von Karl-Heinz Drescher, Leipzig
Fest gemauert in der Erden steht die … nicht, wie vielleicht erwartet, die Form aus Lehm gebrannt, von Friedrich Schiller, sondern das neue Wahrzeichen auf Preußens höchsten Gipfel, die Meteorologische Station der Schneekoppe.
Seit 1786 hatte es, neben botanischen und physikalischen, auch meteorologische
Beobachtungen auf der Schneekoppe gegeben. Meist sehr sporadisch und mit größeren
Unterbrechungen, ehe dann nach Verhandlungen mit Koppenwirt Emil Pohl 1880 eine
Station eingerichtet wurde und Johann Kirchschlager, neben seiner Tätigkeit
als Winterwächter und Verwalter der Postagentur, neuer Beobachter wurde. Vom
König aus Preußen hatte er dafür, bei der Einweihung der meteorologischen Station
am 05. Juni 1900, das allgemeine Ehrenzeichen verliehen bekommen. Von jetzt
an sollte ein Fachmeteorologe hier oben tätig werden.
Bis zur Einweihung war es im wahrsten Sinne des Wortes ein harter, steiniger,
durch Eis und Schnee zusätzlich erschwerter, Weg.
Bereits im Winter 1898/99 waren vom Grosserhof in Schmiedeberg die fertig behauenden
hölzernen Bauteile, für die vom Baurat Grosser entworfene Station, mit Hörnerschlitten
bis zur Riesenbaude gebracht worden.
Im Juni 1899 begannen die Arbeiten unter Leitung von Baurat Jungfer und dem
örtlichen Leiter, Bauführer Feldkamp. Das Baubüro befand sich in der Böhmischen
Baude.
Alle weiteren Materialien, außer den bereits erwähnten Balken, wurden von Ober-Krummhübel
durch Träger herbei geschafft. Allein für den Abschluss des Sockels, dem Schornstein
und für die Kellergewölbe wurden 10.000 Ziegel benötigt. Dazu kamen noch Koppensteine
für die Fundamente. Der Trägerlohn betrug je nach Material 5 bis 6 Pf. pro Kg.
Im Durchschnitt haben am Bau ständig 10 Maurer und zehn Zimmerleute gearbeitet.
Die Gesamtkosten betrugen 45.000 Mark.
Der Eingang zum Keller befindet sich an der Nordseite. Das Erdgeschoß, zu dem
eine Granittreppe an der Südseite führt, enthält einen Flur, Vorraum, Schlafstube,
Wohnstube und Küche.
Im Obergeschoß befindet sich das Beobachtungszimmer, rundherum mit Fenstern
versehen, von 18,5 qm. Darüber ein Turm von 2,5 Meter Höhe und 4 qm Grundfläche.
Die Höhe der Warte beträgt insgesamt 14 Meter. Das Erdgeschoss hat eine Gesamtfläche
von 50 qm.
Ansonsten gab es Fachwerk mit 18 cm dicken Hölzern, welche mit gleich starken
Korksteinen ausgemauert wurden, dazu 3 cm starke gespundete Schalung und darauf
doppellagige Dachpappe mit kleinen Tiroler Schindeln.
Die Decken sind aus Gipsdielen mit darüber genageltem Steinfilz. Die Zwischendecken
bestehen aus 3 cm starken Zementdielen und 10 cm hohem Sandschutt. Bei den Wänden
wurde das gleiche Material wie bei den Decken verwendet. Das Dach über dem Beobachtungszimmer
und das Türmchen bestehen aus Holzzement, während das Dach des Mansardengeschosses
aus Eisenblech auf Pappunterlage besteht.
Am 16. November 1899 wird die Fertigstellung der Station gemeldet. Die Arbeiten
ruhen. Nur das Tapezieren der Zimmer und das Streichen der Fußböden ist für
das Jahr 1900 übrig geblieben.
Dem Koppenkegel prägt der turmartige, die Nachbargebäude weit überragende, Bau
eine wesentlich veränderte Physiognomie auf.
Nach kurzer Tätigkeit des früheren Landwirt von Kulesza, übernahm ab September
1901 Ludwig Schwarz seinen Dienst im Observatorium auf. Mit seiner jungen Frau
und einem einjährigen Töchterchen kam er hier herauf. Sieben Kinder sind dann
hier oben auf die Welt gekommen. Sicher kein leichtes Leben in den engen Räumen.
Heimatforscher Hans Reitzig hat eingehend über das schwierige Leben, aber auch
über die verdienstvolle Arbeit von Ludwig Schwarz in einem Aufsatz, veröffentlicht
u.a. in der Chronik von Krummhübel, berichtet. Als er am 01. Juli 1933 wegen
Erreichens der Altersgrenze seinen Posten als Beobachter aufgegeben musste,
blickte er auf 32 erfolgreiche Dienstjahre zurück.
Letzter Meteorologe war Kurt Glaß, der am 14.10.1943 seinen Dienst als Angehöriger
der Wehrmacht antrat. In dieser Zeit hat er mit seiner kleinen Kamera wunderbare
Naturmomente von der winterlichen Schneekoppe und dem Kamm festgehalten und
in einem Album verewigt. Seine Ehefrau, Elfriede Glaß, hat diese Fotos unserer
Heimatzeitschrift freundlicherweise zur Verfügung gestellt und der interessierte
Leser kann sich daran erfreuen.
Im Gegensatz zu dem, nach 1945 erbauten, polnischen Observatorium, hat die Wetterwarte, wie Hans Reitzig schreibt: "…so manchen Sturm erlebt. Doch nichts hat sie wankend gemacht. Flogen auch die zentnerschweren eisernen Windmesser wiederholt wie Spielzeuge in den Riesengrund, verbog auch die Wucht gewaltiger Winterstürme die Blitzableiter zu krummen Gebilden, feststehen blieb doch das mit stählernen Trossen verankerte Meisterwerk Grossers. Sogar seine schwerste Stunde hatte der Turm glücklich überstanden. Als er 1945 wenige Stunden nach Waffenstillstand auf höheren Befehl in die Luft gesprengt werden sollte, verhinderte Kurt Glaß, der letzte Wetterwart, das unselige Vorhaben."
Nach 1945 ging die Station in den
Besitz des polnischen Staates über. Bereits 1949 gab es den ersten Plan, ein
neues Observatorium zu bauen. 1964 setzte dann die Bautätigkeit ein, die 1969
abgeschlossen wurden. Das neue Gebäude war eine ungeheure Investition. Der Zufahrtsweg
zum Gipfel wurde ausgebaut und die Preußische Baude musste dem neuen Bau weichen.
In dieser Zeit wurden noch Messungen in der alten Station durch geführt. Erst
1976 ging das neue Observatorium voll in Betrieb und die alte Station wurde
nicht mehr benötigt.
89 Jahre ist sie alt geworden. Ihr Ende erfolgte 1989 durch Menschenhand seiner
neuen polnischen Besitzer. Der schlechte technische Zustand und die Touristensicherheit
wurden als Gründe für den Abriss genannt. Es gab Pläne über einen Wiederaufbau
in Karpacz / Krummhübel, die aber nie verwirklicht wurden.
Das neue Observatorium wurde bereits nach 35 Jahren durch
Eis und Schnee erheblich geschädigt und musste geräumt werden. Auch
hier ist ein Dichterwort angebracht: "Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand",
so Theodor Fontane, der großer Freund des Riesengebirges.