Quelle: Sudetendeutsche Zeitung vom 06.09.2013 - Einreicher Horst Fritsche, Limburg

Aloisia Gräfin Czernin-Morzin

Die Schlossherrin von Hohenelbe

Helga Haller-Dommermuth aus Hackelsdorf / Kreis Hohenelbe im Riesengebirge berichtet.

Wir kennen die Burgen und Schlösser in Böhmen sowie die Burgen und Schlösser in den Gebirgen und Tälern des Grenzlandes. Wir kennen Wallensteins böhmische Burgen, von denen es etliche im Riesengebirge gab. Wir kennen die von Kaiser Karl und Kaiser Wenzel, die der Grafen Harrach und Schafgottsch in Schlesien und die des Grafen Morzin.

Doch auch die kleine Stadt Hohenelbe im Riesengebirge schmückt sich seit Jahrhunderten mit einem Schloss, das ein schmucker Park umgibt. In seiner Umgebung bezeugen die kleinen Burgen und die Schlösser in Marschendorf und in anderen Orten, von Grafen und deren Familien, also von Adligen. Bereits Christoph von Gendorf, Gründer der Stadt Hohenelbe – damals hieß es Gießdorf – residierte schon im Schloss. Vor so vielen Jahrhunderten sah es natürlich noch anders aus.

Unser Vater erzählte, dass er sie als sehr junger Mensch noch gesehen und gegrüßt habe, als sie durch die Wälder des Vorgebirges mit Hut, Hubertusmantel (Lodenmantel) und Stock gelaufen sei: Aloisia, die Hochwohlgeborene Gräfin, Besitzerin der Herrschaft Hohenelbe, Bensen und seit 1882 Marschendorf.

Das war ihr Gebiet, waren ihre Wälder. Ihr "Volk" musste dafür statt Freizeit "Off die Rowet giehn", also Anlagen errichten, Feld- und Waldarbeit verrichten. Die Gräfin, wie sie immer nur bezeichnet wurde, wohnte im Schloss in Hohenelbe, in Marschendorf oder besuchte die alte kleine Aichelburg bei Dunkelthal. Im Vorgebirge kannte sie Weg und Steg, die sie oft selbst angelegt hatte. Wege oder heimliche Steige und Schleichwege hatte sie errichten lassen. Zum Schmuggeln? Kann man sich nicht denken. Sie ließ an den Wegen oft Zeichen setzen und Bilder oder Bildstöcke anbringen. Vielleicht auch das Marienbild an der Beldbuche am Einstieg zum steilen Weg von der Krausemühle an der Straße nach Spindelmühle aus, nach dem oberen Hackelsdorf. Das Bild war schon zu unserer Zeit in den Baum eingewachsen, besteht aber nicht mehr. Doch die Buche steht noch.

Loise, wie sie auch genannt wurde, war sehr tüchtig. Sie war die Tochter von Rudolf Reichsgraf von Morzin, seinerseits auch tüchtig, indem er den Schlosspark herrichten und anderes erneuern ließ. Mit ihm erlosch die männliche Linie von derer von Morzin. Loise war eine verheiratete Gräfin Czernin von Chudenitz, Steinkreuzordensdame, war aber bekannt unter ihrem Doppelnamen Czernin-Morzin. Sie ließ die Hohenelber katholische Dekanalkirche erbauen, die nun unser Stadtbild ziert. Die alte Barockkirche, die man hatte abreißen lassen, war sehr schön. Den Park ließ die Gräfin erneuern und das gräfliche Czernin-Morzirnische Mausoleum hinter dem Schlosspark und Kloster errichten. Hier ist sie wahrscheinlich beerdigt. Außerdem ließ sie das alte herrschaftliche Bräuhaus abreißen und in der Klostergasse das Pfründnerhaus errichten.

Unsere Trautenauer Heimatfreundin Erika Kühn besuchte bei Bad Gastein eine Kapelle und stieß dort auf Gedenktafeln verstorbener Czernin-Morziner: Emma, sie war wohl die in Graz geborene Schwiegertochter, starb in Marschendorf. Sie hatte sich sehr wohl in Marschendorf im Riesengebirge gefühlt und den Ort immer wieder gern besucht. Eine andere Tafel bezeugt den einzigen Sohn der Gräfin, Rudolf, geboren in Prag und gestorben in Hohenelbe.

Eine Komtesse beschäftigte im 20. Jahrhundert eine Näherin, das war unsere Aloisia Palme / Wanka vom Schleusenberg in Hohenelbe. Loise Palme, sicher nach der Gräfin genannt, lebte noch lange unter uns. Sie kochte köstliche althergebrachte Kuttelsuppe. Loisl erinnerte sich gut an ihre Komtess, schließlich hatte sie deren Kleider immer vorher anprobieren dürfen.

Wohl eine Urenkelin der Gräfin hatte sich in Spindelmühle zur größten Skifahrerzeit – vor und im Krieg – in einen Möhwald-Sohn, er war Skilehrer und Ski-Springer, verliebt. Die Möhwaldbrüder, Söhne des Möhwaldbauern aus Hackelsdorf (Kommentar von Schneider-Paula-Bäck: "Wie ein Aar fliegt er über die Fichten – vaflucht, jetz hozn neigeleht!") gründeten in Spindelmühle ein Sporthaus, das der Vater gestiftet hatte. Die gräfliche Ehefrau hatte drei Töchter, eine davon in Schirgiswalde in der Lausitz, die sie während der Vertreibung zur Welt brachte.

Weitere Nachkommen findet man heute unromantisch im Internet. Sie leben in Österreich, Bayern, Amerika und in aller Welt verstreut. Noch immer jedoch hält sich ein Morzin-Czernin gern mal im romantischen Marschendorf auf, der in Oberösterreich zu Hause ist.

Das Schloss in Hohenelbe wurde schon im Krieg für Amtsräume benutzt. Fast alle Innenräume blieben unversehrt. Der Park, die Kapelle auf dem Friedhof und vor allem die letzten Bären in der Halle zeugen noch immer von gräflicher Macht, unseren Wegen und von den einst wilden gräflichen Wäldern.

"Auf nun in die Böhmischen Wälder", sagt Friedrich Schillers Karl Moor in dessen Drama "Die Räuber". Bekannt waren Räuber nicht im Riesengebirge, deshalb wurden wohl dort auch keine gehängt. Mit den Räubern war wohl eher der Böhmerwald gemeint. Doch es wurde immer viel geschmuggelt. "Und fragt man nach den Riesen – man findet sie nicht mehr."

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