Stürme im Riesengebirge

Auf der Höhe des Gebirges streicht der Wind beinahe fortwährend. Vollkommen windstille Tage sind da oben sehr selten. Es kommt vor, daß schneidender Ost- bis Nordostwind (im Volksmunde als „polscher Wind" bekannt, weil er über Polen herkommt) viele Tage lang mit solcher Heftigkeit weht, daß selbst das fortwährend Unterhaltene Feuer des Ofens nicht imstande ist, die Wohnung warm zu erhalten. Noch schlimmer sind die der Wetterseite ausgesetzten Bauden und Ortschaften dran. Im Frühjahre und Herbste will der zumeist kalte West und Nordwest (das sogenannte „Peitschwetter") beinahe nicht aufhören. Der Nordwind ist auf dieser Gebirgsseite weniger fühlbar. Aber auch die Dörfer und Städte in der Niederung hatten, wie die Chroniken zu erzählen wissen, manchem Sturme standzuhalten. Nachstehend bringen wir einen jahrweise gegliederten Auszug aus Ihnen der sich ausschließlich mit besonders heftigen Stürmen und großen Sturmschäden befaßt.

1534,    "den 20. tag novembris den montag nach Catharina (30. Nov.) ist ein solcher grosser wind gewest, .. . der hat so hart und plotz stürmig gewehet, das er hat viel heuser, beum und kirchthurmspitzen eingerissen ... dieser strichwind ist vier meilen breit gewest aber gar lang ..." (siehe Hüttels Chronik der Stadt Trautenau.)

1584,    vom 6. April schreibt derselbe, daß "ein plotzer sturmwind kommen ist", der Häuser und Wald niederwarf usw.

1694,    "3. September um Mitternacht, ereignete sich in Hohenelbe ein undenkbarer, ausserordentlicher Sturm" (Tagebuch eines Hohenelbers).

1786,    "vom 5. bis 8. Jänner, wütete im Riesengebirge ein fürchterlicher Orkan, dessen Richtung von Ost nach West ging. Ein großer Teil der in dieser Richtung seiner Wuth ausgesetzten Wälder wurde nicht nur entwurzelt, sondern auch hie und da wie in einem Wirbel niedergedreht und durcheinander geworfen, Wohngebäude ihrer Dächer beraubt und selbst untere Geschosse der Häuser oft zerrissen, theils verschoben oder ganz aus ihrer Stelle weit hinweggeschleudert. Bloß in dem Hohenelber Reviere wurde der daraus entstandene Wildbruch auf 100 000 Klafter angeschlagen." (Hoser: "Riesengebirge", Seite 114.)

"Durch den Sturm hat der Stand an Wild, besonders an Hochwild, sehr gelitten" (Sommer, Bidschower Kreis, Seite 169).

1788,    "den 16. und 17. Jänner, war hier ein so heftiger Sturmwind, desgleichen seit Menschengedenken nicht gewesen. Viele Häuser und Scheuern wurden über den Haufen geworfen und der Schaden in Wäldern war unaussprechlich groß." (Nach Simon Hüttels Chronik.)

1792,    "14. bis 15. Jänner, wüthete auf der schlesischen Gebirgsseite ein gewaltiger Sturm aus Südwest, der gegen 4 und 5 Uhr früh den 15. in der Gegend von Warmbrunn und im Kynastischen in einen völligen Orkan ausartete und bis gegen 8 Uhr morgens dauerte. Seine Wirkungen waren schrecklich. Dächer wurden abgeworfen und davongeführt, Häuser eingestürzt und das Getreide aus den Scheuern auf die Felder gestreut, junge und bejahrte Bäume entwurzelt, verstümmelt und in Menge zusammen gebrochen; zerschmetterte Thüren und Fenster machten ihm freien Durchgang, und Schloß und Riegel und schwere Körper konnten seiner Gewalt nicht widerstehen. Selbst die Thiere gerieten in Unruhe und schienen ein kommendes Unglück zu ahnen, und die Menschen besorgten ein Erdbeben. Als sein Toben vorüber war und man wieder frei umhergehen konnte, schien es, als hätte ein großer Brand die Dörfer verwüstet, und die Ruinen der Häuser standen da, ein Denkmal der schnellen Verheerung." (Schles. Bl., 15. Band)

"Dieselbe Naturerscheinung fand zum Theil auch auf der österreichischen Gebirgsseite statt, und selbst in viel entfernteren Gegenden, namentlich in Kärnten, wurden mehrere Tage hindurch Erdstöße verspürt; das Barometer fiel zwei Tage vorher in Breslau auf 26 Zoll 10 Linien", (Hoser, Riesengebirge, Seite 117.)

1804,    schleuderte der Sturm den Mohrener Kirchturmkopf auf ein nachbarliches Feld.

1808,    "herrschte ein großer Windsturm, welcher die stärksten Bäume umbrach und viele Häuser abdeckte". (Tagebuch eines Hohenelbers).

1821,    "30. November, hauste in den Gebirgsforsten ein Sturm (mit Hagel), der bedeutende Windbruchschäden verursachte" (Schmidt, Herrschaft Starkenbach).

1829,    14. Juni, "wüthete im Gebirge ein starker Nordweststurm, welcher an 8 – bis 10 000 Klafter Windwürfe und Brüche in den Waldungen der Herrschaft Starkenbach allein verursachte. Dieser Sturm war mit einem so starken Schneefalle verbunden, daß im Gebirge über 2 Schuh (63 cm) neuen Schnees gelegen ist." (Schmid, Herrschaft Starkenbach.)

1833
,    18. bis 19. Dezember, herrschte ein äußerst heftiger Sturmwind, welcher Dächer abtrug, Standbilder umwarf und insbesondere in den Waldungen großen Schaden anrichtete.

1834,    "im Jänner, waren zwei große Gewitter mit Sturmwind. Tausende von Bäumen wurden entwurzelt." (Langenauer Kirchenchronik.)

1842,    16. April, wehte ein so starker Sturmwind, daß die Dächer vieler Häuser beschädigt wurden.

1843,    "4. Juni, war ein großes Gewitter mit Sturm, welcher aus Mittag kam und Häuser und Dächer arg beschädigte" (Häusliches Gedenkbuch von Stefan Braun, Gross-Aupa Nr. 86).

1845,    hat ein starker Wind das Haus Nr. 124 In Oberlangenau abgedeckt.

1848,    "erhob sich vom 9. auf den 10. November ein furchtbarer Orkan von NW, deckte viele Häuser ab, zerstörte Scheunen und Holzgebäude, verursachte unermeßlichen Schaden in den Waldungen und legte sich erst am 11. abends, nachdem er ununterbrochen zwei Tage und zwei Nächte gewüthet hatte". (Illustrierte Chronik von Böhmen, II. Band)

Am 10. und 11. Dezember verwüstete abermals ein Sturm die Waldungen.

1854,    "am 18. Juni (andererseits wird angegeben vom 20. auf den 21. Juni) nachts von 12 bis 1 Uhr, entstand ein fürchterliches Ungewitter mit einem heftigen Sturmwinde, welches an vielen Häusern großen Schaden anrichtete. So riß der Sturm dem Gottlieb Tippelt Nr. 387 und 389 II. Teil Gross-Aupa die Dächer von beiden Häusern, stürzte die Kamine ein und tödtete eine Dienstmagd, welche auf dem Heuboden schlief" (Häusliches Gedenkbuch von Stefan Braun, Gross-Aupa 86).

1861,    "hat Ende Juni ein starker mit Gewitter verbundener Süd- bis Südweststurm bedeutende Schäden an den Waldbeständen verursacht" (Schmid, Herrschaft Starkenbach).

1865,    tobte, ein außergewöhnlicher Sturm und richtete in den Forsten ungeheuren Schaden an.

1868,    "am 7. Dezember, wurde in der Mittagstunde die Ehinger´sche Bleiche in Oberlangenau vom Sturmwinde abgedeckt und in den Waldungen unermeßlicher Schaden angerichtet".

1809,    wird aus Mohren ein bedeutender Sturm gemeldet.

1870,    "in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober (sowie 1868 am 7. Dezember) fanden die bisher größten Windbruchschäden dieses Jahrhunderts im hiesigen Gebirge, wie auch In ganz Böhmen, statt. Auf der Herrschaft Starkenbach wurden nach diesen beiden Windbrüchen zusammen 140 000 Klafter Holz aufgearbeitet; die Fläche der diese zwei Jahre geworfenen Bestände betrug in den herrschaftlichen Waldungen 480 ha." (Schmid, Herrschaft Starkenbach).

1873,    gab es Sturm mit Hagel.

1874   , "8. Feber, war in Hohenelbe ein großer Sturm mit Schneegestöber".

1878,    8. und 9. März, wehten In Hohenelbe große Schneestürme.

1879,    "10. Mai, verursachte ein heftiger Sturm großen Schaden in den Gebirgswaldungen" (Schmid, Herrschaft Starkenbach).

"Am 22. Juni wurden zwei über das Hohe Rad zu den Schneegruben zuwandernde Baudenbewohner vom Sturme erfaßt und in den nahen Abgrund geschleudert. Als Hilfe erschien, lebten die Verunglückten zwar noch, hatten aber schwere Verletzungen erlitten". (Trautenauer Wochenblatt 1879, Nr. 24)

1880,    "10. Juni, entlud sich über Hohenelbe und Umgebung ein von einem starken Sturme begleitetes Gewitter. Kräftige Bäume wurden zerbrochen oder entwurzelt (so die uralten Linden bei der Hennersdorfer Kapelle), Zäune eingerissen, Gebäude abgedeckt usw. Auch eines von den zwei neuen gemalten kostbaren Kirchenfenstern wurde vorn Sturme eingedrückt". (E. R. Petrak)

In Widach warf die Gewalt des Windes bei Rolf Nr. 61 alle Kirschbäume um, brachte bei Link Nr. 59 eine große Eiche zum Falle und stürzte viele Pappeln.

1881,    "im Juli, fiel in den Forst oberhalb der Grundbauden (am Simmerberg im Löwenthale) eine Windhose ein, wirbelte die starken Stämme des Hochwaldes wie Strohhalme durcheinander, zog über eine der Bauden, deckte sie ab und übersprang dann eine Waldstrecke, um in einer andern desto größere Verheerungen anzurichten". (E. R. Petrak)

1883,    "5. Dezember, tobten schadenbringende Schneestürme" (Hohenelber Aufzeichnungen).

1886,    "7. August, war ein furchtbarer Orkan, der tausende Meter Windbruchschaden anrichtete und unter anderm auch das Sanktustürmchen der Kirche in Niederhof herabwarf" (Niederhofer Notizen).

1891,    "1. Juli, war ein ungewöhnlich schwüler Tag. Es war gegen 5 Uhr nachmittags, als am südwestlichen Horizonte aschgraue Wolkenmassen sichtbar wurden, welche sich zu einer ungeheuren Wolkenwand auftürmten, die sich bald darauf wie eine große Flutwelle unter der Gewalt eines furchtbaren Sturmes von Südwesten heranwälzte, so daß man glaubte, die Wolken berühren den Erdboden.

Bald war es so dunkel wie in später Abenddämmerung. Das Heulen des Sturmes, der in wenigen Minuten einen großen Schaden anrichtete, übertönte der Donner des gleichzeitig tobenden Gewitters.

Die Leute, welche sich im Freien befanden, mußten sich flach zur Erde niederlegen, um nicht vom Sturme davongetragen zu werden. Ein Arbeiter bei Herrn Johann Kratky in Stubna Nr. 76 war unweit der Schauer mit Kleemähen beschäftigt und wurde vom Sturme in die in der Nähe befindliche Lehmgrube geschleudert. In demselben Augenblick schleuderte der Sturmwind die Getreidescheuer desselben Besitztums wie einen Spielball über den Bergabhang hinunter. Merkwürdig war, daß die Wand eines an die Scheuer angebauten Bretterschuppens stehenblieb. Die Dachsparren waren etwa 1,5 m oberhalb ihres Sitzes abgebrochen und ragten in die Höhe. Das Dach samt den Latten war von denselben weggerissen. Desgleichen war die Getreidescheuer des Herrn Stephan Jeschek in Stupna Nr. 64, die aus starken Holzwänden erbaut gewesen war, niedergerissen worden, wobei auch ein großer Kirschbaum, der ganz nahe bei der Scheuer stand mit den Wurzeln aus dem Boden herausgerissen wurde. Die beiläufig 0,5 m starken Holzwände (Träme) waren zerbrochen.

Von dem Mühlgebäude Nr. 97 waren einige Dachsparren samt dem Blechdache weggerissen und in den Mühlteich geschleudert worden, wie überhaupt die meisten Dächer im Orte beschädigt wurden.

Bei der St.-Johannes-Kapelle im niederen Teile von Stupna wird eine sehr starke Linde entwurzelt und umgeworfen.

In den Waldungen wurden selbst die stärksten Bäume entwurzelt und zerbrochen sowie ganze Strecken förmlich niedergedrückt.

Im Stupnaer Gemeindewalde (in der sogenannten "Zeche") war ein Teil gänzlich zerstört. Das gleiche Schicksal teilte der Hochwald des Herrn Ignaz Stuchlik in Stupna Nr. 39.

Desgleichen war ein Teil des herrschaftlichen Waldes in Petzka (an der Petzka-Falkendorfer Bezirksstraße) bei der sogenannten "Faulen Brücke" grässlich zugerichtet worden. Mehrere der stärksten Tannen und Fichten an der Straße waren ausgerissen und zu Boden gestreckt worden, wobei mit den Wurzeln große Erdmassen ausgehoben wurden.

In Widach wurde das neue Wohngebäude des Herrn Franz Rolf Nr. 87, das zum Glück noch nicht bewohnt war, zerstört. Das Dach, unter dem sich viele Bretter und Strohvorräte befanden, erschien ausgehoben, sämtliche Seitenwände auseinandergeworfen und der Dachstuhl zur Erde geschleudert. (Stupnaer Aufzeichnungen von Fr. Spitschan.)

1893,    "24. August, erhob sich ein starker Sturm, der sich um 1 Uhr nachmittags zu einem furchtbaren Orkane steigerte. Derselbe trieb eine weiße, bis zur Erde reichende Wolkenwand vor sich her, hinter welcher die Verderben bringende Hagelmasse daherbrauste. Das Heulen des Sturmes und das Getöse des niederfallenden Hagels, von dem einzelne Stücke Wallnußgröße und darüber erreichten, übertönten den Donner des gleichzeitig tobenden Gewitters. Auf der Nord- und der Westseite aller Häuser wurden die Scheiben eingeschlagen. Die noch auf den Feldern befindlichen Früchte waren vollständiger Vernichtung preisgegeben. Auch warf der Sturm den Kamin des Renner´schen Kalkwerkes um" (Langenauer Kirchenchronik und andere Berichte).

Auch In Hohenelbe "fielen tausende von Fensterscheiben, viele Dächer von Fabrikgebäuden und einige Kamine dem wütenden Orkane mit Gewitter und Hagel zum Opfer. Mehrere Wägen wurden in den Straßengraben geworfen, ein Eisenbahnwagen aus dem Geleise gehoben und quer über die Schienen gedreht, Bäume entwurzelt, viele Vögel getötet ...". (Hohenelber Aufzeichnungen)

In Proschwitz "deckte der Orkan die Hentschel-Mühle vollständig ab und schleuderte das schwere Blechdach über 50 m weit fort. Der steinerne Giebel des gegenüberliegenden Bauernhofes wurde eingedrückt. Von der Scheuer des Bauers Josef Hanka wurde die Hälfte des Daches fortgetragen. Einzelne Bäume des nahen Waldes fand man am andern Tage mit den Wäschestücken, die auf dem Dachboden der Mühle zum Trocknen aufgehängt gewesen waren, behangen" (Proschwitzer Notizen).

Ähnlich wütete die "Windhose" in Forst, Mohren (wo sie das halbe Kirchendach abdeckte) und vielen andern Orten.

1902,    15. und 16. Jänner, werden ebenfalls Stürme gemeldet.

1903,    19. April, war ein kräftiger Sturm strichweise von Hagel begleitet.

1904,    "am 7. Juni, wütete in Stückau ein furchtbarer Sturm verbunden mit Hagel, welcher teilweise die Dächer beschädigte, die stärksten Bäume entwurzelte oder umbrach und ein Scheunentor im Hause Nr. 39, weIches geschlossen war, aus den Angeln hob und 15 m weit forttrug" (Stückauer Aufzeichnungen).

"Am 7. August wütete in Öls-Döberney ein heftiger Sturmwind der an Dächern, Obst- und Waldbäumen bedeutenden Schaden verursachte. Das Haus der "Arbeiterkaserne" wurde z. B. teilweise abgetragen und auf den Erdboden geschleudert."

"Am Sylvesterabende herrschte, von 5 Uhr nachmittags an, ein mehrere Tage anhaltender Sturm, der in den Wäldern Tausende von Bäumen entwurzelte und umbrach" (Bericht aus Keilbauden).

1905,    wütete Mitte Jänner wiederum ein Orkan. 1908, tobten am 7. sowie am 9. Feber gewaltige Schneestürme.

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