Kleine Sammlung schlesischer Volkslieder

eingereicht von Reiner Tannhäuser

"Aus dem Liederbuch für Schule und Haus
2. Heft 5. – 8. Schuljahr ca. 1900"


Der frohe Wandersmann

Text Joseph von Eichendorf 1788 – 1857

Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
den schickt er in die weite Welt,
dem will er seine Wunder weisen,
in Berg und Wald und Strom und Feld.

Die Bächlein von den Bergen springen,
die Lerchen schwirren hoch vor Luft,
was sollt´ ich nicht mit ihnen singen,
aus voller Kehl und frischer Brust ?

Den lieben Gott lass´ ich nur walten,
der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld
und Erd und Himmel will erhalten,
hat mein Sach auf´s best´ bestellt!


Frühlingslied

Josepf von Eichendorf

Der Frühling naht mit Brausen,
er rüstet sich zur Tat,
und unter Sturm und Sausen,
keimt still die grüne Saat.
Drum wach, erwach du Menschenkind,
daß sich der Lenz nicht schlafend find!
Drum wach´, er wach du Menschenkind,
dass dich der Lenz nicht schlafend find´t,
dass dich der Lenz nicht schlafend find´t.

Tu´ ab die Wintersorgen,
empfange frisch den Gast,
er fliegt wie junger Morgen,
er hält nicht lange Rast!
Drum erwach´, du Menschenkind,
dass dich der Lenz nicht schlafend find´t,
dass dich der Lenz nicht schlafend find´t,
dass dich der Lenz nicht schlafend find´t.

Dir armen Menschenkinder ist wund und weh ums Herz?
Auf, spreng´ getrost die Rinde
schau mutig frühlingswärts!
Es schmilzt das Eis,
die Quelle rinnt,
dir taut der Schmerz und löst sich lind.
Es schmilzt das Eis,
die Quelle rinnt,
dir taut  der Schmerz und löst sich lind.

Und wie die Vögelein leise anstimmen ihren Chor,
so schall auch deine Weise aus tiefster Brust empor !
Bist nicht verarmt,
bist nicht allein,
umringt von Sang und Sonnenschein.
Bist nicht verarmt,
bist nicht allein,
umringt von Sang und Sonnenschein,
umringt von Sang und Sonnenschein.



Aus dem Buch: Der Zupfgeigenhansel von 1926

Schlesisches Volkslied

Wohl heute noch und morgen,
da bleibe ich bei dir,
 wenn aber der dritte Tag,
so muß ich fort von hier.

Wann kommst du aber wieder,
Herz aller Liebster mein?
Wenns schneiet rote Rosen
Und regnet kühler Wein.

Es schneiet keine Rosen,
es regnet keinen Wein,
so kommst du auch nicht wieder,
Herz aller Liebster mein!

In meines Vaters Garten legt
ich mich nieder und schlief,
da träumet mir  ein Träumlein,
wies schneidet über mich.

Und als ich nun erwachte,
da war es lauter Nichts,
es warn die roten Röslein,
die blühten über mich.

Der Knabe kehret zurücke,
geht zu dem Garten ein,
trägt einem Kranz von Rosen
und einem Becher Wein.

Hat mir dem Fuße gestossen
wohl an das Hügelein,
er fiel, da schneiet es Rosen,
da regnets kühlen Wein.



Liederbuch für die Deutschen in Österreich  von 1884

Der schlesische Bauernhimmel

schlesische Volksweise

Wänn w´r wann ai a himm´l kumma
hoot d´ ploogh a Ünd g´numa ma.
Hopsasa riiw´r an niiw´r, gimm´r a Guschla
Ich gaa d´rsch wiid´r hopsasasa.

D hoots kä fidd´l an fä Klause,
Jeed´r woond aim gold´na hause.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Do iis kä Alziis an kä Schtai´r,
all´s wolf´l, nichte tai´r.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Dorte gett kä Mänsch a Taaz´m,
an d´r Färr giid miid aia Kraatsch´m.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Kä Absokaata sain zu senda,
dii dan Laita´s Bäst ääschenda.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Do iis kä Schtächa än kä Raissa,
än kä Zwecka än Baissa.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Do hoots kä Geländ än kä Schmatza,
´s zockt äm aa ni qi dam hatza.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Ai dam Himm´l iis a Laawa,
fresst ma nischt wi Zock´rbaawa.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Hoonighschaiwa,
däss ma muuß d´ feng´r läcka.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Klisssla, Flääsch an Berntonke,
guuda Schmeeta aa zum Tronke.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

´S Gold waa w´r nooch´m fonde wiigha,
naie Zepp´lpälze waar w´r kriigha.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Ää d´r Kerm´s wird g´bloosa,
kriigh w´r naie, gaale hoosa.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Än d´r Fais´r watt ääs macha,
däss däss man sich wird picklich lacha.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Wäum d´r Duud´lsaak watt brumma
än d´ gruuße Bärw´r summa.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.

Do war w´r älled jura,
senga än wi jonge Bäckla schprenga.
Hopsassa riiw´r an niiw´r,
grimm´r a Guschla,
ich gaa d´rsch wiid´r, hopsassa.


Schlesisches Volkslied

von Hoffmann Richter

Ach Blümlei blau, verdorre nicht!
Du stehst auf grüner Heiden.
Du bist einmal mein Schatz gewest,
Schatz gewest, Schatz gewest,
jetzt aber muß ich Dich meiden.

Den Ring und den hab ich von dir,
den trag ich an den Finger.
Du bist einmal mein Schatz gewest,
Schatz gewest, Schatz gewest,
jetz under aber nimmer.

Den Gürtel, den hab ich von dir,
trag ich um die Lenden.
Du bist einmal mein Schatz gewest,
Schatz gewest, Schatz gewest,
nun aber hat´s ein Ende.


Maria auf dem Berge

Oberschlesisches Volkslied  1840

Uf´m Berga da geht der Wind,
da wiegt´ die Maria ihr Kind
mit ihrer schlohen gel weissen Hand,
sie hatt´ auch dazu kein Wiegenband.
"Ach´ Joseph, lieber Joseph mein, ach,
hilf mir wiegen mein Knäbelein!"
"Wie kann ich dir denn dein Knäblein wieg´n!
Ich kann ja kaum selber die Finger bieg´n!"
"Schum, schei, schum, schei!"

Aus Österreich – Schlesien

Ballade

Es ritt ein Herr mit seinem Roß,
wohl über einen wüsten Kirchhof,
er ritt über das selbe Grab,
wo sein Vorwirt begraben lag.

"Wer reit mein Roß,
wer besitzt mein Schloß,
wer zieht mir meine Kinder groß?"
"Ich reit dein Roß,
ich besitz dein Schloß,
ich zieh dir deine Kinder groß."

"Du schlägst sie scharf mit Ruten,
das sie oft mögen bluten,
und wenn du wirst komm nach Haus,
so sage das deiner Frau:

Am Freitag soll sie niemals singen,
am Samstag soll sie nie spät spinnen,
am Sonntag soll sie früh aufstehen
undfleißig in die Kirche gehen.

Sie soll mir auch her bringen
Ein weißes trockenes Hemde,
das erste das ist gar zu naß.
Was weinet sie?
Was tut sie das ?"

Und wie der Herr nach Hause kam,
die Frau ihm schon entgegen kam:
"Ach Herr, du liebster Herre mein,
warum kömmst du heute so traurig Heim?"

"Warum soll ich nicht traurig sein?
Die Toten aus den Gräbern schrein;
am Freitag sollst du niemals singen,
am Samstag sollst du niemals spät spinnen,
am Sonntag sollst du früh aufstehn
und fleißig in die Kirche gehen;
dein Vorwirt sollst du bringen
ein weißes trockenes Hemde.

Das erste, das ist gar zu naß;
Was weinest du?
Was tust du das?"
Und wie war es am Sonntag früh,
so eilte sie der Kirche zu.

Und wie sie auf dem Friedhof kam,
mit ihren Fingern klopft sie an:
"Tu dich auf, tu dich auf
du Erdenkloß, nimm dich zu mir
in deinen Schoß!"

"Da unten hörst nicht Glockenklang,
da unten hörst nicht Vogelsang,
da schreit ja stets die himmlische Taub:
ihr Gräber schließt euch auf.

Da unten schreit das Höllenhuhn ihr
Gräber schließt euch alle zu,
ihr Gräber schließt euch feste!"
Die erste Ehe die beste.


Aus Schlesien 1842

  Liebesklage

Es wollt ein Mägdlein tanzen gehen,
sucht Rosen auf der Heide,
sucht Rosen auf der Heide.

Was fand sie am Wege stehn?
Ein Hasel, die war grüne,
ein Hasel, die war grüne.

"Nun grüß dich Gott, Frau Haselein
von wann bist du so grünne,
von wann bist du so grünne?"

"Ei, grüß dich Gott, feins Mägdelein,
von wann bist so schöne,
von wann bist du so schöne?"

"Von wannen ich so schöne bin,
das darf ich dir wohl sagen,
das darf ich dir wohl sagen.

Ich ess weiß Brot, trink kühlen Wein,
davon bin ich so schöne,
davon bin ich so schöne."

"Und wenn du auch so schöne bist,
dein Ehr hast du verschlafen,
dein Ehr hast du verschlafen.

Du hast dein rotes Goldfingerlein,
in seiner Hand gelassen,
in seiner Hand gelassen."

"Hüte dich, hüte dich, Frau Haselein,
das Wort soll dich gereuen,
das Wort soll dich gerollen.

Ich han der stolzen Brüder zwei,
die sollen dich abhauen,
die sollen dich abhauen."

"Und haun sie mich im Winter ab,
im Sommer grün ich wieder,
im Sommer grün ich wieder.

Verliert ein Mägdlein ihren Kranz,
den findt sie nimmer wieder,
den findt sie nimmer wieder."


   Spinnstube

Aus Schlesien 1840

Ein Bäumlein stand im tiefen Tal,
alle weile bei der Nacht,
ein Bäumlein stand im tiefen Tal,
war oben so breit und unten so schmal,
alle weile bei der Nacht.

Es hing ein schöner Apfel dran,
alle weile bei der Nacht,
es hing ein schöner Apfel dran,
er fiel herunter ins tiefe Tal,
alle weile bei der Nacht.

Ich ging vorbei und las mirn auf,
alle weile bei der Nacht,
ich ging vorbei und las mirn auf,
und ich mirn in mein Lädlein schloß,
alle weile bei der Nacht.

Ich schloß mein Lädlein auf und zu,
alle weile bei der Nacht,
schloß mein Lädlein auf und zu,
der Apfel ließ mir keine Ruh,
alle weile bei der Nacht.

Ich schnitt den Apfel mitten entzwei,
alle weile bei der Nacht,
gab mein Schatz den größten Teil,
alle weile bei der Nacht.

Die Kören warn süße,
alle weile bei der Nacht,
sie fieln mir vor die Füße,
alle weile bei der Nacht.

Sie fielen in Nachbars Gärtlein,
alle weile bei der Nacht,
es wuchsn ein Paar schöne Schnättelein,
alle weile bei der Nacht.

Ich brach mir ab ein Zweigelein,
alle weile bei der Nacht,
und legte mirs auf Bettelein,
alle weile bei der Nacht.

Und wie ich nun erwachte,
alle weile bei der Nacht,
da lag der Zweig und lachte,
alle weile bei der Nacht.


Beim Bauern

  aus Schlesien

Es hat ein Bauer drei Töchter,
Es hat ein Bauer drei Töchter,
Es hat ein Bauer drei Töchter.

Die Erste nahm sich einen Edelmann,
die Zweite nahm sich einen Spielmann,
die Dritte nahm sich nen Bauer.

Da sprach die älteste Schwester,
da sprach die älteste Schwester,
"meiner ist der Beste.

Wenn ich morgens früh aufsteh
und ich in meine Stube geh,
da hör ich Jäger blasen,
da hör ich Jäger blasen.

Und was weiter noch dabei?
Schöne Hündlein bellen,
schöne Hündlein bellen."

Da sprach die zweite Schwester,
da sprach die zweite Schwester:
"Meiner ist der Beste.

Wenn ich morgens früh aufsteh
und ich in meine Stube geh,
da seh ich Geigen hängen,
da seh ich Geigen hängen.

Und was weiter noch dabei?
Schöne rote Bändlein,
schöne rote Bändlein."

Da sprach die dritte Schwester,
da sprach die dritte Schwester:
"meiner ist der Beste.

Wenn ich morgens früh aufsteh
und ich in meine Scheuer geh,
da seh meinen dreschen,
da seh meinen dreschen.

Und was weiter noch dabei?
Schön Geld in den Kasten,
schön Geld in den Kasten."

Und wie es kam um die Osterzeit,
da schlacht der Bauer einen Ochsen,
da schlacht der Bauer einen Ochsen.

Er lud zu sich den hungrigen Edelmann
und den armen Spielmann,
zu sich nauf zu Gaste,
zu sich nauf zu Gaste.

Da spielte der arme Spielmann,
da tanzte der hungrige Edelmann,
da saß der Bauer und lachte,
da saß der Bauer und lachte.



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