Johannes von Nepomuk

* um 1348 Pomuk bei Pilsen       † 20. 03. 1393 Prag

Der Brückenheilige

von Johann Posner

Nicht allein in seinem Heimatlande Böhmen, sondern weit darüber hinaus findet man an ungezählten Orten alte Brücken mit der Statue des heiligen Johannes von Nepomuk. Früh verwaist, wurde dieser Sohn des deutschen Bürgers Wolfflin oder Welflin von den Zisterziensern seines Geburtsortes aufgezogen. Der begabte Jüngling studierte in Prag Theologie, Philosophie und Kirchenrecht. 1373 bis 1380 führte er allda als öffentlicher Notar in der erzbischöflichen Kanzlei die Protokolle des geistlichen Gerichts. Sodann wurde er Pfarrer von St. Gallus in der Prager Altstadt und Sekretär des Erzbischofs Johann von Jen(zen)stein, 1387 Doktor des Kirchenrechts, später Domherr von St. Veit und erzbischöflicher Generalvikar. Anspruchslos und von aszetischer Strenge gegen sich, fand er noch Zeit für die Seelsorge der Armen und Bedrängten. Unerschrocken die kirchlichen Rechte verteidigend, erregte er den Unwillen des Königs Wenzel IV. Dieser Herrscher war anfangs gerecht und wohlwollend, frönte aber dann dem Trunke und anderen Leidenschaften. Als der Erzbischof im Frühjahr 1393 die zahlreichen Übergriffe der königlichen Beamten mit einigen Exkommunikationen beantwortete, geriet Wenzel in tobende Wut. Auf seinen Befehl kamen die in das Augustinerkloster Raudnitz zu ihrem Erzbischof geflüchteten Domherren mit diesem nach Prag zurück. Bei der Johanniterkirche begegneten sie dem König, der sie auf offener Straße beschimpfte. Höhnend wiederholte Wenzel den Fußfall, den der Erzbischof vor ihm getan hatte, um ihn zu beschwichtigen. Von der Straße weg ließ er Johannes und drei andere Domherren verhaften. Im Kapitelsaale schlug der Rasende den greisen Domdechanten Bohuslaus mit dem Degenknauf über den Kopf und unserem Heiligen stieß er in blindwütigem Hasse brennende Pechfackeln in die Seiten, bis sich das Fleisch von den Knochen löste. "Nachdem man ihm die Seiten so schwer verbrannt hatte", berichtete hernach der Erzbischof an den Papst, "dass er auch ohne den gewaltsamen Tod hätte sterben müssen, wurde der ehrwürdige Doktor Johannes, mein geistlicher Vikar, in aller Öffentlichkeit durch die Straßen und Gassen der Stadt zur Moldau geschleppt und dort, die Hände auf den Rücken gebunden, die Füße mit dem Kopf wie ein Rad verknüpft und den Mund mit einem Holzpflock auseinandergespreizt, von der Prager Brücke hinabgestürzt und ertränkt." Es ist sicher bezeugt, dass unser Heiliger, Beichtvater der Königin Johanna gewesen ist. Der uralte Volksglaube, dass er als Märtyrer des Beichtgeheimnisses gestorben ist, ist historisch nicht zweifelsfrei sicherzustellen, hat aber die größte Wahrscheinlichkeit für sich; denn was liegt näher, als dass der jähzornige Wüstling auf dem Thron die grausamste Tortur anwandte, um die vermeintlichen Todsünden seiner Gemahlin zu erfahren und damit seinen eigenen schlechten Wandel zu entschuldigen? Aus Furcht vor dem Tyrannen aber wagten es die Zeitgenossen nicht, hiervon einen schriftlichen Bericht zu geben. Die Zunge des heiligen Johannes ist bis heute unverwest geblieben. Sie befindet sich in goldener Monstranz in der Schatzkammer des St.-Veits-Domes. In diesem Dome ist auch sein kostbares silbernes Grabmonument, das selbst die Hussiten nicht anzutasten gewagt haben.

Der Hass Wenzels hatte die erste Deutschenvertreibung aus Böhmen zur Folge: Im Jahre 1409 mussten die Prager deutschen Studenten und Künstler das Land verlassen. Die Heimatvertriebenen von heute aber singen das neue Lied von Franz Lorenz nach der Weise von Fritz Kernich:

"Viel Brücken stehn im weiten Land,
viel Brücken wurden dir zum Thron!
Zeig uns die Brück zum Heimatstrand,
trag unser Leid vor Gottes Sohn;
Sankt Johann von Nepomuk,
du Gotteszeuge auf der Brück!"
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