Quelle: Schlesische Bergwacht im Juli 1985

Aus dem kirchlichen Leben Schreiberhau´s

von Erhard Krause, Berlin

Schon frühzeitig hatten in Zeiten religiöser Bedrückung in dem einsamen Hochtal des Zackens, in dem sich zwischen zwei hochaufragenden Gebirgszügen (Hoher Iserkamm und Riesengebirgskamm) die breite Mulde des Dorfes Schreiberhau befindet, Flüchtlinge Schutz und Obdach gesucht. Die bedeutende Höhenlage (450 bis 900 m), Abgeschiedenheit und die den Gebirgsort rings umgebenden dichten Gebirgswaldungen bewahrten das vermutlich zu Beginn des 14. Jahrhunderts von thüringischen Glasmachern angelegte Dorf vor den Greueln der Hussitenzeit und des Dreißigjährigen Krieges. Erst im Siebenjährigen Krieg kamen Truppen beider Seiten durch den Ort, und 1807 befand sich hier unter Graf Götzen die »schwarze Festung«, welche die Feinde nicht anzugreifen wagten.

In der Zeit von 1520 bis 1530 war fast die ganze Gemeinde, deren Bewohnerschaft sich aus Glasmachern, Hüttenarbeitern, Ackerbauern und Viehzüchtern zusammensetzte, zur evangelischen Glaubenslehre übergetreten, und auch die Schaffgot´schen Grundherren des Gebietes waren bis zu Hans Ulrich von Schaffgotsch, den berühmten Reitergeneral Wallensteins, der am 23. Juni 1633 wegen angeblichen Hochverrats zu Regensburg unschuldig enthauptet wurde, evangelisch.

Der Mittelpunkt des Ortes, das liebliche Marienthal (600 bis 720 m), ist eine Gründung böhmischer Exulanten. Um 1578 kam eine wegen ihrer Religion verfolgte Heimatlose namens Maria Pluch aus Böhmen in das Waldgebiet am Zacken, die sich hier niederließ und den Verlust ihrer Familie beweinte. Nach ihr wurde das Waldtal, in dem sich später noch andere Glaubensflüchtlinge ansiedelten, das »Jammertal« geheißen, welcher Name Jahrhunderte hindurch die Erinnerung an jene Zeit deutschen Elends wach erhielt, bis der Ortsteil, der sich an den Abhang des Hohen Iserkammes anlehnt, im 19. Jahrhundert in Mariental umbenannt wurde. Eine Urkunde, die bei den Akten der Marientaler Schule lag, gab darüber näheren Aufschluss.

Mit dem eigentlichen »Schriebirshau« oder »Schreibershow«, wie der Name des Gebirgsdorfes anfänglich nach dem Hof des Hütten- und Forstschreibers genannt wurde, hatte die abgelegene Flüchtlingssiedlung im »Jammertal« jedoch damals noch keinen Verkehr, wenn man von einigen armseligen Saumpfaden, die vom Südhang des Isergebirges zu den einsamen Waldhäusern der Kolonie führten, absieht. Schreiberhaus einzige Verkehrsader bildete zu jener Zeit die »alte Straße« durch das Nieder- und Mitteldorf, an die sich die als Handelsstraße benutzte »Alte Zollstraße« anschloss, die am Hange des Hohen Iserkammes über Karlstal nach Böhmen führte. Erst nachdem 1804 die Dorfstraße und 1848 die längs des Zackens von Petersdorf nach dem Sudetenland führende neue Chaussee – im Volksmund »Hungerstraße« genannt – gebaut wurden, erhielt Mariental engeren Anschluss an das alte Schreiberhau, zu dessen Mittelpunkt des Fremdenverkehrs es sich später entwickelte.

Eine weitere Schreiberhauer Kolonie evangelischer Glaubensverfolgter bildete die sich am Fuße des Reifträgers dicht an den Hochgebirgswald anlehnenden »Hollandshäuser«, die ihren Namen auf eine Familie namens Holland zurückführen, welche während des Dreißigjährigen Krieges aus Treue zu ihrem Glauben Haus und Hof im Sudetenland hatte verlassen müssen und hier in der Abgeschiedenheit des einsamen Waldtales eine neue Heimstätte fand. Während des 30jährigen Mordens wurde der Gebirgsort, an dessen einzigen Zugang zum Niederdorf man eine starke Wache postierte, zum Schlupfwinkel für viele Verfolgte und Heimatlose, die sowohl aus Böhmen wie aus Schlesien kamen und der Gemeinde stärkeren Bevölkerungszuwachs verschafften.

Im Jahre 1652 erbauten sich die Protestanten im Niederdorf die noch bestehende alte Kirche, die aber nur zwei Jahre im Besitz der evangelischen Gemeinde verblieb, da diese ihr 1654 abgenommen wurde. Die Bewohner hielten sich danach zu den benachbarten lutherischen Kirchen in der Oberlausitz oder auch zu den »Buschpredigern«, die an geheim gehaltenen Orten in den Gebirgswäldern verbotene Gottesdienste veranstalteten, woran noch verschiedene Flurstellen wie Pfarrstein, Predigtstuhl, Sammelstein usw. erinnern. Nachdem Schlesien preußisch geworden war, wurde 1742 mit finanzieller Unterstützung Friedrichs des Großen in Nieder-Schreiberhau die neue evangelische Kirche gebaut. Die Glocken dieses Gotteshauses sind aus im Krieg 1870/71 eroberten französischen Geschützen gegossen worden.

Die alte, ursprünglich protestantische und jetzige katholische Marienkirche im Niederdorf wurde 1887 nach Erbauung der katholischen Hauptkirche außer Gebrauch gesetzt, im Jahre 1900 aber wieder hergestellt und für den Gottesdienst geweiht. Die katholische Hauptkirche, die 1887 Graf Ludwig Wilhelm von Schaffgotsch erbauen ließ; steht auf dem aussichtsreichen Eulenberg (675 m) südlich oberhalb vom Mitteldorf und beherbergt an Sehenswürdigkeiten u. a. einen prächtigen Kronleuchter aus der Josephinenhütte, ein Altarbild von Prof. Richter (Glatz) und eine wertvolle Monstranz von Schlossareck (Breslau).

Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde am Kapellenberg zwischen Schenkenstein und Josephinenhütte südlich des Großen Zackens nach den Plänen von Plüddermann (Breslau) die evangelische Kapelle errichtet, welcher geschmackvoller, gotischer Bau am 14. Juli 1891 geweiht wurde. Das Innere der Kapelle, die einen Schmuck der Gegend bildete, war sehr reich ausgestattet durch Stiftungen der kaiserlichen Familie. So waren Kanzel und Altar Geschenke des früheren Kaiserpaares, Altarleuchter und Kruzifix Geschenk der Kaiserin Augusta und die Chorfenster, welche nach Gemälden von Prof. Hermann Hendrich hergestellt sind, Geschenk der Kaiserin Viktoria.

Gottesdienst fand in der Kapelle jeden Sonntag um 10 Uhr Vormittag statt, bei günstigem Wetter im Sommer wurde auch Waldgottesdienst am Rabenstein (715 m) oberhalb der Kapelle gehalten. In der evangelischen Kirche in Nieder-Schreiberhau Grenze zum Sudetenland zerstreut liegen, bedingte, dass manche Gemeindegenossen eine bis zu 5 Stunden weiten Fußweg zu ihrer Kirche hatten. Dies traf besonders für die Bewohner der fünf abgeschiedenen Kolonien: Jakobstal (886 m), Karlstal (825 m), Kobelhäuser (827 m), Hoffnungstal (620 m) und Strickerhäuser (700 m) zu, die sämtlich weit ab von den geschlossenen Ortsteilen nahe der böhmischen Grenze gelegen sind. Die Gläubigen dieser Baudensiedlung besuchten deshalb umständehalber häufig die näher gelegenen Gotteshäuser in den benachbarten sudetendeutschen Orten Harrachsdorf-Neuwelt, Polaun und Schenkenhan, wo im letztgenannten Ort auch eine evangelische Kirche bestand.

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