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Die alten Waldglashütten im Isergebirge

Schilderungen aus dem Isergebirge

von Erhard Krause

Bahnbrechend in der Erschließung der großen Gebirgswaldungen des Isergebirges und damit der Besiedelung des einsamen Waldgebirges waren die wandernden Waldglashütten, die hier nicht nur genügend Holz, sondern auch den Urstoff der Glasbereitung in großen Quarzgängen des Gebirges fanden. Je nachdem der Wald, der ihnen das Feuerungsmaterial und den Rohstoff zur Herstellung des Alkali (Holz‑ oder Pottasche) bot, geschlagen war, wanderten die Hütten an immer entferntere, abseitige Orte bis hinauf in die Hochtäler an der Großen und Kleinen Iser. Mit ihnen zog alles, was durch sie Beschäftigung erhielt, mit bergauf, während in die verlassenen Wohnstätten der Glashüttenleute Ackerbauer und Viehzüchter nachrückten, die dem gerodeten, kargen Waldboden Nahrung abzugewinnen suchten. Auf diese Weise entstanden Siedlung um Siedlung, von denen allerdings einige mit der Stillegung der Glasbetriebe wieder vereinsamten.

In den Wäldern der Herrschaft Klein‑Skal auf der Südseite des Isergebirges erbaute im Jahre 1548 unter Herrn Adam von Wartenberg der Glasmeister Frantz Kuntze auf der sogenannten "Moosheide" eine Glashütte, welche die Neubesiedelung des alten Weberdorfes Gablonz zur Folge hatte, das seit 1469 "wüst" lag. Diese Waldglashütte erhielt später den Namen "Grüne Wald", wohl in Anlehnung an das Adelsbeiwort der Glasmacherfamilie Wander, die mit dem Prädikate“ von Grünwald“ geadelt wurde und längere Zeit Besitzer der Hütte war. 1608 kaufte diese der Hüttenmeister Erhard Ehwald, der sie 1615 an die Schürer von Waldheim veräußerte, in deren Besitz das Werk bis zu seinem Ende blieb. Zweimal brannte die Hütte nieder; an! 2. Mai 1643 wurde sie samt Herrenhaus und Nebengebäuden von den Schweden in Asche gelegt und den zweiten Abbrand am 2. Januar 1734 verschuldete die "Liederlichkeit des Nachtschürers". Nach dieser zweiten Zerstörung ist die Hütte nicht wieder aufgebaut worden.

Im Jahre 1558 entstand südöstlich von Gablonz, im heutigen Labau, eine neue Waldglashütte im Isergebirge, die der Glasmeister Hans Schürer gründete, dessen rühmliches Geschlecht hier bis gegen Ende des 30jährigen Krieges tätig war. Danach erwarben die Wander die Hütte und betrieben diese bis zum Rückkauf des Hüttenbesitzes durch die Grundherrschaft im Jahre 1717. In der Geschichte des Glases im Isergebirge kommt der Labauer Hütte deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil wir es hier mit einer Glashütte "in Venezianer Art" zu tun haben. Es wurde in ihr sogenanntes "Fadenglas" hergestellt, das eine venezianische Erfindung ist und an vielen Orten in Böhmen, Schlesien und Sachsen nachgeahmt wurde.

Etwa um die gleiche Zeit wie die Labauer Hütte dürfte die Glashütte in Reiditz auf der Herrschaft Nawarow gegründet worden sein, die ebenfalls zu den alten Waldglashütten im Isergebirge zählte. Als ihr Besitzer wird 1577 urkundlich der Hüttenmeister Paul Schürer genannt, der höchstwahrscheinlich auch ihr Erbauer war. Dieser stammte aus Aschberg in Mähren, von wo er 1530 nach Böhmen einwanderte und in Falkenau bei Haida die dortige Stammhütte der später geadelten und weitverzweigten Glasmacherfamilie Schürer von Waldheim erbaute. Die Schürer verpflanzten die Glasindustrie nicht nur ins Isergebirge, sondern überallhin, wo es schlagbare Waldungen gab, so ins Riesen‑ und Erzgebirge und in den Böhmerwald.

Am tiefsten war von den wandernden Glashütten des 16. Jahrhunderts die Glashütte in Friedrichswald in das Isergebirge eingedrungen. Diese entstand 1598 auf Reichenberger Herrschaftsgebiet nahe dem Ursprung der Weißen Neiße in 729 in Höhe und war eine Schöpfung der Glasmacherfamilie Wander, die nicht weniger rührig als die Schürer war. Der Erbauer der Hütte, Peter Wander, der hier "durchsichtige Scheiben" und Hohlglas erzeugte, überließ den Betrieb 1618 seinem Sohn Georg Wander, der ihn 1620 samt dem Hüttengut an Johann Hänisch verkaufte. In der Folgezeit wechselte die Hütte, die am 27. 11. 1711 schwere Feuerschäden erlitt, oft den Besitzer, bis sie schließlich 1807 aufgelassen wurde und das Werk verfiel.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts, als die alten Hütten der Schürer von Waldheim und Wander bis auf das Werk in Friedrichswald bereits aufgelassen waren, entstanden auf den Herrschaftsgebieten der Grafen Clam‑Gallas, Desfour‑Walderode und Schaffgotsch eine Anzahl weiterer Hütten aus "grüner Wurzel", mit deren Gründungen die Glasmeister Kittel, Weber, Riedel und Preußler eine neue Epoche in der isergebirgischen Glaserzeugung und ‑veredelung einläuteten. Im Jahre 1756 erbaute der damalige Friedrichswalder Hüttenherr Johann Kittel auf einer 778 in hochgelegenen Waldwiese nahe dem Blattnelbache im Hinter‑Friedrichswalder Forste die Glashütte "Neuwiese" nebst einem Herrenhaus und einem Arbeiterhäuschen. Diesen Betrieb kaufte 1766 der Hüttenmeister Johann Leopold Riedel, der das Werk 1795 seinem ältesten Sohne Anton Riedel verkaufte. Nach anfangs gutem Geschäftsgange hatte diese Waldglashütte, die neben Hohlgläsern auch Stangenglas, Glasperlen und Lustersteine erzeugte, gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit großen Absatzschwierigkeiten zu kämpfen und musste schon 1817 stillgelegt werden.

1839 gelangte sie zusammen mit dem Arbeiterhaus zum Abbruch, währen das Herrenhaus später als Jagdschloss "Neuwiese" historische Bedeutung erlangte.

Auf Desfour´schem Gebiet, im Forstrevier Johannesberg‑Karlsberg an der Blattnei, errichtete 1758 der Glasmeister Anton Weber aus Kreibitz die sogenannte "Karlshütte", die der Graf Desfour 1761 an Johann Leopold Riedel verpachtete, der zu dieser Zeit bereits Pächter der alten Zenknerhütte in Antoniwald auf der Herrschaft Morchenstern war. Wegen der Holznutzung der Karlshütte kam es 1773 zwischen Riedel und dem gräflichen Förster Johann Meschayda zu einer harten Auseinandersetzung, die damit endete, dass der Graf den Pachtvertrag für beide Hütten, also auch der Zenknerhütte, löste und Riedel ohne Betrieb dastand. Die Karlshütte wurde 1774 samt dem Wohnhause, das seit 1769 von Johann Karl Riedel als Verwalter bewohnt war, abgebrochen. Erzeugt ist in der Hütte neben allerlei Flaschen und Flacons, Freimaurerbechern, Lüsterbehang, Knöpfen und Perlen auch Stangenglas.

Nachdem Leopold Riedel die beiden genannten Hütten und auch sein Heim in Antoniwald als Folge des Holzstreites verloren hatte, wandte er sich an den Grafen Christian Philipp Clam‑Gallas mit der Bitte, ihm "zwischen den beiden Kaminzeflösseln" den Platz für die Errichtung einer neuen Glashütte und einen Holzungsgrund zuzuweisen, welcher Bitte entsprochen wurde. So entstand 1775 die einsame, mitten im Gebirgswalde gelegene Hüttenkolonie Christianstal (798 in), in der am Dreikönigstag 1776 die erste Glasschmelze erfolgte.

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