Quelle: Riesengebirgsheimat Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe 30 Jahrgang Nr. 8
von Erhard Krause, Berlin
Der steile Nordabfall des Riesengebirges
wird in etwa 750 m Höhe von einer Bergstufe unterbrochen, die durch eine nach
Westen hin sich vertiefende Einsenkung von der eigentlichen Kammwand geschieden
ist. Diese Furche wird von mehreren Wildbächen durcheilt, welche vom Kamm herabrinnen
und dort, wo sie über steile Felswände hinabstürzen, sehenswerte Wasserfälle
bilden (Kochelfall, Hainfall, Silberfälle, Tannwasserfall). In diesem dem Hochgebirge
unmittelbar vorgelagerten Berggelände liegen einige Ortschaften in Streulage,
darunter Hain, Baberhäuser, Saalberg und Agnetendorf. Gegliedert wird das Gelände
durch zwei enge Quertäler und ein Längstal, das sogenannte "Bächeltal"
(Tal des Baberwassers), das sich von der Felsgruppe "Himmelreich"
in Ober-Giersdorf aufwärts bis zum Max-Heinzel-Stein zieht.
Durch den überaus malerischen Zusammenklang von Wald, Wasser und bemoostem Fels
gilt das Bächeltal als eines der schönsten Waldtäler des Riesengebirges. Paul
Regell schreibt von ihm in der Monographie "Das Riesen- und Isergebirge"
(Leipzig 1927): "Das einzige Längstal des Mittelgebirges, das Bächeltal,
gehört trotz geringer Ausdehnung zu den abwechslungsreichsten und anmutigsten
Talgründen des ganzen Gebirges. Fels, Wald und Wiese begleiten in buntem Wechsel
den munteren Bach. Der Granit zeichnet sich dort durch eigentümliche Absonderungsformen
aus (Damenbrettsteine)". Gemeint sind die "Würfelsteine", die
eine pflasterähnliche Oberflächenbildung zeigen (Pegmatitgänge im Granit).
Bei der erwähnten Felsgruppe "Himmelreich" in Ober-Giersdorf (Endpunkt
der Straßenbahn) führt über die eiserne Brücke des Mittelwassers eine 1902
04 angelegte breite Fahrstraße in das Bächeltal, die in diesem herrlichen romantischen
Grunde zu den Baberhäusern aufwärts zieht. Die schöne Kunststraße steigt gleichmäßig
an dem mit üppigem Pflanzenwuchs geschmückten forellenbelebten Gebirgsbach zwischen
moosbewachsenen Felsen empor, vorbei an der "Mayntzeiche", den Soldatensteinen
und den obengenannten interessanten "Würfelsteinen". Anfänglich ist
der Talweg ohne Aussicht, weiter oben aber bietet er prächtige Ausblicke.
Nach 4 km erreicht die Straße die Babermühle, bei der sechs Bäche, das Leiserwasser,
das Höllenwasser, das Tannwasser sich zum "Bächel" oder Baberwasser
vereinigen. Das beachtenswerteste von diesen Gewässern ist das Tannwasser, welches
in drei Gleitfällen und unzähligen Stufenfällen herniederstürzt. Auch das Brückenwasser
verdient Beachtung; dieses bildet eine halbe Stunde südlich vom Baberkretscham
den Brückenwasserfall, der allerdings nur bei gutem Wasserstande lohnend ist.
Vom Hochgebirge blicken hier der Mittagstein, die Dreisteine, die Tumpsahütte,
der Große und Kleine Vogelstein zu uns hernieder. Die Babermühle ist eine der
alten Wohnstätten der Baberhäuser (620 700 m), die, ringsum vom Walde
geschützt, zerstreut am Hange des Silberkammes liegen. Die früher aus 46 Bauden
bestehende Gebirgssiedlung wurde im Dreißigjährigen Krieg von böhmischen Bauern
gegründet, die ihres Glaubens wegen ihre alte Heimat im Sudetenland verlassen
hatten. Das erste Haus wurde 1644 erbaut, 1660 der Baberkretscham (alte Gebirgsschänke)
gegründet und 1736 die Babermühle errichtet. Zuletzt zählte die an der neuen
Spindlerpassstraße gelegene Ansiedlung, welche zur Gemeinde "Gebirgsbauden"
(Brückenberg) gehörte, 250 Einwohner.
Sie bildete eine sehr beliebte Sommerfrische und wurde auch im Winter gern besucht.
Zur Hebung des Fremdenverkehrs hatte die Errichtung der schönen Waldstraße durch
das Bächeltal viel beigetragen, da man auf ihr die Baberhäuser auch mit dem
Wagen erreichen konnte. Die Straße eignet sich übrigens auch trefflich für den
Wintersport (Rodelbahn). Außer dem alten Baberkretscham, der zuletzt mit Zentralheizung,
Autohalle und Fremdenzimmern ausgestattet war, luden die Tumpsahüttenbaude mit
40 Betten, die Gaststätte "Tannenbaude" und die Max-Heinzel-Stein-Baude
am Wald unterhalb der Brotbaude die Wanderer zur Einkehr ein. Für die Sommerfrischler
gab es eine ganze Anzahl Fremdenheime. Auskünfte erteilte der RGV im Forsthaus,
in der Schule, im Baberkretscham und im Haus Waldgarten.
Die Bächeltalstraße führt von der Babermühle noch eine Viertelstunde weiter
bergan in zuletzt steilem Anstieg mit schönen Rückblicken auf den Kynast zum
Max-Heinzel-Stein (666 m), einer an sogenannten "Opferkesseln" reichen
Felsgruppe mit hübscher Aussicht und der dabei befindlichen gleichnamigen Gastbaude.
Die Bezeichnung "Max-Heinzel-Stein" erhielt die ursprünglich "Hainstein"
geheißene Felsgruppe zur Erinnerung an den 1898 verstorbenen schlesischen Gebirgsdialektdichter
Max Heinzel, der hier manchen Sommeraufenthalt verbrachte und dabei Stoff und
Stimmung für seine Dichtungen fand.
Wollte man nicht der ganzen Länge der Fahrstraße durch das romantische schattige
Bächeltal folgen, so konnte man von der Straße den ersten Weg links ab über
die Wurzelhäuser und das Gasthaus "Tannenbaude" in einer Stunde zum
Max-Heinzel-Stein wandern. Ein anderer Weg führte aus dem Bächeltal hinter den
zwei schachbrettartigen Würfelsteinen links hinauf über die Wurzelhäuser und
die "Ida-Esche" in den reizenden Rotengrund, einer Kolonie mit einem
schön gelegenen Gasthaus. Die dicht bei den Baberhäusern befindliche "Tannenbaude"
gehörte zur Kolonie Bronsdorf, welche einst ein großes Dorf gewesen sein soll.