Quelle: "Aus Rübezahlsheimat"
Nach Josef Borufka / Bearbeitet von Alois Tippelt
Um die innere Wohlfahrt des Landes
zu mehren, luden die böhmischen Könige auch deutsche Kaufleute, Handwerker
und Gewerbetreibende in unser Heimatland ein. Diese Ansiedler ließen sich
meist im Schutze einer königlichen Burg nieder und gründeten Städte.
Solche königliche Burgen, die zu deutschen Städten erweitert wurden,
waren auch die Burgen Jaromir und Hof im Bezirke Königinhof. Die Städte,
die aus ihnen hervorgingen, wurden Jaromiersch (in alten Urkunden Jermer) und
Königinhof genannt und als königliche Städte bezeichnet.
Der Vorgang bei der Gründung einer Stadt war dem der Errichtung eines deutschen
Dorfes ähnlich und ging wohl bei beiden Städten in gleicher Weise
vor sich. Ein königlicher Beamter maß eine bestimmte Landfläche
als Stadtmark ab und diese wurde den Ansiedlern verkauft. Für eine Hufe
waren gewöhnlich zehn Mark, d. h. 400 Kronen, zu zahlen, was bei der ganzen
Anlagefläche etwa 1000 Mark oder 40 000 Kronen ausmachte.
Die so in den freien Besitz des Landes gekommenen Bürger aber verpflichteten
sich an die königliche Kammer einen Jahreszins von einer Mark (40 Kronen)
für die Hufe zu zahlen.
Dann wurde an den Bau der Stadt geschritten. Ein Marktplatz "Ring"
wurde im Rechteck ausgesteckt. In seine vier Ecken mündeten die
Hauptstraßen. Dem Kaufhause, dem späteren Rathause, und der Stadtkirche
wurde ein besonderer Raum auf dem Marktplatze vorbehalten. Genaue Vorschriften
herrschten über die Befestigung der Stadt, die in der damaligen Zeit so
wichtig war. In den dichten Wäldern verbargen sich allerhand arbeitsscheue
Leute, die von Raub und Plünderung lebten. Die Städte mit ihren reichen
Vorräten an Waren und wohl auch an Geld wurden oft von solchen Räuberbanden
überfallen, angezündet und ausgeplündert. Um sich nun vor räuberischen
Überfällen schützen zu können, wurden die Städte mit
Mauern umgeben, um welche oft noch ein tiefer Graben führte. Bei Jaromiersch
und Königinhof wurde auch die Elbe mit zum Schutze der Stadt herbeigezogen.
Die Tore, durch die am leichtesten eingedrungen werden konnte, waren außerdem
noch von hohen Türmen geschützt.
Zum Stadtgebiete gehörte auch ein Teil des umliegenden Landes; doch trieb
der Städter die Landwirtschaft nur nebenbei. Er widmete seine Zeit und
Kraft lieber dem Handel und dem Gewerbe, indem er für die Verbreitung der
Kaufmannswaren und der Gewerbeerzeugnisse unter dem Landvolke sorgte. Die Hauptabsatzquellen
waren die Jahrmärkte, mit denen eine jede Stadt bewidmet wurde und deren
Abhaltung in der Regel eine große Menge kauflustiger Landleute herbeilockte.
Damit eine Stadt recht gedeihen konnte, war daher die Anlage eines geräumigen
Marktplatzes (Ringes) sowie der Bau von Lauben zur Schaustellung der Waren notwendig.
Von großer Bedeutung für die Entwicklung der Städte war die
Verleihung der Bannmeile, durch welche das Gewerbe besonders gefördert
wurde. Innerhalb des Umkreises von einer Meile (Bannmeile) um die Stadt, durfte
kein Handwerk ausgeübt werden und keine Schenke bestehen. Die Bürger
der Stadt allein durften Bier brauen und innerhalb der Bannmeile mußte
das Bier von ihnen bezogen werden. Der Handel und Verkehr wurden durch das Niederlagsrecht
gefördert. Alle fremden Händler und Kaufleute, welche Straßen
berührten, die zur Stadt führten, waren gezwungen, ihren Weg durch
die Stadt selbst zu nehmen, daselbst Zoll (Maut) zu entrichten und ihre Waren
einige Tage zum Verkaufe anzubieten; dann durften sie erst weiterreisen.
Kein Wunder daher, daß die deutschen Bürger in den Städten bald
zu großem Reichtum gelangten, der freilich auch den Neid der Tschechen
erweckte.
Nur der König hatte die Obergewalt über die Städte. Er gab ihnen
Gesetze, ordnete die Streitigkeiten zwischen ihnen und anderen Einwohnern, legte
Steuern auf und verlangte die Leistung von Kriegsdiensten.
Die Leitung in den inneren Angelegenheiten sowie die Gerichtsbarkeit der Stadtgemeinde
führte der Stadtrat mit dem Stadtrichter an der Spitze. Die Mitglieder
des Stadtrates, Geschworene oder Schöffen heißend, wurden vom Könige
eingesetzt und in der Regel alljährlich erneuert. Zur Beratung sehr wichtiger
Angelegenheiten verstärkten sich die Schöffen noch durch die angesehensten
der "Ältesten" der Gemeinde.
Ein jeder böhmische König setzte seiner Gemahlin ein bestimmtes Leibgedinge
aus, das im Falle seines früheren Ablebens der Witwe zum Nutzgenusse diente.
Die bedeutenden Einkünfte gewisser königlicher Städte wurden
bald ein sehr beliebtes Ausgedinge für königliche Witwen und :diese
Städte selbst wurden königliche Leibgedingstädte genannt. Auch
Königinhof und Jaromiersch waren solche deutschen königlichen Leibgedingstädte.