von Roland Zirm
Die von Oberlehrer Franz Meissner nach dem ersten Weltkrieg erstellte und im Archiv in Trautenau befindliche Chronik über Niederlangenau und Kleinlangenau enthält auch eine Beschreibung des Sacherhofes. Leider endet diese Mitte des vorigen Jahrhunderts. Die Aufzeichnungen waren Grundlage für diese Zusammenfassung.
Das Gelände des Sacherhofes liegt über der Kleinen Elbe und erstreckt sich westwärts bis zum Herrschaftswald an der Grenze zu Pelsdorf. Es wird südlich begrenzt von den Anwesen Nr.37 (Zinecker Bauer) und nördlich von Nr.68 (Kaiser Gall).
So bestand bereits 1618, zu Beginn des 30jährigen Krieges ein Bauerngut, das im Jahre 1654 70 Joch 422 Quadratktaster, entsprechend 40,4342 Hektar groß war. Der Eigentümername seit 1618 Erben geht 1762 an Josef und 1779 an den Bruder Tobias Hantke und 1785 an den aus Rochlitz stammenden Georg Sacher über. Damit erscheint erstmals ein Bezug zu der Bezeichnung Sacherhof. Georg Sacher erhielt 1799 die kreisamtliche Bewilligung, sein Bauerngut in Familien zu zergliedern und zu verkaufen. Dies geschah nach dem Tode durch seine Kinder in der Zeit vom 26.05. bis 02.06.1799.
Durch die "Zergliederung des Sacherhofes" entstanden (nach der ab
1800 geltenden neuen Hausnummerierung) folgende neue Besitze bzw. Anwesen:
Nr. 51: 1799 Franz Frank und Josef Graf, 1819 Wenzel Graf, 1825 Franz Hanka, ihm folgten Anton Hanka und Josef Hanka, 1913 bis 1945 bis zur Vertreibung Johann Hanka.
Nr. 52: 1799 Tobias Hanka, 1818 Franz Hanka für Bruder Johann Hanka (Soldat), 1860 Franz Hanka, ab etwa 1900 Johann Barth, nach 1930 Franz Barth, nach seinem tödlichen Unfall 1934 führt die Witwe Berta Barth den Hof bis zur Vertreibung 1945 fort.
Nr. 53: 1799 Josef Sacher, 1803 Karl Barth, 1822 oder 1829 Augustin Barth, 1833 Johann Barth, etwa nach 1900 Johann Barth. Mitte der dreißiger Jahre erbte die Tochter Anna den Hof und verkaufte ihn anschließend an die verwitwete Schwägerin Berta Barth (Nr. 52).
Nr. 54: 1799 Josef Barth, 1815 oder 1819 Johann Barth, wurde als Baustelle bezeichnet. Vorletzter Eigentümer ist Vinzenz Zirm, ca. 1920 bis zur Vertreibung Josef Zirm.
Nr. 55: 1799 Anton Schreyer, 1857 Johann Schreyer, war zum Zeitpunkt der Vertreibung 1945 Eigentum von Josef Bradler.
Nr. 56: 1799 Anton Schreyer, 1817 Josef Schreyer, 1860 Ignaz Schreyer. Das Anwesen war 1885 nicht mehr existent. Es soll zwischen Nr. 49 (Tschirner) und Nr.37 (Zinecker Bauer) gelegen haben.
Auf dem Areal des Sacherhofes nach dem Stand von 1799 befanden sich 1945 noch Liegenschaften, Feldgärtnereien, der Familien Josef Schreier Nr. 58, Josef Gall Nr. 70 und von Vinzenz Burkert, Kleinlangenau Nr. 9. Diese resultierten sich aus Erbteilungen aus dem Anwesen Nr. 51. Entlang dem nördlich angrenzenden Gelände des Hofes Nr. 68, vom Rapprich bis zum Wald lagen 5 Hektar Fiebig, der zuletzt von Johann Hanka gepachtet war. Die größeren Anwesen waren die Nummer 51 und 52/53.
Die Schreibweise der Familiennamen varierte im vorigen Jahrhundert oft sehr stark. So taucht für Hanka auch der Name Hantke oder Hantka auf. Aus der Chronik ist auch zu ersehen, daß nach Aufhebung der Leibeigenschaft durch Kaiser Josef II im Jahre 1781 für Böhmen und Mähren ein lebhafter Tausch und Handel mit Liegenschaften stattfand. So entstanden 1799 auch aus dem Nachbargut Nr. 69 zwei Höfe, nämlich Nr. 68 und Nr. 69 (Kaiser Gall und Gall Franz).
Da mir weitere Archive nicht zugänglich sind und bei Zeitgenossen nach über 50 Jahren vieles nicht mehr in Erinnerung ist, lasse ich es damit beenden.
Anwesen Nr. 51: Familie Johann Hanka mit Frau und Tochter wurden zu 10 Monaten Arbeit auf dem Bauernhof im Tschechischen verpflichtet. An Habe durfte eine Handwagenladung mitgenommen werden. Die Ausweisung in die Ostzone erfolgte im September 1946. Der Hof wurde im Sommer 1945 von einem tschechischen Nichtlandwirt kassiert und binnen kurzer Zeit kaputtgewirtschaftet. Er existiert nicht mehr.
Anwesen Nr. 52/53: Familie Berta Barth erlitt mit ihren drei Töchtern ein ähnliches Schicksal. Auch sie mußten neun Monate landwirtschaftliche Hilfsarbeiten im Tschechischen verrichten, ehe sie im Sommer 1946 in den Allgäu ausgewiesen wurden. Beide Höfe wurden von einem tschechischen Laien übernommen und schließlich ruiniert. Auch hier findet man keinen Stein mehr.
Haus Nr. 54: Familie Josef Zirm blieb (als Antifaschist) bis zur Aussiedlung in den Allgäu im Herbst 1946 in ihrem Haus. Es ist noch bewohnt, befindet sich aber in einem desolaten Zustand. Familie Zirm hat bei ihrer Aussiedlung Gegenstände von Nachbarn nach dem Westen mitgebracht, die bei ihrer Vertreibung 50 kg Gepäck mitführen durften. Da war ein Federbett für den Betroffenen eine große Hilfe.
Haus Nr. 55: Über die Familie Josef Bradler war nichts in Erfahrung zu bringen. Sohn Norbert ist gefallen. Die Eltern waren schon betagt. Das Haus wurde abgebrochen.
Fazit: Was wurde aus dem Sacherhof 1945?
Die Gebäude verkamen, wurden abgerissen oder zerstört. Am Rande stehen noch Ruinen. Das Gelände wurde nach Vertreibung der Bewohner in eine Kolchose integriert. Der Sacherhof wurde zur Vision. Negativ. Leider.