Die Bilder und Texte sind dem Büchlein:
"Erinnerungsstätte unserer Heimat
"Herausgegeben als Festschrift anlässlich
der 30jährigen Patenschaft
Würzburg - Heimatkreis Trautenau
1956 - 1986"
entnommen.
30 Jahre Patenschaft der Stadt Würzburg |
Diese Urkunde, auf Ziegenleder ausgefertigt, wurde in einer Feierstunde am 1. Dezember 1956 im Wenzelsaal des Würzburger Rathauses Herrn Alfons Kolbe, Vorsitzender des Riesengebirgler Heimatkreises Trautenau e. V., vormals Bürgermeister der Stadt Trautenau im Riesengebirge, ausgehändigt. Die Urkunde wurde viele Jahre bei der Stadt Würzburg aufbewahrt; sie ist inzwischen in der "Riesengebirgs-Heimatstube" in der Neubaustraße 12/III in Würzburg hinterlegt und kann von den Besuchern der Heimatstube jederzeit eingesehen werden. Die Städte-Patenschaften gehen auf eine Vereinbarung des Deutschen Städtetages und des Verbandes der Landsmannschaften (heute "Bund der Vertriebenen") aus dem Jahr 1954 zurück. Den aus ihren Heimatländern vertriebenen Deutschen sollte Wohnung und Arbeit und das Gefühl vermittelt werden, wieder eine neue Heimat gefunden zu haben. Die angestammte, alte Heimat, aus der sie gegen die Bestimmungen des Völkerrechts und christlicher und politischer Moral, oft unter Gewalt rechtlos und besitzlos vertrieben worden waren, würden sie und die Generationen der Kommenden niemals vergessen. Seit dem Ende des 2. Weltkrieges ist auch eine andere Art der Beziehungen zwischen Städten der Bundesrepublik und des westlichen Auslandes eingeführt worden, die "Städte-Partnerschaften". Während die Patenstädte ausnahmslos verschiedene Hilfsleistungen erbringen, vor allem die Bereitstellung von Räumen zwecks Einrichtung von Heimatstuben, Archiven und Geschäftsstellen, pflegen die Partnerstädte offizielle Kontakte, gegenseitige Besuche der Bürgermeister und der Stadtratskollegien oder Gruppen von Interessenten aus dem Erziehungsbereich, der Universitäten, des Kunstlebens und der politischen Parteien. Partnerstädte von Würzburg sind: Caen, Dundee, Rochester und Otsu (Japan). Bei der Vereinbarung und Übernahme einer Patenschaft sollten möglichst gleichartige wirtschaftliche und soziologische Verhältnisse beachtet werden. Bei Wiesbaden und Karlsbad, Prag und Heidelberg, München und Aussig, Reichenberg und Augsburg ist die Situation gegeben. Es verdient festgehalten zu werden, wie es zu dem Patenschaftsverhältnis Würzburg-Trautenau gekommen ist. Für ein Vorgespräch mit dem damals amtierenden Herrn Oberbürgermeister Dr. Franz Stadelmayer war ein Terrain vereinbart worden. Herr Oberbürgermeister empfing den Bittsteller sehr ungnädig mit den Worten - ohne ihn aufzufordern Platz zu nehmen: "Sie können sich denken, mit wem wir eine Patenschaft hätten abschließen wollen!" Ich sagte ihm, dass wir Trautenauer nicht dafür verantwortlich sind, dass Amberg voreilig mit Eger abgeschlossen habe und dass auch die Nürnberger, weil auch sie meinen, zu kurz gekommen zu sein, keine Patenschaft eingehen wollten. Balthasar Neumann, der große Barockbaumeister, wird von vielen Städten mit Recht ideell vereinnahmt. Sein nächster Satz lautete wörtlich: "Was haben Sie zu bieten?!" "Wir haben nichts zu bieten, wir sind bekanntlich Vertriebene; aber ich sage Ihnen, was wir verlassen mussten. Stadt und Landkreis Trautenau im Riesengebirge, mit der Schneekoppe, der höchsten Erhebung der deutschen Mittelgebirge, bietet zu jeder Jahreszeit ein prächtiges Landschaftsbild und ist ein bevorzugtes Gebiet der Touristik im Sommer und Winter. Trautenau und viele Gemeinden im Aupatal sind Hauptorte der Leinen- und Baumwollindustrie sowie der Eisenwarenerzeugung. In Schatzlar, Bernsdorf, Radowenz und Qualisch wird Steinkohle abgebaut; die Landwirtschaft, der Obst- und Gartenbau sind vollentwickelt. Handwerk, Gewerbe, Handel sind produktiv und das Schulwesen, Reform-Realgymnasium, Lehrerbildungsanstalt, Acker- und Flachsbauschule, Handelsschule, Volks- und Bürgerschulen und Berufsfachschulen gleichfalls voll entwickelt Trautenau hat auch eine geschichtliche Besonderheit zu bieten. Im preußisch-österreichischen Krieg vom Jahre 1866 erfochten die Österreicher unter den Generalen von Gablentz und von Knebel am 27. Juni 1866 einen klaren Sieg über die Preußen. Die Soldatengräber auf dem Kapellenberg, der Gablentzberg und der Knebelsberg, südlich der Stadtgrenze von Trautenau, sind würdige Stätten der Erinnerung." Nach diesen Ausführungen durfte ich dem Herrn Oberbürgermeister das schriftliche Ansuchen mit der Bitte um Übernahme der Patenschaft übergeben. In der Stadtratssitzung vom 27. Juni 1956 wurde die Patenschaftsübernahme von allen Stadtratsfraktionen stimmeneinhellig beschlossen! In freiwilliger Erfüllung der Patenschaft hat die Stadt im Husarenwäldchen - Nähe der Würzburger Residenz -, in der Nachbarschaft des städtischen Kriegerdenkmals, ein steinernes Gedenkkreuz für die Toten des 1. und 2. Weltkrieges und der Vertreibung aus Stadt und Landkreis Trautenau aufgestellt. An der Seite dieses Gedenkkreuzes sind drei metallene Gedächtnistafeln mit den Namen der Gefallenen des 1. Weltkrieges aus der Stadt Trautenau aufgestellt worden. Diese Tafeln standen im Stadtpark von Trautenau bei dem Kriegerdenkmal, das von dem Trautenauer Bildhauer Emil Schwantner geschaffen wurde. Es zeigte zwei österreichische Soldaten, denen der Tod zum letzten Gang aufspielt. Das Kriegerdenkmal und die Tafeln der Gefallenen (aus Kupfer gearbeitet) mussten im letzten Weltkrieg in ein Schmelzwerk in Hamburg abgeliefert werden; das Kriegerdenkmal wurde, wie viele andere, einschließlich der Kirchenglocken, tatsächlich eingeschmolzen; es ist heute leider nur mehr als Lichtbild zu sehen. Die Tafeln blieben erhalten; sie wurden erfreulicherweise aufgefunden und erkannt und konnten vom Heimatkreis zurückgekauft werden. Wie erwähnt, stehen sie heute neben dem Trautenauer Gedenkkreuz im Husarenwäldchen in der Patenstadt Würzburg. Viele unserer Landsleute aus dem Riesengebirge besuchen bei einem Aufenthalt in Würzburg unsere Trautenauer Gedenkstätte und widmen den Toten ein Gebetsgedenken. Eine zuletzt aufgestellte Tafel der verstorbenen Turner des Riesengebirgsturngaues ergänzt die würdige Stätte der Erinnerung, die bei den Riesengebirgs-Heimattreffen in Würzburg Ort einer Gedenkstunde ist. Die Stadt Würzburg ist dem Riesengebirgler Heimatkreis Trautenau eine vorbildliche Patenstadt. Sie hat miet- und abgabenfrei vor Jahren eine Wohnung und Geschäftsstelle in Heidingsfeld zur Verfügung gestellt. Seit Oktober 1981 ist für die Riesengebirgs-Heimatstube ein 104 Quadratmeter großer Wohnraum im dritten Stock des Barockhauses Nr. 12, in der Neubaustraße, auf unbegrenzte Zeit miet- und abgabenfrei zur Verfügung gestellt. Über Einrichtung und Ausstattung der Riesengebirgsstube wird gesondert sachkundig berichtet. Die Stadt Würzburg gibt zu den Heimattreffen in Würzburg eine finanzielle Unterstützung; sie erweist sich in jeder Hinsicht als eine vorbildliche Patenstadt und zieht mit vielen anderen Patenstädten in Bayern und anderen Bundesländern gleich! Dem Herrn Oberbürgermeister, den Herren Bürgermeistern und den Stadträten sei ein bescheidenes, herzliches Vergelts Gott gesagt, mit der Versicherung, dass nicht unterlassen wird, sich oftmals dieser wertvollen Unterstützung zu erinnern! (Dr. Josef Klug) |
Neubaustraße 12 in 97 070 Würzburg
Unsere "Riesengebirgsstube" wurde vom "Riesengebirgler - Heimatkreis - Trautenau e. V." als Erinnerungsstätte an unsere geraubte Heimat eingerichtet. Lm. Oberlehrer Alois Tippelt, langjähriges Mitglied des Vorstandes, hat durch die Sammlung vieler Bücher, Schriften, Bilder und Urkunden hiefür die Grundlage geschaffen. Diese ist als Dokumentation unserer fast 1000jährigen Geschichte gestaltet, also von den ersten Anfängen der Besiedlung bis 1945, dem Jahr unserer Vertreibung. Nicht durch Kampf nahmen unsere Vorfahren das Gebiet in Besitz, sondern wurden von den Herrschern Böhmens als Bauern, Handwerker und Kaufleute ins Land gerufen, um dieses zu kolonisieren. Die Heimatstube soll beitragen, das Geschichtsbewußtsein in unseren Landsleuten und deren Nachkommen auch noch nach der Vertreibung wachhalten und Interessierten die Möglichkeit geben, die sich über undere Heimat unterrichten wollen. |
Vorwort |
Heimatstuben oder Museen, welche in den Gemeinden eingerichtet werden, in denen die Menschen nach wie vor weiter wohnen, enthalten Dinge ihrer Vergangenheit, die von geschichtlichem Wert sind. Erinnerungsstücke, Gebrauchs- und Einrichtungsgegenstände, die nicht mehr verwendet werden, Urkunden und Pläne, wie der Ort früher einmal ausgesehen und welche Veränderungen dieser im Laufe von Jahrzehnten erfahren hat, mit Aufnahmen von Gebäuden oder Nachbildungen als Kleinmodell von Denkmalswert aus früherer Zeit. Bücher einheimischer Schriftsteller, Trachten, Protokolle, Aufzeichnungen und die Nennung verdienter Männer der Gemeinde. Alles wird darin aufbewahrt, das einen Rückblick in die Geschichte des Ortes gewährt. Aber das Leben der ansässigen Menschen geht weiter. Im äußeren Ablauf ist keine Änderung eingetreten. Der Übergang vom Gestern zum Heute unterscheidet sich nichts. Die Situation ist jedoch anders. Mit dem Jahre 1945 gehört unsere Heimat der Vergangenheit an und hat nur noch geschichtlichen Wert. Also ist sie in ihrem gesamten Bestand darzustellen. Hinzu kommt noch, dass wir bei der Vertreibung alles zurücklassen mussten nicht nur Haus, Hof, Acker, Wiese, Wald, Fabriken und historische Gebäude, sondern auch Zeugnisse, Handwerkzeug, Kunst- und Erinnerungsgegenstände, so dass bei der Einrichtung unserer Riesengebirgsstube andere Gesichtspunkte gelten. Wir sahen daher unsere Aufgabe, die "Riesengebirgsstube" als geschichtliches Dokument zu gestalten, als Beweis des ehemals deutschen Charakters unserer Heimat. So sind es vor allem Bücher in großer Zahl, die diese beschreiben, von denen die meisten vor der Vertreibung entstanden sind aber auch solche, die in Erinnerung an diese und an das schwere Schicksal, die Heimat verlassen zu müssen, nicht in Vergangenheit gerät. Viele Schriften, Urkunden, viele Bilder und Fotos von Orten, charakteristischen Gebäuden und Denkmalen, vereinzelt als Nachbildung im Modell. In Schränken, Kasten und Regalen liegen Karten, Ortspläne, Urkunden, Chroniken von Gemeinden und Vereinen und Verzeichnisse. Dia-Reihen des Gebirges und Aufnahmen der Riesengebirgsmundart auf Band vervollkommnen eine umfangreiche Sammlung. Da es allein mit dem Aufzählen von Namen und Daten nicht getan ist und selbst die Abbildung einer Persönlichkeit und die Gegenständlichkeit einer Sache nicht alles aussagen, wurde in bestimmten Fällen zu deren Verdeutlichung eine Beschreibung angefügt. |