Kleine Sammlung schlesischer Volkslieder

eingereicht von Reiner Tannhäuser

Aus dem Buch deutscher Liederschatz Band 1 von 1897

Das zerbrochene Ringlein

Joseph Eichendorf 1809

In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad,
mein´ Liebste ist verschwunden, die dort gewohnet  hat,
mein´ Liebste ist verschwunden, die dort gewohnet hat.

Sie hat mir Treu´ versprochen, gab mir ein´n Ring dabei,
sie hat die Treue gebrochen, mein Ringlein sprang entzwei,
sie hat die Treue gebrochen, mein Ringlein sprang entzwei.

Ich möchte als Spielmann reisen weit in die Welt hinaus,
und singen meine Weisen, und gehen von Haus zu Haus,
und singen meine Weisen, und gehen von Haus zu Haus.

Ich möchte als Reiter fliegen wohl in die blut´ge Schlacht,
um stille Feuer liegen im Feld bei dunkler Nacht,
um stille Feuer liegen im Feld bei dunkler Nacht.

Hör´ ich das Mühlenrad gehen: ich weiss nicht, was ich will,
ich möchte´ am liebsten sterben, da wärs auf einmal still,
ich möchte´ am liebsten sterben, da wärs auf einmal still!


Der Jäger Abschied

Joseph Eichendorf 1837

Wer hat dich, du schöner Wald, aufgebaut so hoch daoben?
Wohl den Meister will ich loben, so lang noch mein´ Stimm´er schallt!
Will ich loben, so lang noch mein´ Stimmer erschallt.
Lebe wohl ! Lebe wohl ! Lebe wohl, lebe wohl du schöner Wald!
Lebe wohl du schöner Wald!

Tief die Welt verworren schallt, oben einsam Rehe grasen,
und wir ziehen fort und blasen, dass es tausendfach verhallt,
fort und blasen das es tausendfach verhallt.
Lebe wohl! Lebe wohl! Lebe wohl, lebe wohl du schöner Wald!
Lebe wohl du schöner Wald!

Was wir still gelobt im Wald, wollen´s draussen ehrlich halten,
ewig bleiben treu die Alten, bis das letzte Lied verhallt,
treu die Alten, bis das letzte Lied verhallt.
Lebe wohl! Lebe wohl! Lebe wohl, schirm´ dich,
Gott, schirm´ dich Gott, du schöner Wald.
Lebe wohl, schirm´ dich Gott, du schöner Wald!


Soldatenlied

Aus Schlesien nach Hoffmann Richter

Was helfen mir tausend Dukaten, wenn sie verschossen sind?
Der König hat brave Soldaten wenn sie montieret sind.
Er gibt ihnen schönes Geld, er macht es,
wies es ihm gefällt, ei läßt sie brav und lustig marschieren
wohl durch die ganze Welt.

Ei Bauer, das tu ich dir sagen: "Wenn mein Quartier ist aus,
wenn die Trompeten blasen, so wecke du mich auf bald
und sattele mir mein Pferd, und rüste mir mein Schwert,
den Mantel tu mir drauf binden, daß ich bald fertig werd!"

Der Tag fing an zu brechen, der Wirt stand in der Tür,
tat zu den Reitern sprechen: "Trompeter sind schon hier,
sie blasen alle frisch darauf, ihr Herren Soldaten steht auf!

Das Pferd ist schon gesattelt, der Mantel gebunden drauf."
"Ei Rößlein, das tu ich dir sagen, den Sporen geb ich dir,
du mußt mich heut noch tragen vor meiner herzliebsten Tür,
wohl vor das hohe Haus, da schaut das Mädel raus
mit ihren schwarbraunen Äuglein, zum Fenster schaut sie raus."


Aus Österreich – Schlesien

Gestern bei Mondenschein da ging ich spazieren
in dem Hausgärtelein, in dem Hausgärteelein, bei Mondenschein.

Da saß ein Mägdelein wohl ganz alleine
in dem Hausgärtelein, in dem Hausgärteelein, bei Mondenschein.

Mägdelein, was machst du hier so ganz alleine
in dem Hausgärtelein, in dem Hausgärteelein, bei Mondenschein.

Ich bind ein Kränzlein von grünen Zypressen
in dem Hausgärtelein, in dem Hausgärteelein, bei Mondenschein.

Es soll dem Liebsten sein; wenn er wird kommen
in dem Hausgärtelein, in dem Hausgärteelein, bei Mondenschein.

Melodie aus Schlesien

Es sollt ein Mägdlein wohl früh aufstehn,
wollt in den grünen Wald,
wollt in den grünen Wald spazieren gehen, spazieren gehen.

Und als sie in den Wald nein kam,
ei, da fand sie einen, ei da fand sie einen
einen verwundten Knabn, einen verwundten Knabn.

Der Knab, der war von Blut so rot,
und als sie ihm verband, und als sie ihm verband,
war er schon tod, war er schon tod.

"Wo krieg ich denn nun sechs Leidfräulein,
die mein Feinsliebchen, die mein Feinsliebchen
zu Grabe mein, zu Grabe mein.

Wo krieg ich nun sechs Reiterknabn,
die mein Feinsliebchen, die mein Feinsliebchen
zu Grabe tragen, zu Grabe tragen.

Wie lange soll ich trauern gehen?"
"Bis alle Wasser, bis alle Wasser
zusammen gehen, zusammen gehen:"

"Ja, alle Wasser gehen nicht zusamm,
ei, so wird mein Trauern, ei, so wird mein Trauern,
kein Ende han, kein Ende han."


Auf der Landstraße

Aus Schlesien

Steh nur auf, steh nur auf, du Hanwerksgesell!
Die Zeit hast du verschlafen,
die Vögellein singen im grünen im Wald,
der Fuhrmann tut schon fahren.

"Ei, was scher ich mich der Vögellein Gesang
und um das Fuhrmanns Fahren! Ich bin ein
junger Handwerksgesell, muß reisen fremde Straßen."

In Preussen liegt eine wunderschöne Stadt Berlin,
tut man sie heißen, Berlin das ist uns wohlbekannt,
da wollen wir jetzt hin reisen.

Und als wir kamen vor das Potsdamer Tor,
täten wir die Schildwache fragen, all wo
der Gesellen ihre Herberg wär, das
sollten sie uns sagen, das sollten sie uns sagen.

Auf der Kugelberger Gaß im Braunschweiger Haus,
da sollten wir einkehren, da sollten wir nach Handwerks-
brauch den Handwerksvater ehren.

"Seid willkommen, willkommen Söhne mein!
Da steht eine Kanne mit Weine, und sollt
Euer Sinn nach Arbeit stehn,
so schenk ich auch noch eine."


Zu Festgelagen

Gedicht in den Breslauer Burschenlieder von 1821

Brüder, zu dem festlichen Gelage hat ein guter Gott uns hier vereint,
allen Sorgen lasst uns jetzt entschlagen, trinken mit Freund, ders redlich meint,
da wo Nektar glüht, Valerala, holde Lust entblüht, Valleralla wie den Blumen,
wenn der Frühling scheint.

Lasst uns froh die gold´ne Zeit durchschwärmen, hangen an des Freundes treuer Brust,
an dem Freunde wollen wir uns erwärmen, in dem Weine kühlen unsere Last.
In der Traube Blut Valleralla! Trinkt man deutschen Muth, valleralla wird der Mann
Hoher Kraft bewusst.

Nippet nicht, wo Bacchus´ Quelle fliesset, ängstlich an des vollen Becher Rand,
wer das Leben Tropfen weisse geniesset, hat des Lebens Deutung nicht erkannt.
Nehmt ihm frisch zum Mund, leert ihm bis zum Grund, den ein Gott vom Himmel uns gesandt!

Auf des Geistes lichtgewohnten Schwingen stürzt der Jüngling muthig in die Welt,
wack´re Freunde will er sich erringen, die er fest und immer fester hält.
Bleibt die Meinen All´ bis zum Welteinfall, treu den Freund ewig zugestellt!

Lasst nicht Jugendkraft umsonst verrauchen, in dem Becher winkt der goldne Stern;
Honig lasst uns von den Lippen saugen, Lieben ist des Lebens süsser Kern!
Ist die Kraft versaus´t, ist der Wein verbraus´t, folgen Charon, wir dir gern!
(Alle:) Ist die Kraft versaus´t etc.




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