Quelle: Schlesische Bergwacht

Gustav Haase

— unser »Heemtevoater« —

* 27. 03. 1889 Krummhübel
† 26. 08. 1973 Sennestadt

von Hans Reitzig

Einer alten Gebirglersippe von der Hasenbaude entstammend, wuchs Gustav Haase in seinem Geburtsort Krummhübel auf. In Görlitz erlernte er den Kaufmannsberuf, diente aktiv als Feldartillerist in Dresden und nahm am Weltkrieg bis zum letzten Tag teil.

Seit den zwanziger Jahren gehörte sein Dasein der Allgemeinheit. Der hochgeschätzte Rat des klugen, stets auf Ausgleich bedachten Mannes brachte ihn bald in Gemeindevertretung und Kreistag, durch das hohe Maß an Vertrauen, das er genoss, auch in den Aufsichtsrat der Krummhübeler Bank. Schließlich gab es kaum eine Vereinigung gewerblicher oder sportlicher Art, der Gustav Haase nicht angehörte. Den meisten diente er als Vorsitzender, einige hat er selbst mitbegründet. Sein ganzes Herz gehörte freilich dem Krummhübeler Schneeschuhverein, der unter seiner Führung und von Harry Frömberg unterstützt, zur zweitgrößten Skiläufervereinigung Deutschlands anwuchs. Als Rennrodler hat Gustav Haase mehrfach Meisterehren davongetragen.

Im Rückblick kann man rechtens behaupten, dass ohne die Erwähnung Gustav Haases die Geschichte des Wintersports nicht nur im Riesengebirge, sondern auch in Schlesien unvollständig wäre. Seinen Bemühungen verdanken die Skiläufer den Zusammenschluss zum Schlesischen Ski-Bund, unter seiner Anleitung wurde die Koppenschanze an der Teichmannbaude umgebaut, die Bobbahn an der Talsperre zu einer von internationalen Fachleuten gleichfalls als mustergültig bezeichneten Anlage "olympiareif" gestaltet. Diese für einen Laien geradezu erstaunliche sporttechnische Begabung hat Gustav Haase dann ein so weitgehendes Ansehen verschafft – ohnehin war er ein anerkannter Kampfrichter des Deutschen Ski-Verbandes –, dass bei Vergabe der Deutschen Winterkampfspiele von 1930 durch die Deutsche Olympische Gesellschaft das von ihm zusammen mit Bürgermeister Nath vertretene Krummhübel-Brückenberg im schärfsten Wettbewerb siegte.

Das alles wurde trotz seines umfangreichen Betriebes geleistet, der auch bei Fachgenossen Ansehen hatte. Was ein ehrsamer Kaufmann alter Schule durch Tüchtigkeit und redliche Strebsamkeit in Jahrzehnten erwarb, verlor er dann ohne Klagen und mit der Würde eines aufrechten Mannes, dessen Leben nach der Lehre von den Lessingschen "drei Ringen" als ein Wandeln in Liebe, Freundschaft und Wahrheit ausgerichtet blieb. Das hat Gustav Haase in politischen wie in vaterländischen Notzeiten trotz vielfacher Bedrängnis und Verdächtigung immer wieder Achtung eingetragen.

Zwang man auch den Logenbruder 1933 zur Niederlegung der meisten Ämter, namentlich im Sport, so haben führende Nationalsozialisten dem charakterfesten rechtschaffenden Mann ihre Achtung doch nicht versagt, sich vielmehr dessen Sachkenntnis zu bedienen gewusst: Noch 1935 wurde Gustav Haase als einziger Nichtparteigenosse in den Vorstand der Kreissparkasse Hirschberg berufen, schließlich sogar zum Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Das ist er bis zuletzt geblieben. Beim Zusammenbruch hat er dann mit Wenigen Ordnung und Ernährung aufrechterhalten und die Ernennung des wackeren Hermann Hübner zum Bürgermeister mitbewirken helfen.

Was Wunder, dass ein solcher Mann des Helfens und Verbindens, des Ordnens und Führens bereits vier Wochen nach der Heimatvertreibung (Juni 1946) mit der Anschriftensammlung der in alle Richtungen verstreuten Heimatleute begann und schon im Herbst des gleichen Jahres in Hameln ein Heimattreffen wagt. Es war das erste überhaupt. Im Oktober 1948 erschien dann das in Zusammenarbeit mit Herbert Wenzel begründete "Heemteglöckla". Zwanzig Jahre lang war es eines der ansprechendsten Heimatblätter.

Ungezählte Guttaten sind von Gustav Haase und seiner Frau Friedel ausgegangen. Die Zahl der "Mutmache" – und Beratungsbriefe, der Auskünfte und Beurkundungen, vor allem bei Entschädigungsanträgen, ging in die Aberhunderte, aber auch die Zahl der Päckchen und Spenden, vor allem nach Mitteldeutschland und in die alte Heimat. Das alles hatte Haase längst den Ehrentitel eines "Heemtevoaters" eingetragen. Wie kaum ein anderer verdiente er ihn. Der bescheidene Mann, jeder Effekthascherei abhold, besaß keinen Orden der Nachkriegszeit, kein Ehrenzeichen außer dem Silbernen des Riesengebirgsvereins, dem er über 50 Jahre angehörte. Was den Wackeren dafür doppelt zierte, sind Liebe und Dankbarkeit, womit sich Gustav Haase und seine Frau Friedel im Herzen der Heimatfreunde über den Tod hinaus ein Denkmal gesetzt haben.

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