Quelle: "Das Riesengebirge in Wort und Bild", 1898, Nr. 1 (65)
I. Auf dem SSW.-Abhange des
Heuschobers, auf dem Fußwege von der Schönen Lahn nach den Keilbauden
erreicht man den Bantenberg, drei Bauden, inmitten gutgedüngter Wiesen.
Eine Gruppe von Bauden, welche ebenfalls den Namen Bantenberg führt, liegt
auf einem der westlichen Gehänge des Aupathales, südwestlich von der
Kreuzschänke. Der mit zahlreichen Bauden besetzte Bantenplan muss auf dem
Wege von Petzer nach der Geiergucke überschritten werden und die Bantenhäuser
gehören mit vielen anderen Baudengruppen zur Ortsgemeinde Großaupa
III. Theil.
Was bedeutet das Wort Banten? Abgesehen davon, dass mit Hinweisung auf die Ortsnamen
Brabant (Bracbant, Brachbant), Tristerbant, Tubantes (Twente), Tribantes (Drente)
u. a. das altsächsische Bant, ahd. Panz, als Gau gedeutet wird, führt
Schweller [1] an, dass im Niederdeutschen
die Formen band, bend, holländisch beemd, Wiese bezeichnen. Als Beispiele
fährt er aus Firmenichs Germaniens Völkerstimmen (Berlin 1841
1846) an: nom Banden = nach der Wiese, om Bende = auf der Wiese, em Bönd
= in der Wiese und aus Aachen:" Völ dusend gölde Blömcher
stönt en jedder Blomebend" (Blumenwiese).
Dass das Bestimmungsort Banten in den oben angeführten Zusammensetzungen
sehr bezeichnend ist, weiß jeder, der die eine oder die andere dieser
Örtlichkeiten aus eigener Anschauung kennt. Jede der genannten Baudengruppen
ist von mehr oder weniger saftigen Wiesen umgeben, ohne welche besonders bei
den gegenwärtig herrschenden Verhältnissen eine nur halbenwegs lohnende
Viehwirtschaft nicht möglich wäre.
In anderen deutschen Gegenden Böhmens kommt meines Wissens das Wort Banten
nicht vor; in NW.-Böhmen gebraucht man für besonders gut gepflegte
Wiesen, die größtentheils auf einem mehr oder weniger geneigten Abhange,
unmittelbar bei dem Bauernhause oder -hofe liegen, und deren Gras meistens zur
Grünfütterung benützt wird, das Wort Peint, mhd. biunt. [2]
Die Holländer wählten das Wort Banten (Bantam) zur Bezeichnung einer
ihrer Residentschaften, nämlich jener, welche das Westende der Insel Java
umfaßt, und Egli [3] führt ohne weitere Erklärung
an: " Bantiger, mundartlich vollständiger Bantiger Hubel heißt
nach dem anlegenden Dorfe Bantigen ein Hügel des Berner Gebiets der Schweizer
Hochebene". Erinnert sei noch an den Namen der im 11. Jahrhundert von einem
Grafen von Henneberg gestifteten, berühmt gewordenen, im Jahre 1802 aufgehobenen
Benedictinerabtei Banz in Oberfranken.
II. Südlich von der Baudengruppe Bantenberg (Gemeinde Ochsengraben),
auf dem südwestlichen Abhange des Friesberges liegen die Lahrbauden, gelagert
auf einer Lichtung des Lahrbusches; auf einer Stelle des südöstl.
Abhanges der Schwarzen Koppe, an einem Zuflüsse des Fichtigbaches treffen
wir die Schatzlarbauden und das Schatzlarloch an, und auf dem Ostabhange der
Kippe hat die Stadt Schatzlar ihre Anlage gefunden.
Von dem sonst anderwärts häufig vorkommenden lâr, lér,
laren, leren, larn, lern, in Ortsnamen als einziger oder als Mitbestandteil
vorkommend, ist bisher eine sichere Deutung nicht gegeben worden, die Meinung
der Sprachforscher sind bezüglich diese Wortes getheilt. Nach Förstemann
bezeichnet laer einen unangebauten Ort, einen öffentlichen Weideplatz;
nach Diez sind de learn = waldfreie Weideplätze, von lêr, lêar
= leer. Schmeller meint, daß das Wort ehemals ein Gattungsname gewesen,
das mit Otfrieds gilâri = Wohnung eines Stammes zu sein scheint und in
der ältesten Sprache etwa ein Lâr, Lâs, Lês zu vermuthen
sei. Dieser Ansicht Schmellers schlossen sich viele an, welche eine Deutung
dieses alten, merkwürdigen Wortes zu geben versuchen, und es wird ziemlich
allgemein behauptet, daß Lar Haus, Wohnung, Niederlassung bezeichne.
Nun aber sagt Linnig[4], dass in und hinter dem Siebengebirge
lôr als Ortsbezeichnung, aber auch als Wald- und Feldname auftrete, stets
einen Bergvorsprung oder Abhange bezeichne und dass gesagt werde: das Lahr,
auf dem Lahr, nicht im Lahr. Linnig hält die Abstammung von der Wurzel
li = biegen für unzweifelhaft und weist zur Begründung seiner Ansicht
auf die griechische Form lar chos = Korb, lar-nax = Krug und auf die lateinische
lar-gus = gewölbt, umfangreich hin.
Wer hat nun recht? Mit Sicherheit lässt sich diese Frage schwerlich beantworten,
da jede der angeführten Meinungen etwas für sich hat. Was die oben
angegebenen Örtlichkeiten im Riesengebirge betrifft, so liegen dieselben
ausnahmslos auf Abhängen, und Lahrbusch würde nach Linnig einen Busch
(aus dem Mittellateinischen buscus, buscum) = Wald bedeuten, der auf einem Abhange
liegt. Ebenso ungezwungen ließe sich nach ihm das Wort Lahrbauden = Bauden,
auf einem Abhange gelegen, erklären, während es sich bei der Annahme:
Lahr bedeute Wohnung als eine Tautologie darstellte. Freilich wird hier eingewendet
werden, dass das Volk derlei Bildungen nicht verschmähe, besonders dann,
wenn es sich die Bedeutung des einen Bestandtheiles des zusammengesetzten Wortes
nicht mehr zu erklären vermöge, z. B. Sauerampfer, Windhund, Lindwurm,
Brennessel; allein derlei Bildungen sind verhältnismäßig so
selten, dass es immerhin bedenklich erscheint, sie ins Treffen führen zu
müssen.
An dem Worte Schatzlar wurde schon viel herumgedeutet. Die älteste Erklärung
entstammt dem Volke und lautet: Bei der Übernahme des Schlosses (oder wie
eine andere Version sagt: nach der Gefangennahme der Räuber in dem Raubthurme)
hoffte man in ihm einen großen Schatz zu finden; es, bzw. er war aber
vom Schatze lar (leer). Selbstverständlich wurde sie hier nur als Beispiel
angeführt, welches zeigen soll, wie tief im Volke das Bestreben steckt,
wie es sich abmüht, für irgend einen unverstandenen Namen eine Erklärung
zu finden.
Von Deutungen, welche auf wissenschaftlichen Wert Anspruch erheben, seien die
drei Verbreitesten angeführt.
Die eine setzt voraus, daß lar = Haus bezeichne und der erste Theil der
Zusammensetzung den Eigennamen Skato, also Schatzlar = Haus des Skato. Dieses
ahd. Wort ergäbe, (c für k gesetzt) in das Neuhochdeutsche übertragen,
nichts mehr und nichts weniger als Schatten. Möglich, aber nicht wahrscheinlich,
dass es jemals einen solchen Eigennamen gegeben habe; in einfacher Form kommt
derselbe nicht vor.
Die zweite Erklärung knüpft unter derselben Voraussetzung (lar = Wohnung)
an das Wort Schatz an (mhd. Schaz = bis ins 13. Jahrhundert wesentlich Geld,
Vermögen, Reichthum, später Schatz zum Aufbewahren; ahd. scaz bedeutet
nur Geld, ein bestimmtes Geldstück) und sagt: Der Name Schatzlar drückt
nichts andres aus als die Ansiedlung an dem Schatze, d. i. dem erzreichen Rehorngebirge.
Die Sagen erzählen allerdings von Reichthümern an Gold, das der Rehorn
geliefert haben soll; allein urkundlich erwiesen ist nur, dass man erst um die
Mitte des 16. Jahrhundert daran ging, einen planmäßigen Bergbau einzurichten,
der aber niemals über einen bloßen Hoffnungsbau hinaus gediehen zu
sein scheint, so dass man die vielen Pingen im Glasendorfer Thale für nichts
anderes als ebenso viele Beweise fehlgeschlagener Hoffnungen der gierigen Silber
von Silberstein ansehen muss. Der Name "Goldenes Rehorn" kann jenen
nicht täuschen, der da weiß, wie freigiebig das Volk Bäche,
Höhen, Brunnen u.s.w., oft nur auf bloßen Sagen fußend, mit
dem gleißenden Golde in Verbindung bringt.
Abgesehen von der Frage, weshalb man ein Schloss, das noch dazu auf dem entgegengesetzten
Abhange jenes Theiles des Rehorns erbaut wurde, wo man nach Metallen schürfte,
vor einer Zeit benannt habe, in der man erst einen regelrechten Bergbau begann,
ist ein anderer Umstand ins Auge zu fassen, welcher es noch zweifelhafter erscheinen
lässt, dass der erträumte Rehorner Bergsegen den Namen Schatzlar veranlasst
habe. Dies ist die Thatsache, dass gerade das Wort Schatz es war, welches sich
verhältnismäßig lange Zeit gegen den Gebrauch in übertragener
Bedeutung sträubte.
Die älteste Geschichte Schatzlars ist wie die vieler Orte sagenhaft. Polnische
Krieger sollen bekanntlich hier einen Thurm erbaut haben, von dem aus sie Räubereien
getrieben, also jedenfalls die Leute geschatzt haben. Spätere Sagen knüpfen
an den Herzog Sobeslaw I. an. Dieser soll an der Stelle des heutigen Schlosses
Schatzlar eine Burg zum Schutze Böhmens gegen die Polen errichtet und sie
Zechenhaus genannt haben, wobei man selbstverständlich nicht an eine Grubengewerkschaft
oder ein Grubenhaus zu denken hätte (der Schatzlarer Kohlenbergbau begann
erst zu Ende des 18. Jahrhundert), sondern im allgemeinen an das ahd. zëhhôn,
mhd. zëchen = anordnen, veranstalten, zustande bringen.
Urkundlich genannt wird Schatzlar erst im Jahre 1353, wo es der schlesische
Ritter Albrecht von Crenowitz im Besitze hatte, der es sich gefallen lassen
musste, dass "uffe daz hows den Scheczeler vnd dye dorfer" eine Schuld
einverleibt wurde. Ob die Vorgänger des Crenowitz und er selbst zur edlen
Gesellschaft der Stegreifritter zählten, wissen wir nicht. Die Möglichkeit
erscheint nicht ausgeschlossen; denn Schatzlar lag gar zu bequem und verführerisch
an dem Passe von Böhmen nach Polen, bzw. Schlesien, und manch reichen Fang
thaten spätere Besitzer von Schatzlar, die Ritter Kolbe und Schumburg.
Nach dem Vorstehenden haben also jene, welche sagen, dass der erste Bestandtheil
des Namens Schatzlar von dem Zeitworte schatzen = Zahlung auferlegen, gebildet
wurde, das meiste für sich, und man braucht nicht gerade immer an eine
erzwungene Leistung zu denken, welche die Handelsleute zu leisten gehabt haben
könnten. Linnig findet bei seiner Erklärung des lar hier besonders
seine Rechnung; so landschaftlich schön der gewaltige Abhang, auf dem das
Schloss Schatzlar thront, dem Touristen erscheinen muss, so furchterregend und
unheimlich mag er auf die reisenden Kaufleute herabgeblickt haben.
Bemerkt sei noch, dass der Trautenauer Chronist Hüttel, wenn er des Schatzlarer
Schlosses Erwähnung thut, spricht: den, zum über den Schatzler.
Was die Schatzlarbauden betrifft, so stellte sich dieser Name bei der Annahme:
Schatzlar bedeute das Haus am Schatze, als eine Tautologie schlimmer Sorte dar.
Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass diese Baudengruppe von ehemaligen "Unterthanen"
der Herrschaft Schatzlar errichtet und benannt wurde.
Das Schatzlarloch wird wahrscheinlich nach den benachbarten, oben erwähnten
Bauden seinen Namen erhalten haben.
Man will auch in dem Bestimmungsworte der Namen Leierbauden, von denen die eine
Gruppe auf einem Theile des südlichen Abhanges des Mädelkammes, zwischen
dem Schwarzen und dem Rothen Floße, die andere in der Nähe der Elbklemme
liegt, dann in der Bezeichnung Leierhäuser bei Radowenz und Leierberg bei
Slatin unser lar gefunden haben.
Nach einer freundlich Mittheilung des Herrn Pfarrers Lang in Spindelmühle
kommt der Name Leier oder Leirer in den dortigen Matriken nicht vor und die
Annahme, die genannten Bauden seien nach ihren ehemaligen Besitzern benannt
worden, wäre nur dann richtig, wenn man nachweisen könnte, dass eine
Familie Leier bereits ausgestorben sei. Auch die Volksetymologie, wonach ehedem
bei einer dieser Bauden auf einem Leierkasten gespielt worden wäre, oder
wonach Bewohner derselben mit Leierkästen umher gezogen seien, ist mit
Rücksicht auf das viermalige Vorkommen des Namens nicht gerechtfertigt,
und die Bezeichnungen Leierleute, Leierfranz, Leierkorlin u. s. w. wollen offenbar
nichts anderes sagen, als dass die Betreffenden aus den Leierbauden stammen.
III. Die Besprechung des Wortes lar ruft uns unwillkürlich einen
anderen merkwürdigen Namen ins Gedächtnis zurück: die Bezeichnung
Lordsgrund, welche gerade so aussieht, als ob bei ihrer Schaffung ein vornehmer
Sohn Albions Gevatter gestanden wäre. Der Lorzgrund zieht sich bekanntlich
von den Walscha-Bauden nach NO., öffnet sich also links ins Aupathal auf
dem halben Wege beiläufig von der Kreuzschänke zu der Kirche in Grossaupa.
Das Wort hat, wie schon die lautlichen Verschiedenheiten zeigen, mit lar nichts
zu thun; es ist das besonders in Baiern verbreitete alte lurz, mhd. lërz,
im Siebengebirge auch lôrz ausgesprochen und bedeutet links, in übertragener
Bedeutung, die uns in unserem Falle freilich nichts angeht, auch: verkehrt,
unrichtig, ungeschickt.
Der Lordsgrund ist also der links liegende Grund, im Gegensatze zu einem anderen,
der jenen, welche den Namen schufen, rechts liegen musste. Welches der letztere
war, kann freilich nicht mit Bestimmtheit angegeben werden; es kann freilich
nicht mit Bestimmtheit angegeben werden; es kann das Aupathal oder aber der
Urlasgrund gewesen sein.
IV. Ob die von ehemaligen Waldschlägen herrührenden Namen Schwarzschlagbaude,
Thamschlag, Fucknerschlag, im Gebiete des Schwarzen Berges auf Einwanderung
von Angehörigen bajuvarischen Stammes hinweisen, bleibt fraglich, da das
Wort schlôg auch der schlesischen Mundart eigen ist und sie erst in neuerer
Zeit geschaffen worden sein können.
V. Dagegen sind wohl die Benennungen Bodenwiese[5] (zwischen dem Schwarzen Berge
und der Moorlahn), Bodenwiesbauden, Bodenwiesgraben (beides nach der Bodenwiese
bezeichnet), Todtenboden (nördlich vom Lorzgrund), Jonaboden (zu Großaupa
II. gehörend) und Hammerboden (bei Friedrichsthal) schon vor Jahrhunderten
entstanden.
Boden (gothisch budna, ahd. Bodam, mhd. Boden, bodem), ein uraltes Wort, bezeichnet
bekanntlich das Unterste, den Grund, die Grundlage, die Oberfläche der
Erde (im Gegensatze zum Firmamente, in Rücksicht auf die natürliche
Beschaffenheit des Erdreiches und - meist in Verbindung mit Grund auch
auf das Eigenthumsrecht), ferner den unter dem Dache befindlichen Raum eines
Gebäudes, endlich einen in Beziehung zu einem Grunde höher liegenden
mehr oder weniger ebenen Landstrich, zuletzt die flache Tiefe der Thäler,
eine ebene Gegend an einem fließenden Gewässer.
Die angeführten Namen Bodenwiese, Todtenboden, Jonaboden bezeichnen einen
Plan, eine verhältnismäßig hoch gelegene Fläche, der Namen
Hammerboden eine Erweiterung des Elbthales, bzw. Elbufers.
Abgesehen von den Redensarten: Auf meinem Grund und Boden; er ist in Grund und
Boden hinein verdorben, seien als Beispiele angeführt: Dunkelboden bei
Straubing an der Donau; Sachsenboden in Siebenbürgen; Tschitschenboden
in Istrien; Boden, eine reich mit Obstbäumen bepflanzte Ebene im Canton
Zug; im Boden, ein Bezirk, umfassend die ebeneren Gegenden um die Vereinigung
beider Rheine im C. Graubünden; Bödeli, die kleine Diluvialebene,
welche den Brienzer und Thurner See trennt; Bodenbach, weil sein Thal, besonders
bei seinem Eintritte in das Elbthal sich kesselartig erweitert, also einen Boden
bildet. Auch der Name Bodensee gehört nach J. Grimm hierher, weil der Rhein,
durch das engere Rheinthal herunter eilend, sich auf dem breiten Boden ausdehnt,
ebenso der Name Weichselboden an der steirischen Salza und Bodenmais in Baiern.
VI. Beachtenswert sind auch die Benennung Höllenkränze und
Kugelkränze.
Erstere finden sich auf dem südöstlichen Abhänge des Brunnenberges
und werden nach ihrer Lage unterschieden als obere und untere Höllenkränze;
letztere liegen auf dem NO.-, bzw. SO.-Abhänge der Kugeln. In beiden Fällen
stellen sich diese Kränze dar als mehr oder weniger hohe abenteuerlich
gestaltete Felsen, welche Felsenkessel, bzw. Schluchten begrenzen.
Dass mit den Namen oft die Kessel und Schluchten selbst bezeichnet werden, entspricht
der Bedeutung des Wortes durchaus nicht; dem Kranz bezeichnet stets das mehr
oder weniger ringförmig Angeordnete, Hervorstehende, Emporragende, was
u. a. auch die Namen Tragkranz und Ochsenkranz beweisen. Ersterer bezeichnet
einen ringförmigen Wulst, der beim Tragen einer Last auf den Kopf gelegt
wird, letzterer ein weit vorstehendes, um manchen Ofen herumlaufendes Gesimse.
VII. Was die Kugeln selbst betrifft, so stellen sich dieselben dar als
der WNW.-Ausläufer der Rose, begrenzt im N. von dem Kugelgraben (-Grunde),
im O. von einem Theile des Löwenbaches, im S. von dem Sonnengraben, und
ihren Namen haben sie wahrscheinlich nicht von ihrer Gestalt, sondern von der
Beschaffenheit der Bachbetten an ihrem Fuße erhalten. In diesen lagern
nämlich zahlreiche größere und kleinere Felsstücke, die
wohl in allen Flüssen und Bächen des Riesengebirges vorkommen, deren
Nichtvorhandensein aber vielleicht nirgends so gewünscht wurde, wie hier
da sie bei dem Fehlen einer größeren Wassermenge dem Holzflößen
viele und mannigfaltige Hindernisse entgegenstellen mussten. Und in den genannten
Gründen herrschte bekanntlich ehedem ein reges Treiben der Schwazer (Holzknechte).
Die in einem Fluss- und Bachbette hervorragenden Gesteins- und Felsmassen heißen
aber wegen ihrer abgerollten, abgeschliffenen Gestalt im Gebiete des bairischen
Inns, Regens u. a. Kugeln, was folgende, Schmeller (I. 1232) entlehnte Beispiele
bezeugen: " Öfter wird die Schiffahrt (auf dem Inn) wegen der hervorragenden
Steine, Kugeln genannt, gefährlich, daher auch diese gesprengt und versetzt
werden müsse". Und: " Die Ausräumung der Fahrbahn auf dem
schwarzen Regenflusse von Zwisel bis Pülling bei Kötzing mittelst
Sprengens (Schießens) und Auskugelns des hinderlichen Gesteins an die
Meistbietenden ist zu vergeben".
Unser Kugelgraben wäre also ein Graben, in dem sich solche Kugeln zahlreich
vorfanden, und die Kugeln (das Bergmassiv) hätten, die Richtigkeit der
Annahme vorausgesetzt, von ihm, nicht umgekehrt: der Grund von dem Berge, ihren
Namen erhalten.
Die Kuglerbaude hat offenbar von ihrem Erbauer oder späteren Besitzer Kugler
der Name kommt in der Gegend vor ihre Bezeichnung erhalten.
VIII. Eine merkwürdige Bezeichnung ist auch das Wort Rosenberg.
Versuche zur Erklärung desselben sind meines Wissens drei gemacht worden.
Die eine weist auf das keltische ros = Vorgebirge, das Hervorragende hin und
ist unhaltbar.
Die zweite (im "Wanderer" Nr. 111) besagt: " Specialuntersuchungen
im Erzgebirge und Harze haben ergeben, dass man neben Heiligennamen, sowie altbiblischen
und glückbedeutenden Bezeichnungen aller Art bei Bergwerksbenennungen auch
in die Thier- und Pflanzenwelt griff. Die Rose wird dabei besonders bevorzugt,
vielleicht geschah es in unbewusster Erinnerung an die altgermanischen Rosenhöfe
und Rosengärten, welche einst die Vorhöfe heidnischer Tempel und später
die Volksfeste des Sommers waren. Es ist nun wahrscheinlich, dass sowohl der
von der Koppe nach S. ausstrahlende Rosenberg als auch der Rosengarten zwischen
Jannowitz und Keltschdorf von bergmännischen Versuchen ihren Namen erhalten
haben".
Eine dritte Erklärung knüpft an die ehemalige Thätigkeit der
Schwazer (Holzknechte) an, welche besonders auch im Riesengrunde ihre Wesen
trieben, woran u. a. die Überreste eines alten Klausendammes in der Nähe
der Riesengrundkapelle Zeugnis geben. An vielen Berghängen des eigentlichen
Riesengebirges, böhmischen Antheiles, brachten die Schwazer Riesen an,
d. h. künstliche, aus glatten Baumstämmen hergestellte Rinnen, mittelst
welcher das geschlagene Holz zuthal gefördert (geschlossen) wurde. Jedenfalls
waren auch an den meisten, den Riesengrund begrenzenden Bergen solche Riesen
angebracht, also auch an der Schneekoppe und ihren nach S. gerichteten Ausläufern.
Nun heißt man im bairischen Walde eine Holzriese é Rusl, und die
Rusel kommt als Eigenname eines Berges und einer Ortschaft in dem genannten
Gebirge vor. Schmeller glaubt, das Wort auch als Gattungsnamen gehört zu
haben, und leitet es ab von dem ags. hrusa = jäher, abschüssiger,
steiler Berg, zum Ahd. risân, Mhd. rîsen = sinken, fallen gehörend.
Man glaubt nun, dass, wie jene Namen im bairischen Walde und die vielen mit
Ries gebildeten, der bairischen Alpen, die Bezeichnung Rose (Rosenberg) ebenfalls
auf Riese, Rusl zurückzuführen sei.
Behufs Rechtfertigung der lautlichen Verschiedenheiten wurde beiläufig
Folgendes angeführt: Als man den der Schneekoppe zunächst liegenden
südlichen Ausläufer der Schneekoppe auf den Karten benennen wollte
und die Leute befragte, nannten dies die Bezeichnung Rusl oder Ruse. Das letztere
Wort bedeutet aber in der schlesischen Mundart Rose; der Kartograph wandte das
neuhochdeutsche Wort an und glaubte noch den Namen Berg hinzusetzen zu müssen.
Hervorgehoben sei, dass, wie der Herr Pfarrer Kröhn in Grossaupa I. angibt,
von den Anwohnern fast stets nur die Bezeichnung "Rose" (auf der Rose,
von der Rose usw.) gebraucht wird.
IX. Man meinte, noch weiter gehen zu können und annehmen zu dürfen,
dass hier wie in vielen anderen Fällen eine Wanderung des Namens stattgefunden
habe und der Name Riesenberg (Schneekoppe) in unserem Rosenberg erhalten sei.
Die Muthmaßung, der Name Riesengebirge könne von den einstigen Holzriesen
hergeleitet sein, sprach meines Wissens zuerst Lippert aus in seiner "Geschichte
der königl. Leibgedingstadt Trautenau", Prag 1863, S. 43 und Schlesinger
in seiner Bearbeitung der Simon Hüttelschen Chronik der Stadt Trautenau,
Prag 1881, S. 186, pflichtet ihm bei. In neuester Zeit war es der "Wanderer",
welcher dieselbe Meinung aussprach und mit manchen Gründen belegte.
Jedenfalls verlangte die Angelegenheit, dass man ihr näher trete und alles
heranziehe, was für und gegen die Ansicht spricht, also auch das geschichtliche
Moment berücksichtige, worauf im nachstehenden wenigstens in den Hauptzügen
hingewiesen werden soll.
Der Name Riseberg taucht, soweit bisher bekannt zuerst in dem Werke S. Agricolas
"De natura fossilium" VI., 298, im Jahre 1546 auf.
Es mussten folgerichtig bereits vor diesem Jahre Holzriesen im Riesengebirge
gebaut worden sein, wenn dieses von jenen den Namen erhalten haben solle. Der
Trautenauer Chronist Simon Hüttel erwähnt der Schwazer aber erst im
Jahre 1565 und von da an sehr oft, während ein anderer Chronist, der Schulmeister
Simon Weiner von Marschendorf, den Beginn des Holzflößens erst in
das Jahr 1567 verlegt. Mit diesen Angaben stimmt auch überein, was Peithner[6] sagt, nämlich, dass von
den Zeiten Maximilians II. an (dieser regierte vom Jahre 1564 - 1576) bis zum
Jahre 1729 vermittelst der Aupa und der Elbe das Holz aus den Obergebirgswaldungen
bis zur Baschta bei Alt-Kolin hinabgeflößt worden sei.
Hätten wir die Mittheilung vom Beginne des Holzflößens nur von
einer einzigen Person, so könnte eingewendet werden, dass sich diese geirrt
haben könne; allein den nahezu übereinstimmenden Berichten der angeführten
Gewährsmänner gegenüber, an deren Wahrheitsliebe nicht gezweifelt
werden kann, erscheint die oben angegebene Herleitung des Namens Riesengebirge
immer noch zweifelhaft und sie wird es bleiben, solange nicht der Unterschied
der verhältnismäßig langen Zeit von 20 Jahren, welche zwischen
dem ersten Auftauchen des Namens Riseberg und dem Beginn des Holzflößens
liegt, quellenmäßig aufgeklärt worden sein wird.
Die Meinung, dass die Holzknechte schon vor dem Jahre 1546 mit dem Fällen
des Holzes und dem Riesenbaue begonnen haben könnten, mit den Flößen
aber erst beiläufig 20 Jahre später, wird wohl niemand im Ernste aussprechen.
Woher hat nun aber Agricola den von ihm in der Literatur zuerst gebrauchten
Namen entlehnt, wenn die obige Annahme ausgeschlossen bleiben musste?
Eine bestimmte Antwort lässt sich darauf nicht geben; denn zweierlei ist
möglich.
Entweder war ihm bekannt, was 54 Jahre später Caspar Schwenckfeldt in seiner
Delineatio geogr. Silesiae sagt: "nicht dass Riesen, wie etliche dafür
halten, darumber gewohnt haben, sondern weil er (der Riesenberg) als ein hoher
Riese vor anderen allen herfür raget und sich sehen lässet",
oder es spielte das mhd. rîsen (ahd. risân, ags. hrusa) bei der
Namengebung die Hauptrolle.
Für die erstere Annahme sprechen die späteren Bezeichnungen Mons gigantum
(Riesenberg), bei Fr. Köckritz, get. 1565, und Mons giganteis oder Gigantum
montibus (Riesengebirg), welch letzteren Namen bereits Joachim Cureus (1571)
bringt.
Die angeführte Stelle aus der Delineatio läßt auch die Frage
gerechtfertigt erscheinen: Warum gibt Schwenckfeldt, der das Riesengebirge wiederholt
besucht und es nach verschiedenen Richtungen hin durchwandert hat, die obige
Erklärung und verschweigt jede andere, welche auf die Namenherleitung von
"Holz-Riesen" führen könnte? Es ist doch nicht anzunehmen,
dass der Grund der Benennung schon zu seiner Zeit verschwunden gewesen sei,
da zwischen der Herausgabe seines genannten Werkes und dem Buche "De natura
fossilium" Agricolas doch nur ein Zeitraum von fünfzig und einigen
Jahren lag.
Der Zweck vorstehender Zeilen wäre erfüllt, wenn sie Veranlassung
gäben, dass man weiteren Stoff beibrächte zu einer immer erweiterten,
gründlichen Namenkunde unseres Gebirges, so dass in nicht zu ferner Zeit
mit der Herausgabe eines topographischen Wörterbuches, das zugleich die
nöthigen, so wünschenswerten Erklärungen enthalten müsste,
begonnen werden könnte.
[1] Bairisches Wörterbuch I, 251.
[2] Häufig kann man die Redensart hören: "Dees gejt ja(O) ein weja Peintgros (Peinthaa)". Sie wird gebraucht, wenn Rinder, Ziegen, Schafe usw. irgend ein Futter so gerne fressen, wie Gras (Heu), das auf einer Peint gewachsen ist.
[3] Nomina geographica, 52.
[4] bilder zur Geschichte der deutschen Sprache, 352
[5] Häufig hört und liest man Bohn- oder Bohnenwiese, eine sinnlose, unbedingt falsche Benennung.
[6] Versuch über die natürliche und politische Geschichte der böhmischen und mährischen Bergwerke. Wien 1780, Seite 23.