von Prof. Dr. Heinrich Nentwig (Warmbrunn)
Quelle: Der Wanderer im Riesengebirge 1908 Seite 42 43
Einreicher: Ullrich Junker, Mörikestr. 16, 88285 Bodnegg
An der südlichen Mauer des alten
katholischen Kirchhofes bei der Pfarrkirche in Warmbrunn zwischen Glockenturm
und Schule sind sechzehn Denkmäler der Familie Schaffgotsch in Lebensgröße
aus den Jahren 1579 bis 1624 angebracht. Vordem waren sie in Seiffersdorf bei
Schönau, das über hundert Jahre, von 1530 1633, Schaffgotschscher
Besitz war, und schmückten mit ihren guten figürlichen Darstellungen
die Seitenwände im Presbyterium der Kirche, in der die Glieder des Seifersdorfer
Zweiges der Familie beigesetzt waren. Da die Grabsteine aber angesichts der
Baufälligkeit der alten Kirche, die dem Einsturz drohte, arg gefährdet
waren, bot sie die Kirchengemeinde dem Grafen Leopold Schaffgotsch an, der sie
mit Genehmigung der Königlichen Regierung im Jahre 1849 nach Warmbrunn
überführen und dort, wo sie heute noch stehen, aufstellen ließ.
Ganz heil mögen sie ja damals schon nicht gewesen sein, und in den mehr
als fünfzig Jahren, die seitdem darüber hingegangen sind, haben Wind
und Wetter und die mutwillige Jugend zu ihrer Verschönerung und Erhaltung
gerade auch nicht beigetragen. Dazu kam und das war für ihren Weiterbestand
der gefährlichste Feind daß stellenweise Salpeter in dem Sandsteine
seine unangenehme Wirkung zu zeigen begann, die sich äußerlich in
größeren oder kleineren hellen, fast weißen Flecken zeigte.
Da gab ein Besuch des Provinzial-Konservators Dr. Burgemeister Veranlassung,
frühere Anregungen der Bibliotheksverwaltung, die Denkmäler zu reinigen
und zu imprägnieren, wieder aufzunehmen, denen Herr Graf Schaffgotsch und
seine Verwaltung nunmehr zustimmten, so daß der Inangriffnahme der Arbeiten
nichts mehr entgegenstand. So weit es möglich war, d. h. so weit fressender
Schmutz nicht zu tief in das poröse Gestein eingedrungen war, wurden sie
gereinigt, und namentlich an den Salpeter angegriffenen weichgewordenen Stellen
fluatiert; diese erscheinen nun ganz hart. Auch für zweckmäßigere
Verbindung mit der Mauer wurde gesorgt. Die Steine gehören bis auf einen
sämtlich in den Seifersdorfer Ast der Familie Schaffgotsch, dessen Herkunft
im folgenden kurz angedeutet werden soll.
Von Hans I., dem Sohne Schoff II. Gotsche genannt, Fundator (gest. 1420) stammen
unter anderen ab Anton I., Räppel genannt auf Boberstein, Schildau, Rohrlach,
Seifersdorf usw. und Kaspar auf Fischbach. Letzterer scheidet für uns aus.
Von den Kindern Antons I. aus dessen Ehe mit einer Freiin Anna von Schönborn
war Bernhard I. auf Rohrlach und Seifersdorf (gest. 1559) mit Elisabeth von
Bussewoy vermählt und von deren Kindern kommen Jonas von Schaffgotsch auf
Rohrlach und Schildau und Wolf I. auf Seifersdorf, Kupferberg und Röhrsdorf
hier in Frage. Bei der Teilung des Besitzes unter diese beiden Brüder entstand,
wie wir sehen, der Seifersdorfer Ast. Aus der Ehe des ersteren mit Katharina
von Salza aus dem Hause Lichtenau entstammte Bernhard III., mit dessen Sohne
Bernhard IV. 1615 die männlichen Glieder dieses Zweiges ausstarben; durch
Heirat ging der Besitz in andere Hände über.
Der Familie Wolfgang I. Schaffgotsch genannt, gehören folgende Steine an.
Zunächst ein Denkmal mit drei Figuren: Wolfgang I. Schaffgotsch (geb. 1545,
gest. 28. Mai 1608) und seine beiden Gemahlinnen Anna von Reibnitz aus dem Hause
Falkenberg (gest. 15. März 1580) und Hedwig von Waldau aus dem Hause Stufa*),
seit 1584 Witwe Konrads von Hochberg auf Rohnstock. Ihr Todesjahr ist unbekannt.
Anna von Reibnitz ist noch auf einem besonderen Steine ohne Beschriftung dargestellt.
Von ihren Kindern bemerken wir Hedwig (gest. 16. Oktober 1579) 28 Wochen alt,
bei deren Geburt die Mutter starb, Anton (gest. 19. Januar 1580), 3 Jahre 20
Wochen 5 Tage alt, und Ludmilla (gest. 16. Februar 1580) 4 Jahre 16 Wochen alt.
Von der Familie Bernhard III. (gest. 1613, April 14.) finden wir außer
seinem eigenen Denkmal noch das seiner Gemahlin Eva geb. von Mühlheim aus
dem Hause Domanze (gest. 16. April 1623) und einzelne ihrer Kinder und Schwiegerkinder,
darunter einen jugendlichen Ritter, Bernhard IV., den letzten Schaffgotsch von
Seifershau. Er war mit dem bekannten Freiherrn Hans Ulrich Schaffgotsch von
1619 ab auf die Universitäten Leipzig, Tübingen und Altorf gezogen
und dann mit ihm im Anschluß an die Universitätsstudien, der Sitte
jener Zeit entsprechend, auf Reisen gegangen. Nachdem sie ganz Italien, Sizilien,
Malta, Spanien, Frankreich, England, die Niederlande und die Hansastädte
besucht hatten, kehrten sie in Januar 1624 in ihre schlesische Heimat zurück.
Als Bernhard in Dezember des folgenden Jahres 1615 bei seinen Vetter und Reisegenossen
Hans Ulrich auf Schloß Kemnitz zu Besuch weilte, wurde er in einen dunklen
Gange von seinem eigenen Diener Wolf Friedrich am 17. Dezember überfallen
und erstochen, erst 20 Jahre 4 Wochen alt. Seine Schwester Eva starb am 29.
Februar 1620 unvermählt im Alter von 22 Jahren 39 Wochen. Eine ältere
Schwester Elisabeth hatte sich 1610 mit Valentin von Redern auf Probsthayn und
Streckenbach vermählt, sie starb am 8. November 1619, wenig später
ihr Kind Eva Elisabeth (27. Januar1620), 14 Wochen 4 Tage alt. Eine jüngere
Schwester Bernhards IV., Anna, wurde die Gattin Oswalds von Tschammer und Groß-Osten
auf Hühnern und Seifersdorf (gest. 11. April 1624), dessen Leichenstein
auch hier steht; später heiratete sie Rudolf von Planitz auf Stonsdorf
und Schreibendorf, nachmahlen auf Rohrlach; ihr Grabstein trägt keine Daten.
Außerhalb der Schaffgotsch'schen Genealogie steht ein Denkmal am Glockenturm,
es stellt dar eine Frau Anna von Mühlheim aus dem Haufe Domanze, wohl eine
Schwester der oben genannten Eva, Bernhards III. Gemahlin. Der untere Teil der
Umschrift ist nicht mehr vorhanden; nach einer Abschrift der Beschriftung ist
sie die Gemahlin Herrn Alberts von Seydlitz und Kunau gewesen. Das Seydlitzsche
Wappen findet man übrigens auch auf einer Glocke in Seifershau.
*) bei Lutsch: Stuse
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