Quelle: Riesengebirgsheimat Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe 30 Jahrgang Nr. 8
von Erhard Krause, Berlin
Die vielfachen steilen Abfälle des
Riesengebirges begünstigen das Vorkommen von Wasserfällen, denen es aber infolge
der geringen Wassermengen der Gebirgsbäche im Sommer am nötigen Wasserreichtum
fehlt, so dass die meisten Fälle künstlich gestaut werden müssen. Auf der Nordseite
des Gebirges ist der zwischen Petersdorf und Schreiberhau 523 m hoch gelegene
Kochelfall mit der Kochelfallbaude der malerischste Wassersturz. Von der aus
dem Schneegrubengebiet kommenden Kochel gebildet, stürzt der Bach hier in einer
prächtig bewaldeten Schlucht mit riesigen Edeltannen über eine 13,18 m hohe
Felsstufe herab. Vor der Jahrhundertwende war es üblich, dass die Hüte der Fremden,
welche den Wasserfall besuchten, von Mädchenhand mit Bärlappzweigen umkränzt
wurden. Auch stellte der Baudenwirt auf Wunsch Fotografien von Personen mit
dem Kochelfall im Hintergrund her. Ein als "Kochelstein" bezeichneter
Felsen mit Inschrift erinnerte an den Besuch des Wasserfalls durch Friedrich
Wilhelm III. und Königin Luise im Jahre 1800.
Von der weltbekannten Josephinenhütte in Schreiberhau, wo der Kammweg beginnt,
besucht man das enge, wildromantische Felstal der Zackenklamm. Es ist dies eine
Felsenspalte im Granit von etwa 100 m Länge, die an ihrer engsten Stelle nur
2,5 m breit ist. An ihrer linken Wand führt ein vom RVG. angelegter Steg zu
einem Felskessel, über dessen Wand das Zackerle, ein Quellarm des Großen Zacken,
27 m hoch, aus 843 m Höhe in drei Absätzen brausend herabstürzt und den berühmten
Zackenfall bildet. Obgleich das Zackerle, das am Ostfuße des Reifträgers entspringt,
durch zahlreiche kleine Rinnsale von der Wiese der Neuen Schlesischen Baude
und in dem angrenzenden Wald verstärkt wird, ist der Bach im Sommer nicht sehr
wasserreich. Schöne Blicke in die Klamm und auf den Wasserfall hat man bei der
Zackenfallbaude (846 m), wo sich die Schleuse befindet, doch ist der Anblick
des Wassersturzes unten von der Klamm gesehen, am eindrucksvollsten.
Landschaftlich sehr schön gelegen ist auch der bei der Sommerfrische Hain befindliche
Hainfall (546 m) mit Gastbaude, der vom Mittelwasser, Silberwasser und Sturmgraben
gebildet wird und in einen Waldgrund 10 m tief über bemooste Felsen hinabstürzt.
Leider muss auch er, bedingt durch die geringe Wassermenge, künstlich gestaut
werden. In der Umgebung von Hain befinden sich noch zwei weitere Wasserstürze;
der kleine, aber sehr lieblich gelegene Seifenfall (etwa 8 bis 9 m) und der
12,5 m hohe Silberfall in der Nähe der Thumpsahütte (880 m). Mit "Thumpsahütte"
bezeichnete man einen riesigen zerklüfteten Felsen, der steil in die Schlucht
des Seifen abstürzt. Sein Name rührt von einer einst hier gestandenen Forstwärterhütte
her.
Den an Höhe bedeutendsten Wassersturz der Sudeten und der deutschen Mittelgebirge
stellt der Pantschefall, bei welchem der kleine, aus der sumpfigen Pantschewiese
sickernde und hinter einer Schleuse aufgestaute Pantschebach nach öffnen derselben
521 m tief über die gewaltigen Steilwände des Korkonosch (1419 m) in den Elbgrund
stürzt. Leider ist die Pantsche in trockenen Sommern sehr wasserarm und bei
der großen Höhe des Falles zerstiebt das Wasser, ehe es die Talsohle erreicht.
Von dem Fall aus genießt man eine großartige Aussicht in den Elbgrund, die Siebengründe
und auf den Ziegenrücken.
Vom Pantschefall aus können wir gleich den Elbfall am Ende der Elbwiese, wo
diese in einer Felsschlucht endet, besuchen. Hier stürzen sich die vereinigten
Quellbäche des Elbseifens von Absatz zu Absatz springend, in mächtiger Breite
50 m in die Tiefe. Um den Wasserfall von unten zu betrachten, muss man auf einem
schmalen Stufenweg an der Felswand hinabsteigen. Die vielbesuchte Elbfallbaude
(1284 m) oberhalb des Falles gehörte früher dem Grafen Harrach, ging jedoch
später in den Besitz des tschechischen Staates über.
Zwischen der Schneegrubenbaude und dem Hohen Rad führt an den südlichen Abhängen
des letzteren ein Pfad südöstlich in die Schlucht des Pudelgrabens, wo das Pudelwasser
etwa eine Viertelstunde vor seiner Mündung in die Elbe den 38 m hohen Pudelfall
bildet. Es ist dies einer der schönsten, zugleich aber unbekanntesten Wasserfälle
des Gebirges. Fast noch schöner ist der unweit davon in wildromantischer Umgebung
befindliche Hofgrabenfall, der aber wegen großen Steingerölles, Felsmassen und
dichtem Gestrüpp schwer zu erreichen ist. Der Hofgraben mündet ebenfalls in
die Elbe und sein Grund gehört zu den Siebengründen, mit denen man die Quertäler
bezeichnet, welche vom Hauptrücken zwischen der Elbwiese und dem Koppenplan
ausgehen.
Die übrigen vier der Siebengründe mit dem Roten und Schwarzen Floß, Sturm- und
Teufelsgraben und dem Silberwasser münden in den Weißwassergrund, der zu den
herrlichsten Gründen des Riesengebirges zählt. Dieser wird im Süden eingeschlossen
von den steilen und zackigen Wänden des Ziegenrückens und nördlich von den dichtbewaldeten
Hängen der Kleinen Sturmhaube und des Silberkammes. Das Weißwasser, welches
1400 m hoch auf der sumpfigen Weißen Wiese entspringt und mit starkem Gefalle
zu Tal eilt, bildet im wildschönen Weißwassergrund zahlreiche Kaskaden, von
denen die bedeutendsten "Gefälle" heißen. Man unterscheidet das "Kleine
Gefälle" zwischen dem Roten Floß und dem Sturmgraben von dem "Großen
Gefälle" am Teufelsgrunde, wo der Fluss etwa 14 m tief über eine ca. 60
cm breite Felswand schäumt. 1899 ließ die Gräfin Aloisia Czernin-Morzin auf
Schloss Hohenelbe den bis dahin unzugänglichen Weißwassergrund durch die Anlegung
eines Weges erschließen. Dieser Steig erhielt zum Andenken an den verstorbenen
Präsidenten des böhmischen Riesengebirgsvereins, Canonicus Wenzel Weber, den
Namen "Weberweg".
Der breiteste Wasserfall im Rübezahlreich ist der Mummelfall (728 m) bei Harrachsdorf
mit der Mummelfallbaude, der einem natürlichen Wehr gleicht und über eine 8
bis 9,5 m hohe Granitwand in zwei geteilten Strömen herniederstürzt. Er ist
einer der wenigen ungestauten Wasserfälle des Riesengebirges, allerdings erscheint
er für seine Breite nicht hoch genug. Sehenswert ist er nach Regentagen und
zur Zeit der Schneeschmelze. Die Mummel führt braunes Wasser und bildet viele
Strudel und Schnellen. Das Merkwürdigste ist ihr Flussbett, welches stellenweise
aus ausgewaschenem Granit, sogenannte "Täufen", oder aus glatt polierten
Flächen besteht. Man kann lange Zeit neben dem Wasser hinwandern, ohne einen
einzelnen Stein anzutreffen. Am Mummelfall selbst teilt sich der Weg: links
verläuft der Fahrweg nach Harrachsdorf, während rechts der Harrach´sche
Reitweg weiter durch den Wald über das Weiße Floß und das Steinigte Wasser führt,
von denen letzteres den Steinigtwasserfall bildet, der auch Plattenfall genannt
wird.
Zuletzt sei noch der Hüttenbachfall (760 m) bei Rochlitz kurz erwähnt, der
durch eine enge Waldschlucht fließt und über Felsen stürzt. Bei dem Fall mit
einfacher Gastbaude führt der von Rochlitz nach den Sahlenbacher Hofbauden (1200
m) hochziehende Baudenweg vorüber, welcher sich bei den Bauden mit dem von Harrachsdorf
kommenden Rübezahlweg vereinigt.