Sparverein und ein Leseverein ebenfalls.
Der Turnverein durfte nicht fehlen. Für die turnerische Betätigung erbaute der
Gastwirt Fiedler einen neuen zweckentsprechenden Saal. Dass man auch fleißig
und mit Erfolg beim Theaterspielen war, soll nicht unerwähnt bleiben. Manch
schöner Abend wird den Spielern und Vorstellungsbesuchern noch heute in freudiger
Erinnerung sein.
Durch Deutsch-Prausnitz führte bis zum Bau von Straßen um 1860 ein Verbindungsweg
Prag-Breslau, ein Fahrstreifen von unregelmäßiger Breite, möglichst geradeaus
über Berg und Tal führend und ohne Pflege. War ein Gleis zu tief ausgefahren,
fuhr man eben daneben. Kam ein Gespann entgegen gefahren, fuhr man über Acker
und Wiese vorbei. Gefahren wurde vier-, auch sechsspännig. Für Übernachtung,
Ausspann und Pferdewechsel standen an diesem Fahrwege Wirts- und Einkehrhäuser,
auch Schölzereien. Letztere so genannt, weil die Besitzer Ortsrichter oder Schulzen
waren und auch das Brau- und Schankgewerbe besaßen. Die Fleischer, Bäcker, Schmiede,
Wagner hingen von ihnen ab. Die Häuser dieser Handwerker waren meist Eigentum
der Schulzen, die Schulzen wiederum waren dem Herrschaftsbesitzer Untertan.
Häuser für Übernachtung und Ausspann mit viel Stallung und großem Hof für die
Wagen waren in Gradlitz, Koken, Deutsch-Prausnitz, Burkersdorf, Altrognitz usw.
Größere Bauern entlang dieses Weges befassten sich mit Lohnfuhrwerk. In Deutsch-Prausnitz
waren es die Bauern Teichmann, Baudisch, Borschke und Patzak; sie fuhren mit
ihrem Gespann nach Breslau, von da nach Berlin und Hamburg, auch aus dem Norden
nach dem Süden. Die Ladung wurde während der Fahrt meist mehrmals gewechselt
und bestand aus Gütern, die in den Gegenden hergestellt wurden. Bei uns waren
es Leinengarne und Leinwand für Breslau, Berlin und Hamburg. Hier wurden Kolonialwaren
übernommen, und zurück ging es über große Städte nach Prag, nach Wien, nach
Graz, bis nach Triest, und von da zurück in die Heimat, wo man vor dem Winter
eintraf. Daheim tauschte man frische Pferde ein, erneuerte Geschirr und Wagen,
und im zeitigen Frühjahr wurde die Reise wieder begonnen. Der einsetzende Bau
der Eisenbahnen brachte den Fuhrwerksverkehr nach und nach zum Aufhören.
Südlich von Deutsch-Prausnitz liegt auf dem 603 Meter hohen Fuchsberg die Einschicht
Haindorf. Damit die Frachter mit ihrem schweren Fuhrwerk den stellenweise etwas
steilen Weg über den Berg bewältigen konnten, haben sie in Deutsch-Prausnitz
oder Koken Vorspannpferde gemietet, so dass oft 8-10 Pferde anzogen. Einstmals
fuhr ein zu schwer befrachteter Wagen den steilen Berg hinauf und war etwa halbwegs
nicht mehr von der Strecke zu bringen, trotz Vorspann und größter Mühe. In seiner
Angst und Not rief der Fuhrmann die heiligen 14 Nothelfer um Hilfe an und gelobte,
dass er ihre Bilder stiften und längs des Weges an den Bäumen befestigen lassen
wolle, wenn sie ihm hülfen, die Höhe glücklich zu erreichen. Da zogen die Pferde
plötzlich wieder an und brachten wirklich den Wagen auf den Berg. Der Bauer
erfüllte sein Gelübde, und seither sind die Bilder der 14 Nothelfer am Wege
entlang in Haindorf an Holzsäulen angebracht. Von dieser Zeit an zog alljährlich
eine Prozession mit Fahnen und Musik, fromme Lieder singend und betend, geführt
vom Pfarrer, an einem schönen Sommersonntagnachmittag zu den 14 Nothelfern nach
Haindorf, die immer in hohen Ehren gehalten wurden.
Ja, so war es in Deutsch-Prausnitz - kurz betrachtet. Es muß einer späteren
Zeit überlassen bleiben, durch die Mitarbeit von mehreren Ortskundigen ein vollständiges
Orts- und Geschichtsbild zu gestalten.
Zunächst seien anschließend die gewählten Ortsvorsteher, soweit in Erinnerung,
mit dem vor 1885 amtierenden Ignaz Rücker beginnend, erwähnt. Nach seinem Tode
war Johann Hetfleisch Ortsvorsteher. Friedrich Vieltorf wurde sein Nachfolger
und nach diesem war Josef Seidel an der Reihe. Es folgte Vinzenz Baier, dann
Julius Steffan, Vinzenz Purr und Josef Petzak. Nach dem Anschluß im Jahre 1938
wurde Josef Schirmer Bürgermeister, und die Ortsgemeinde Kaile kam zur Zeit
des amtierenden Vorstehers Rudolf Seidel zur Gemeinde Deutsch-Prausnitz. Vorher
waren Ortsvorsteher der Gemeinde Kaile: Johann Baudisch, Daniel Seidel, Vinzenz
Baudisch, Johann Baier und Wilhelm Petzak. Alle die Männer von Prausnitz und
Kaile leiteten die Geschicke der Gemeinden in gemeinsamer Arbeit mit den Gemeinderäten
so gut es eben ging, mit mehr oder weniger Umsicht und Weitsicht.
Der Ortsteil Kaile hatte eine schöne 1 Stock hohe Schule. Die Leiter derselben
waren: Oberlehrer Rieß, Johann Lorenz und Petzak Johann. Letzterer lebt mit
seiner Familie in der russischen Zone.
In den zu Deutsch-Prausnitz gehörenden kleinen Ortsteilen Haindorf und Nimmersatt
gab es Sandsteinbrüche, in denen eine stattliche Anzahl von Steinmetzen beschäftigt
war. Der Begründer dieser Industrie war der Meister Hoffmann in Haindorf. In
Nimmersatt arbeitete der Meister Josef Jirka in seinem Steinbruche. Sein Sohn
Robert führte als gelernter und geschulter Steinmetz den Betrieb weiter, übergab
aber vorzeitig zur Fortführung des Gewerbes den Steinbruch seinem Schwager gleichen
Namens. In diesen Steinbrüchen wurden Steinstufen, Türfutter und Pflasterwürfel
hergestellt. Mit den Würfeln wurden die Katzenköpfe auf den Straßen von Trautenau
und den Städten der Umgebung ausgewechselt.
Neben den schon erwähnten Windmühlen gab es auch eine Wassermühle in Deutsch-Prausnitz,
eine zweite in Nimmersatt am Teiche.
Seit uralter Zeit wurde in der Gegend Flachs angebaut, der bis in die 1860er
Jahre im Handbetrieb gebrochen und gesponnen wurde. Mit der Entstehung mechanischer
Spinnereien und Webereien erfuhr der Flachsanbau eine starke Förderung. Die
Flachshändler sorgten in eigenen Brechereien, für die Verarbeitung des gerösteten
Flachses für die Spinnereien oder sie verkauften den Flachs, soweit sie die
Verarbeitung nicht selbst bestreiten konnten, in die Brechereien nach Weckelsdorf
und Merkelsdorf. In Kaile hatten die Bauern Daniel Seidel und Cölestin Baier
Brechereien mit Handbetrieb; sie und Johann Barth waren Flachshändler. Somit
war es nicht verwunderlich, als die Absicht auftauchte, eine Leinengarnbleiche
zu errichten, die dann zur Zeit der Amtstätigkeit des Oberlehrers Rieß, der
den Bau eifrig vorantrieb, gebaut wurde. Leider kam die Inbetriebnahme der Bleiche
infolge Streitigmachung der Wasserentnahme aus dem Schwarzbach durch den Bleichkonzessionsbesitzer
Dlabola nicht zustande. Der unbenutzte Bau litt unter dem Einfluß des Wetters,
wechselte mehrmals den Besitzer, Maschinen wurden entfernt, und letzter Inhaber
war die Firma Franz und Alois Fiedler. Schließlich verwendete der Heizer dieser
mechanischen Weberei, W. Dworatschek, den leeren Raum der Bleiche für eine Reparaturwerkstatt
landwirtschaftlicher Maschinen.
In letzter Zeit errichtete Johann Goldmann im Anwesen des Fridolin Petzak in
Prausnitz Nr. 78 eine mechanische Weberei mit einigen Webstühlen.
Außer den bisher aufgezählten Gewerbebetrieben bestanden im Orte eine Drogerie,
die Kohlenhandlung Rösler und Mattande, sowie eine Kornrösterei (Inhaber Alois
Fiedler), welche die bäuerliche Bevölkerung vor und während des 2. Weltkrieges
mit Röstkornkaffee versorgte. So war allerorts rege Tätigkeit und emsige Arbeit,
bis der Mai 1945 mit dem Kriegsende und der Austreibung viel Leid und für viele
den Tod brachte.
Die heimatkundliche Betrachtung über Deutsch-Prausnitz wäre nicht vollständig,
wollte man nicht die Personen erwähnen, die über die örtlichen Verhältnisse
hinausgewachsen und für Heimat und Welt etwas Besonderes bedeuteten. Bezüglich
Rang und Reihenfolge kann keine volle Gewähr übernommen werden. Sollten Richtigstellungen
und Ergänzungen notwendig, bzw. möglich sein, so bitten wir um solche und werden
sie am Schlüsse der Veröffentlichungen über Deutsch-Prausnitz als Anhang bringen.
Zunächst seien lediglich die Namen und Wirkungskreise solcher Personen aus der
Zeit der letzten hundert Jahre genannt, die aus dem Gemeindegebiet von Deutsch-Prausnitz
und Kaile stammen.
Geistliche:
Adolf Seidel, Dechant in Arnau; Cölestin Baier, Pfarrer in Merkelsdorf, Franz
Barth, Kaplan in Rochlitz; Josef Seidel, Monsignore in Oberprausnitz; Karl Tschöp,
Pfarrer in Freiheit.
Akademiker:
Johann Treschnak, Ph. Dr. Professor in Trautenau; Adolf Huder, Professor in
Trautenau; Josef Bittner, Achitekt und Baurat in Wien; Josef Patzak, Professor
und akad. Maler in Aussig; Laurenz Hilsch, Dipl.-Ing., Professor in Reichenberg;
Johann Luschtinetz, M. U. Dr., Arzt in einem Feldlazarett; Josef Seidel, M.
U. Dr., Arzt in Marschendorf; Alois Barth, M. U. Dr., Arzt in Chodau.
Offiziere:
Karl Bittner, Oberst; Wilhelm Bittner, Hauptmann; Adolf Hoffmann, Oberleutnant;
Leopold Futter, Hauptmann; Karl Huder, Oberleutnant; Karl Teichmann, Major.
Fabrikanten:
Alois Fiedler, Begründer der Weberei in Deutsch-Prausnitz; Franz Fiedler, Josef
Seidel jun., Weberei in Deutsch-Prausnitz.
Industrielle Fachleute:
Konrad Petzak, Oberdirektor der Waffenfabrik in Steyr; Franz Hoder, Ingenieur
in Philadelphia; Johann Patzak, Baumeister und Marine-Bauabteilungsleiter in
Pola; Wenzel Fiedler, Maschinenfachmann bei der A.T.E, in Aussig; Josef Pawel,
Webereifachmann in Reichenberg; Josef Michel, Geometer; Johann Goldmann, Webereifachmann
in Deutsch-Prausnitz; Leopold Walzel, Ingenieur in Böhmisch-Leipa.
Pädagogen:
Johann Futter, Bürgerschuldirektor in Trautenau; Johann Jarrausch, Bürgerschuldirektor
in Reichenberg; Josef Seidel, Oberlehrer in Jungbuch, Emanuel Neumann, Oberlehrer
in Soor; Ottomar Neumann, Lehrer in Oberaltstadt; Josef Michel, Oberlehrer in
Trautenau; Johann Petzak, Oberlehrer in Kaile; Johann Baudisch, Oberlehrer in
Deutsch-Prausnitz; Johann Hoder, Leiter der Landwirtschaftlichen Berufsschule
in Deutsch-Prausnitz; Albin Baier, Oberlehrer in Turn; Adolf Gebauer, Oberlehrer
in Switschin; Josef Baudisch, Lehrer in Günthersdorf; Johann Lorenz, Lehrer
im Adlergebirge; Johann Treschnak, Oberlehrer in Trautenau; Anna Petzak, geb.
Baier, Lehrerin in Parschnitz, Julchen Petzak, Lehrerin in Freienhagen; Maria
Schmidt, Lehrerin in Trautenau.
Beamte:
Albin Michel, Kanzlei-Direktor in Reichenberg: Wilhelm Huder, Bahnbeamter, zuletzt
Gemeindesekretär in Johannisbad; Vinzenz Patzak, Bezirks-Stellenvermittler in
Gablonz a./N.; Hugo Neumann, Gemeinde Deutsch-Prausnitz; Vinzenz Exner, Gendarmerie;
Aloisia Baudisch, Post in Warnsdorf; Karl Kuhn, Unterzeichner und Gemeindesekretär
in Deutsch-Prausnitz.
Aus Deutsch-Prausnitz stammende Gewerbetreibende:
Anton Fiedler, Fleischermeister in Koken; Fridolin Huder, Webwarenerzeuger und
Druckerei in Gradlitz; Josef Baier, Gastwirt in Turn-Teplitz.
Originale in Vortrag und Musik:
Franz Baier, Konzertkünstler und Komiker in Aussig; Martin Schindler, Kapellmeister
in Deutsch-Prausnitz.
In den Jahren 1922 bis 1924 wurde der große, schöne Fichtenwald von der Nonne
befallen und gänzlich vernichtet. Es mußten alle Bestände, von etwa den zwanzigjährigen
angefangen, raschest abgeholzt werden. Diese Arbeit wurde in zwei Jahren, zum
Teil mit fremden Arbeitern (Slowaken) bewältigt. Der Neuaufbau dauerte mehrere
Jahre, und das ganze Gebiet ist wieder restlos bepflanzt. Mit Beendigung der
Pflanzung war es leider auch mit der Arbeit für die Waldarbeiter aus. Zu dem
großen Holzschaden kam der Verlust des Arbeitsplatzes noch für viele andere
Arbeiter. Haindorf und die Ameisenhäuser waren ausgesprochene Waldarbeitersiedlungen.
Notgedrungen mußten sich die Bewohner dieser Siedlungen auf andere Betätigung
umstellen. Aber auch dem Prausnitzer fehlte der Wald, zumindest dem, der ein
Auge für Flur und Hain besaß, der landschaftliche Schönheit zu schätzen wußte.
Wie aber war dem, der aus der Ferne wieder einmal heimkam? Ihm tat es
weh, die Heimat so ungünstig verändert zu finden.
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