Quelle: ´s Heemetglöckla, Jahrgang 1951
von Gustav Haase
Um das Jahr 1888 gab es im Riesengebirge
noch keine Hochgebirgsbauden, die eigens für den Fremdenverkehr erstellt waren;
sie alle waren aus Viehwirtschaften hervorgegangen und aus der gelegentlichen
Beherbergung und Verpflegung von Wanderern entwickelte sich die Gastwirtschaft
zum Hauptberuf. Als einzige Ausnahme entstand die Gaststätte auf der Schneekoppe,
die als Vorläufer jedoch die Laurentiuskapelle mit Gaststätte auf dem Koppenkegel
hatte. Auch die Gast- und Logierhäuser in Krummhübel-Brückenberg waren bis dahin
nur nebenher für den Fremdenverkehr durch An- und Ausbauten hergerichtet und
das im gleichen Jahr in Krummhübel von Paul Hentschel erbaute Hotel Preußischer
Hof und die auf der ehemaligen "Hutnige", früher zum Kretscham gehörend,
als Logierhaus errichtete Villa Haase, waren die ersten für den Fremdenverkehr
neu erbauten Gebäude.
Der schon 1887 von Gustav Elstner gefasste Plan zur Errichtung eines Gasthauses
am Mittagstein, wohin nur einige Gebirgspfade führten, war in seiner Kühnheit
allem Hergekommenen so widersprechend, dass diesem Unternehmen die baldige Pleite
vorausgesagt wurde. Eine frohe Dinnerstunde ausnützend (so behauptet die Fama),
hatte Elsner in diesem Jahre vom Grafen Schaffgotsch als Grundherrn die Erlaubnis
zum Bau der Baude erhalten und Baumeister Hermann Kahl-Arnsdorf bald darauf
eine Zeichnung angefertigt. Als der R. G. V von diesen Plänen erfuhr, wurde
Elsner nach Breslau gebeten und dort kam man überein, anstatt des vorgesehenen
kleinen Baues, wie er den Mitteln von Elsner entsprach, ein größeres Objekt
zu errichten. Ein "Verein zur Errichtung eines Gasthauses am Mittagstein"
wurde gegründet und Anteilscheine zu M 5, herausgegeben, von denen später
alljährlich nach der Saison eine bestimmte Summe als Rückzahlung zur Verlosung
kam. Aus Anlass der Verlosung fand in Breslau jeweils eine fröhliche Versammlung,
des Baudenvereins statt.
Auf Anraten des Försters Tietze wurde der Bau nicht am Mittagstein, sondern
über dem Rande des Großen Teiches errichtet, einmal wegen der besseren Fernsicht
und dann, weil man dort Sand und Steine zum Bau vorfand.
Am 14. Mai 1888, dem Hochzeitstage von Gustav Elsner und seiner Ehefrau Rosalie,
geb. Mönnich, wurde mit dem Bau der Prinz Heinrich Baude begonnen. 10 Tage später
war der Hochzeitstag des Prinzen Heinrich von Preußen mit der Prinzessin Irene
von Hessen, die ihre Flitterwochen im Erdmannsdorfer Schloss verbrachten. Auf
dem Rückwege von einer Koppenwanderung kam das prinzliche Paar an der Baustelle
vorbei, wo der bekannte Mauererpolier Knoblich aus Seidorf als Bauleiter die
erbetenen Auskünfte erteilte. Auf der Schlingelbaudenwiese, wo alles Baumaterial
von den Pferdewagen abgeladen und zum Weitertransport auf Hucken abgewogen wurde,
traf das Ehepaar Elsner mit der prinzlichen Gesellschaft zufällig zusammen.
An Stelle der späteren neuen Schlingelbaude stand damals eine Kollonade, in
der die Gesellschaft Platz nahm und sich mit Milch bewirten ließ, dem Einzigem,
was geboten werden konnte. Baron von Seckendorf fragte, ob man sich auf der
Dezimalwaage wiegen lassen könne, und zur allgemeinen Belustigung hat Elsner
dann alle abgewogen. Dieses Zusammentreffen gab den Anlass zur späteren Namensgebung
der Baude, die vom Prinzen Heinrich bereitwillig gestattet wurde.
Das meiste Baumaterial für die Prinz Heinrich Baude hat mein Vater von Hirschberg
und Krummhübel bis zur Schlingelbaude gefahren, und meinen Vornamen verdanke
ich, als 1889 geborener, der Freundschaft, die meine Eltern mit der Familie
Gustav Elsner verband.
Ein kalter regnerischer Sommer (im Juli schneite es sogar) verzögerte die Fertigstellung
des Baues, und so konnte die Einweihung erst am 08. Juni 1889 stattfinden. Zu
dieser sandte Prinz Heinrich, ein großes Foto in breitem Goldrahmen mit handschriftlicher
Widmung, das an einem bevorzugten Platz im Speisesaal aufgehängt wurde und noch
vielen Besuchern in Erinnerung sein wird.
Zur Beschaffung der Inneneinrichtung hatten gute Freunde und Bekannte, besonders
der allen Riesengebirgsfreunden bekannte Geheimrat Bär, Gelder vorgestreckt.
Schon bald erwies sich auch der größere Bau als unzureichend, besonders hinsichtlich
der Wirtschafts- und Nebenräume. Auf eigene Kosten baute Elsner noch im ersten
Jahr die große Eingangshalle, neue und größere Toilettenräume, ein Badezimmer,
zwei Personalzimmer und aus dem rückwärtigen Felsen wurde je ein Fleisch- und
Gemüsekeller herausgebrochen, letzterer mit Wasserdurchlass. Später kam noch
der Ausbau des sogenannten Winterzimmers, Vergrößerung des Speisesaales, Azetylengas-Beleuchtung,
1895 Bau der Stallung und 1906 Einbau der Zentralheizung hinzu.
Bis 1884 blieb Gustav Elsner mit Frau und Kindern ganzjährig auf der Baude,
obwohl in diesen Jahren kaum von einem Winterverkehr gesprochen werde kann.
1895 erworb Elsner mit seinem Schwager Ernst Panning das einfache Logierhaus
Nr. 70 von Robert Breiter in Krummhübel. Dieses wurde 1896 aufgestockt und mit
Balkons versehen; je 2 Monate im Herbst und Frühjahr bezog die Familie Elsner
dort "Winterquartier". Daneben diente die Villa "Irene"
als Baudendepot, das von Panning verwaltet wurde. Panning hatte sich in dem
Teil, der dem späteren Gemeindeamt zugewandt lag, eine gemütliche Weinstube
eingerichtet, in der die Älteren von uns manche frohe Stunde verbracht haben.
Bis zum Ausgang des Jahrhunderts blieb der Winterverkehr recht spärlich und
in der Hauptsache auf Hörnerschlittenfahrten beschränkt. Eine 1897 veranstaltete
Hörnerschlittenpartie der Frau von Kolmütz aus Arnsdorf, die von dieser mit
einem sehr amüsant aufgezogenen großen Hausball verbunden wurde, machte durch
Zeitungsberichte auf die Baude aufmerksam und trug sehr zur Hebung des Winterverkehrs
bei, später wurde es sogar in Berlin und Breslau Mode, Silvester auf der Prinz
Heinrich Baude zu verleben. Nachstehend das originelle Menü Hausballes:
Der Kleine Teich (Suppe)
Aus der Fauna des Großen Teiches (Steinbutt)
Riesenkamm mit Überschwemmung (Mastkalbsrücken mit Champignons)
Aus Rübezahls Milchkammer und Backofen (Butter und Käse)
Kolonialgesöff (Mokka)
Der zunehmende Winterverkehr veranlasste
Elsner, den Bau einer doppelgleisigen Rodelbahn zu erwägen. Die ursprüngliche
Planung, unter Benutzung des Pflasterweges über Brückenberg, scheiterte, sehr
zum Schaden dieser Gemeinde, an dem Widerstand der Besitzer des Grund und Bodens.
Da die Herrschaft Schaffgotsch sich zugänglicher erwies, außerdem wohl auch
Interesse an den Bau eines Holzabfuhrweges hatte, kam es zum Bau des Hoserweges,
der im Herbst 1903 fertig gestellt, die erste zweigleisige Rodelbahn des Riesengebirges
und damit wohl auch Deutschlands war. Nach Eröffnung des Hoserweges erhöhte
sich der Winterverkehr von Jahr zu Jahr, die anderen Bauden auf der preußischen
Seite des Riesengebirges folgten später Elsners Beispiel, so dass das Riesengebirge
bald Rodelbahnen aufweisen konnte, die in ihrer Vielzahl, Ausbau und Länge von
keinem anderen Gebirge Deutschlands und in der Welt auch nur annähernd erreicht
wurden. Der durch sie gegebenen Trainingsmöglichkeit verdanken wir die großen
Erfolge unserer heimischen Sportler; jahrzehntelang war das Riesengebirge die
Domäne des Rodelsports, und auch in diesem Jahre konnten unsere Heimatfreunde
wieder zu Meisterehren, bzw. zu guten Plätzen bei den verschiedenen Meisterschaften
gelangen. Damit können wir Gustav Elsner auch als einen der hervorragendsten
Pioniere des Rodelsports betrachten. Als Bobbahn war der Hoserweg allerdings
weniger geeignet, eine Probefahrt, die Elsner mit einigen wagemutigen Krummhüblern
unternahm, landete neben der Hoserbrücke in der Lomnitz, und nur den hohen Schneemassen
hatten es die Teilnehmer zu verdanken, dass es ohne ein eisiges Bad und Knochenbrüche
abging; nur das Brückengeländer und der Bob kamen zu. Schaden.
Auch die Förderung des Skisportes und der sich seit 1906 entwickelnden Wintersportvereine
hat sich Elsner angelegen sein lassen, die Prinz Heinrich Baude wurde eines
der bekannten Wintersportzentren des Riesengebirges und so mancher Großstädter
hat dort Erholung und Kraft zu neuem Schaffen gefunden.
Als 1919 die 30jährige Erbpacht abgelaufen war, bewarb sich Elsner nicht mehr
um eine neue Pachtung und übergab den Betrieb an zwei junge Sportsleute, die
Herren Korsek und Hawranka.
Das Bürgerrecht von Krummhübel erlangte Elsner durch einen mindestens dreimonatlichen
Aufenthalt im Jahr in seiner Krummhübler Wohnung. Auf Grund seiner vielseitigen
Fähigkeiten wurde er bald in den Gemeinderat gewählt, dem er, mit kurzen Untenbrechungen,
bis zu seinem Tode angehörte. Als Gemeindevertreter und Schöffe hat er sehr
segensreich gewirkt, bei dem Erwerb des Elektrizitätswerkes, dem Bau der Wasserleitung,
dem Schulhausbau und allen Plänen zur Verschönerung des Ortsbildes hat er seinen
Einfluss geltend gemacht. Der 1910 erfolgte Ankauf des Rittergutes Krummhübel,
den er in Gemeinschaft mit Alfred Gubisch bewerkstelligt hat, war für Krummhübel
außerordentlich segensreich. Nachdem ersten Weltkrieg setzte er sich für den
Ankauf des früheren "Hotel Schneekoppe", zuletzt Riesengebirgsheim,
durch die Gemeinde ein, das er mit unsäglicher Mühe in der Inflationszeit zum
Kurhotel ausbaute und umsichtig geleitet hat. Wie fast alle Kommunalbetriebe,
wurde es mit der fortschreitenden Inflation ein Zuschussbetrieb und die wenig
günstige Lage bewegte 1922 die Gemeindevertretung zum Verkauf. Immerhin konnte
von dem Erlös nicht nur die Restkaufgeldschuld auf dem Rittergut in Höhe von
M 300 000, zurückgezahlt werden, die sonst mit M 225 000, hätte
aufgewertet werden müssen, es wurde aus dem Erlös auch der Bürgersteig vom Augustabad
bis zum Gerichtskretscham gebaut und außerdem behielt die Gemeinde den großen
Sportplatz hinter dem Hotel.
Das nicht unbedeutende Vermögen von Elsner, Ersparnisse, Erlös aus dem Verkauf
des Inventars der Baude und Verkauf des Depots in Krummhübel (der späteren Kreuzschenke)
und der Landwirtschaft in Arnsdorf, ist zumeist durch die Inflation entwertet
worden und er wurde damit um den geldlichen Gewinn seiner Lebensarbeit betrogen.
1922 ging er noch mit seinem Schwager Panning an den Umbau der Panningschen
Weinstuben, die flächenmäßig auf mehr als das Doppelte vergrößert wurden und
die uns allen bekannte gediegene Einrichtung erhielten. Am 22. Dezember 1922
erfolgte die Einweihung des "Bergstübels" und schon 5 Wochen später
riss ihn der Tod unerwartet aus einem arbeitsreichen Leben, betrauert nicht
nur von seinen Angehörigen, sondern von der ganzen Gemeinde und unzähligen Freunden
in der weiteren Umgebung und im Reich.
Zu Lebzeiten allen äußeren Ehrungen abhold, wurde 1928 auf meinen Vorschlag
der vom Haus Bismarck an seinem früheren Besitz, der Villa Gerda, vorbei nach
dem Matuschkaplatz führende Weg, zu seinem Gedenken "Gustav-Elsner-Weg"
benannt. Sein Andenken wird in unserer Gemeinde fortleben und sein Name, so
Gott will, einmal mit goldenen Lettern in das Ehrenbuch der Gemeinde Krummhübel-Brückenberg
eingetragen werden.
Bei dem Gedenken an Gustav Elsner wollen wir nicht seine treue Lebensgefährtin,
Frau Rosalie Elsner, vergessen. In stiller, unermüdlicher Arbeit hat sie ihm
fast ein Menschenalter hindurch zur Seite gestanden, 30 Jahre hindurch in Sturm
und Wetter auf der zeitweilig recht einsamen Baude aufgehalten und auch in Notzeiten
nichts von ihrer stillen Güte eingebüßt. Sie lebt heute als 85-jährige in einem
Altersheim in Württemberg und ist geistig noch außerordentlich rege. Erstaunlich
ist ihr hervorragendes Gedächtnis, mit dem sie viele Einzelheiten von früher,
darunter eine Anzahl Sinnsprüche, die sich auf die Baude beziehen, wörtlich
behalten hat. Gesundheitlich geht es ihr leidlich, jedoch hat das Augenlicht
so nachgelassen, dass sie selbst nicht in der Lage war, die Aufzeichnungen über
die Baude zu schreiben. Sie ist zufrieden und dankbar für die gute Pflege, die
ihr liebevolle Menschen in dem Heim angedeihen lassen. Möge sie ihr Lebensabend
von Leid und Krankheit verschonen.
In einer späteren Nummer werde ich noch über einzelne kleine Episoden aus der
Baude berichten, die ich wegen Raummangel heute nicht bringen kann. Zum 10-jährigen
Jubiläum der Baude wurde die Bronzebüste des Prinzen Heinrich in einer schon
vorgesehenen Nische an der Teichfront der Baude aufgestellt. Von der 20-jährigen
Feier lasse ich nachstehend ein Gedicht folgen, das mir Frau Anneliese Raffert
zusandte.
Von dem Lebenswerk Gustav Elsners ist nur eine Ruine übrig geblieben; als einzige
Baude auf preußischer Seite brannte die Prinz Heinrich Baude im Herbst 1946
ab.
Als vor 20 Jähren |
Stoppeln machten Sorgen, Winkte schnell herbei sich den Barbier, Zum verborg´nen Örtchen Wies ein Gnadenpförtchen, Wo die Wasserspülung rauscht herfür. Selbst die müden Glieder Kann erfrischen wieder, Man in einem warmen Wasserbad, Und am Telephone Fragen an beim Sohne, Was zu Hause sich begeben hat. Doch wie ohne Mängel, War´ sie auch ein Engel, Nie man findet eine schöne Frau, So gab´s bald Krakehler, Die entdeckten Fehler Selbst an unserm stolzen Felsenbau. Ja, er ward zu enge Für der Gäste Menge, Elsner raufte sich sein dünnes Haar, Und er machte Pläne Wie den Raum er dehne Um ein kleines Stückchen jedes Jahr. So hat stets gelegen Auf dem Haus ein Segen — Groß jetzt und als Muster steht er da; Und beim Gläserklingen Dürfen wir heut singen Aus dem Herzen ein Halleluja. Denn zum Wohlgefallen Ist´s den Menschen allen Einst gegründet ohne Eigennutz; Uns so mög´ es stehen Auf der Heimat Höhen Ewig in der Götter heil´gem Schutz! |