Quelle: Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe

Die alten Winterbauden: Ein Charakteristikum des Riesengebirges
Die Wiesenbaude war die älteste – um 1600 erbaut –

von Erhard Krause

Die ein charakteristisches Merkmal des Riesengebirges bildenden Gebirgs- und Kammbauden, die auf allen Hängen und den höchsten Kämmen zu finden sind, entstanden aus einfachen Hütten, welche im Sommer zur Unterbringung der weidenden Viehherden bestimmt waren, nebenbei den Gebirgsreisenden aber auch ein Nachtlager auf Heu und eine bescheidene Bewirtung boten. Ursprünglich vereinigten diese auf steinernen Unterbau aus übereinandergelegten Balken (Schrotholz) errichteten und mit Schindeln gedeckten Einzelhäuser Wohnraum, Viehstall und Vorratsraum unter einem Dache. Fast immer war ein Bergwasser durch sie geleitet. Man unterschied sie in "Sommer- und Winterbauden". Diejenigen, welche das ganze Jahr über bewohnt wurden, hießen "Winterbauden", wogegen die Bewohner der "Sommerbauden" mit Eintritt des Winters samt Viehbestand in ihre Höfe und damit in die Täler zurückkehrten.

Nach und nach haben sich aus einer Reihe dieser einfachen "Viehbauden" namentlich auf und am Hauptkamme des Gebirges stattliche Berggasthäuser entwickelt, die auch im Winter offen gehalten wurden und später ausschließlich dem Touristenverkehr dienten. Die nachweisbar älteste Kammbaude und wohl auch die älteste "Winterbaude" im Rübezahlbereich überhaupt, stellt die auf der Hochfläche der Weißen Wiese nördlich der Einsenkung zwischen Hochwiesenberg und Brunnberg nur 200 Schritte von der schlesischen Grenze entfernte Wiesenbaude (1410 m), die zur "Post Gross-Aupa", im Sommer zur "Post Spindelmühle" gehörte.

Um das Jahr 1600 von glaubensverfolgten Protestanten aus Böhmen als einfache Wohnhütte erbaut, wurde die Gebirgsbaude mitten im Dreißigjährigen Krieg nach einem Brande 1625 von den Gebrüdern Renner als schlichter Steinbau neu errichtet, wovon noch ein in die Grundmauer eingefügter Stein mit der Jahreszahl 1625 Kunde gab. Zunächst nur zur Aufnahme von Reisenden mit bescheidenen Ansprüchen eingerichtet, entwickelte sie sich später zu einem Hauptverkehrspunkt der Gebirgswanderer und war lange Zeit das Hauptquartier der Botaniker im Riesengebirge. Aber auch Geologen, Mineralogen und Zoologen wählten die Wiesenbaude wegen ihrer zentralen Lage zum Ausgangspunkt ihrer Forschung.

So weilten dort u. a. 1786 und l796 die bekannten Forscher Thaddäus Haenke mit Gerstner, Abbe Gruber und Jirasek. Auch der Dichter der Freiheitskriege, Theodor Körner, hielt sich am 21. und 22. August 1809 in der Baude auf, die im Laufe der Jahrhunderte noch so manch anderen illustren Gast beherbergt hat. Bis zum Jahre 1876 im Besitze der Familie Renner, besaßen die später zu einem großen Berghotel ausgebaute Wiesenbaude danach die Brüder Bönsch, welche auch die Richter-, Keil-, Renner- und Geierguckenbaude bewirtschafteten.

Die zweitälteste Winterbaude des Gebirges befindet sich auf der schlesischen Seite des Kammes, die Hampelbaude (1258 m), die im Jahre 1642 ebenfalls von glaubensbedrängten evangelischen Flüchtlingen aus Böhmen erbaut worden sein soll. Sie wird urkundlich 1654 erwähnt und war in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts das Nachtquartier der Koppenbesteiger. Als solches führte sie damals den Namen "Koppenbaude"und "Letzte Baude". Auch "Geistliche Baude" wurde sie geheißen, da die Mönche aus dem Warmbrunner Kloster, die den Gottesdienst in der Koppenkapelle hielten, hier zu rasten pflegten. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wird sie Hampelbaude genannt. Wie die Wiesenbaude hatte sie viele berühmte Besucher, darunter die Dichter Goethe und Heinrich von Kleist.

Ein hohes Alter wiesen Brotbaude, Schlingelbaude und Schnurrbartbaude auf. Die zu Seidorf (Post Brückenberg) gehörige, auf einer Art Pass am Hauptwege zur Schneekoppe gelegene Brotbaude (820 m) wurde ursprünglich 1668 gegründet und erfreute sich als Gast- und Logierhaus großer Beliebtheit. Auf waldbekränzter Hochebene mit Blick auf die steilen Abstürze der Teichwände lag die vor einigen Jahren unter den Polen abgebrannte Schlingelbaude (1067 m). 1722 soll diese alte (1690) Gebirgsbaude erstmals erneuert worden sein. Ihr gegenüber stand das neuere Berggasthaus mit 60 Betten und Zentralheizung. Beide Häuser wie auch die nördlich auf demselben Wiesenplane befindliche Hasenbaude (1070 m) gehörten zu Brückenberg. Das Alter der auf sonnigem Wiesenplan am Saume des Hochwaldes bei Ober-Krummhübel gelegenen Schnurrbartbaude (840 m) wird auf über 250 Jahre geschätzt. 1708 entstand die in herrlicher Lage am Wolfskamme stehende Rochlitzer oder Sahlenbacher Hofbaude (1200 m). 1740 erfolgte die Gründung der Alten Erlebachbaude (1150 m) am Spindlerpass. Gleichfalls 1740 ist auch die höchstgelegene der vier ehem. Teufelswiesenbauden, die an der Silberwasserquelle gelegene Scharfbaude (1417 m) erbaut worden, während man 1749 in der Baudenkolonie Jakobstal (888 m) am Schnittpunkt zwischen Riesen- und Isergebirge die alte Proxenbaude errichtete.

1770 erbaute man am Ende der Baumregion an einer Berglehne und Einsenkung zwischen Reifträger und Veilchenspitze die Alte Schlesische Baude (1168 m). 1787 an der Nordwestlehne des Reifträgers die Neue Schlesische Baude (1195 m). Diesen beiden alten Winterbauden folgte 1790 auf böhmischem Gebiet am Südhang des Reifträgers der Bau der Wossekerbaude (1260 m), die urkundlich als "Neue Böhmische Baude" und "Franziskanerbaude" erwähnt wird.

Eine frühzeitige bescheidene Bewirtung bot den Gebirgsreisenden die 1795 am Nordhang des Hochwiesenberges in aussichtsreicher Lage errichtete Rennerbaude (1400 m), die Schauplatz der Oper "Des Adlers Horst" von Franz Gläser ist. 181l gründete Johann Petermann (mundartlich "Pittermann") die nach ihm benannte Peterbaude (1288 m).

Die im Schutze der Kleinen Sturmhaube im Spindlerpass gelegene Spindlerbaude (l208 m) legte 1824 der Friedrichstaler Richter Franz Spindler an. 1830 wurde die Elbfallbaude (1284 m) gegründet, die in den Jahren 1878 und 1904 eine neuzeitliche Umgestaltung er fuhr und sich gegenwärtig nach einem Brand im Wiederaufbau befindet. Die alte Schneegrubenbaude (1490 m) ließ 1837 der Graf Schaffgotsch errichten, während die Riesenbaude durch den Kaufmann Mitlöhner aus Gross-Aupa erbaut worden ist. Die beiden Bauden auf dem Schneekoppengipfel sind 1850 und 1862 gegründet worden. Die übrigen Bauden sind jüngeren Datums.

< Inhalt >    < 325 Jahre Wiesenbaude >    < Skisegeln >    < Bilder >

© Copyright 2004, www.riesengebirgler.de