Quelle: Riesengebirgsheimat 6/1959

Der Heimat- und Siedlungsforscher Prof. Erwin Heinzel

Zu seinem 50. Geburtstag – Von Johann Posner

Der unselige Weltkrieg hatte für uns nicht nur den Verlust der Heimat zur Folge, er raffte auch so manches vielversprechende Talent in der Blüte der Jahre dahin. Zu ihnen gehört der am 02. Juni 1909 in Schatzlar geborene Professor*) Erwin Heinzel.

Seine Eltern, die Malermeistereheleute Josef Heinzel und Rosa, geborene Hampel, stammten beide aus Trautenau, wohin sie bald nach der Geburt Erwins wieder übersiedelten. Sowohl der Vater als auch schon der Großvater schrieben bis zum Jahre 1919 eine Chronik, deren sich die Stadtgemeinde Trautenau zuweilen bediente, wenn es Streitfälle über frühere Grundstückwechsel zu schlichten galt. Außerdem wurde in der Familie Heinzel, die mit vier Kindern gesegnet war, viel gesungen und musiziert, denn alle waren musikalisch und beherrschten wenigstens ein Instrument, Erwin erlernte sogar fünf. Nach der vierten Volkschulklasse – er besuchte die Parkschule – bestand Erwin mit Auszeichnung die Aufnahmeprüfung für das Gymnasium und besuchte später das Reform-Realgymnasium. Sich den Quickbornern anschließend, ging er mit ihnen viel auf Fahrt, wobei die Laute und der "Zupfgeigenhansel" treue Begleiter waren. So lernte er schon damals die weitere Heimat kennen und lieben.

Ein Stipendium verhalf ihm zum Studium an der Deutschen Universität in Prag. Es war freilich klein und reichte auch mit dem bescheidenen Zuschuss der Eltern nicht weit, so dass sich Erwin recht und schlecht durchhungern musste. Nachhilfeunterricht, den er Kindern von Diplomaten geben konnte, die in Prag akkreditiert waren, verbesserten später nicht allein seine materielle Lage, sondern gaben ihm auch erwünschte Gelegenheit, seine Sprachenkenntnisse zu vermehren, zumal ihn die Diplomaten in den Semesterferien jeweils in ihre Heimatländer mitnahmen. Außer Latein und Griechisch beherrschte Heinzel am, Ende etwa sieben Fremdsprachen. Sein eigentliches Studium aber galt der Germanistik und Slawistik. Das Tschechische beherrschte er nicht allein vollkommen in Wort und Schrift, sondern er lieferte auf diesem Gebiete auch wissenschaftliche Abhandlungen, die selbst tschechische Gelehrte in Staunen versetzten. Seine Doktorarbeit aber war eine "Heimat- und Siedlungsgeschichte der Deutschen". Hiefür machte er ausgedehnte Quellenstudien, die er auch zu Vorträgen und Fachartikeln verwertete. Leider ist alles verlorengegangen; wertvolle Unterlagen wurden im Dezember 1944 durch Bombenabwürfe vernichtet.

Im August 1938 stand Erwin Heinzel in der Uniform eines tschechischen Offizieranwärters am Grabe seines Vaters. Zuletzt wirkte er als Professor*) am Deutschen Gymnasium in Brunn und war sehr glücklich mit einer ehemaligen Schülerin verheiratet, die ihm drei Kinder gebar. Seine Promotion hat Erwin Heinzel nicht mehr erlebt. Bei der deutschen Wehrmacht als Gruppen- oder Zugführer einer Pioniereinheit eingesetzt, die bei Kleve am Niederrhein Minenfelder anlegen musste, fiel er im Oktober 1944 bei Abwehrkämpfen. Die Beisetzung erfolgte auf dem Soldatenfriedhof Dornbrügger Heide.

Die Witwe, Gertrud Heinzel, befindet sich jetzt in Weimar, die hochbetagte Mutter, Rosa Heinzel, in Buttstädt/Thüringen. Sein Bruder, Verw.-Dipl.-Ing. Rudolf Heinzel, lebt in München 25.

Ein junger Gelehrter unserer Heimat, der zu den größten Hoffnungen berechtigt hatte.


*) Hochschullehrer wurden bzw. werden im böhmischen Professor genannt.

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