Quelle: Riesengebirgsheimat Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe 6 /1976
von Erhard Krause, Berlin
Außer den über die Kämme und Abhänge
des ganzen Gebirges verstreuten Bauden, die eine besondere, sonst nirgends gleich
stark ausgeprägte Eigenart des Riesengebirges darstellen und den Wanderern überall
eine gastliche Aufnahme und gute Bewirtung boten (das Baudenleben ähnelte dem
Hüttenleben in den Ostalpen), erfreuten sich im Rübezahlreich früher auch die
alten Gebirgsschänken einer besonderen Beliebtheit bei den Gebirgsreisenden.
Diese Wirtshäuser waren zwar meist nicht so auf den großen Touristenstrom eingestellt
wie etwa die neuen hotelartigen Hochgebirgsbauden auf dem Hauptkamme, auch fehlte
es ihnen oft an modernem Komfort, dafür aber verkörperten sie noch ganz die
Behaglichkeit und die Gemütlichkeit der alten Zeit, in der die Romantik noch
zu Gast war.
Zu den bekanntesten dieser alten Gebirgsschänken des Riesengebirges gehörte
der "Alte Petzerkretscham" in Petzer (Gross-Aupa), welcher 1793 gegründet
wurde und der älteste Gasthof in der Gebirgssiedlung war. Die besuchte Sommerfrische
und Wintersportplatz an der Brunnbergseite, 760 bis 1200 m hoch gelegen, verdankt
ihren Namen angeblich Meister Petz, da nach Angabe auf einem Bild, das in dem
Kretscham hing, hier im Jahre 1802 der letzte Bär im Riesengebirge erlegt wurde.
Einer anderen Deutung zufolge soll der Name Petzer aus dem Tschechischen stammen
und an "Hochofen" erinnern. Ein "Kupferwasser-Siedehaus"
hat es schon im 16. Jahrhundert im Riesengrund gegeben, doch steht fest, dass
die ersten Bewohner der Gebirgssiedlung deutsche Holzschläger und Bergleute
waren. Petzer hieß ursprünglich eigentlich nur der Teil des Ortes in der Nähe
des alten Kretschams. Der untere Teil führt den Namen Riesenhain.
Griebens "Praktisches Handbuch für Sudeten-Reisende" aus dem Jahre
1886 erwähnt "das wohlbekannte Wirtshaus Petzer-Kretscham oder zum Petzer"
als Führer- und Trägerstation und lobt seine "freundlichen Lokalitäten
und guten österreichischen Weine". Wir erfahren aus dem Buch, dass der
Kretscham mit einer Weinhandlung verbunden war, Fremdenzimmer von 60 Kronen
aufwärts, Fahrgelegenheiten nach allen Richtungen und Gebirgsführer und Stuhlträger
im Haus hatte. Zu dem Gasthofe gehörte auch ein großer Garten. Später erbaute
man das im gleichen Besitz befindliche "Hotel Petzerkretscham" mit
Bädern. In beiden Häusern standen Zimmer, Führer, Träger, Wagen und Reitpferde
den Reisenden zur Verfügung. Reitpferde nach der Schneekoppe kosteten 8,50 Kronen,
hin und zurück 14 Kronen. Dazu kam noch ein Wegegeld von 50 Hellern. Wanderte
man von Petzer durch den Riesengrund aufwärts, so gelangte man hinter der kleinen
Riesengrundkapelle (1000 m) durch Wald am rechten Talhang ansteigend und die
Bahnen zweier ehemaligen Bergrutsche (Muren) überquerend, zu der herrlich gelegenen
Gastwirtschaft "Zur Bergschmiede" (1070 m), welche ebenfalls eine
beliebte Gebirgsschänke war. Das Gebäude war früher Grubenschmiede und Zechenhaus
der Riesenhainer Arsenik- und Kupferbergwerke, die 1806 eröffnet, 1866 aber
wieder stillgelegt wurden. Der an der Gastwirtschaft geradeaus vorbeigehende
Rasenweg führte zu den alten Bergwerken und endete dort. Die Stollentiefe betrug
150 m. Das Einkehren in der "Bergschmiede", nach der Carl Hauptmann
eine epische Dichtung benannt hat, war nicht gerade billig, denn Meyers "Wegweiser
durch das Riesengebirge" vom Jahre 1898 vermerkt von ihr kurz: "Einfache
Wirtschaft, teuer, zur Not auch Nachtlager, Böllerschüsse wecken ein Echo".
Weithin bekannt waren die alten Gebirgswirtshäuser "Kreuzschänke"
und "Mohornmühle" im Aupatale. Die "Kreuzschänke" (632 m),
ein früher viel besuchtes Gast- und Logierhaus, liegt am Zusammenstoß dreier
Täler und an der Vereinigung der Großen und Kleinen Aupa. Von ihr bemerkt der
alte Grieben: "Verpflegung einfach, aber gut. Zu längerem Aufenthalt geeignet".
Auch alle anderen alten Reisehandbücher vom Riesengebirge lobten die Schänke.
Das Tal gabelt sich bei ihr. Links geht es durch Gross-Aupa nach Petzer, rechts
durch Klein-Aupa zu den Grenzbauden. Wir folgen der Fahrstraße durch das anmutige,
abgelegene Hochgebirgstal der Kleinen Aupa zur Mohornmühle (760 m), dem einstigen
Hauptverkehrspunkt des ausgedehnten Dorfes Klein-Aupa. Das bequem eingerichtete
Gebirgswirtshaus mit 22 Fremdenzimmern, Telephon, Bädern, guter Küche und Postabgabestelle
war Hauptstation für den Wintersport im Klein-Aupatale.
Eine der ältesten Gastwirtschaften des böhmischen Riesengebirges bildete die
sogenannte ehemalige "Zweite Krausemühle" (660 m) an der Bezirksstraße
Hohenelbe-Spindelmühle. Die vielbesuchte Schänke mit Fremdenzimmern und Bädern
konnte bereits 1894 auf ein 300jähriges Bestehen zurückblicken. Oberhalb der
einstigen Mühle liegt am Abhang des Mooshübels das zerstreute Baudendorf Krausebauden,
wo in den Jahren 1911 16 die große Krausebauden-Talsperre mit 43 m hoher
Staumauer und einem Fassungsraum von vier Millionen Kubikmetern erbaut wurde
als Hochwasserschutz. Zwei weitere alte Gebirgsschänken in dieser Gegend waren
die Michelsmühle (632 m) an der Einmündung des Kläuselbachs in die Elbe, und
das Gasthaus "Zur frischen Quelle" (im Volksmund "Schwommaschänke")
unweit der Michelsmühle am rechten Elbufer.
Auf der Nordseite des Gebirges ist der bekannte "Baberkretscham" in
der an der neuen Spindlerpassstraße gelegenen Bergsiedlung Baberhäuser (700
m) auf dem Wege zwischen Hain und der Kirche Wang eine der ältesten Gastwirtschaften.
Die alte gemütliche Gebirgsschänke wurde 1660 erbaut und war eines der ersten
Häuser des von böhmischen Exulanten gegründeten Baudendorfes. In dem alten Grieben
von 1886 steht unter Baberhäuser: "Das Gasthaus, Baberkretscham, liegt
20 Minuten weiter östlich, ist einfach, aber sehr sauber, bietet einfache Bewirtung,
guten Kaffee". Und der Riesengebirgsführer von Richter (1912) bemerkt:
"Baberkretscham, Wohnungen für Sommergäste, viel besucht, guter Mittagstisch,
Zimmer von 1,25 M an". Das auch sonst allgemein gelobte Gast- und Logierhaus
besaß zuletzt 11 Fremdenzimmer mit 22 Betten, Zentralheizung und Autohalle.
Noch älter als der Baberkretscham war Glumms Gasthof "Zur Erholung",
die spätere "Felsbaude", in der prächtig inmitten großer Fichtenwaldungen
gegenüber den Schneegruben zwischen Agnetendorf und Schreiberhau gelegenen Baudenkolonie
Kiesewald (650 700 m). Die alte Gebirgsschänke wurde bereits 1632 gegründet,
als sich im 30jährigen Krieg böhmische Glaubensflüchtlinge in der Gebirgseinsamkeit
hier niederließen. Gasthofbesitzer war seit 1763 die Familie Glumm, welche hier
als einzigen Ort in Schlesien den Ebereschenschnaps auf warmem Wege herstellte.
In Krummhübel war der zwischen den beiden Kirchen gelegene Gasthof "Gerichtskretscham"
die älteste Schänke des mit verstreuten Häusern am Nordhang der Schneekoppe
in den Tälern der Großen und Kleinen Lomnitz gelegenen heilklimatischen Kurortes.
Das gemütliche alte Gasthaus im altschlesischen Gebirgsstil mit Garten, 15 Fremdenzimmern
und gutbürgerlicher Küche befand sich seit dem Jahre 1709 im selben Familienbesitz
(Familie Exner) und war Allein-Ausschank von Mönchshof-Kulmbach.