Quelle: "Schlesische Bergwacht" – Nr. 32/22

Ein Leben für die Kunst

Bildhauer Hans Brochenberger
von Ursula Liebig, geb. Grunert



Hans Brochenberger mit seiner 1. Frau Lilli

Wenn wir von Künstlern sprechen, die mit uns im Riesengebirge lebten, so gehört auch der Bildhauer Hans Brochenberger dazu. Eine große Anzahl seiner in Stein gehauenen und in Holz geschnitzten Werke hat er uns und der Nachwelt hinterlassen.

In Berchtesgaden 1887 geboren, versuchte er sich schon als kleiner Junge am Holz und schnitzte Tiere etc. Da die künstlerische Ader in der Familie lag, wenngleich auch auf verschiedenen Gebieten, waren seine Talente, wie man sagt, angeboren. Nach dem Abschluss der mittleren Reife kam er an die Holzschnitzschule in Berchtesgaden, der sich der Besuch an der Kunstgewerbeschule in München anschloss. An der dortigen Akademie der Bildenden Künste erhielt er für seine hervorragenden Werke Preise, die ihm Stipendien und Studienaufenthalte, wie z. B. in Russland und Italien ermöglichten. Hans Brochenberger arbeitete in München als Assistent bei bekannten Professoren, wie Seidler und Netzer. Der »Nonnenbrunnen«, früher am Stachus in München, sowie bildhauerische Arbeiten am Dallmeier-Haus, sind von ihm. Kurze Zeit war er am Städelschen Institut in Frankfurt am Main und an der Akademie in Düsseldorf tätig. Mit Ausbruch des I. Weltkrieges meldete er sich 1914 zum Kriegsdienst, wurde schwer verwundet und kriegsuntauglich.



Drei-Linden-Baude in Waltersdorf

Eine Berufung als Lehrer an die 1902 gegründete Holzschnitzschule Bad Warmbrunn im Riesengebirge erhielt Hans Brochenberger 1917, die er nach einigen Jahren wieder verließ, um als freischaffender Künstler tätig sein zu können. Zu dieser Zeit lebte er im Künstlerhaus in Schreiberhau und zog dann nach Jannowitz, später Waltersdorf, einem wunderschön gelegenen kleinen Gebirgsort am Nordhange des Landeshuter Kammes. Dort erwarb Hans Brochenberger das alte fridericanische Schulhaus, der späteren Gaststätte »Drei Linden«, welches er dann zu der »Drei-Linden-Baude« umbaute. Diese allseits beliebte Baude bewirtschaftete er mit seiner ersten Lebensgefährtin Frau Lilli Brochenberger. In seinem Waltersdorfer Atelier schnitzte er u. a. Wegweiser, deren Anblick jeden Menschen erfreute. In Jannowitz, an der Bahnhofstraße, steht der Wegweiser noch heute, jedoch wurde die von Hans Brochenberger geschnitzte Schrift entfernt und durch polnische ersetzt, nachdem einige deutsche Politiker, einem Friedensvertrag vorgreifend, über die Köpfe Millionen deutscher Menschen hinweg, die derzeitigen Ostgrenzen als endgültig anerkannten.

Hans Brochenberger fertigte auf Bestellung auch aus Holz geschnitzte Grabkreuze an, die für Grabstellen auf dem Friedhof neben der Kirche Wang bestimmt waren. In einem Gebäude des Baugeschäftes Grosser in Jannowitz, wo sich die Zimmerei befand, stand ihm für diese Arbeiten ein Raum zur Verfügung. Wie mir Hans Lemke berichtete, fuhr er mit Vater Ehrlich um 4.00 Uhr morgens von Jannowitz los, nachdem die Grabkreuze auf einem mit Stroh abgepolsterten Pferdefuhrwerk verladen waren. Gegen 11.00 Uhr trafen sie dann an der Kirche Wang ein, wo sie schon von Hans Brochenberger erwartet wurden. Etwa sieben dieser Grabkreuze hat Hans Lemke mit hingebracht und setzen geholfen. Einige davon standen noch 1976. Eine Aufnahme vom Friedhof neben der Kirche Wang wurde in der Ausgabe der »Schlesischen Bergwacht« vom 05.04.1982 veröffentlicht.



Der Künstler bei der Arbeit

Mit viel Liebe schnitzte Hans Brochenberger Inneneinrichtungen. Den Besuchern der »Drei-Linden-Baude« werden noch die wunderbaren Schnitzarbeiten in Erinnerung sein. Aus all´ diesen Werken spricht seine starke Natur- und Volkstumsverbundenheit, die dann durch die Ereignisse des II. Weltkrieges unterbrochen wurde. Es sei noch zu erwähnen, dass Hans Brochenberger eigentlich dazu ausersehen war, im Osten Deutschlands eine Akademie einzurichten und zu leiten, die in ihrem Lehrplan der Volkskunst Vorrang geben sollte. Zum Kriegsdienst 1943 eingezogen, geriet er in englische Gefangenschaft und wurde Ende 1945 in seine alte bayrische Heimat nach Berchtesgaden entlassen.

Auch Hans Brochenberger musste wieder neu beginnen. Er arbeitete zunächst privat, dann als Lehrer an der dortigen Holzschnitzschule, bis er 1951 mit seiner zweiten Lebensgefährtin nach Landshut / Bayern zog und mit 65 Jahren seine künstlerische Tätigkeit wieder aufnahm. Hier begann eine neue schöpferische Phase seines Lebens, indem er fast ausschließlich aus Holz geschnitzte religiöse Werke schuf. Hans Brochenberger restaurierte hier Kirchen, konnte aber auch eigene Entwürfe verwirklichen. In jeder Arbeit eines Künstlers, gleich auf welchem Gebiet, spiegelt sich sein Empfinden, seine Seele wieder. So auch bei Hans Brochenberger, der auf eine unaufdringliche Art seine starke Gläubigkeit in seinen Werken zum Ausdruck brachte. Frau Margarete Brochenberger teilte mir dazu eine Begebenheit mit. Bei der Einweihung des 16 Tafeln umfassenden Kreuzwegs in der Landshuter »Heilig-Geist-Kirche« hatte sich Bischof Graf Soden folgendermaßen geäußert: »Mich hat noch kein Kreuzweg so stark ergriffen, bei seiner Begehung kann man beten lernen, aber man muss sich Zeit lassen und stille sein.«

Im Alter von 89 Jahren starb Hans Brochenberger 1976 in Landshut. Der Lebensweg eines begnadeten Menschen war zu Ende.



Hans Brochberger

In den zwei Jahrzehnten, die Hans Brochenberger bei uns im Riesengebirge lebte, lernten wir ihn als einen freundlichen, natürlichen und umgänglichen Menschen kennen. Mancher Heimatfreund wird jetzt vielleicht beim Anblick eines von Hans Brochenberger geschaffenen Werkes etwas länger verweilen, in dankbarer Erinnerung an diesen Künstler, dem wir Riesengebirgler uns über seinen Tod hinaus durch seine schöpferische Arbeiten verbunden fühlen.

Frau Margarete Brochenberger möchte ich für ihre so freundliche Unterstützung danken, ebenso Frau Irmgard Huge und Herrn Hans Lemke für die zu diesem Bericht überlassenen Aufnahmen.



Rübezahl auf den polnischen Adler stehend

< Inhalt >     < weiter >

© Copyright 2007, www.riesengebirgler.de