Quelle: Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe – 30 Jahrgang Nr. 8

Strickerhäuser und Hoffnungstal

Das Schicksal zweier schlesischer Baudendörfer

von Erhard Krause, Berlin

Im Zuge einer "Grenzkorrektur" an der derzeitigen tschechisch-polnischen Staatsgrenze wurden 1960 in dem nach Böhmen einschneidenden schlesischen Landeszipfel an der Iser die zur Gemeinde Schreiberhau gehörigen zwei hochgelegenen Baudendörfer Strickerhäuser und Hoffnungstal von den Polen an die Tschechoslowakei "abgetreten". Diese gegen das Völkerrecht und das Potsdamer Abkommen verstoßende Maßnahme wurde von polnischer Seite u.a. damit begründet, dass die Bewohner der beiden Ansiedlungen auch Grundbesitz in Böhmen gehabt hätten, dessen Nutzung ihnen wegen der Grenze nicht möglich gewesen sei. Hierzu ist zu bemerken, dass die früheren deutschen Bewohner von Strickerhäuser und Hoffnungstal sogleich nach Kriegsende gewaltsam aus dem Grenzgebiet entfernt wurden, die beiden Ortschaften danach jahrelang Niemandsland waren und polnische Neusiedler keinerlei Interesse zeigten, in dieser Gebirgsabgeschiedenheit sesshaft zu werden. Soweit man die Baudenhäuser nicht zerstörte und demolierte, wurden sie als Schafställe benutzt.

Vor 1945 waren beide Dörfer beliebte, aufstrebende Sommerfrischen und Wintersportplätze, die mit der elektrisch betriebenen Riesengebirgsbahn Schreiberhau-Jakobstal-Polaun leicht zu erreichen waren. Hoffnungstal, das 620 m hoch mitten im Walde an der Iser liegt, verdankt seine Entstehung einer Waldglashütte, die im Jahre 1796 von einem Hüttenmeister der alten Glasmacherfamilie Preußler und einem Schreiberhauer Glashändler namens Matterne hier aus "grüner Wurzel" gegründet wurde. Die junge Glasmachersiedlung, der man den Namen "Hoffnungsthal" gab, stand jedoch unter keinem guten Stern; die Hütte erlitt mehrfach Feuerschäden, auch erwies sie sich für den Verkehr und den Transport der Glaswaren nach der Schreiberhauer Muttergemeinde als zu abgelegen. Die dadurch bedingte Verteuerung der Produktion führte in Verbindung mit dem Schmuggel der billigen böhmischen Glaswaren nach Schlesien bald zum Ruin der Hütte. Nach deren Auflassung vereinsamte die Waldsiedlung wieder, bis der einsetzende Touristenverkehr im Riesen- und Isergebirge neues Leben in sie brachte. Als Einkehrhaus beliebt in ihr war die ganzjährig geöffnete "Baude Hoffnungstal" mit Restauration, Garten und Fremdenzimmern, die in 10 Minuten von der Post und Bahnstation Strickerhäuser zu erreichen war.

Die gleichfalls in herrlicher Gebirgslage am Treffpunkt zwischen Iser- und Riesengebirge malerisch in einer Mulde und am Berghang gelegenen Strickerhäuser (740 m) waren der entfernteste Vorposten der Gemeinde Schreiberhau. Die Entfernung zwischen ihnen und der Ortsgrenze in Nieder-Schreiberhau bei Petersdorf beträgt 20,8 km. Das ruhige, kleine Baudendörfchen, welches etwa 200 deutsche Bewohner zählte, besaß eine eigene katholische Schule, eine schmucke Waldkapelle, Poststelle, Finanzwache, ein Erholungsheim des Breslauer Elisabethaner-Gymnasiums sowie mehrere Gastbauden und Rasthäuser. Ihren Lebensunterhalt bestritten die Bewohner vorwiegend durch Viehzucht und Waldarbeit, auch stellte der von Jahr zu Jahr wachsende Fremdenverkehr eine wichtige Einnahmequelle für sie dar, da sich die meisten der Baudenhäuschen für die Aufnahme von Sommerfrischlern eingerichtet hatten.

Die Tschechen haben Strickerhäuser und Hoffnungstal in den Gemeindeverband des Riesengebirgsortes Neuwelt-Harrachsdorf eingegliedert und projektieren seitdem die beiden schlesischen Dörfer als neues "tschechisches Erholungszentrum". Die Bahnlinie von Strickerhäuser nach Schreiberhau ist außer Betrieb und verfallen.

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