Quelle: Riesengebirgsheimat Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe 30 Jahrgang Nr. 10
von Erhard Krause, Berlin
Das Senkungsgebiet zwischen dem Riesengebirge
und dem kristallinen Glatzer Gebirge in den Mittelsudeten bildet die sogenannte
"Innersudetische Mulde", eine geologische Tiefenform, angefüllt mit
jüngeren Gesteinen aus der Karbonzeit. Hierzu gehören im besonderen die Steinkohlenreviere
von Waldenburg, Neurode, Schatzlar, Radowenz und Schwadowitz. Die in dieser
Senke vorhandenen Gebirgsgestaltungen, wie das Waldenburger Bergland, das Raben-
und Überschargebirge, die Felsenstädte von Adersbach und Wekelsdorf, die Heuscheuer,
Hexensteinzug und Heidelgebirge sind in der Hauptsache durch Denudation und
Erosion zusammen mit tektonischen Bewegungen entstanden. Bedeckt ist die Mulde
von Rotliegendem bis in die obere Kreide (nicht Jura und untere Kreide).
Melaphyr- und Porphyrergüsse gestalteten die charakteristischen Kegelberge des
Waldenburger Berglandes, bauten im Westflügel das Rabengebirge und den Hexensteinzug
(788 m) auf, im Ostflügel das Heidelgebirge (879 m) nördlich von Braunau. Das
Material zu den phantastischen Sandsteinbildungen von Adersbach und Wekelsdorf,
des Schmiedegrundes (Politzer Wände) und der Heuscheuer (lieferten die Ablagerungen
des Kreidemeeres im Innern der Mulde. Die gewaltige Quadersandsteinplatte der
Senke gehört zu dem Sandsteinzug, der von der Sächsisch-Böhmischen Schweiz her
mit Unterbrechung fast parallel mit dem Riesengebirge durch Böhmen zieht und
hier bei Adersbach und an den Quellen der Mettau (Nebenfluss der Elbe) wieder
sehr entschieden hervortritt.
Über 600 m hoch, scheidet der schmale, scharfkantige Zug ca. 15 km weit das
noch zu Böhmen gehörende "Braunauer Ländchen" orographisch von diesem.
Das Bindeglied zwischen dem Riesengebirge und der Grafschaft Glatz ist das Waldenburger
Bergland, das ungefähr 22 km in der Länge und 19 km in der Breite umfasst, im
Charakter der Landschaft aber auffällig von der des Riesengebirges unterschieden
ist. Langgezogene Bergrücken gibt es in ihm nicht, sondern Einzelgipfel oder
Gruppen von solchen und fast alle von eigentümlicher Kegelform. Der höchste
dieser Kegelberge ist der Hochwald (836 m). In den zwischen den Bergen sich
dahinziehenden Tälern reihen sich große Industriesiedlungen, von denen am bedeutendsten
das Waldenburger Kohlenbecken ist. Neben dem Bergbau ist die Textil-, Eisen-,
Glas- und Porzellanindustrie vertreten. Das landschaftlich sehr reizvolle Bergland
besitzt auch zahlreiche Heilquellen und in Bad Salzbrunn eines der besuchtesten
Bäder Schlesiens.
300 m über der Talsohle der Senke erhebt sich mit seinem Phorphyrgipfel das
reichbewaldete Raben- und Überschargebirge südlich von Liebau, das sich, vom
Hochgebirge gesehen, scharf von der Umgebung abhebt. Sein höchster Gipfel, der
Königshaner Spitzberg (879 m), liegt auf böhmischem Gebiet. Nach Liebau zu befindet
sich der Rabenstein (806 m). Weitere lohnende Punkte des etwa 8 km langen Gebirgszuges
sind der Denzinfelsen (700 m), das im romantischen Rabentale gelegene Jägerhaus,
der Magdalenenfelsen, der Ziedertalblick, die Recksbuche und die Baumbachtanne.
Am Ostabhange des Gebirges liegt im Tal des forellenreichen Ziederbaches das
alte, 1214 gegründete Bergstädtchen Schömberg) (508 m) mit alten Holz- und Steinlaubenhäusern
und der ersten nach dem 30jährigen Krieg (1684) in Ostdeutschland errichteten
Barockkirche.
Die waldreiche Umgebung des Städtchens ist auch geologisch merkwürdig, weil
diese auf der Grenze zweier Gesteinsarten (Porphyr und Sandstein) liegt, östlich
vom Rabengebirge, nur 6 km entfernt, aber merklich geschieden, erstreckt sich
nach Nordosten das aus Quadersandstein bestehende Schömberger Grenzgebirge,
das bis 650 Meter hoch und bewaldet ist. Dieses findet unweit Friedland (Bezirk
Breslau) Anschluss an das Waldenburger Bergland. Das Muldental der Friedländer
oder Glatzer Steine, durch das die Eisenbahn von Fellhammer über Friedland zur
Grenzstation Halbstadt führt, gehört seiner Natur nach schon zum Braunauer Ländchen.
Die Sandsteinketten des Gebietes sind reich an versteinertem Holz und der sogen.
"Versteinerte Wald" von Radowenz und Slatin bildete früher einmal
eine besondere Sehenswürdigkeit. Heute allerdings sind die durch Kieselsäure
versteinerten urweltlichen Bäume fast gänzlich in auswärtige Museen und Parks
verschleppt. Eine Säule von versteinertem Holz befand sich auch im Schömberger
Stadtpark.
Zu den besuchtesten Partien in den Sudeten zählt die Heuscheuer (919 m), die
wegen ihrer eigentümlichen Formation den Glanzpunkt der Grafschaft Glatz und
die höchste Erhebung der Quadersandsteinplatte darstellt. Sie liegt dicht nördlich
von dem Ort Karlsberg (702 m), wo sie sich als steilwandige Felsenbastion etwa
160 m aus der Hochfläche des Gebirges erhebt und einen Raum von ungefähr 1100
m Länge und 400 m Breite einnimmt. Sie bietet großartige Aussicht, ist durch
Spalten in einzelne Felsblöcke zerrissen und mit Nadelholz bedeckt. Zugänglich
gemacht wurde sie im Jahre 1790 durch den damaligen Karlsberger Ortsrichter
Pabel, der auch das erste Fremdenbuch anlegte. Die unmittelbar an die Große
Heuscheuer anschließende Kleine Heuscheuer (866 m) ist nicht zugänglich. Der
Name "Heuscheuer" soll dadurch entstanden sein, dass auf Grund eines
Waldbrandes sich auf der Hochfläche eine ausgedehnte Wiesenfläche entwickelte,
auf der Heuwirtschaft betrieben wurde.
Als nördlicher Ausläufer des Heuscheuergebirges ist das Faltengebirge (auf vielen
Karten fälschlich "Falkengebirge" genannt) anzusehen, welcher langgestreckte
Höhenzug sich von Passendorf bis über den "Stern" (670 m) bei Braunau
erstreckt und an dem sich die Felsen von Wekelsdorf und Adersbach anschließen.
Außer dem "Stern", auf dessen Gipfel sich eine von K. I. Dientzenhofer
erbaute, sternförmige Barockkapelle befindet, sind im Faltengebirge wegen ihrer
schönen Aussicht noch besuchenswert: die Elisabeth-Höhe (704 m), die Ringelkoppe
(757 m) und der Hutberg. Vor und hinter der Elisabeth-Höhe öffnet sich der Gebirgspfad
zu einem ähnlichen Felsenlabyrinth wie auf der Heuscheuer, besonders hervorzuheben
ist von dieser Felsenstadt, im Volksmund "Schmiedegrund" genannt,
das "Felsentheater", das eine Szenerie wie die "Wolfsschlucht"
im "Freischütz" bietet. Bei Merkelsdorf stößt der Mettaufluss auf
den Ortsrand der großen Felsenellipse der Adersbach-Wekelsdorfer Felsen und
nimmt alle Wässer auf, die aus diesen Felsenlabyrinthen kommen.
Der östliche Teil der Innersudetischen Mulde wird von der Glatzer Neiße durchflossen,
die dann bei Wartha durch eine Scholle von Silur und Karbon nach Norden zur
Oderniederung durchbricht. Die in der Tiefe der Innersudetischen Senke verlaufenden
kristallinen Schiefer erscheinen erst wieder in den kristallinen Gebirgen der
Grafschaft Glatz an der Oberfläche. Da die Senke den südlichen Teil des Landeshuter
Kreises erfüllt, wurde sie früher auch als "Landeshuter Gebirge" bezeichnet.
Das Landeshuter Kreisgebiet, das den Osten des Riesengebirges umfasst, wird
östlich von den Randzügen des Waldenburger Berglandes begrenzt, dessen mittlerer
Porphyrzug in den Forstbergen bis an die Stadt Landeshut heranreicht. Nach Südosten
wird das Landeshuter Tal, dessen Landschaft außerordentlich malerische Partien
aufweist, geschlossen durch das Quadersandsteingebiet von Adersbach und Wekelsdorf,
während es nach Süden gegen Böhmen in der "Landeshuter Pforte" geöffnet
ist. Das Tal des Bober, der auf dem Rehorngebirge entspringt, bildet dort eine
breite Verkehrsstraße, die Liebau im Süden und Landeshut im Norden verbindet.
Durch diese Pforte führt die Eisenbahn von Ruhbank über Landeshut und Liebau
nach Trautenau, die bis Liebau elektrischen Betrieb hatte.