Einreicher: Ullrich Junker Mörikestr. 16, D 88285 Bodnegg
Schilderungen aus dem Isergebirge
Bahnbrechend in der Erschließung der großen Gebirgswaldungen
des Isergebirges und damit der Besiedelung des einsamen Waldgebirges waren die
wandernden Waldglashütten, die hier nicht nur genügend Holz, sondern auch den
Urstoff der Glasbereitung in großen Quarzgängen des Gebirges fanden. Je nachdem
der Wald, der ihnen das Feuerungsmaterial und den Rohstoff zur Herstellung des
Alkali (Holz‑ oder Pottasche) bot, geschlagen war, wanderten die Hütten
an immer entferntere, abseitige Orte bis hinauf in die Hochtäler an der Großen
und Kleinen Iser. Mit ihnen zog alles, was durch sie Beschäftigung erhielt,
mit bergauf, während in die verlassenen Wohnstätten der Glashüttenleute Ackerbauer
und Viehzüchter nachrückten, die dem gerodeten, kargen Waldboden Nahrung abzugewinnen
suchten. Auf diese Weise entstanden Siedlung um Siedlung, von denen allerdings
einige mit der Stillegung der Glasbetriebe wieder vereinsamten.
In den Wäldern der Herrschaft Klein‑Skal auf der Südseite des Isergebirges
erbaute im Jahre 1548 unter Herrn Adam von Wartenberg der Glasmeister Frantz
Kuntze auf der sogenannten "Moosheide" eine Glashütte, welche die
Neubesiedelung des alten Weberdorfes Gablonz zur Folge hatte, das seit 1469
"wüst" lag. Diese Waldglashütte erhielt später den Namen "Grüne
Wald", wohl in Anlehnung an das Adelsbeiwort der Glasmacherfamilie Wander,
die mit dem Prädikate“ von Grünwald“ geadelt wurde und längere Zeit Besitzer
der Hütte war. 1608 kaufte diese der Hüttenmeister Erhard Ehwald, der sie 1615
an die Schürer von Waldheim veräußerte, in deren Besitz das Werk bis zu seinem
Ende blieb. Zweimal brannte die Hütte nieder; an! 2. Mai 1643 wurde sie samt
Herrenhaus und Nebengebäuden von den Schweden in Asche gelegt und den zweiten
Abbrand am 2. Januar 1734 verschuldete die "Liederlichkeit des Nachtschürers".
Nach dieser zweiten Zerstörung ist die Hütte nicht wieder aufgebaut worden.
Im Jahre 1558 entstand südöstlich von Gablonz, im heutigen Labau, eine neue
Waldglashütte im Isergebirge, die der Glasmeister Hans Schürer gründete, dessen
rühmliches Geschlecht hier bis gegen Ende des 30jährigen Krieges tätig war.
Danach erwarben die Wander die Hütte und betrieben diese bis zum Rückkauf des
Hüttenbesitzes durch die Grundherrschaft im Jahre 1717. In der Geschichte des
Glases im Isergebirge kommt der Labauer Hütte deshalb eine besondere Bedeutung
zu, weil wir es hier mit einer Glashütte "in Venezianer Art" zu tun
haben. Es wurde in ihr sogenanntes "Fadenglas" hergestellt, das eine
venezianische Erfindung ist und an vielen Orten in Böhmen, Schlesien und Sachsen
nachgeahmt wurde.
Etwa um die gleiche Zeit wie die Labauer Hütte dürfte die Glashütte in Reiditz
auf der Herrschaft Nawarow gegründet worden sein, die ebenfalls zu den alten
Waldglashütten im Isergebirge zählte. Als ihr Besitzer wird 1577 urkundlich
der Hüttenmeister Paul Schürer genannt, der höchstwahrscheinlich auch ihr Erbauer
war. Dieser stammte aus Aschberg in Mähren, von wo er 1530 nach Böhmen einwanderte
und in Falkenau bei Haida die dortige Stammhütte der später geadelten und weitverzweigten
Glasmacherfamilie Schürer von Waldheim erbaute. Die Schürer verpflanzten die
Glasindustrie nicht nur ins Isergebirge, sondern überallhin, wo es schlagbare
Waldungen gab, so ins Riesen‑ und Erzgebirge und in den Böhmerwald.
Am tiefsten war von den wandernden Glashütten des 16. Jahrhunderts die Glashütte
in Friedrichswald in das Isergebirge eingedrungen. Diese entstand 1598 auf Reichenberger
Herrschaftsgebiet nahe dem Ursprung der Weißen Neiße in 729 in Höhe und war
eine Schöpfung der Glasmacherfamilie Wander, die nicht weniger rührig als die
Schürer war. Der Erbauer der Hütte, Peter Wander, der hier "durchsichtige
Scheiben" und Hohlglas erzeugte, überließ den Betrieb 1618 seinem Sohn
Georg Wander, der ihn 1620 samt dem Hüttengut an Johann Hänisch verkaufte. In
der Folgezeit wechselte die Hütte, die am 27. 11. 1711 schwere Feuerschäden
erlitt, oft den Besitzer, bis sie schließlich 1807 aufgelassen wurde und das
Werk verfiel.
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts, als die alten Hütten der Schürer von Waldheim
und Wander bis auf das Werk in Friedrichswald bereits aufgelassen waren, entstanden
auf den Herrschaftsgebieten der Grafen Clam‑Gallas, Desfour‑Walderode
und Schaffgotsch eine Anzahl weiterer Hütten aus "grüner Wurzel",
mit deren Gründungen die Glasmeister Kittel, Weber, Riedel und Preußler eine
neue Epoche in der isergebirgischen Glaserzeugung und ‑veredelung einläuteten.
Im Jahre 1756 erbaute der damalige Friedrichswalder Hüttenherr Johann Kittel
auf einer 778 in hochgelegenen Waldwiese nahe dem Blattnelbache im Hinter‑Friedrichswalder
Forste die Glashütte "Neuwiese" nebst einem Herrenhaus und einem Arbeiterhäuschen.
Diesen Betrieb kaufte 1766 der Hüttenmeister Johann Leopold Riedel, der das
Werk 1795 seinem ältesten Sohne Anton Riedel verkaufte. Nach anfangs gutem Geschäftsgange
hatte diese Waldglashütte, die neben Hohlgläsern auch Stangenglas, Glasperlen
und Lustersteine erzeugte, gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit großen Absatzschwierigkeiten
zu kämpfen und musste schon 1817 stillgelegt werden.
1839 gelangte sie zusammen mit dem Arbeiterhaus zum Abbruch, währen das Herrenhaus
später als Jagdschloss "Neuwiese" historische Bedeutung erlangte.
Auf Desfour´schem Gebiet, im Forstrevier Johannesberg‑Karlsberg
an der Blattnei, errichtete 1758 der Glasmeister Anton Weber aus Kreibitz die
sogenannte "Karlshütte", die der Graf Desfour 1761 an Johann Leopold
Riedel verpachtete, der zu dieser Zeit bereits Pächter der alten Zenknerhütte
in Antoniwald auf der Herrschaft Morchenstern war. Wegen der Holznutzung der
Karlshütte kam es 1773 zwischen Riedel und dem gräflichen Förster Johann Meschayda
zu einer harten Auseinandersetzung, die damit endete, dass der Graf den Pachtvertrag
für beide Hütten, also auch der Zenknerhütte, löste und Riedel ohne Betrieb
dastand. Die Karlshütte wurde 1774 samt dem Wohnhause, das seit 1769 von Johann
Karl Riedel als Verwalter bewohnt war, abgebrochen. Erzeugt ist in der Hütte
neben allerlei Flaschen und Flacons, Freimaurerbechern, Lüsterbehang, Knöpfen
und Perlen auch Stangenglas.
Nachdem Leopold Riedel die beiden genannten Hütten und auch sein Heim in Antoniwald
als Folge des Holzstreites verloren hatte, wandte er sich an den Grafen Christian
Philipp Clam‑Gallas mit der Bitte, ihm "zwischen den beiden Kaminzeflösseln"
den Platz für die Errichtung einer neuen Glashütte und einen Holzungsgrund zuzuweisen,
welcher Bitte entsprochen wurde. So entstand 1775 die einsame, mitten im Gebirgswalde
gelegene Hüttenkolonie Christianstal (798 in), in der am Dreikönigstag 1776
die erste Glasschmelze erfolgte.