Entnommen: Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe – 18. Jahrgang

Eine Wohltäterin des Riesengebirges

Zum 190. Geburts- und 110. Todestag der Gräfin Frederike von Reden

von Johann Posner

War es in früheren Zeiten die Unwegsamkeit des Gebirges so seit mehr als 200 Jahren auch die Staatsgrenze, die uns von den Schlesiern jenseits des Gebirgskammes trennte. Es gab aber immer wieder Persönlichkeiten, deren Ruf von drüben zu uns herüber drang. Zu ihnen gehörte die edle Gräfin Frederike von Reden, deren inhalts- und segensreiches Leben wir kurz erzählen wollen.

Sie war in der jetzt niedersächsischen Kreisstadt Wolfenbüttel am 12. Mai 1774 zur Welt gekommen. Ihr Vater, der General Friedrich Adolf Riedesel, Freiherr zu Eisenach, befehligte im nordamerikanischen Freiheitskriege die Braunschweigischen Truppen. Die Mutter, eine geborene von Massow, reiste ihm 1776 mit ihren drei Töchterchen nach, von denen das älteste erst sechs Jahre zählte. Nach mannigfachen Abenteuern kehrte die Familie im Herbst 1783 in die Heimat zurück. Bei einer Geburtstagsfeier ihres Onkels, des Ministers von Massow in Berlin, bot die 19jährige Fritze so nannte man Friederike im trauten Kreise als Blumenmädchen verkleidet, auch dem Berghauptmann Friedrich Wilhelm Grafen von Reden mit einigen gesungenen Versen ihre Ware an. Dieser gewann sie lieb und neun Jahre später führte sie der 50jährige an den Traualtar. Das glückliche Paar lebte auf dem von einem herrlichen Parke umgebenen Schlosse zu Buchwald im Riesengebirge, wo sich der Graf eine Musterlandwirtschaft eingerichtet hatte. Als sich Reden, der auch der Schöpfer des modernen preußischen Bergbaues war, 14 Jahre später zum Sterben gelegt hatte, sagte er noch zu Friederike: "Frau, du hast einen herrlichen Geist, ein noch schöneres Herz aber nimm dich in acht, daß es mit dem Kopf nicht durchlaufe."

Die Witwe schöpfte aus ihrer evangelischen Religion Kraft und Trost und setzte die Liebestätigkeit des Grafen fort. Damals gab es noch keine unpersönliche staatliche Sozialfürsorge, und Wohltun war das schönste Betätigungsfeld der Besitzenden. 1829 schuf die Gräfin ein Heim für "Arme Bresthafte und Kranke". Besonders nahm sie sich der Bergleute an. Im Hungerjahre 1817, in dem schweren Winter 1827 und als 1831 die Cholera nahte, verteilte sie Lebensmittel und richtete Suppenküchen ein. Den Spinnern gab sie billigen Flachs und nahm ihnen dann das Garn zu besseren Preisen ab. In ihrem Tagebuch bemerkte sie unterm 04.02.1830, daß die zahlreichen Besuche der Armen und Krüppel an zwei Tagen sie mehr erfreut hätten als etwa die Besuche in einem vornehmen Salon Berlins. Sie kannte alle Heilkräuter und gewährte hoch und niedrig Rat und Hilfe. Wie die Ärmsten der Armen verkehrten auch die Höchstgestellten in ihrem Hause, so u. a. König Friedrich Wilhelm III., sein Bruder Prinz Wilhelm von Preußen, der Kronprinz und spätere König Friedrich Wilhelm IV., der Feldmarschall Gneisenau, Großfürst Nikolaus, später Kaiser von Rußland, und seine Gemahlin, die Breslauer Fürstbischöfe von Sedlnitzky und Diepenbrock, die Quäkerin Elisabeth Fry, genannt "Engel der Gefangenen". Letztere schrieb von der Buchwalder Schloßherrin nach England: "Sie ist wie eine Mutter in Israel für Reiche wie für Arme."

Gräfin Friederike nahm von führenden Katholiken wie Bischof Sailer ebenso gerne religiöse Anregungen entgegen wie von ihren evangelischen Pastoren. Außer der Verbreitung von Bibeln widmete sie sich mit zunehmendem Eifer der Missionstätigkeit, half den armen böhmischen Evangelischen, vor allem der Gemeinde Hermannseifen, der sie im Sommer 1829 einen Besuch machte. 1833 leitete sie die Ansiedlung von 400 Protestanten in Schmiedeberg, die aus dem von Bayern zu Tirol geschlagenen Zillertal gekommen waren. Nicht müde werdend, deren mannigfachen Anliegen nachzugehen, nannten sie die Umsiedler einfach "Muetter". Daß die aus Norwegen stammende Holzkirche zu Wang aufgestellt wurde, ist ebenfalls das Werk der frommen Gräfin. Als sie im Sommer 1847 Verwandten das herrliche Kruzifix daselbst zeigen wollte, glitt die Greisin an den Altarstufen aus und brach sie den linken Arm. "Ich bin gefallen, aber unter dem Kreuze und am Altare des Herrn. Er wird wohl wissen, wozu es gut ist", sagte sie gefaßt zu dem herbeigeeilten Pastor.

Die Ronge´sche "deutsch-katholische" Bewegung mißfiel ihr ebenso wie die Pariser Revolution von 1848. Im März mußte sie selbst mit ihrer Schwester Karoline nach Stonsdorf fliehen. In dieser Zeit brannte auch die väterliche Burg in Lauterbach/ Hessen, nieder. Im Juli wieder heimgekehrt, konnte sie sich nur schwer an die neue Ordnung gewöhnen. Fast erblindet, starb sie zwei Tage nach ihrem 80. Geburtstag, um 14. Mai 1854, am Sonntag Kantate. Friedrich Wilhelm IV. ließ ihr neben der Kirche Wang ein Marmorrelief errichten.

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