Den nachstehenden Artikel erhielt 
  ich freundlicherweise zur Veröffentlichung von Herrn Martin Bartoš. 
  Herr Martin Bartoš ist der Sohn von Margit und Miloslav Bartoš. Herr 
  Miloslav Bartoš ist uns als Historiker des Riesengebirges und als Direktor 
  des Riesengebirgsmuseum in Hohenelbe / Vrchlabí im Ruhestand bekannt. 
  Seine Ehefrau ist eine geborene Kirchschlager aus Berggraben. Herr Martin Bartoš 
  wurde 1962 in Hohenelbe / Vrchlabí geboren. Nach dem Abitur musste er 
  im Fernstudium an der Karls-Universität in Prag das Lehrerstudium absolvieren. 
  Das gewünschte Geschichtsstudium wurde ihm von staatlicher Seite verweigert. 
  Er hat den Titel "Magister" und ist Schuldirektor an der Schule in 
  Langenau / Lánov. Der nachstehende Artikel erschien in der Ausgabe 4/2005 
  der Zeitschrift "KRKONOŠE" unter "Odsun Odsun Němců 
  1945  1946". Es sind noch weitere Artikel von Herrn Martin Bartoš 
  zu diesem Thema in der vorgenannten Zeitschrift erschienen. 
  
  Die Übersetzung des tschechischen Textes nahm freundlicherweise Herr Gustav 
  Erlbeck in Kirchberg vor, wofür ich ihm recht herzlich danke. 
von Martin Bartoš
Übersetzung: Gustav Erlbeck, Kirchberg
Wo beginnen? Es stellt sich meiner Generation, meinen Kindern die Frage, wer 
  in unserer Stadt, in unserem Gebirge, in unserem Bezirk vor dem Jahr 1945 gelebt 
  hat. Wenn wir die Geschichte unserer Region genauer betrachten, stellen wir 
  fest, dass die Frage, wer hier zuerst war, ob Tschechen oder Deutsche (oder 
  besser deutsch sprechende Bewohnerschaft), in Hinsicht auf die Problematik des 
  Abschubes nicht relevant ist.
Das entscheidende Kriterium der Geltendmachung der Beneš-Dekrete ist das Ergebnis 
  der Volkszählung im Jahr 1930. Im Hohenelber Gebiet lebten in dieser Zeit um 
  65 000 Menschen (im Ganzen in 62 Gemeinden und Städten im Bereich des Landratamtes 
  Hohenelbe, das nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht nach München 
  im Jahre 1939 entstanden war. Zur deutschen Nationalität meldeten sich ungefähr 
  46 000 Einwohner. Woher nahm man hier soviel deutsch sprechende Menschen? Sie 
  lebten da seit Geburt wie ihre Väter, Großväter, Urgroßväter ... Sie arbeiteten 
  hier über viele Generationen zuerst für das böhmische Königreich und später 
  für Österreich-Ungarn. Sie waren immer Einwohner, Adel, Städter, Untertanen, 
  Bürger mit den gleichen Rechten und Verpflichtungen wie die tschechisch sprechende 
  Minderheit.
Statistische Daten der Nationalität der Bewohner des Hohenelber Bezirkes:
| Jahr | Tschechen | Deutsche | 
| 1800 | 910 | 41130 | 
| 1900 | 1 1195 | 42287 | 
| 1910 | 1544 | 42825 | 
| 1921 | 3423 | 36875 | 
| 1930 | 3763 | 38091 | 
| 1945 | 1691 | 38107 | 
Der entscheidende Bruch geschah verhältnismäßig 
  kurz vor München, in den Jahren 1918  1921. Die Entstehung eines Staates 
  durch zwei Nationen, Tschechen und Slowaken, verwandelte unsere Deutschen in 
  eine nationale Minderheit. Mit Zahl von drei Millionen. Die Slowaken waren am 
  Beginn der ersten Republik fast um eine Million weniger. Wenn irgend jemand 
  behauptet, dass sie mit größerer Begeisterung als die anderen in den Krieg zogen 
  als die übrigen, der irrt sich grausam. Sie ahnten nicht, dass sich ihr Schicksal 
  durch den Untergang des Vielvölkerstaates umstürzen würde, sie konnten sich 
  nicht vorstellen, was sie erwartete.
  
  Die Verhandlung um die Entstehung des tschechoslowakischen Staates spielte sich 
  unter Abwesenheit der Vertreter der größten Minderheit (oder neben Tschechen 
  und Slowaken der dritten Nation?) statt. Erklären lässt sich das verschieden, 
  wahrscheinlich ist die Behauptung, dass es sich um absichtliche Taktik des Kreises 
  der nächsten Mitarbeiter des ersten Präsidenten T. G. Masaryk handelte. Die 
  deutsche Abgeordnetenfraktion des österreichischen Reichstages erklärte sich 
  als rechtsgültiger Vertreter der deutschen Nation in den Böhmischen Ländern, 
  klagte aber über vergossene Milch, als sie für. ihre "Minderheit" 
  das Recht auf Selbstbestimmung erkämpfen wollte. Versuch zur Abtrennung von 
  der Tschechoslowakei und Anschluss an die österreichische Republik hatten in 
  den ersten Tagen nach dem Krieg praktisch keine Hoffung auf Erfolg. Ja, zur 
  Österreichischen Republik, unsere Deutschen sehnten sich niemals nach Anschluss 
  an Deutschland. Vergeblich klang auch die Bemühung der neuen österreichischen 
  Regierung aus, auf böhmischem Gebiet mit überwiegend deutscher (oder vielleicht 
  österreichischer Bevölkerung?) eine eigene bewaffnete Einheit  Volkswehr 
  aufzubauen. Die schnelle Ankunft der tschechischen Armee am 07. Dezember 1918 
  (nach Hohenelbe), besser ausgerüstet und zahlreicher, vereitelte jede Bemühung 
  um Selbstbestimmung.
  
  Schauen wir jetzt, wie der "Umsturz" in Hohenelbe im Jahr 1918 verlief. 
  In unserer Stadt saß der Bezirkshauptmann. Die Mehrheit der Beamten der Bezirkshauptmannschaft 
  unterschrieb den Treue-Eid der Reichenberger Regierung. Die Ordnung auf dem 
  heißen städtischen Boden sicherte die Militärwache  Bürgerwache. Die Befürchtungen 
  vor möglichen bürgerlichen Unruhen löste die Hauptmannschaft durch Verkünden 
  von Verordnungen der Reichenberger Regierung, die praktisch das Standrecht installierte. 
  Neben der Hauptmannschaft, dem offiziellen staatlichen Organ, existierte in 
  Hohenelbe auch der promasaryksche und protschechische "národní výbor" 
  (= Nationalausschuss). Auch er unterstützte im Interesse der Aufrechterhaltung 
  der Ordnung die Kundmachungen der pro-österreichischen Regierung.
  
  Der Hohenelber Hauptmann gliederte unsere Bezirk einige umliegende Gemeinden 
  mit deutscher Mehrheit an  Huttendorf, Widach, Groß-Borowitz ... Der National-Ausschuss 
  wandte sich um Hilfe an die Militär-Garnison in Jičín. Um 8 Uhr abends 
  besetzte die tschechoslowakische Armee die Stadt. Die Einheit, die nach Hohenelbe 
  über Neupaka anmarschierte, stellte in Jičín der Leutnant in Reserve Kopecký 
  aus Freiwilligen zusammen. Es kam zu keinem Exzess, die Einheiten der Bürgerwache 
  legten die Waffen noch vor Ankunft der Jičíner Einheiten nieder. Die Armada 
  besetzte die staatlichen Gebäude und die Telefonzentrale. Den Hauptmann schickten 
  sie auf Urlaub und dadurch löste sich die ganze Angelegenheit für eine Zeit.
  
  Am 04. März 1919 entschloss sich die deutsche Bevölkerung des Grenzgebietes 
  ihre Unzufriedenheit mit dem bisherigem Stand auszusprechen. Der Generalstreik, 
  dem sich die Hohenelber, Arnauer und Trautenauer anschlossen, endete tragisch. 
  In Hohenelbe hatte die Begegnung der Demonstranten mit der čsl. Armee im 
  ganzen einen glatten Verlauf, endete mit Beschimpfungen und Beleidigungen. In 
  Arnau sollten aus den Reihen der Demonstranten einige Schüsse fallen. Die Soldaten 
  töteten bei der Erwiderung der Schüsse zwei Frauen.
  
  Eine weitere ähnliche Angelegenheit löste das Militär am 17. Mai 1920 auf. In 
  Hohenelbe brach ein Streik aus als Protest gegen die Nichterfüllung des Versprechens 
  der staatlichen Organe für die Lösung der kritischen Versorgungssituation. Die 
  Demonstrationen der Tschechen und Deutschen unterdrückte die 1. Kompanie des 
  Grenz-Bataillons, das in einem Spezialzug aus Trautenau in unsere Stadt eilte. 
  Ihr Kommandant Kapitän Zizius beschreibt die Aktion in seiner Meldung: Assistenz 
  ... kam nach Hohenelbe um halb drei nachmittag. Er veranlasst den Schutz des 
  Bahnhofes und stellt den Lagerraum für Getreide und Lebensmittel sicher. Vor 
  der Bezirkshauptmannschaft war eine Menschenmenge von ungefähr 300 versammelt, 
  wurde von der Kompanie verdrängt und die Straße gesperrt, weil von den ersten 
  Augenblicken aus der Menge spöttische Befehle und Beschimpfungen ertönten, wie 
  "tschechisches Lumpenpack, von dir lassen wir uns nicht befehlen. Weg mit 
  den tschechischen Soldaten!" Und auch tschechische Stimmen erklangen, dass 
  die Regierung ihnen anstatt Essen Bajonette schickt. Die Militärpolizei verhaftete 
  diejenigen, die die Menge aufreizten oder sich bemühten, gegen die Soldaten 
  Gewalt anzuwenden ... Soviel ein kurzer Exkurs in die ersten Jahre der Existenz 
  der Tschechoslowakei.
  
  Wiederholen wir nun die Angaben über die Anzahl der deutschen Bürger in unseren 
  Hohenelber Bezirk im Jahre 1932, der für den Nachkriegsabschub entscheidenden 
  Zahl. Ungefähre Rechnung führe ich im Text der Einleitung auf; wenn wir die 
  Zahlen auf Prozent umrechnen, gelangen wir zu 70 % Deutscher gegenüber 30 % 
  Tschechen. Allein die Stadt Hohenelbe hatte zu dieser Zeit nicht mehr als neun 
  Prozent Einwohner tschechischer Nationalität.
Nach der Abtrennung des Hohenelber Bezirkes von der Tschechoslowakei und seiner 
  Angliederung an den Sudetengau im Herbst des Jahres 1938 veränderte sich das 
  Verhältnis zwischen Deutschen und Tschechen weiter. Viele Tschechen verließen 
  die Stadt freiwillig und unfreiwillig. In den Bezirk kam eine Menge Reichsdeutscher, 
  sodass nach der Zählung vom Jahr 1939 sich die Zahlen 50 000 und 12 000 ergeben 
  (die Zahl der Tschechen im Bezirk sank um 20 %.
Die deutsche Annexion rief am Anfang Begeisterung der Mehrheit der Bewohner 
  hervor. Die erste Welle des Enthusiasmus verfiel bald, weil die Einheimischen 
  feststellten, dass sie vom Regen in die Traufe kamen. Im Großdeutschen Reich 
  blieben sie Außenseiter. Die Versorgung stockte und die Deutschen konnten in 
  dieser Richtung die Leute beneiden, die durch die Fügung des Schicksals auf 
  die tschechische, oder auf die Protektoratsseite der Grenze gerieten. Der Kriegsbeginn 
  und die Wehrpflicht kennzeichnete grausam die Geschicke der Mehrheit der sudetendeutschen 
  Familien.
Die Juden und Beschäftigte tschechischer Nationalität mussten gleich nach 
  der Besetzung des Grenzgebietes Stellen in staatlichen Diensten verlassen. Jüdisches 
  Eigentum wurde konfisziert. Die erste große offene antijüdische Aktion spielte 
  sich am Tag der Ankunft des heiligen Martin auf den weißen Pferd am 11. November 
  1938 ab. Dreieinhalbtausend fanatisierter Bewohner der Stadt manifestierten 
  in einem Zug zum Gericht, wo ihnen die Gestapo verhaftete Juden vorführte. Nichtarische 
  Herkunft war der Grund für Scheidung einiger zu dieser Zeit gültiger Ehen. Viele 
  Bürger tschechischer Nationalität, deutsche Sozialdemokraten und Kommunisten 
  flohen aus der Stadt. Nach Ober-Branna, das wie durch Schwanken eines Zauberreises 
  Grenzgemeinde wurde, wanderten gleich in den ersten Tagen über zweihundert Flüchtlinge 
  aus, die Mehrheit zog schließlich weiter fort ins tschechische Grenzgebiet, 
  einige kamen wieder zurück.
  Kriegsgeschrei wurde im Hohenelber Bezirk im Ganzen erfolgreich vermieden. Das 
  größte Unglück musste so der Abgang vieler Ehemänner, Geliebter, Großväter und 
  Familienväter an die Front sein. Viele von ihnen fielen auf den Schlachtfeldern 
  der Ost- und Westfront, oder sie kehrten als körperliche oder geistige Krüppel 
  zurück.
Das Kriegsende traf das Hohenelber 
  Gebiet in niederschmetternder Situation. In der Schlussphase (wir sprechen vom 
  Winter des Jahres 1945) der Kämpfe war unsere Region zuerst vom Durchgang vieler 
  Kolonnen Kriegsgefangener gezeichnet. Knapp vor Kriegsende bewegten sich bei 
  uns viele Flüchtlinge aus Oberschlesien. Ende April standen Einheiten der sowjetischen 
  Armee auf der nördlichen Seite des Riesengebirges (Hirschberg, Waldenburg). 
  Verteidigungsmaßnahmen erreichten auch die Stadt. Aus dem Gebäude des Gymnasiums 
  evakuierten die örtlichen Behörden das Militärlazarett. Die Zivilbevölkerung 
  fasste Gasmasken, es formierte sich Landsturm (Volkssturm). Am 24. April zog 
  Gendarmerie aus der Umgebung in Hohenelbe ein. Am 03. Mai konstituierten sich 
  in Starkenbach, Semil und Hochstadt an der Iser revolutionäre Nationalausschüsse. 
  An der Protektoratsgrenze kam es darnach zu einigen grundlosen Zusammenstößen, 
  die am Erfolg des Krieges nicht den geringsten Einfluss haben konnten. In Hrabačov 
  kam ein junger Mann ums Leben, als er auf die örtliche Gendarmeriestation schoss 
  und die Finanzer den Schuss erwiderten. Der Vorfall rief eine Folge von Ereignissen 
  hervor, die noch knapp vor dem Kriegsende zu grundlosen Repressionen von deutscher 
  Seite führten.
  
  Am Tag vor dem offiziellen Kriegsende  07. Mai  forderte der Reichsprotektor 
  den Konrad Henlein, den Sudeten-Gauleiter auf, die Verwaltung seiner Behörden 
  noch vor der Ankunft der sowjetischen Armee in die Hände der tschechoslowakischen 
  Verwaltung zu übergeben. Aus dem Bezirk flohen schon die Familien der Funktionäre 
  nazistischer Organisationen. Das deutsche Militär zog sich teilweise organisiert 
  nach Westen zurück, ein beträchtlicher Teil desertierte und versuchte auf eigener 
  Achse nach Hause zurückzukehren. Der Hohenelber Landrat Dr. Seemann harrte aus 
  und forderte aufgrund der Henlein´schen Anweisung am Vormittag des 08. Mai den 
  Starkenbacher Nationalausschuss auf, die Verwaltung des Hohenelber Bezirkes 
  zu übernehmen. Seemann in der ganzen Hohenelber Delegation traf sich um drei 
  Uhr nachmittags in Ober-Branna mit der Starkenbacher Delegation. Die führte 
  ihr Vorsitzender Josef Zemann. Beide Delegationen verständigten sich in Branna 
  auf die Details der Kapitulation. Alle begaben sich gleich nach Hohenelbe, wo 
  im Schloss die offizielle Übergabe des Bezirksamtes ablief. Das Stadtamt übergab 
  gleich nachher. Die Beschäftigten erhielten Anweisung, an ihren Stellen zu verbleiben. 
  Tschechisch wurde als einzige Amtssprache eingeführt. Die tschechischen Mitteilungen 
  dolmetschte der Oberinspektor Franz Bach durch den städtischen Rundfunk. Die 
  neue tschechischer Verwaltung machte Standrecht von acht Uhr abends bekannt. 
  Es erklang die tschechoslowakische Staatshymne, am Rathaus wehte die tschechoslowakische 
  Fahne. Die Sicherheit der ganzen Aktion stellte eine fünfgliedrige Abteilung 
  der Gendarmerie und eine Abteilung des 4. Grenzregiments. Es befehligtem Major 
  Zdeněk Likař und Oberleutnant Otto Spanilý. Es folgte die erste Maßnahme 
  von tschechischer Seite. Die deutsche Seite gab sämtliche Waffen ab, die deutsche 
  Polizei löste sich auf. Das Militär besetzte die Post und den Bahnhof. Der revolutionäre 
  Bezirks-Nationalausschuss ergriff geführt von Augustin Kubát die Macht.
  
  Mit eintägiger Verspätung endete der Krieg ähnlich auch für die zweite größte 
  Stadt des Bezirkes, Arnau. Das hauptsächliche Wort bei der Machtübernahme hatte 
  eine Volksmenge aus dem nahen Slemeno.
Die Rote Armee durchfuhr das Riesengebirge praktisch nur. Nach Hohenelbe gelangte 
  sie halsbrecherisch über Spindelmühle knapp vor Mitternacht des 09. Mai. Am 
  Stadtplatz begrüßten die Sowjets die Vertreter der örtlichen Militärischen und 
  zivilen Verwaltung und wenige Tschechen. In Hohenelbe und Arnau waren zuletzt 
  kurz kleine sowjetische Besatzungen. Im oberen Hohenelbe wohnten 38 Männer, 
  die wiederholt den Nationalausschuss bedrängten und Lebensmittel und Kleidung 
  verlangten. Der Nationalausschuss musste schließlich eine Bekanntmachung herausgeben, 
  die genannte Forderungen als unberechtigt erklärte. Die Russen plünderten und 
  stahlen auch in der Nacht, was am 25. September 1945 zur Absendung einer Beschwerde 
  an die sowjetische Botschaft führte.
Mehr engagierte sich die Rote Armee in der Frage der Hohenelber Firma Lorenz 
  (Tesla, Optrex). Die Sowjets besetzten die Firma, deren Produktion aus Berlin 
  nach Hohenelbe umgezogen war, und demontierten ihre Fertigungsstraßen. In ihnen 
  wurden nämlich Radiolampen hergestellt, was für die Befreier eine willkommene 
  Beute war. Die Russen führten aus Hohenelbe die Hälfte der Firma als Kriegs-Reparation 
  weg. Ursprünglich wollten sie zwei Drittel, der Bezirksverwaltung gelang es 
  nach mühsamen Verhandlungen mit Zentralorganen, diese Forderung zu ermäßigen.
Die deutsche Bevölkerung wurde in den ersten Tagen und Monaten nach der Beendigung 
  des Krieges für eine große Sicherheitsbedrohung gehalten. Nach den Protektorats- 
  und Reichserfahrungen der Tschechen kann man sich darüber nicht wundern. Nach 
  heutiger und damaliger Sicht waren verschiedene Maßnahmen, gemessen á priori 
  gegen die deutsche Nation als Ganzes wenigstens strittig.
Am 15. Mai startete die gegründete Versammlung nationaler Sicherheit häufige 
  Verhaftungen von Personen, die nazistischer Verbrechen beschuldigt waren. Militärische 
  Wachen führten Hausdurchsuchungen durch. Ohne Gericht wurden einige Hinrichtungen 
  vollzogen, bei denen dreißig Personen aus Schwarzental und Spindelmühle ums 
  Leben kamen.
Die Schwarzentaler Vorfälle sind durch direkte Zeugen gut beschrieben: Am 
  16. Mai kamen russische Offiziere mit tschechischen Partisanen um den Bürgermeister 
  Anton Zirm und den Platzkommandanten SA Franz Lorenz. Auf der Stelle verprügelten 
  sie beide. Das Blut des Lorenz bespritzte die Mauer und sein Jammern war in 
  weiter Umgebung zu hören. Danach jagten sie beide durch das Dorf vor den Augen 
  der Einwohner und schlugen sie so, dass sie nicht selbständig gehen konnten. 
  Zum Schluss sperrten sie sie in den Keller des Hotels Erben am Markplatz. Beide 
  starben an den Folgen der Verletzungen. Die Hinterlassenen konnten sich von 
  ihnen im Leichenhaus verabschieden.
Am 18. Juni Verunglückte ein Lastauto mit tschechischen Soldaten auf dem Marktplatz 
  in Schwarzental. Hier im Hotel Erben wohnte die tschechische Besatzung, über 
  die sich zu dieser Zeit die Bevölkerung nicht beklagen konnte. Neue Soldaten 
  begannen bald nach ihrer Ankunft sich wie Verbrecher zu benehmen. Im oberen 
  Teil der Gemeinde verhafteten die den Färbermeister Franz Munßer. Es folgten 
  der Kutscher Josef Ettrich, ein weiterer Färber Josef Krause und sein Bruder 
  Johann. Die Soldaten verprügelten mit Faust, Fußtritt, Schaft und Knüppel. Dann 
  kamen sie auch um den Bauer Wonka, Franz Kröhner, Josef Schneider, den Sattlermeister 
  Möhwald, den Telegrafisten Oswald Renner und noch einen Mann, der für die ganze 
  Begebenheit Zeugenaussage lieferte.
  Die Verhafteten und Verprügelten kerkerten sie in zwei Kellerräume des Hotels 
  Erben ein. Dort hielten sie einige vollends gefesselt. Es folgten weitere Schwarzentaler 
  Männer. Die Wachen kontrollierten die Gefangenen regelmäßig jede Stunde und 
  erlaubten ihnen nicht sich zu setzen. Jede Kontrolle bedeutete neue Quälerei 
  und Peinigung. Einer der Gefangenen wurde durch die erlebte Marter wahnsinnig. 
  Die ersten drei oder vier Tage nach der Einkerkerung erhielten die Gefangenen 
  weder Essen noch Getränke. Das Bedürfnis erledigten sie auf der Stelle in die 
  Kleidung. Erst am dritten Tag brachte ihnen die Wache einen Eimer, den immer 
  einer der Gefangenen hinaustrug. Eine der Patrouillen unterhielt sich damit, 
  dass sie den Gefangenen mit Hilfe kleiner Zangen Feinspäne unter die Fingernägel 
  trieben. Andermal hängten sie sie an die Zimmerdecke mit dem Kopf nach unten 
  und prügelten sie mit Gummiknüppel. Oben führten sie Verhöre, von denen die 
  Befragten als formlose blutunterlaufende Masse zurückkamen. Einem der Gefangenen 
  gab die Wache regelmäßig eine größere Menge Jod zu trinken. Drei Gefangene zog 
  die betrunkene Wache hinaus, folterte sie und erschoss sie schließlich. Die 
  Verhöre der Gefangenen verliefen folgendermaßen: Der zu Verhörende legte sich 
  auf einen hölzernen Tisch und die Frager droschen sie mit Gummiknüppel. Die 
  ganze Örtlichkeit war blutverschmiert, in den Ecke häuften sich menschliche 
  Finger. Bis auf einen wurden die Schwarzentaler erschlagen oder hingerichtet.
Allein im Laufe des Mai 1945 verhafteten die tschechischen Organe 155 Leute, 
  im Lauf des ganzen Jahres waren es mehr als 750. In Hohenelbe und Arnau entstanden 
  Internierungslager, in denen die Verhafteten lebten und arbeiteten. Das Arnauer 
  Lager beendete seine Tätigkeit im Herbst 1945. Das Hohenelber wurde in ein Straflager 
  umgestaltet. Zu Beginn hielten sich hier vierhundert Gefangene auf.
Das Militär führte die Exekutionen der befohlenen Urteile durch (ein häufiger 
  Schauplatz von Exekutionen wurde der Hohenelber Marktplatz). Das Hohenelber 
  Volksgericht entstand Ende November 1945, beiläufig von der gleichen Zeit arbeitete 
  auch die Straffahndungs-Kommission beim Bezirks-Nationalausschuss (das Ende 
  ihrer Tätigkeit vermerken wir im Mai des Jahres 1947) Außer den Verurteilten, 
  die in den genannten Internierungslagern oder in Gerichtsgefangenschaft endeten. 
  Der Hohenelber Bezirk erlebte auch über sechzig öffentliche Hinrichtungen. In 
  Mittel-Langenau richteten sie zwölf SS-Angehörige hin. Der Anlass zum Exzess 
  kam vonseiten Trautenauer russischer Organe. Kein Gericht, kein Kläger.
Die deutsche Bevölkerung auf Hohenelbe versuchte in den Nachkriegswochen und 
  -Monaten keinen organisierten Widerstand zu leisten. Die meisten Verstöße geschahen, 
  waren Verstecken von Waffen, wofür sie auch hingerichtet wurden (Klein-Borowitz, 
  Hermannseifen oder Rudnik). Übrige Delinquenten endeten in Internierungslagern.
 
 
Berlin; Borowitz / Borovnice; Schwarzental / Cerný Dul; Ober-Branna / Horní Branná; Oberschlesien; Ober Hohenelbe / Horejší Vrchlabí; Arnau / Hostinné; Hotel Erben; Hrabaĉow / Hrabaiĉov; Hirschberg / Jelenia Góra; Jiĉín / Jitschin; Starkenbach / Jilemnice; München, Deutschland, Neu-Paka / Nová Paka; Mittel-Langenau / Prostrední Lánov; Österreich; -Ungarn; Rudnik / Rudník; Semil / Semily; Slemeno; Sudeten / Sudety; Spindlerbaude / Špindlerova bouda; Spindelmühle / Špindleruv Mlýn; Trautenau / Trutnov; Widach / Vidochov; Hohenelbe / Vrchlabí; Hohenelber Gebiet / Vrchlabsko; Hochstadt a. d. Iser / Vysoké nad Jizerou; Waldenburg / Walbrzych; Huttendorf / Zálesní Lhota.