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Die Wander-Glashütte in Friedrichswald

Schilderungen aus dem Isergebirge

von Erhard Krause

Im Zuge der um die Mitte des 16. Jahrhunderts einsetzenden "Glaskolonisation" im Isergebirge, die durch den Holzreichtum der Wälder und die mächtigen Quarzadern des Gebirges bedingt wurde, entstanden bis 1600 nacheinander aus "wilder Wurzel" die Glashüttensiedlungen Grün-wald (1548), Labau (1558), Reiditz (1575) und Friedrichswald (1598). Diese, auf Reichenberger Herrschaftsgebiet gelegen, um mit 729 in Seehöhe die höchstgelegene Ansiedlung im Kreise Reichenberg, verdankt ihre Entstehung dem aus Obersachsen stammenden berühmten Glasmachergeschlechte der Wander, die zeitweise auch Besitzer der Glashütten in Grünwald und Labau waren und später mit dem Prädikate "von Grünwald" geadelt wurden. Sie waren gleich den ebenfalls geadelten Schürer von Waldheim und den Hüttenmeistern der Preußler die Hauptträger in der ersten Epoche der isergebirgischen Glaserzeugung.

Erbauer der Friedrichswalder Hütte war der Glasmeister Peter Wander. Dieser wandte sich im Jahre 1598 an den damaligen Herrschaftsbesitzer Melchior von Redern mit der Bitte, "an einer gewissen Stelle im Gebirge" eine "Glashütten" erbauen zu dürfen, in der er "durchsichtige Scheiben" machen wollte. Zugleich erbat er sich das Recht, gegen einen vereinbarten Zins "äschern" zu können. Beiden Bitten wurde stattgegeben und die am Ursprunge der Weißen (Lausitzer) Neiße, um 1600 erbaute, umfangreiche Glashütte mit einem förmlichen Freiheitsbriefe ausgestattet. Die Niederlassung, welche sich durch die Errichtung mehrerer Häuser, einer Mahlmühle und einer "Scholzerei" (Ortsgericht), rasch zu einer ansehnlichen Dorfkolonie entwickelte, erhielt den Namen Friedrichswald, 1604 "Friedrichswaldaw" geschrieben, welche Benennung wahrscheinlich zum Andenken an Melchiors Bruder, Friedrich 11. oder seines Vaters, Friedrich 1. von Redern, erfolgte. Da derjeweilige Hüttenmeister zugleich als Schultes (Dorfschulze) amtierte, übte auch Peter Wander während der Zeit, in der er Hüttenherr in Friedrichswald war, das Richteramt aus. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Georg Wander, der am 20. Februar 1618 um die "Summa Pr. 1500 Schock die glashütten" seines Vaters "sambt dem Gute und alle dessen gerechtigkeiten laut des freiheitsbrieffs, zwischen Caspar Neubers Wustung, dem Reichenbergischen fahrwege und dem Rothen flosse gelegenen, desgleichen mit einer mühlen", kaufte.

Georg Wander behielt die Glashütte aber nur knappe zwei Jahre, da er sie bereits am 25. Januar 1620 um 1300 Schock unter ihrem Wert an den Glasmeister Johann Hänisch veräußerte, wozu ihn wahrscheinlich die einsetzenden Wirren des 30jährigen Krieges, welche später auch Friedrichswald schwer heimsuchten, veranlassten. Johann Hänisch starb vor 1649, und seine Nachkommen betrieben die Hütte bis zum Jahre 1706, nach welchem Zeitpunkt ein gewisser Elias Lehmann als neuer Hüttenherr in Friedrichswald auftritt. Am 27. Juli 1711 wurde die Glashütte laut einer Eintragung im Schumberger Pfarrgedenkbuch "im Feuer aufgezehrt" und schwer beschädigt. Notdürftig wiederhergestellt und in Gang gebracht wurde sie samt dem Gut an Daniel Josef Vatter verkauft, nach dessen Tod sie am 22. Januar 1739 auf den ältesten Sohn, Johann Josef Vatter, überging. Dieser besaß um das Jahr 1747 auch ein Haus in Reichenberg und unterhielt dort ein Glasgeschäft.

Durch "höchst ungünstige Zeitverhältnisse" veranlasst, verkaufte Vatter 1752 seine Glashütte in Friedrichswald an den aus Kreibitz stammenden Glasmeister Johann Josef Kittel, welcher das Werk wieder in guten Gang brachte. Kittel erbaute in den Jahren 1756/57 aber auch noch eine zweite Glashütte"Neuwiese", war aber dann infolge schlechten Geschäftsganges gezwungen, den Betrieb in der Friedrichswalder Hütte stillzulegen. Da auch das Glashüttenwerk in Neuwiese unter keinem guten Stern stand, musste er bald beide Hütten feilbieten. Um zu verhindern, dass ein "Fremdling allhier ansässig" wurde, brachte 1769 der Glashüttenherr Leopold Johann Riedel die beiden Betriebe in seinen Besitz und übergab diese seinem Bruder Franz Anton Riedel, der 1780 starb. Seien Gattin ging 1782 eine zweite Ehe mit Anton Johann Krause aus Weißach a. d. T. ein, der darauf die Hütte bis zu seinem Tode im Jahre 1795 weiter betrieb. Die Witwe, welche nach dem Ableben ihres zweiten Gatten den Betrieb allein leitete, wurde im Winter 1801/02 unweit ih-rer Wohnung erfroren aufgefunden.

Das Ende des 200 Jahre alten Glashüttenwerkes im Isergebirge war nun nahe. Zwar führte ein Schwager der Riedelschen Erben, der Handelsmann aus Plottendorf, Johann Josef Paudler das Werk noch einige Jahre weiter, doch Josef Riedel, (einer der Söhne von Franz Anton Riedel) verkaufte im Jahre 1807 auf Wunsch seines älteren Bruders Franz Riedel, der in Ungarn eine neue Glasfabrik errichtete, "schleunigst Hütte und Gut an die Reichenberger Obrigkeit".

Nach diesem letzten Verkaufe lebte das Hüttenwerk nicht wieder auf, und die Gebäude verfielen. Der sogenannte "Löschhaufen", ein Hügel unweit des heutigen Schwimmbades in Friedrichswald, bezeichnet die Stelle, wo die Glashütte gestanden hat. Das Wohnhaus des Hüttenmeisters, die alte "Scholzerei" Nr. 28, befand sich an der gleichen Stelle, wo jetzt die Waldbaude steht. Außerdem erinnern auch noch der "Hüttenhau" und der alte "Hüttenweg" an die versunkene Zeit alter Glashüttenherrlichkeit im Isergebirge.

Wie eingangs bemerkt, hatte Peter Wander die Glashütte in Friedrichswald zu dem Zwecke errichtet, um "durchsichtige Scheiben" zu machen. Das im 17. und 18. Jahrhundert im Isergebirge erzeugte grünliche "Waldglas" wies natürlich in Bezug auf Reinheit und Qualität noch viele Mängel auf, wurde aber doch schon zur Verglasung der Fenster, hauptsächlich zu Butzenscheiben in Bleifassung verwendet. Aus Josef Benneschs "Geschichte von Haindorf" wissen wir, dass in der Friedrichswalder Glashütte u.a. auch Scheiben für die Haindorfer Kirche hergestellt worden sind. Und Karl R. Fischer wußte zu berichten, dass in der Friedrichswalder Hütte neben mannigfaltigen Arten von Henkelgläsern, Krügen, Bechern, Kannen usw. auch schon eine einfache Art Thermometer erzeugt wurde. Den Umstand, dass sich das grüne Waldglas vortrefflich zur Bemalung mit satten Emailfarben eignete, die man im Brennofen dem Glaskörper aufschmolz, machte sich ein Bruder des Hüttenmeisters Peter Wander zunutze, der als Glasmaler einen großen Ruf genoß. Im Breslauer Museum für Schlesische Altertümer befand sich bis 1945 ein in der Friedrichswalder Hütte hergestelltes, farbig bemaltes Bierglas, auf dem sich dieser "Glasmaler zu Friedrichswalde" 1617 verewigt hatte. Der gleiche Glasmaler Wander war es auch, der die von dem Labauer Hüttenmeister Kaspar Schürer für das alte Reichenberger Rathaus (erbaut 1599 - 1604) gestifteten sechs Wappenscheiben bemalte, welche 1892 in das neue Rathaus übernommen wurden. Später, um 1752, wurde in der Friedrichswalder Hütte auch Lusterbehang erzeugt.

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