Quelle: Schlesische Bergwacht im Dezember 1985
von Erhard Krause, Berlin
Der zunehmende Besuch der Riesengebirgsreisenden
im 17. Jahrhundert bewog den Grafen Christoph Leopold Schaffgotsch auf dem Schneekoppengipfel,
der bisher keinerlei Schutz vor Sturm und Unwettern bot, eine Kapelle zu errichten,
mit deren Bau um das Jahr 1668 begonnen wurde. Obwohl, wie berichtet wird, bei
den Bauarbeiten täglich 60 Mann beschäftigt waren, zog sich die endgültige Fertigstellung
der Kapelle bis über ein Jahrzehnt hin, denn erst am 10.08.1681 wurde sie zu
Ehren des hl. Laurentius eingeweiht.
Ursache dieser langen Bauzeit waren vielerlei Hindernisse, wie häufige Nebel,
Stürme und Ungewitter, vor allem die endlosen Winter. Schwierigkeiten bereitete
auch der lockere Baugrund (man musste beim Graben des Grundes 14 Fuß tief gehen)
und das Herantransportieren des Baumaterials. Am Fuße der Koppe befand sich
eine leere Baude, in der die Arbeiter Schutz gegen das Unwetter fanden. Diese
enthielt eine Stube mit einem Herd zum Kochen und eine Kammer. Die Kapelle selbst,
deren 1,25 m dicke Mauern von außen mit einem schützenden Mantel aus Holzschindeln
umgeben wurden, hat bis zur Spitze des Daches eine Höhe von 14 m, während der
innere Durchmesser des runden Baues 7 m beträgt. Das Innere des kleinen Gotteshauses
war einfach, aber würdig ausgestattet. Es fand in ihm fünfmal im Jahre, an den
sogenannten "Koppentagen" zu Maria Geburt, Maria Heimsuchung, Maria
Himmelfahrt, Christi Himmelfahrt und St. Laurentius, Gottesdienst statt, welcher
von den Mönchen aus dem Kloster in Bad Warmbrunn abgehalten wurde.
An einer geschützten Stelle des Gehänges über dem Kleinen Teiche war ein Gebäude
aus Holz errichtet worden, in dem die Mönche übernachteten und das deshalb die
"Geistliche Baude" genannt wurde. Vor Errichtung dieser Baude hatten
sie immer in einer Klause eines Einsiedlers am Seiffenberge Rast gehalten, doch
musste diese Zufluchtsstätte wegen Kälte und heftiger Stürme geräumt werden.
Für jeden abgehaltenen Gottesdienst in der Kapelle erhielt jeder der Mönche
1 Taler und 10 Silbergroschen, auch durften sie sich den Inhalt des Klingelbeutels
teilen. Für den beschwerlichen Aufstieg zu der Koppe mussten den Geistlichen
außerdem von den Bauern der Gemeinde Herischdorf zwei Reitpferde und ein Packpferd
regelmäßig unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Den Küsterdienst versah
der Schreiberhauer Schulmeister, während die Aufsicht über die Kapelle von dem
Brückenberger Förster ausgeübt wurde, der dafür jährlich 20 Taler erhielt. Die
Beteiligung an den "Koppentagen" war jedesmal so groß, dass die vielen
Menschen auf dem Koppen-Plateau, über das schon damals die böhmisch-schlesische
Grenze verlief, kaum Platz fanden und alle Heuböden der benachbarten Bauden
überfüllt waren. Viele der frommen Besucher mussten deshalb in den Heuschobern
des Kammes übernachten. Da sich auch viele Krämer einfanden, die ihre Waren
feilboten, herrschte oft ein regelrechter Jahrmarktsbetrieb.
Dies änderte sich, als im Jahre 1810 die schlesischen Klöster aufgehoben
wurden, was zur Folge hatte, dass ab 1812 der Gottesdienst in der Koppenkapelle
ganz aufhörte. Das kleine einsame Gotteshaus stand nun lange Zeit unbenutzt
und wurde mehrere Male von unbekannten Tätern aufgebrochen, beraubt und
geschändet. Schließlich wurde es, nachdem es bereits Verfallserscheinungen
zeigte, 1924 in eine Herberge für Koppenwanderer umgewandelt und dem Gastwirte
Siebenhaar aus Warmbrunn in Pacht gegeben, der die hölzerne Bühne
unter der gewölbten Decke mit Strohsäcken und Wolldecken ausstattete,
so dass zehn Personen ein dürftiges Nachtlager finden konnten. Die Bewirtung
in diesem Hospiz war natürlich denkbar einfach. Auch war der Aufenthalt
in ihm zur Sommerszeit nicht ganz ungefährlich, da die Kapelle wiederholt
unter Blitzschlägen schwer zu leiden hatte. So kamen z. B. bei einem Gewitter
am 18. Oktober 1828 mehrere Personen zu Schaden, als der Blitz binnen einer
Stunde fünfmal in die Kapelle einschlug und jedesmal einen Menschen verletzte.
Der Knecht Wimmer aus Gross-Aupa in Böhmen starb dabei an einer großen
Brandwunde am Rücken. Gleichfalls durch Blitzstrahl getötet wurde
am 16. August 1834 ein am Ofen der Herberge liegender Tourist aus Breslau, während
sechs weitere Personen schwere Verletzungen erlitten. Am 10. August 1847 fuhr
ein Blitz durch die Ofenröhre der Kapelle und verletzte einen mit Heizen
beschäftigten Mann lebensgefährlich. Versuche, diesen dauernd schadenbringenden
Blitzschlägen dadurch Einhalt zu gebieten, indem man einen Ableiter spiralenförmig
um die Kapelle führte, erwiesen sich als nutzlos, da er im bloßen
Gestein endete und die Blitze immer wieder auf das Gebäude übersprangen.
Dem Gastwirte Siebenhaar kommt das Verdienst zu, die berühmten "Koppenbücher",
die schon lange Zeit vorher in der alten Hampelbaude vorhanden waren, wieder
eingeführt zu haben. Auch machte er sich dadurch verdient, dass er zehn
Jahre lang meteorologische Beobachtungen betrieb.
In kirchlichen Kreisen, und nicht nur in katholischen, war jedoch die Verwandlung
des Gotteshauses in eine Gastwirtschaft mit Missfallen aufgenommen worden, da
sie darin mit Recht eine Entheiligung der geweihten Stätte erblickten.
So richtete der evangelische Pfarrer Kitzler in Hermsdorf eine entrüstete
Beschwerde an den Grafen Schaffgotsch, dass an dem Ort "wo vordem so vielen
Menschen Trost und Erhebung im Gottesdienst geworden" sei, "jetzt
Bier und Schnaps geschenkt werde". Seine Bitte, das Gotteshaus wieder seiner
Bestimmung zurückzugeben, fand jedoch vorläufig kein Gehör. Erst
als sich herausstellte, dass das kleine Hospiz den Anforderungen der Reisenden
nicht genügte und sich der spätere Koppenwirt Sommer ( 1881)
dazu erbot, neben der Kapelle eine Baude zu errichten, ließ Graf Leopold
Schaffgotsch dieselbe wieder herstellen. Die Wiederinstandsetzung erfolgte im
Sommer 1850 und kostete 85 Taler. Die Wiedereinweihung des Gotteshauses nahm
der Fürstbischof von Breslau vor. Es fand nun wieder regelmäßig
einmal im Jahre am Laurentiustage (10. August) Gottesdienst statt. Über
der Eingangstür der Kapelle ließ die Ortsgruppe Berlin des Riesengebirgsvereins
eine Gedenktafel zum Gedächtnis an Ludwig Reichardt anbringen, welcher
am 03. August 1825 in der Kapelle das Lied "Was ist des Deutschen Vaterland"
komponierte.
Das 1850 von dem Gastwirt Sommer erbaute Gasthaus neben der Kapelle wurde 1857
durch böswillige Hand in Asche gelegt. Den Neubau zerstörte im April
1862 der Blitz, worauf Sommer einen dritten Bau unternahm. Ein zweites Gasthaus
errichtete der Besitzer einer Grenzbaude 1868 wenige Schritte weiter auf böhmischer
Seite. Durch Tausch ging dieses Haus 1870 in Sommers Besitz über. Von diesem
übernahm 1875 die beiden Koppenhäuser Friedrich Pohl. Nach dessen
1886 erfolgten Tod gingen sie an Pohls Erben über, die sie bis zur Vertreibung
der Deutschen aus Schlesien und Böhmen bewirtschafteten. Das Oberservatorium
(Gipfelstation I, Ordnung) besteht seit 1899 und wurde am 05. Juli 1900 seiner
Bestimmung übergeben.