Aus: Riesengebirgsheimat Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe 17. Jahrgang (LB H)
von Franz Finke, Ortschronist
Im Rochlitzer Heimatbuch von 1991 wird auf den Seiten 252 bis 255 die
Entwicklung der Wosseckerbaude vom Jahre 1790 bis in die Gegenwart ausführlich
geschildert.
Bereits Ende des 17. Jahrhunderts, etwa 1688, war die spätere Wosseckerbaude
eine Almhütte des Witkowitzer Gutsbesitzers Preißler und ging
im Jahre 1701 an die Herrschaft Starkenbach über. Zu dieser Zeit
war die am Südhange der Kranichswiese in Seehöhe von 1260 m
gelegene Hütte eine "Sommerbaude". Man sprach auch von
einem herrschaftlichen Meierhof, der dem Vieh zur Sommerzeit zum Unterstande
diente.
Zur ersten Nummerierung der Häuser in Rochlitz im Jahre 1770 bekam
sie in Sahlenbach die Hausnummer 1.
Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts war die Wosseckerbaude so baufällig
geworden, dass sie einzustürzen drohte. Da entschloss sich Ludmilla
Hollmann, die inzwischen Eigentümerin geworden war, zu einem Neubau.
Zunächst wieder als Viehbaude gedacht, wurde sie dennoch von Anfang
an als Gastbaude eingerichtet. Am 20. September 1896 wurde sie dem Verkehr
übergeben und bekam die Hausnummer 167. Schon 1898 wurde die neue
Baude zwangsversteigert und fiel an die Herrschaft. Bald nach dem Neubau
heiratete Ludmilla Hollmann den Franz Endler aus Rochlitz, der aus einer
alten Nordböhmischen Tuchmacherfamilie stammte. Von diesem Zeitpunkt
an ist die Geschichte der Wosseckerbaude und später der Reifträgerbaude
eng mit dem Namen Franz Endler verbunden.
Franz Endler wurde am 2. November 1867 geboren und arbeitete sich zu
einem der bekanntesten Baudenwirte des Riesengebirges empor. Bereits 1900
musste er die Baude vergrößern, ohne ihr äußeres
Bild zu verlieren. Nach der Jahrhundertwende, vor allem durch den Ausbau
der Wege ins Mummeltal, zur Elbquelle und Neuen Schlesischen Baude durch
den Riesengebirgsverein, war aus der einstigen Viehbaude ein weit bekanntes
und beliebtes Gasthaus geworden.
Franz Endler bewirtschaftete die Wosseckerbaude 25 Jahre. Bis zu ihrer
Verstaatlichung im Jahre 1921. Danach musste er einem tschechischen Pächter
weichen. Dieser Schlag traf den alten Endler, der das Geschäft in
der Wosseckerbaude hochgebracht hatte schwer und er konnte ihn eigentlich
nicht mehr ganz überwinden.
Als der Plan zur Erbauung der Reifträgerbaude, von Franz Endler
mit angeregt, spruchreif wurde, förderte er den Bau und wurde so
Mitbesitzer der Reifträgerbaude und auch dessen erster Pächter.
In der Zeitschrift "Der Wanderer im Riesengebirge" wurde im
Januarheft 1931 zum Tod von Franz Endler am 29. November 1930 geschrieben:
"Mit Franz Endler ist ein biederer, braver Mann, eine knorrige Riesengebirgsgestalt,
aus dem Leben geschieden".
Nach Verstaatlichung und Einsatz eines tschechischen Pächters in
der Wosseckerbaude 1921 sowie der anschließenden Errichtung der
Reifträgerbaude blieb die Wosseckerbaude in der Entwicklung zu den
benachbarten Bauden, wie Neue und Alte Schlesische Baude und Schneegrubenbaude,
zurück.
Aus der Zeitschrift "Der Wanderer im Riesengebirge" vom Juni
1940 wird hier folgender Beitrag zu einem "Original", der in
der Wosseckerbaude hauste, im Wortlaut wiedergegeben:
"Aus der Geschichte der Wosseckerbaude ist ein Mann nicht wegzudenken,
der zwar nicht zur Familie gehörte, aber ein Jahrzehnt lang in ihr
hauste.
Dieses "Hausen" ist wörtlich aufzufassen. Um diesen Mann,
den Naturdichter Joseph Erlebach, spinnen sich viele Legenden. Niemand
hat je erfahren, woher er stammte, niemand kannte seinen früheren
Beruf. Ob er Akademiker, ob Lehrer oder ehemaliger Grenzer war, das war
aus ihm nicht herauszubekommen. Nichts ist von seinen vielen schriftlichen
Aufzeichnungen und naturwissenschaftlichen Beobachtungen der oberen Kammflächen
erhalten geblieben, nur die Erinnerungen an seine Eigenarten und Schrullen.
Niemals ließ er sich von den Baudenfrauen Essen kochen, angeblich
aus Angst vor Vergiftung; er lebte ausschließlich von Kaffee, Zucker
und Brot; niemals schlief er während der zehn Jahre in einem Bett,
die "Hölle" hinter dem großen Baudenofen war sein
nächtlicher Aufenthalt, wenn er es im Sommer nicht vorzog, im Freien
zu mächtigen, In einer frostigen Maiennacht 1885 erfror er schlafend
im Knieholz unweit der Baude.
Wenn seiner hier gedacht wird, so deshalb, weil er neben seiner unterrichtenden
Tätigkeit ernste botanische Forschungen trieb und unentwegt Modelle
von Luftfahrzeugen baute.
In allen Nachbarbauden hatte er Hilfsgeräte stehen. Sein Traum war
die Herstellung eines Ballons, den man auf dem Reifträger oder an
den Schneegruben startete und der in schneller Fahrt Personen nach Warmbrunn
bringen sollte.