Wiederholt schon wurde obige Frage
in der Presse ventiliert, oft schon waren die Gemüter unserer Landsleute bei
Auseinandersetzungen bezüglich dieser Frage in Wallung geraten, insbesondere,
als obige Frage letztmalig vom Bayerischen Innenministerium in negativer Form
beantwortet wurde. Wir wollen uns daher einmal objektiv mit dieser Frage auseinandersetzen.
Wir Sudetendeutschen waren einst Staatsbürger der großen Österreichisch-Ungarischen
Monarchie und als dieselbe 1918 zerfiel, wurden wir Staatsbürger der damals
neu geschaffenen Tschechoslowakischen Republik. Wir blieben Staatsbürger dieser
Republik bis zum Jahre 1938. Im Herbst 1938 wurden die sudetendeutschen Gebiete
der ehemaligen Tschechoslowakei nicht etwa durch Volksabstimmung, sondern durch
einen Staatsvertrag, den das ehemalige Großdeutsche Reich mit einem Teil der
heutigen Siegermächte abschloss, ein Bestandteil dieses Reiches. Nunmehr wurden
auf Grund des Art. II des Gesetzes vom 21. 11. 38 (R. G. Bl. I S. 1641) und
gem. dem Vertrag zwischen dem ehemaligen Großdeutschen Reich und der damaligen
Rest-Tschechoslowakei über Staatsangehörigkeit und Optionsfragen vom 26. 11.
38 (R. G. Bl. II S. 895) alle Sudetendeutschen, die vor dem 01. Oktober 1938
nicht deutsche, sondern tschechoslowakische Staatsbürger waren, deutsche Staatsangehörige
und blieben es bis zum Umbruch des Jahres 1945.
Ab diesem Zeitpunkt ist die Beurteilung der Frage der Staatsangehörigkeitsverhältnisse
der Sudetendeutschen nicht mehr einheitlich.
In der englischen Zone werden die Sudetendeutschen als deutsche Staatsangehörige
betrachtet. (England hat bekanntlich das Abkommen vom Jahre 1938 mit unterzeichnet,
offenbar hält man sich dort noch im gewissen Rahmen an dieses Abkommen gebunden.)
In der amerikanischen Zone betrachtet man alle Sudetendeutschen, die vor dem
Anschluss im Jahre 1938 nicht deutsche, sondern tschechoslowakische Staatsangehörige
waren — und das war der größte Teil der Sudetendeutschen — seit 1945 nicht als
deutsche Staatsangehörige mit Ausnahme derjenigen, die in den Jahren 1938 -
1945 eine Einzelstaatsangehörigkeitsurkunde durch das Deutsche Reich erhalten
haben. Diese aber haben nur vereinzelt Sudetendeutsche bekommen. Diese in der
amerikanischen Zone vertretene Auffassung wird damit begründet, dass nach einer
Anordnung der amerikanischen Besatzungsmacht die Gebietserwerbungen des ehemaligen
Großdeutschen Reiches nach dem 31.12.1937 und alle in diesem Zusammenhang ergangenen
Gesetze als unwirksam erklärt wurden.
Wir sehen also, es herrscht bezüglich der Frage der Staatsangehörigkeit der
Sudetendeutschen keine einheitliche Auffassung und es ist Sache der Bundesrepublik,
hier volle Klarheit zu schaffen. Vorläufig sind nach Art. 33 G. G. alle Sudetendeutschen,
wenn ihnen nicht ausdrücklich und persönlich die deutsche Staatsangehörigkeit
verliehen wurde wie schon angeführt, hat der größte Teil der Sudetendeutschen
die deutsche Staatsangehörigkeit nicht persönlich verliehen bekommen
den deutschen Staatsangehörigen in der Bundesrepublik in ihren Rechten und
Pflichten gleichgestellt, ohne aber die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen.
Offenbar vertritt die amerikanische Besatzungsmacht den oben angeführten Standpunkt
deshalb, da sie ja das Abkommen im Jahre 1938 nicht mit unterfertigt hat.
Nunmehr hat der Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft der jetzigen
überparteilichen Organisation Dr. Rudolf Lodgman von Auen und mit ihm
die Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen in dieser
sind bekanntlich die drei großen ehemaligen politischen Richtungen des Sudetendeutschtums
durch Dr. Lodgman, MdB Hans Schütz und MdB Reitzner vertreten bereits
im Jahre 1951 zu dieser Frage Stellung genommen, wie folgt:
"Ein internationaler Vertrag, wie das Münchener Abkommen, konnte überhaupt
nicht gekündigt werden, da eine solche Kündigungsmöglichkeit im Vertrag selbst
nicht vorgesehen war. Es wäre auch ganz absurd, dass die durch das Münchener
Abkommen auf Grund des Völkerbundstatuts vorgenommene territoriale Änderung
in Mitteleuropa nur als zeitlich begrenzt gemeint war. Es ist klar, dass die
Zuteilung eines Territoriums an einen Staat oder seine Wegnahme von einem Staat
völkerrechtlich als eine endgültige Maßnahme zu betrachten ist, wenn nicht etwa
ausdrücklich eine solche territoriale Änderung bloß auf Zeit und unter Bedingungen
festgelegt wurde. Daher hatte es sich beim Münchener Abkommen um eine endgültige
Zuteilung des Sudetenlandes zum Deutschen Reich gehandelt. Diese konnte natürlich
1945 wieder rückgängig gemacht werden, sie konnte aber niemals rückwirkend aus
der Welt geschafft werden.
Völkerrechtlicher Tatbestand:
a.) Die Sudetendeutschen des geschlossenen Sprachgebietes (Sudeten, Böhmerwald,
Südmähren) sind durch den zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakei,
abgeschlossenen Vertrag vom 26.11.1938 deutsche Reichsangehörige geworden. Diese
Verfügung fußte auf dem damals von allen in Berlin akkreditierten Staaten anerkannten
Vertrag von München, durch den das geschlossene sudetendeutsche Sprachgebiet
Reichsgebiet geworden ist. Die Grundlage hierfür waren jene Bestimmungen des
Völkerbundstatuts, nach denen eine Änderung der in den Friedensverträgen von
Paris getroffenen territorialen Ordnung Vorbehalten worden war. So wurde dieses
Gebiet deutsches Reichsgebiet und das Deutsche Reich konnte die deutsche Staatsangehörigkeit
der Bewohner nunmehr souverän und grundsätzlich allgemein regeln. Dies ist durch
oben angeführte Verordnung vorgesehen, die Sudetendeutschen wurden demgemäß
grundsätzlich und allgemein von allen in Berlin akkreditierten Staaten nunmehr
als deutsche Reichsangehörige anerkannt, soweit nicht einzelne Ausnahmen Vorlagen.
b) Nach Errichtung des Protektorates Böhmen und Mähren vom 15.03.1939 wurde
eine Verordnung über die Regelung der Staatsangehörigkeit der Protektoratsbewohner
am 20.04.1939 (RGBl. I S. 815) erlassen, nachdem nunmehr auch die Protektoratsbewohner
deutscher Nationalität allgemein und grundsätzlich deutsche Reichsangehörige
geworden sind, soweit nicht in einzelnen Fällen Ausnahmen bestanden. Auch diese
Regelung wurde anerkannt und ist so ins Völkerrecht übergegangen.
Die Staatszugehörigkeit der Sudetendeutschen ist also eine völkerrechtliche
Tatsache geworden, und sie haben, ihre Staatsangehörigkeit, die ein höchst persönliches
Recht der betreffenden Personen war und ist, auch durch die Ereignisse des Jahres
1945 und die folgende Austreibung nicht verloren, da sie ihnen nur wiederum
vom Deutschen Reich hätte ordnungsgemäß abgesprochen werden können, was nicht
geschehen ist. Da nach völkerrechtlichen Grundsätzen die Ordnung der Staatsangehörigkeitsverhältnisse
grundsätzlich ein souveränes Recht des betreffenden Staates und zunächst unabhängig
von etwaigen territorialen Änderungen ist; so haben die Sudetendeutschen diese
Reichszugehörigkeit durch die Austreibung mit herübergebracht und nicht verloren.
Wenn sich die westdeutsche Republik als Nachfolgerin des Deutschen Reiches betrachtet
(und das ist der Fall), so muss sie auch die in dieser Frage getroffene seinerzeitige
Regelung anerkennen. Ein anderes Verhalten widerspräche nicht nur den völkerrechtlichen
Gebräuchen, sondern wäre auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben, da die betreffenden
Personen keinen Zweifel haben konnten, und mussten in der Tat alle, auch die
schwersten Pflichten eines Reichsangehörigen erfüllen, was ja durch die Verluste
der sudetendeutschen Volksgruppe im Kriege hinlänglich erhärtet wurde. Belanglos
ist vom völkerrechtlichen Standpunkt aus, dass das hier in Betracht kommende
Gebiet durch einseitige Verfügung nunmehr zur Tschechoslowakei gehört, weil
die deutschen Bewohner dieses Gebietes bis auf Ausnahmen außerhalb der neuen
Staatsgrenzen wohnen und der konstruktive Akt der Verleihung der Staatsbürgerschaft
keineswegs auf der Tatsache der Besetzung eines Gebietes durch die besetzende
Macht beruht, sondern auf deren Willen, die Bewohner der neu erworbenen Gebiete
nunmehr als ihre Staatsangehörigen zu betrachten. Dieser Wille war bei der neuen,
nunmehr tschechischen Macht in den Sudetengebieten niemals vorhanden, wurde
sogar ausdrücklich verneint. Damit wird also die Annahme, die Sudetendeutschen
seien `wieder tschechoslowakische´ Staatsangehörige geworden, entkräftet."
Die hier vertretene Auffassung wird nicht nur von deutschen, sondern auch von
einem Teil nichtdeutscher Völkerrechtler geteilt. Wir wollen hoffen, dass durch
diese vollkommen objektiven Darlegungen bezüglich der Frage der Staatsangehörigkeit
Ruhe unter unsere Landsleute kommt, dass auch die Bundesregierung den einzig
richtigen Weg geht, um den Sudetendeutschen auch in dieser Frage zu ihrem Recht
zu verhelfen.
Einheimische und Vertriebene tragen seit 1945 gemeinsam die schweren Lasten,
die dem deutschen Volk auferlegt wurden; es würde wider jedes Rechtsempfinden
verstoßen, wollte man nunmehr bei Lösung dieser Frage den Sudetendeutschen,
die durch den Verlust der Heimat und ihrer Habe das größere Opfer gebracht haben,
noch neues Leid zufügen und noch dazu von deutscher Seite! Eine neue Kluft würde
in diesem Fall im deutschen Volk geschaffen werden, wenn man gerade den Sudetendeutschen,
die seit Jahrhunderten auf deutschem Vorposten gestanden haben, und die deutsches
Kulturgut, einstmals dem Rufe böhmischer Könige folgend, aus Thüringen und Franken
über die Sudetenberge hinweg nach Böhmen, Mähren, Schlesien getragen haben,
die deutsche Staatsangehörigkeit nehmen würde. Wir stellen die Frage: Könnte
eine Mutter sich so zu ihren Kindern verhalten, die nach Jahren der Trennung
wieder heimkehren und noch dazu nicht freiwillig und bettelarm, durch brutale
Gewalt hierzu gezwungen? Nach menschlichem Ermessen wohl kaum!
Die Bundesregierung aber hat nach Art. 73 ZI. 2 GG. die Möglichkeit, hier allgemein
und verbindliches Recht zu schaffen und wir wollen hoffen, dass sie sich ihrer
deutschen Aufgabe gerade in diesem Fall bewusst wird.
Zum besseren Verständnis der beiden nachstehenden Artikel aus der "Riesengebirgsheimat" vorweg der Artikel 116 "Staatsangehörigkeit" des Grundgesetzes der BRD in seiner Urfassung vom 23. Mai 1949:
XI Übergangs- und Schlußbestimmungen
Artikel 116
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes
ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit
besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit
oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches
nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933
und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder
religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag
wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem
8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten
Willen zum Ausdruck gebracht haben.
Quelle: Riesengebirgsheimat 8 / 1955, Seite 6
von Sepp Zinecker
Deutscher ist nach Artikel 116 des
Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, wer die deutsche Staatsangehörigkeit
besitzt. Um zunächst den Begriff der Staatsangehörigkeit jedem verständlich
zu machen, muss gesagt werden, dass diese den Staatsangehörigen in gewisse rechtliche
Beziehung zu seinem Staate bringt: Der Staat verleiht dem Staatsangehörigen
einerseits einen gewissen Rechtsschutz, wofür er andererseits dem Staate gegenüber
verpflichtet ist; er hat sich den jeweils geltenden Rechtsnormen zu fügen.
Der Staatsangehörige wird zum Staatsbürger (Art. 7 der Bayerischen Verfassung),
wenn er das 21. Lebensjahr vollendet hat und somit gemäß den einschlägigen Gesetzen
das Recht zur Teilnahme an Wahlen (aktives Wahlrecht) erlangt.
Die Staatsangehörigkeit wird in Bayern nach Art. 6 Bayer. Verfassung erworben
durch Geburt, Legitimation, Eheschließung und Einbürgerung.
Damit unterscheidet sie sich wesentlich von der deutschen Volkszugehörigkeit,
die sich nach einer Reihe von Faktoren bemisst, wie z. B. Abstammung, Erziehung,
Schulbesuch, Umgangsprache, Bekenntnis und Eintritt für das Deutschtum usw.
Die Staatsangehörigkeit spielt im bürgerlichen Leben des Einzelnen öfter eine
Rolle, als es uns zum Bewusstsein gelangt, nämlich wie bereits betont
in den Rechtsbeziehungen der Einzelperson zum Staate, im Wahlrecht, im
Beamtenrecht, im Personenstands- und Eherecht, im Prozessrecht, nicht zuletzt
in dem nun wieder akut werdenden Wehrrecht usf.
Wie bekannt, waren die Staatsangehörigkeitsverhältnisse bei uns sudetendeutschen
Heimatvertriebenen seit dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches und der damit
mittelbar zusammenhängenden Ausweisung sehr unklar oder zumindest verworren.
Zwar hatte sich das Bundesverfassungsgericht aus Anlass einer Verfassungsbeschwerde
mit Entscheidung vom 28. Mai 1952 eindeutig dafür ausgesprochen, dass die mit
Wirkung vom 10. Oktober 1938 durch Sammeleinbürgerung zu deutschen Staatsangehörigen
erklärten Sudetendeutschen weiterhin als solche zu gelten haben; auch das Bayerische
Staatsministerium des Innern hatte mit Entschließung vom 17. Juli 1952 festgestellt,
dass die sudetendeutschen Heimatvertriebenen nicht mehr als den deutschen Staatsangehörigen
Gleichgestellte, sondern als Deutsche zu betrachten seien. Gesetzeskraft hatten
diese beiden Regelungen jedoch nicht.
Diesem Umstände Rechnung tragend hat der Deutsche Bundestag für die Bundesrepublik
Deutschland als Rechtsnachfolgerin des ehemaligen Deutschen Reiches u.
zw. mit rückwirkender Kraft nunmehr auf Grund des Art. 70 ff. des Bonner
Grundgesetzes ein Staatsangehörigkeitsbereinigungsgesetz erlassen, um einem
längst vorhandenen Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung zu entsprechen
und weil die Wahrung der Rechtseinheitlichkeit über das Gebiet der einzelnen
Bundesländer hinaus dies längst erfordert hat. Nach diesem "Gesetz
zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit" vom 22. Februar
1955 (BGBl. I Nr. 6 Seite 65) sind u. a. die deutschen Volkszugehörigen, denen
die deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund des Staatsvertrages zwischen dem
Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik über Staatsangehörigkeits-
und Optionsfragen vom 20. November 1938 (RGBl. II Seite 895) mit Wirkung vom
10. Oktober 1938 verliehen worden war (= sogenannte Sammeleinbürgerung; sie
traf auf den weitaus größten Teil der damaligen sudetendeutschen Bevölkerung
zu) nach Maßgabe des eben genannten Staatsvertrages deutsche Staatsangehörige
geworden, wenn eine Einzelperson die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch
ausdrückliche Erklärung ausgeschlagen hat oder noch ausschlägt (§ 1 des Gesetzes).
Die Ausschlagung würde die Wirkung haben, dass der Ausschlagende die deutsche
Staatsangehörigkeit nach Maßgabe des § 1 nicht erworben hätte. Nach dem Inkrafttreten
dieses Gesetzes (das ist der 26. Februar 1955) kann die Ausschlagung nur noch
innerhalb der Frist von einem Jahr erklärt werden; die Frist beginnt also mit
dem erwähnten Datum zu laufen. Das Gesetz gilt außer in den neuen Ländern der
Bundesrepublik Deutschland auch im Lande Berlin.
Im Zusammenhang damit und gleichzeitig zusammenfassend kann allgemein gesagt
werden:
Da alle Rechtsnormen der Bundesrepublik Deutschland eine solche stellt
auch das Staatsangehörigkeitsbereinigungsgesetz dar, dem diese Betrachtungen
gelten nur für Bewohner des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik gelten
(wie oben bereits ausgeführt), besitzt das Gesetz gegenwärtig keine Geltung
für die Sudetendeutschen in der Sowjetzone Deutschlands und im ferneren Ausland
(Ausgewanderte, noch zu erwartende Heimkehrer aus Russland usw., sowie für die
nicht der Ausweisung anheimgefallenen oder inhaftierten Landsleute, die sich
noch in der Tschechoslowakei befinden (bezüglich des deutschen Rechts gelten
sie zu den sogenannten Exterritorialen) und denen der Tschechoslowakische Staat
bekanntlich seine Staatsangehörigkeit zwischenzeitlich wieder verliehen hat,
woraus auch die inzwischen stattgefundenen Einberufungen der dort befindlichen
wehrfähigen Sudetendeutschen zum tschechischen Heer resultieren.
Mit Genugtuung kann aber festgestellt werden, das die Gesetzgeber der Bundesrepublik
Deutschland die Staatsangehörigkeitsverhältnisse eines nicht mehr ganz unwesentlichen
Teiles ihrer Bevölkerung zwar spät, aber doch zu seiner Zufriedenheit geregelt
hat, zumal wie aus § l des Gesetzes hervorgeht die deutsche Staatsangehörigkeit
des betreffenden Personenkreises seit dem 10. Oktober 1938 nie aufgehört hat
zu bestehen.
Siehe auch zum besseren Verständnis: Vertrag
zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik über Staatsangehörigkeits-
und Optionsfragen vom 20.11.1938
Quelle: Riesengebirgsheimat 10/1955, Seite 13
von Helmut Wegner
Im Bundesgesetzblatt vom 25.02.1955 ist das Gesetz zur Regelung
von Fragen der Staatsangehörigkeit veröffentlicht worden, das am 26.02.1955
in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz regelt im wesentlichen einmal die Staatsangehörigkeitsverhältnisse
deutscher Volkszugehöriger, denen die deutsche Staatsangehörigkeit in den Jahren
1938 bis 1945 durch Sammeleinbürgerung verliehen worden ist und zum ändern die
Staatsangehörigkeitsverhältnisse der Personen, die auf Grund des Artikels 116
des Grundgesetzes Deutsche sind, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen.
In § l dieses Gesetzes wird bestimmt, dass die deutschen Volkszugehörigen
aus dem Sudetenland, dem Memelland, dem Protektorat Böhmen und Mähren, den eingegliederten
Ostgebieten, der Untersteiermark, Kärnten und Krain sowie der Ukraine, denen
seinerzeit auf Grund von Verträgen und Verordnungen die deutsche Staatsangehörigkeit
verliehen worden ist, deutsche Staatsangehörige geworden sind, es sei denn,
dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit durch ausdrückliche Erklärung ausgeschlagen
haben oder noch ausschlagen. Dasselbe gilt für die Ehefrau und die Kinder dieses
Personenkreises.
Wer auf Grund des Artikels 116
des Grundgesetzes Deutscher ist, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen,
muss auf seinen Antrag hin eingebürgert werden. Die deutsche Staatsangehörigkeit
wird durch Staatsangehörigkeitsurkunden, wie gültige Heimatscheine oder Staatsangehörigkeitsausweise
nachgewiesen. Hinsichtlich der Staatsangehörigkeit mag bemerkenswert sein, dass
neben dem französischen und belgischen auch das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht
die Doppelstaatsangehörigkeit kennt.
Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes sind
auch solche Personen, die nicht zugleich deutsche Staatsangehörige sind; allerdings
wäre hier nachzuweisen, dass sie als Flüchtlinge oder Vertriebene deutscher
Volkszugehörigkeit im Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937
Aufnahme gefunden haben.
In diesem Zusammenhang sei noch
darauf hingewiesen, dass frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen den
31. Januar 1933 und dem 08. Mai 1945 durch Verfolgungs- und Unterdrückungsmaßnahmen
die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt worden ist, in die Auslandsversorgung,
beispielsweise nach dem Bundesversorgungsgesetz miteinbezogen sind.
Von besonderem Interesse für die
Versorgungsverwaltung und somit für den Kreis der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen
sind nun die §§ 9 und 10 des Gesetzes zur Regelung von Fragen zur Staatsangehörigkeit,
die bestimmen, dass ein deutscher Volkszugehöriger, der nicht Deutscher im Sinne
des Grundgesetzes ist, die Einbürgerung vom Ausland her beantragen kann, wenn
er die Rechtsstellung eines Vertrieben nach dem Bundesvertriebenengesetz hat
oder als Aussiedler Aufnahme in der Bundesrepublik oder in Westberlin gefunden
hat. Einem Einbürgerungsantrag muss stattgegeben werden, wenn der Antragsteller
im 2. Weltkrieg Angehöriger der deutschen Wehrmacht oder eines ihr angeschlossenen
oder gleichgestellten Verbandes war, nach seiner Vertreibung keine neue Staatsangehörigkeit
erworben hat und nicht aus dem Staate stammt, der die durch Sammeleinbürgerung
in den Jahren 1938 bis 1945 Eingebürgerten als seine Staatsangehörigen in Anspruch
nimmt.
Bis zum 31.12.1956 steht auch dem
früheren deutschen Staatsangehörigen der Anspruch auf Einbürgerung zu, der aus
politischen, rassischen und religiösen Gründen eine fremde Staatsangehörigkeit
erworben hat, auch wenn er seinen dauernden Aufenthalt im Ausland behält. Das
Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit schließt eine wesentliche
Lücke in dem durch die Nachkriegsverhältnisse ergänzungsbedürftig gewordenen
Staatsangehörigkeitsrecht.