Entnommen: Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe – Jahrgang 16

Ortschronik Königshan

Zusammengestellt von Franz Hoffmann

Die Gemeinde Königshan zählte im Jahre 1945 am Ausgang des zweiten Weltkrieges 156 Häuser mit 669 Einwohnern. Davon waren 92 Grundbesitzer und 36 Handel- und Gewerbetreibende. Als beliebtes Ausflugsziel der Bevölkerung aus der engeren und weiteren Umgebung besaß Königshan sieben Gast- und Restaurationsbetriebe.

Das Dorf liegt an der von Trautenau nach Liebau in preußisch Schlesien führenden Straße und Bahnlinie in der tiefsten Einsattelung zwischen dem Riesen- und Rabengebirge, unmittelbar an der preußisch-schlesischen Landesgrenze und hängt mit dem nächsten schlesischen Dorf Dittersbach, dem Vorort der Stadt Liebau, zusammen. Außerdem grenzt Königshan an die schlesischen Ortschaften Tschöpsdorf, Buchwald und an die sudetendeutschen Ortschaften Berggraben, Bernsdorf, Lampersdorf und Schwarzwasser. Die Ortszeit von Königshan liegt um drei Minuten und 54 Sekunden von der mitteleuropäischen Zeit. Der Ort liegt 525 m über dem Meeresspiegel auf einer Talebene, die sich nach Norden sanft senkt. Im Westen erhebt sich allmählich der Schanzenberg (596 m), im Osten das steil aufragende und durchgehend mit Fichten bewaldete Raben- und Überschargebirge mit dem Gutschenberg (849 m), dem Mittelberg (830 m) und dem Spitzberg (839 m).

Durchflossen wird Königshan vom Schwarzbach, der unterhalb Liebau in Schlesien in die Bober mündet. Auf der 2½ km langen Strecke des Baches, von der Hoferbrücke (518 m ü. d. M.) bis zum Austritt nach Schlesien (490 m. ü. M.), verhält sich das Gefälle 1: 75. Das im Rabengebirge entspringende Langengrundwasser ist ein Zufluß der Litsche, so daß Königshan die Wasserscheide zwischen der Elbe und Oder bildet. Diese Wasserscheide kommt vom Haidenberg (611 m ü. d. M.) an der Grenze Lampersdorf und Schwarzwasser und zieht sich über den Ortsteil Königshaner-Hof, dem Straßenflur auf dem Mittelberg und längs der Landesgrenze östlich fort. Ehemals gab es im Orte auch viele Teiche. Der große und der lange Teich wurden nach 1770, der tiefe Teich nach 1840 entwässert. Das Wasser belebten Krebse, Forellen, Schnecken und Neunaugen. In geologischer Hinsicht gehört die Talebene der Lößformation, der westliche Teil der Kohle und der östliche Teil dem Porphyr an. Der westliche Teil wird auf seinem höchsten Punkte, dem Schanzenberg, von Porphyr durchbrochen.

Die Waldungen um Königshan, wie der Waldbestand des Rabengebirges nebst der Schatzlarer Herrschaft, wurden im Jahr 1863 von dem Fabrikbesitzer Hugo Wihard aus Liebau in Schlesien käuflich erworben. 1833 wurden die Waldungen von Karl August Hesse aus Liebau um 444 000 fl. ö. W. gekauft. Von diesem sind sie an seinen Sohn Waldemar Hesse, Möbelfabrikbesitzer in Liebau, übergegangen. Im Jahr 1928 ging der Möbelfabrikant Hesse in Konkurs. Die Rabengebirgs-Waldungen erwarb dann der Lederwarenfabrikant Politzky aus Jaromir.

Südlich von Königshan lag der einst zur Herrschaft gehörende Maierhof mit einer Schäferei. In alten Urkunden findet sich dafür die Bezeichnung "Vorwerk". In späteren Jahren erhielt dieser Ortsteil den Namen Königshaner-Hof. Nach der Chronik brannte das Vorwerk bei der Belagerung durch die Schweden im Jahr 1635 bis auf ein Wohnhaus und einer Scheuer nieder. Zur Zeit der Jesuiten wurden auf dem Maierhof gehalten: 4 Pferde, 1 Ochse, 20 Melkkühe, 20 Kälber, 10 Schweine und 300 Schafe. Im Jahr 1775 wurde der Königshaner-Hof imphiteutisch verpachtet und am 31. Oktober 1790 erwarben die Pächter die Domanialgründe durch Kauf. Die Robotablösung der Gemeinde erfolgte im Jahr 1851 mit einem Entschädigungskapital von 4 176 fl. 14 Kr. Den Weg vom Königshaner-Hof über die Schwarzebrücke (Bahnbrücke) bis in den Langengrund im Rabengebirge nennt sich heut noch Röhrenweg. Die Bezeichnung Röhrenweg kommt daher, weil die Jesuiten an dem genannten Weg eine Wasserleitung aus Holzrohren gelegt hatten.

Wegen der offenen Lage des Ortes war das Klima ziemlich rauh und windig. Nicht umsonst sagten die Bewohner der Umgebung "in Königshan bläst der ewige Wind". Die Landwirte bauten hauptsächlich Korn, Hafer, Kartoffeln und Flachs an. Früher hielten die Bauern das Kuhländer Vieh, später wurde durch den Tierzuchtinspektor Beutel aus Trautenau das Riesengebirgs-Scheckvieh eingeführt.

Mit einem Flächenausmaß von 983 ha und 64 Ar ist Königshan die zweitgrößte Gemeinde im Gerichts- und Steuerbezirk Schatzlar. Seit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung sind wie in anderen Gemeinden auch in Königshan die Grenzsteine der einzelnen Landwirtschaften entfernt und die gesamten Wiesen und Felder der Kolchosenbewirtschaftung zugeteilt worden.

Die Volksschule in Königshan wurde von den ehemaligen Beamten des k. u. k. Hauptzollamtes in Liebau, den Bahnbeamten von Königshan und Liebau und von dem ersten Lehrer Florian Breiter aus Bernsdorf, seinem Gehilfen Josef Schmidt aus Königshan Nr. 48 und Josef Scholz aus Königshan Nr. 21 durch Schulstiftung im Jahr 1866 im Haus Nr. 108 (jetziges Schulhaus) als zweiklassige Volksschule errichtet. Der Industrialunterricht wurde im Jahr 1878 eingeführt. Im Jahr 1879 wurde das Schulhaus erweitert bzw. es wurde ein Stock aufgebaut und eine zweite Klasse errichtet. 1906 wurde eine dritte Klasse eingeführt, die aber im Jahr 1927 wieder aufgelassen wurde. Von amtlicher Seite wurde die Auflassung der dritten Klasse auf die Geburtenrückgänge zurückgeführt. Der wahre Sinn lag aber darin, daß die Schließung im Zuge der Tschechisierung erfolgt ist. Es wurde nämlich verlangt, daß in jeder Klasse eine bestimmte Anzahl von Kindern unterrichtet werden mußten, deren Zahl nie erreicht werden konnte. Daraufhin wurde eben eine Klasse gesperrt und ein deutscher Lehrer hatte das Nachsehen. Nach Beendigung der fünften Klasse Volksschule besuchten die meisten Schulkinder dann die Bürgerschule in Schatzlar. Die alte Schule wurde im Jahr 1787 geschaffen. Der erste Lehrer war Franz Tamm, der von 1792 bis 1816 als Schulmeister amtierte.

Das Zollamt, welches bis zum Jahr 1868 Hauptzollamt war und nachher als Zollamt zweiter Klasse Verwendung fand, wurde 1776 von den Jesuiten errichtet und befand sich in den Gebäuden Nr. 79 und 80. Am 2. September 1833, sowie am 26. September und am 26. Oktober 1835, stieg hier Zar Nikolaus I. von Rußland zwecks Wagenwechsel und Umkleidung ab. Der Zar Nikolaus I. übernachtete beim Zolleinnehmer im Zollhaus Nr. 79.

Das Post- und Telegrafenamt wurde im Jahr 1868 errichtet. Die Lokalbahn Königshan-Schatzlar ist im Jahr 1882 erbaut und im Jahr 1889 in Betrieb genommen worden. Sie diente hauptsächlich der Kohlenbeförderung von den Schatzlarer Steinkohlenbergwerken.

Das Landwirtschaftliche Bezirkslagerhaus ist eines der modernsten Lagerhäuser. Es wurde nach dem Konkurs der Möbelfabrik "Koefa" vom Landwirtschaftlichen Lagerhaus erworben und umgebaut. Zur Gründung des Lagerhauses hat der dann als Verwalter eingesetzte, vorherige Produktenhändler Franz Schubert besonders beigetragen.

An Vereinen bestanden: Die Freiwillige Ortsfeuerwehr, der Land- und Forstwirtschaftsverein, Ortsgruppe des Bundes der Deutschen, Deutscher Kulturverband, Deutschvölkischer Turnverein, Arbeiter-Turnverein. Außerdem besaß Königshan einen Musikverein unter der Leitung des Chordirigenten und Kapellmeisters Rudolf Mann (Nr. 53), einen Veteranenverein, einen Imkerverein und einen Kirchenbauverein.

Der Kirchenbauverein wurde im Jahr 1923 gegründet. Durch Sammlungen und Versand von 36 000 Bettelbriefen konnte schon 1924 durch die zugeflossenen Gelder mit dem Bau der Kirche begonnen werden. Das Grundstück zum Kirchenbau wurde von Franz Breuer (Haus Nr. 68) geschenkt. Auch nicht zuletzt trug bei, daß Ortsbewohner viele Arbeitsstunden kostenlos behilflich waren. Die Grund- und Sockelsteine lieferte aus seinem Sandsteinbruch kostenlos Bauer Franz Kleinwächter (Haus Nr. 8). Auch machten die Bauern viele Fuhren für den Kirchenbau unentgeltlich. Der Bau wurde dem Baumeister Edmund Schubert aus Schatzlar übertragen. Der Kirchenbau wurde im Jahr 1928 vollendet. Geweiht wurde die Kirche zu Ehren des hl. Johannes von Nepomuk. Der Name des Kirchenpatrons wurde von der alten Kapelle, die später abgebrochen wurde, übernommen. Das Kirchenfest fiel immer auf den Pfingstmontag. Die Weihe der drei Glocken fand 1929 statt. Das schöne Geläut wurde im zweiten Weltkrieg abgeholt. Da Königshan zur Bernsdorfer Pfarrei gehörte, wurden die hl. Messen von dem Bernsdorfer Pfarrherrn gelesen. Letzter Pfarrer von Bernsdorf war Franz Scharf und Kaplan Dr. Birke. Im Jahr 1812 wurde auf dem Grundstück von Friedrich Braun (Haus Nr. 63) eine Kapelle zu Ehren des hl. Johannes von Nepomuk errichtet, die dann später, wie schon vorher erwähnt wurde, nach der Erstellung der neuen Kirche abgebrochen wurde.

Der Friedhof wurde im Jahr 1863 mit einem Kostenaufwand von 2 600 fl. angelegt.

Über die Entstehung der Gemeinde Königshan berichtet die Trautenauer Bezirksurkunde vom Jahr 1901, verfaßt von Oberlehrer Josef Demuth aus Marschendorf I. nach Simon Hüttel folgendes: Im Jahr 1007 wurde von Albrecht Trautenberger, einem gewissen Franz Hirschberger, eine Strecke Wald, welche wegen der hochstämmigen Bäume "Königshain" genannt wurde, geschenkt. Hirschberger erstellte im selben Jahr einen Kretscham. Die späteren Urkunden nennen den Ort Königshan. Erst im 19. Jahrhundert tritt der Name Königshain erneut auf. Laut Verordnung, so heißt es in der Chronik weiter, ist vom k. k. Ministerium des Innern im Jahr 1883 die Ortschaft Königshan benannt worden. Nach einer Rechtsurkunde vom 8. September 1292 schenkte Bolke I. die Gemeinde Königshan dem Zisterzienserkloster Grüssau in Schlesien. Christov von Gendorf wußte es jedoch daherzubringen, daß 1553 die Herrschaft Schatzlar, darunter Königshan, zum erblichen Besitz für ihn und seine Nachfolger erklärt wurde. Am 2. April 1599 kam Königshan mit Schatzlar an Trautenau, wurde jedoch schon am 14. Dezember 1599 mit Bernsdorf, Lampersdorf und Potschendorf an den Abt von Grüssau um 13 000 Schock verkauft. Im Jahr 1620 war die Ortschaft Königshan wieder mit Schatzlar vereint. 1727 wurden zwischen Kloster Grüssau und der Schatzlarer Herrschaft entlang der Landesgrenze die Grenzsteine gesetzt, die neben der Jahreszahl 1727 auch das Wappen der damaligen Schatzlarer Jesuiten auf der einen, auf der anderen Seite das Wappen des Grüssauer Klosters enthielten. Diese Grenzsteine waren noch 1945, am Grenzweg von der Quellenbaude aufwärts über den Kamm des Rabengebirges entlang, vorhanden.

Königshan hatte im Jahr 1745, im zweiten Schlesischen Krieg, viel Unglück zu ertragen. Damals wurden acht Wohnhäuser und 10 Scheunen in Brand gesteckt. Im Jahr 1779, am 12. September, bereiste Kaiser Josef II. nach der Beendigung des Preußenrummels die Lagerplätze Königshan, Bernsdorf, Schwarzwasser, Schatzlar und Bober, wo er an die Armen und Geschädigten 50 Dukaten verteilen ließ. Zum Bruderkrieg im Jahr 1866 lagerten in Königshan 7000 preußische Soldaten.

Schließlich blieb Königshan auch im Jahr 1945 nicht verschont, als damals nach dem Zusammenbruch Deutschlands nicht nur die zurückflutende deutsche Wehrmacht durchmarschierte, sondern auch russische Miliz zur Befreiung der Tschechoslowakei. Russische Truppen waren bis zum Frühjahr 1947 hier stationiert. Auf den Hoferwiesen hatten sie ein ständig startbereites Sonderflugzeug stehen. Schon im Jänner (Januar) 1945 kamen die Flüchtlinge mit Pferde- und Rindviehgespann aus Schlesien, die kein Ende nehmen wollten, durch unseren Ort. Bei Schnee und eiskaltem Wetter sind dabei viele Kinder und alte Leute erfroren. Hunderte von Flüchtlingen übernachteten jeden Tag in Königshan. Dieser Ort war in Kriegszeiten auch deshalb allem Unheil ausgesetzt, weil es an der Staatsstraße, auch Kaiser- oder Heeresstraße genannt, liegt. Außerdem zweigt vor dem Ortseingang beim Gasthaus Hoffmann die Schatzlarer Bezirksstraße, auch Schatzlarer Kohlenstraße genannt, ab.

Die Einsenkung zwischen dem Rehorn- und Rabengebirge, in der die Ortschaft Königshan liegt, wird geographisch als Trautenauer-Liebauer-Paß bezeichnet.

Aus Chronik, Unterlagen und zum Teil in eigener Erfahrung selbst miterlebt, wurde diese Niederschrift für die Heimatortskartei und nicht zuletzt zur steten Erinnerung für unsere Nachkommen von mir zusammengestellt. Ein Ortsplan ist ebenfalls beigelegt.

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