von Ullrich Junker, Mörikestr. 16, 88285 Bodnegg
Am 18. Februar 1635, während
des Dreißigjährigen Krieges, trafen unter militärischer Bewachung
mehrere hohe Offiziere des kaiserlichen Heeres in Regensburg ein, unter ihnen
auch der General Freiherr Hans Ulrich von Schaffgotsch. Die Anklage beschuldigte
ihn der Verschwörung mit Wallenstein und damit des Hochverrats. Schaffgotsch
brachte einen Teil seiner Dienerschaft mit, die im Gasthof "Zum Blauen
Krebs" Quartier bezog; er selbst wohnte als Gefangener im Aichingerschen
Haus (s. d.) am Haidplatz, dem westlichen Vorgängerbau des Thon-Dittmer-Palais.
Das in Regensburg tagende Kriegsgericht unter Vorsitz von General Götz
ging besonders gegen Schaffgotsch mit äußerster Härte vor.
Da er seine Unschuld standhaft beteuerte, führte man ihn des Nachts zur
Folter in das Rathaus, wo man ihn "etliche Mal ganz erbärmlich an
der strengen Frag torquiert und gemartert" (Ratisbona, HV Ms. R 2). Jesuiten
bedrängten den Gefangenen, der überzeugter Protestant war, den katholischen
Glauben anzunehmen. Trotz schwerster Anwendung der Folter konnte das Gericht
kein Schuldgeständnis erzwingen. Das Urteil Kaiser Ferdinands II. (1619
- 1637), das jedoch dessen Unterschrift nicht trug, lautete auf Tod durch
Enthauptung. Vom vorherigen Abschlagen der Hand wurde er begnadigt. Die letzten
Tage verbrachte Schaffgotsch in einem Raum des Rathauses. Als endlich eine
Abordnung des Kriegsgerichts bei ihm erschien und ihm den Tod ankündigte,
zeigte er sich froh, das Ende seiner Leidenszeit abzusehen. Er schickte nun
einen seiner Diener zum Scharfrichter Hanns Crafft (Hans Kraft), ließ
ihm drei Dukaten übergeben und ihn auffordern, nur unverzagt zuzuhauen.
Außerdem ließ er ihn bitten, ihn nicht kniend, sondern auf einem
Schemel sitzend zu enthaupten. Für seine Leiche bestellte Schaffgotsch
einen Sarg aus Lindenholz mit einem Schaufenster. Auch um die würdige
Ausstattung der Richtbühne war er besorgt. Gerüst und Richtschemel
ließ er mit schwarzem Tuch bespannen. Zum Zeichen der Trauer mußten
seine Diener bereits während seiner letzten Lebenstage Schleifen aus
schwarzem Flor am Ärmel tragen.
Den religiösen Beistand leistete dem hohen Gefangenen der evangelische
Pfarrer Christoph Sigmund Donauer (s. d.). Als endlich am 13. Juli der Gerichtsdiener
bei Schaffgotsch erschien und den Befehl überbrachte, der General möge
nun seinen letzten Weg antreten, knieten er und der Geistliche nochmals nieder,
beteten, sangen und nahmen dann mit so rührenden Worten Abschied, daß
alle Soldaten, deren das Gemach voll war, bitterlich selbst weinten"
(Ratisbona, HV Ms. R 2). Vor dem Rathaus erwartete den Todgeweihten eine "schlechte
und elende Gutschen", die ihn zum Goldenen Kreuz nach dem nur wenige
Schritte entfernten Haidplatz brachte, wo auch die Richtbühne aufgebaut
war. Das Kriegsgericht verlas ihm das Urteil, worauf er standhaft das Blutgerüst
bestieg, noch einmal kniend das Vaterunser betete und dann auf dem Richtschemel
Platz nahm. Nachdem er seinen Hut fest auf den Kopf gedrückt hatte, band
ihm der Diener Konstantin die Haare mit einem weißen Tuch hinauf und
nahm ihm den Halskragen ab. Mit wuchtigem Hieb trennte alsdann der Scharfrichter
den Kopf vom Rumpf, aus dem das Blut wie aus einem Springbrunnen in die Höhe
schoß. Der Tapfere hatte sich so fest auf den Schemel gesetzt, daß
er selbst nach der Enthauptung noch sitzen blieb. ,,Konstantin, der sich allein
auf dem Blutgerüst befand, wußte sich nicht anders zu helfen, als
daß er den Körper samt dem Schemel zu Boden warf, was ihm nur mit
großer Mühe gelang, weil sein seliger Herr sich mit den beiden
Schenkeln so fest an dem Boden [der Sitzfläche] eingestemmt hatte. Als
dieses geschehen, nahm er den Kopf, worauf der Hut sitzen geblieben, küßte
denselben und wickelte ihn nebst dem Körper in das auf dem Boden liegende,
bluttriefende Tuch, fiel sodann auf die Knie und betete das Vaterunser über
der Leiche seines geliebten Herrn" (Neumann, Schaffgotsch). Nun erschienen
auch die übrigen Diener des Freiherrn und legten den Leichnam in den
bereitgestellten Sarg. Im nahegelegenen Gasthof "Zum Blauen Krebs"
(s. d.), Krebsgasse 6 (B 37), wurde er 2 Tage lang zur Schau gestellt. Schaffgotsch
hatte ausdrücklich befohlen, das Blut an seinem Körper nicht abzuwaschen
und den Kopf nicht anzunähen. (Nach Chronik HV Ms. R 2 wurde jedoch der
Kopf an den Rumpf genäht.) Auf Weisung des Dieners Konstantin kam ein
Maler in den "Blauen Krebs" und bildete den blutüberströmten
Leichnam ab. Tausende von Regensburgern betrachteten und beweinten ihn. Die
evangelischen Bürger der Reichsstadt empfanden mit dem todesmutigen und
standhaften General großes Mitleid und waren von dessen Unschuld überzeugt.
Das bei der Enthauptung gebrauchte neue Richtschwert verkaufte der Scharfrichter
an einen Offizier aus dem ehemaligen Regiment Schaffgotsch. Der Henker versprach
ihm angeblich, sein schauriges Gewerbe nun aufgeben zu wollen, da er bereits
hundert Köpfe abgehauen habe. Doch scheint er nicht Wort gehalten zu
haben, denn fünf Jahre später, als ihm bei der Enthauptung einer
Kindsmörderin der Streich mißlang, wurde er von der aufgebrachten
Volksmenge erschlagen (vgl. 5. 849).
Am 15. Juli 1635, abends 11 Uhr, würde Schaffgotsch bei Fackelschein
in einer Gruft im kleinen Friedhof der Dreieinigkeitskirche bestattet, ohne
größeres Zeremoniell, wie er befohlen hatte und "wie das kleine
Sandsteinlein mit seinem Wappen [2 goldene Greife auf blauem Grund] und Buchstaben
noch zu erkennen gibt" (HV Ms. R 2).
Schaffgotsch war 39 Jahre alt, als er starb. Der von ihm testamentarisch festgelegte
Wunsch, seinen Leichnam, wo immer er sterben möge, in seine schlesische
Heimat nach Greiffenberg zu überführen, ging nicht in Erfüllung.
In der Graphiksammlung des Museums befindet sich ein von Schaffgotsch eigenhändig
beschriebenes Stammbuchblatt. Es zeigt in Aquarellmalerei das Wappen der Schaffgotsch.
In der Banderole darüber: "Ratione non cupidine" - mit Verstand,
nicht mit Leidenschaft. Im Unterteil: "Zu freundlicher Gedechtnus schrieb
dies in Padua den 3. Aug. Ao 1611 Hanß Ulrich Schaffgotsch Freyherr
zu Trachenberg". Das Blatt schenkte der Regensburger Juwelier August
Koch, Ludwigstraße (D 8) 1834 dem Historischen Verein, von dem es an
das Museum gelangte.
Karl Bauer: Regensburg, Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte, Seiten 280 - 733 - 853:
Gasthaus "Blauer Krebs" Krebsgasse 6 (B 37)
Der Raum ist heute noch vorhanden, wo Schaffgotsch 2 Tage lang
zur Schau gestellt wurde.
Sein Spruch:
"Wenn ich geh aus diesem Haus,
gesegne mich Jesus Christus draus,
all Schritt und Tritt geht Jesus mit
Mein Gang wird mir mißlingen nit.
(Gumpelzheimert 111/1246)
Superintendent Chr. Sigmund Donauer spendete auch 3 Jahre
vorher dem todkranken Kepler die Tröstungen.
Kirchhof und die Dreieinigkeitskirche sind Ruhestätte des enthaupteten
Generals Ulrich von Schaffgotsch.
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