Entnommen: Aus der Beilage zur Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe – 5. Folge, Dezember 1989

Heilende Wasser im Riesengebirge

Die Resultate wurden in den "Medizinischen Jahrbüchern des k.k. österreichischen Staates" Band XX 1839 veröffentlicht.

Im Jahre 1846 erschien in Prag eine vierte Schrift über den Badeort. Verfasser war der Kreisphysikus von Jitschin, Dr. Johann N. Eiselt, gewidmet dem Landeshauptmann von Böhmen, Erzherzog Stefan, der 1845 das Bad besucht hatte. Das die Schrift auf große Kritik stieß, erschien 1858 bereits eine zweite, umgearbeitete Auflage.

Einigen schlesischen Ärzten verdankte das Bad in den Jahren nach 1840 einen erheblich vermehrten Besuch aus dem benachbarten Schlesien. Große Verdienste erwarb sich auch der 1855 verstorbene Stadtarzt von Trautenau, Dr. Kneisler. Die bis 1890 wirkenden Kurärzte Dr. Johann Kopf und Dr. Bernhard Pauer veröffentlichten in mehreren Schriften ihr gründlichen Analysen des Bades und die Heilanzeigen der Quellen. Seit 1870 war auch der Distriktsarzt Dr. Franz Schreyer als Kurarzt tätig, nach 1890 neben ihm drei weitere Mediziner, darunter Dr. Maximilian Koref aus Meran und Dr. Knauer aus Wien.

Von 1861, dem Todesjahr des letzten Freiherrn Eduard von Silberstein, der seinen Besitz in eine Stiftung zu Gunsten von Studenten der Universitäten Prag und Wien eingebracht hatte, war Johannisbad bis 1868 unter k.k. Verwaltung. 1868 ging es zunächst in den Besitz des Kommerzienrates Hugo Wihard aus Liebau in Schlesien, dann im gleichen Jahr an den Fabrikbesitzer Friedrich Steffan aus Arnau über.

1869 wurde Johannisbad von Freiheit getrennt und eine selbstständige Gemeinde. Im gleichen Jahr wurde die Telegraphenstation und eine Wandelhalle erbaut. 1871 wurde durch die Eröffnung der Nebenlinie Trautenau -Freiheit der Anschluss des Bades an die "große Welt" erreicht. 1873 wurde durch Ministerialerlass der bisherige Name Johannisbrunn in Johannisbad geändert. Im Jahre 1881 wurde Johannisbad Marktgemeinde; der Ort erhielt 1893 eine Hochquellen-Wasserleitung und der Kurplatz 1896 elektrische Beleuchtung. Bereits 1902 war die Marktgemeinde in der Lage, die ganze Badeanlage käuflich zu erwerben. Bis zum März 1920, da die Kur- und Badeanlagen in die neugegründete "Aktiengesellschaft Johannisbad" überführt wurden, hat die politische Gemeinde weitere Verbesserungen durchgeführt, die Anlagen umgebaut und erweitert, die technischen Einrichtungen auf den damals modernsten Stand gebracht. Unzählige kleinere und größere Veränderungen führte die neue Besitzerin zwischen 1920 und 1939 durch. Im zweiten Weltkrieg waren dann die Kuranstalten zur Versorgung von Verwundeten der deutschen Wehrmacht belegt. 1945 endete mit der Okkupation durch die Tschechen und der Vertreibung der Deutschen eine sechshundertjährige Geschichte. Aus dem deutschen Johannisbad wurde das tschechische Janske Lazne. Und es klingt in den Ohren der ehemaligen Bewohner wie ein Hohn, wenn in der Schrift über Tschechoslovakische Heilbäder des František Nováček erwähnt wird "man spricht deutsch". Deutsch als Fremdsprache in einer von Deutschen geschaffenen Landschaft.

Noch einige Worte über die Besucherzahlen des Bades, wobei berücksichtigt werden muss, dass bis in das 20. Jahrhundert – ähnlich wie bei dem allgemeinen Tourismus – nur eine "gehobene" Schicht (Adel und Großbürger) sich den Besuch eines Bades leisten konnten. Dies änderte sich erst als durch Krankenkassen und Sozialversicherungen eine breitere Schicht die Möglichkeit zu Badekuren bekam.

Der Badearzt Dr. Pauer führt in seinem "Handbuch für Kurgäste und Touristen über Johannisbad" (1875) einzelne Zahlen an:

1851: 490 Personen; 1852: 519 Personen; 1859: 803 Personen; 1864: 878 Personen; 1867: 960 Personen; 1869: 1.310 Personen; 1870:1.036 Personen; 1872:1.742 Personen; 1874:1.890 Personen.

Alfred Bohmann erwähnt in "Das Sudetendeutschtum in Zahlen" (1959) folgende Gästezahlen:

1932: 4.066 Gäste; 1933: 2.818 Gäste; 1934: 3.168 Gäste; 1935: 2.500 Gäste; 1936: 3.109 Gäste; 1937: 3.434 Gäste.

Von diesen Besuchern waren 36 % Ausländer, meistens aus dem benachbarten Schlesien; während bis zum Ende der Monarchie der Anteil der Ausländer ca. 66 % war.

Als Randbemerkung: Johannisbad hatte bei der Volkszählung 1939 nur 390 ständige Einwohner. Meyers "Kontinente und Meere" (Band 2/1972) nennt ca. 800 Bewohner.

Die Thermalquellen:

Der Sprudel von Johannisbad gehört zu den sogenannten Wildbädern, weil die Edelquelle in einer mittleren Höhenlage herauskam. Man sprach auch von einer Akratotherme, d.h. von einer ungemischten Lauquelle. Vergleichbar mit Gastein, Wildbad oder Landeck / Schlesien, auch Warm-Springs / USA. Die Therme mündet mit einer konstanten Temperatur von 29,6° Celsius unter Gasentwicklung in ein großes und zwei kleine Becken. 1860 analysierte Prof. Dr. J. Redtenbacher, Wien, den Sprudel und wies folgende Bestandteile nach:

Basen: Eisenoxyd, Tonerde, Manganoxydul, Kalkerde, Bittererde (im Gelösten), Natron, Kalk.
Säuren: Schwefel-, Kiesel-Kohlesäure, Chlor, Phosphorsäure.

Er zählt das Mineralwasser zu den schwach erdigalkalischen Eisenwässern mit kohlesaurem Kalk als Hauptbestandteil.

1838 stellte Prof. Wolf aus Prag die Zusammensetzung an Gasen fest: in 100 Raumteilen sind enthalten: Stickstoff (83,971), Sauerstoff (15,937) und Kohlensäure (0,002). Diese Gase im Wasser und in der Luft über dem Wasserspiegel haben nach Prof. Löschner große therapeutische Bedeutung.

Der Badearzt Dr. Anton Klug, seit 1908 Nachfolger von Dr. Schreyer untersuchte nach 1908 gemeinsam mit anderen Physikern und Medizinern die Quellen nach Radioaktivität. Die Untersuchungen wurden in dem ca. 1,50 Meter tiefen Brunnenbecken vorgenommen und erbrachten unterschiedliche Werte. Aus dem Ergebnis bei einer Nebenader schloss man, dass auch im Bassin unter dem 20 – 30 cm dicken Kieselboden eine bedeutend höhere Radioaktivität angenommen werden kann, als im Wasser vorhanden. Nach Dr. Klug stammt die Radioaktivität aus dem Urtonschiefer des Gebietes. Der Hauptberg des Tales, der Schwarzenberg, aus Urgestein bestehend wird an seinem südlichen Fuß von einem mächtigen Kalksteingürtel umgeben. Im Hinblick auf die mineralischen Bestandteile der Heilquelle muss ein längeres Verweilen des Wassers in dieser Kalksteinzone angenommen werden. Man vermutet, dass die Quellen aus einer Tiefe von 600 – 650 Metern herkommen, also praktisch aus Meeresspiegelhöhe. Der jenseits des Johannisbaches niedrige Rücken des Mittelberges und auch der Buchenhügel (Kurpark) bestehen aus Urtonschiefer bzw. kristallinen Schiefer (Phylitt), die nach Prof. Dr. Pichler, Tübingen, ein Alter von mehr als 400 Millionen Jahren aufweisen.

In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass die Untersuchungen der Radioaktivität die Beobachtungen von Hettmayer (1680) und Dr. Lodgman de Aven (1707) bestätigen, dass durch Erwärmen von Wassers mittels glühender Urtonschiefersteinen – wie praktiziert – das Gehalt an Radiumemanation und damit die Wirkung erhöht werden kann.

Dr. Klug meint, dass die Radioaktivität nicht allein das einzigartige Heilklima ausmache, sondern verweist auf den Einfluss des subalpinen Klimas und die sauerstoff- und ozonhaltige Gebirgsluft des Riesengebirges.

Johannisbad ist letzten Endes auch ein Lufkurort und ein Wintersportzentrum.

Nach 1934 kam es durch die Errichtung einer sog. Warm-Springs-Anlage nach amerikanischen Muster zur Behandlung von Folgeschäden, Lähmungserscheinungen nach dem Akutzustand von spinaler Kinderlähmung (Poliomyelitis) zu einer Umgestaltung des Kurbetriebes. Der aus Johannisbad stammende Prof. Oskar Baudisch, später u.a. wissenschaftlicher Leiter am Dr. Simon-Baruch-Institut in Saratoga-Springs/N .Y. wies 1934 in einem Vortrag auf die Ähnlichkeit der Johannisbader Therme mit der von Warm-Springs im Staate Georgia hin. Es war in einer Zeit schwerster wirtschaftlicher Depression für die Aktiengesellschaft Johannisbad nicht leicht die zur Errichtung neuer medizinischer Anlagen notwendigen Investitionen durchzuführen.

Dank der Unterstützung seitens der "Landwirtschaftlichen Bezirksvorschusskasse Arnau" konnte 1935 mit dem Umbau bzw. Bau eines neuen Bassins an der Südseite des Kurhauses I begonnen werden.

Unter Leitung des Kurarztes Dr. Victor Sellner (1935 – 1945), der kurzfristig in Warm-Springs/ USA zur Einarbeitung weilte, wurden ausgezeichnete Erfolge in der Behandlung von Folgen der spinalen Kinderlähmung erzielt Ein Werbeprospekt der Kurverwaltung aus dem Jahre 1930 nennt Thermen und deren Anwendung:

Zum Sprudel heißt es u.a., dass neben dem Bassin noch Wannenbäder eingerichtet seien, wobei mit dem Thermalwasser kombiniert Medizinal-, Fichtennadel-, Kohlensäure- und Elektrische Bäder verabreicht würden. Für die Trinkkuren seien drei Trinkstellen eingerichtet: Rübezahlbrunnen am Kurplatz, Brunnentempel im Kurpark und eine Stelle bei der Badekasse.

Außer dem Sprudel gibt es noch die Stahlquelle I (Marienquelle) im Westen des Kurortes. Eine Eisenquelle mit Radioaktivität von 16.M.E. zur Behandlung bei verschiedenen Blutkrankheiten.

Die Stahlquelle II (Kaiserquelle), eine kristallhelle, kalte, kohlensäurehaltige Quelle mit 3,9 M.E.

Radioaktivität zur Behandlung bei Verdauungsbeschwerden.

In nächster Umgebung sind noch zwei kalte Quellen mit hoher Radioaktivität (bis 16 M.E.) zur Anwendung bei nervösen Erschöpfungen, die Helenenquelle und der Herrenbrunnen.

Zum Schluss nochmals ein Hinweis aus der schon erwähnten Schrift über die Tschechoslovakischen Heilbäder (1966 in Prag): Hier wird besonders auf Heilanzeigen bei Nervenerkrankungen im Zusammenhang mit rheumatischen Leiden und auf die Behandlung von Kindern (Kinderlähmung?) verwiesen.

Wenn unser Riesengebirgsbad sich auch nicht mit den Weltbädern des Egerlandes messen kann, so haben hier doch zahlreiche Menschen Linderung erfahren und werden es hoffentlich noch weiterhin.

W.B.

< Inhalt >

© Copyright 2004, www.riesengebirgler.de